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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 20.08.2008
Aktenzeichen: 17 U 86/08
Rechtsgebiete: AuslInvG, BGB


Vorschriften:

AuslInvG § 2
AuslInvG § 7
AuslInvG § 8
BGB § 823
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte, eine Aktiengesellschaft türkischen Rechts mit Sitz in O1/Türkei, mit der Behauptung auf Rückzahlung einer in Jahre 1999 geleisteten Einlage in Anspruch, die ihm als islamgerechte Investition veräußerten Aktien der Beklagten seien wertlos und er sei von dem Vermittler über die Risiken, den Gewinn und die jederzeitige Rückzahlbarkeit der Einlage getäuscht worden. Die Beklagte habe beim Verkauf der Anteile ein "Schneeballsystem" betrieben.

Der Kläger stützt seine Ansprüche insbesondere auf einen Verstoß der Beklagten gegen die Meldepflicht des § 7 Auslandsinvestmentgesetz (AuslInvG).

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Euro 16.003,44 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Euro 16.003,44 Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Herausgabe von 400 Aktien der Beklagten mit den Seriennummern ... an die Beklagte zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt. Sie hat unter Hinweis auf das Gutachten eines Wirtschaftsprüfers die Auffassung vertreten, die Vorschriften des AuslInvG seien auf sie nicht anwendbar. Die Beklagte hat im Übrigen die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, sämtliche Ansprüche seien verjährt, weil der Kläger seit 2000 gewusst habe, dass er keine Renditen mehr erhalte.

Mit der Berufung wiederholt und vertieft der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag und macht geltend, das Landgericht habe zu Unrecht die Verjährung für seine Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB iVm §§ 2,7,8 AuslInvG bejaht.

Nach Einsichtnahme in die deutsche Übersetzung einer der Anlage K 1 entsprechenden Abrechnung in dem Verfahren 17 U 88/08 (dort Bl. 138) hat der Kläger die Klage in Höhe von Euro 1.834 (= DM 3.587) zurückgenommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 09.11.2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Euro 14.169,44 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Herausgabe von 400 Aktien der Beklagten mit den Seriennummern ... an die Beklagte zu zahlen.

Die Beklagte hat der teilweisen Klagerücknahme zugestimmt und im Übrigen beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, soweit sie Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat überwiegend Erfolg.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von Euro 11.970,88 nebst Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe der von ihm innegehaltenen Aktien.

Das Landgericht hat seine internationale und örtliche Zuständigkeit zu Recht auf den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gemäß § 32 ZPO gestützt.

Insoweit wird auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen, denen der Senat folgt. Die deutsche internationale Zuständigkeit beurteilt sich nach dem Deliktsstatut gemäß Art. 40 EGBGB, so dass eine entgegenstehende Zuständigkeitsregelung in der türkischen Zivilprozessordnung unbeachtlich wäre. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine ausschließliche Zuständigkeit in der Türkei nach Art. 17 der türkischen Zivilprozessordnung nicht zu erkennen. Denn in Art. 17 der türkischen ZPO heißt es lediglich, dass die Gesellschaft an ihrem Sitz verklagt werden kann, also nicht verklagt werden muss.

Im Übrigen haben auch die türkischen Gerichte in O1 Versäumnisurteile deutscher Gerichte gegen die Beklagte - wenngleich möglicherweise noch nicht rechtskräftig - für vollstreckbar erklärt.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 2 BGB iVm §§ 2,7,8 AuslInvG.

Bei den Vorschriften der §§ 2,7,8 AuslInvG handelt es sich um Schutzgesetze im Sinne des § 823 Absatz 2 BGB (BGH, Urteil vom 13.09.2004, II ZR 276/02) und gegen die ihr obliegende Anzeigepflicht nach § 7 AuslInvG hat die Beklagte verstoßen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist sie eine Gesellschaft, die ausländische Investmentanteile im Sinne des § 1 Abs. 1 AuslInvG vertreibt.

Ziel des 1969 in Kraft getretenen Auslandsinvestmentgesetzes war es, im Interesse des Schutzes inländischer Anteilserwerber und aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit zwischen inländischen und ausländischen Investmentfonds den Vertrieb von Anteilen ausländischer Investmentgesellschaften gesetzlich zu regeln (BT-Drucksache 12/7918, S. 117;Brinkhaus/Scherer, Pfüller/Schmitt § 1 Rndr. 1). Das Wertpapiersparen sollte gefördert werden (Baur, Investmentgesetze, 2. Auflage, § 1 Rdnr. 23).

Die Tätigkeit der Beklagten, die als türkische Aktiengesellschaft ("A") mit Sitz in der Türkei ein dem ausländischen Recht unterstehendes Vermögen ist, fällt entgegen der Ansicht der Beklagten unter den Anwendungsbereich des AuslInvG. Dieser umfasst gemäß § 1 Absatz 1 Satz 1 AuslInvG den Vertrieb von Anteilen an einem ausländischen Recht unterstehenden Vermögen aus Wertpapieren, Forderungen aus Gelddarlehen, über die eine Urkunde ausgestellt ist, Einlagen oder Grundstücken, das nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt ist, (ausländische Investmentanteile) im Wege des öffentlichen Anbietens, der öffentlichen Werbung oder in ähnlicher Weise.

Die von den Anlegern erworbenen Aktien der Beklagten fallen unter den Begriff der Investmentanteile im Sinne der Vorschrift des § 1 AuslInvG (Bödicker, Handbuch Investmentrecht, S. 36). Bei der Definition des in § 1 Abs. 1 AuslInvG verwendeten Begriffs Investmentanteile ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten. Dem Gesetzgeber ging es darum, bei der Vielzahl rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten und ausländischer Rechtsformen einen Begriff zu finden, der alle diese Formen umfasst. Um etwaige vom deutschen Recht abweichende rechtliche Gestaltungen zu erfassen, ist es nicht erforderlich, dass verbriefte Anteile an einem gesondert angelegten Vermögen vertrieben werden, sondern es sollen alle denkbaren Gestaltungsformen erfasst werden, die materiell dem Investment zuzuordnen sind.

Es ist insofern ausreichend, wenn der Anleger nur mitgliedschaftliche Rechte an der Investmentgesellschaft erlangt (Brinkhaus/Scherer, Pfüller/Schmitt, 2003, § 1 AuslInvG, RZ 56). Folglich ist es auch unschädlich, dass die Anleger keine unmittelbare Beteiligung an einem Investmentfonds erworben haben, sondern Aktien der Beklagten selbst (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.07.2008, I 17 U 87/07, S. 7).

Die Beklagte hat das Vermögen auch in Wertpapieren angelegt. Denn laut der Liste des Wirtschaftsprüfers C ist die Beklage an dreiundzwanzig anderen A.S. (Anonim Sirketi), das heißt an Aktiengesellschaften türkischen Rechts, beteiligt (Bl. 348 d.A.). Die Beteiligung an einer Aktiengesellschaft erfolgt durch den Erwerb von Aktien, also von Wertpapieren.

Lediglich die Beteiligung an der B in den Niederlanden fällt nicht unter § 1 AuslInvG, da es sich bei einer B.V. um eine niederländische GmbH handelt und der Erwerb von GmbH Anteilen nicht unter § 1 AuslInvG fällt (Brinkhaus/Scherer/Pfüller/Schmitt, § 1 Rdnr. 38).

Nicht erforderlich für die Anwendbarkeit des § 1 Absatz 1 AuslInvG ist es entgegen der Ansicht der Beklagten, dass die Investmentgesellschaft neben Wertpapieren auch Immobilien hält. Die in § 1 AuslInvG aufgeführten Anlagen sind entgegen der Auffassung der Beklagten nicht kumulativ, sondern alternativ zu verstehen, was sich bereits aus der Aufzählung und der Verwendung des Wortes "oder" ergibt.

Der Auffassung der Beklagten, es fehle an der erforderlichen Risikomischung, kann nicht gefolgt werden.

Das dem ausländische Recht unterstehende Vermögen der Beklagten in Form von Wertpapieren ist nach dem Prinzip der Risikomischung angelegt.

Risikomischung bedeutet nach der Gesetzesbegründung zum AuslInvG, dass die der Investmentgesellschaft zufließenden Gelder in einer Vielzahl von Wertpapieren oder Grundstücken oder beiden angelegt werden (Stockmann/Zeller, BB 07, 1249).

Eine Anlage nach dem Prinzip der Risikomischung liegt daher vor, wenn sie in eine Vielzahl der genannten Vermögenswerte erfolgt und dies nach der objektiven Gestaltung gerade zum Zweck der Kapitalwertsicherung - sei es durch Minderung von Verlustgefahren sei es durch Wertsteigerung - geschieht (vgl. BVerwG, NJW 1980, 2482).

Bei den von der Beklagten gehaltenen Wertpapieren handelt es sich um Aktien von dreiundzwanzig verschiedenen Unternehmen mit verschiedenen Unternehmensgegenständen.

Bereits die Firmenbezeichnungen beinhalten ausreichende Anhaltspunkte für eine Diversifizierung. Es handelt sich nicht, wie die Beklagte darzustellen versucht, hauptsächlich um Industriebetriebe, sondern auch um Handelsbetriebe aus den verschiedensten Bereichen wie Baustoffe, Maschinen, Holz, Tierfutter, Verbrauchsgüter, Leder, Lebensmittel, Kalk und Natursteine.

Außerdem war die Beklagte an einem Tourismusunternehmen beteiligt. Bereits hieraus folgt, dass die Beklagte das ihr zur Verfügung gestellte Vermögen der Anleger in verschiedenste Wirtschaftsbereiche breit streute, um eine Risikomischung vorzunehmen.

Die Beklagte hat auch in zweiter Instanz nicht substantiiert dargetan, dass das Unternehmensrisiko entscheidend durch einen einheitlichen unternehmerischen Einfluss bestimmt wird, der einer Risikomischung widerspricht (vgl. Baur, Einleitung, Rdnr. 67; Brinkhaus/Scherer/ Pfüller/Schmitt, aaO, Rdnr. 5).

Danach ist eine Gesellschaft immer dann als Investmentgesellschaft und die Anteile an ihr als Investmentanteile zu qualifizieren, wenn sich das Unternehmensrisiko mit dem Anlagerisiko deckt (Schreiben des Bundesaufsichtsamtes für Kreditwesen vom 01.07.1977, Beckmann/Scholz, RZ 448, Nr. 10, S. 13). Das Anlagerisiko deckt sich dann nicht mit dem Unternehmensrisiko mit der Folge, dass keine Investmentgesellschaft vorliegt, wenn das Unternehmensrisiko noch durch weitere Faktoren, wie die Einflussnahme auf das Management, bestimmt wird.

Dass die Beklagte die Beteiligung den in verschiedenen Branchen tätigen Unternehmen wie eine Holding-Gesellschaft zu unternehmerischen Zwecken - und nicht zur Vermögensanlage - hält, wird durch ihren Vortrag nicht ausreichend belegt.

Die Beklagte hat einen unternehmerischen Einfluss auf die Unternehmen, deren Beteiligungen sie hält, nicht dargetan.

Zwar war die Beklagte am 31.12.1998 - wie sich aus der Liste des Wirtschaftsprüfers C ergibt, deren deutsche Übersetzung aus dem Parallel-Verfahren 17 U 88/08 (dort Bl. 348) im hiesigen Verfahren eingeführt wurde, - an den meisten der unter den laufenden Nummern 1 bis 23 aufgeführten Unternehmen mehrheitlich beteiligt, während sie an sieben Unternehmen nur eine Minderheitsbeteiligung hielt.

Eine Mehrheitsbeteiligung ist aber lediglich ein Indiz für einen beherrschenden Einfluss der sich beteiligenden Gesellschaft.

Hinzukommen muss ein tatsächlicher Einfluss auf das Management durch Stellung von Personen für Leitungs- und Aufsichtsfunktionen sowie eine sonstige aktive oder beratende Tätigkeit auf der Managementebene der Zielgesellschaften (Schreiben des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen vom 07.12.2001, Beckmann/ Scholz, Rz. 448, Nr. 38, S. 91).

Dass die Beklagte auf die Unternehmensführung der dreiundzwanzig Aktiengesellschaft Unternehmen, an denen sie beteiligt ist, beherrschenden Einfluss ausgeübt hätte, hat sie nicht dargetan. Sie hat lediglich erklärt, dass sie eine Beteiligungsgesellschaft im Sinne einer Holding darstelle, weil sie als Aktiengesellschaft im Bereich der Industrie- und Baugesellschaft Kapitalbeteiligungen an eigenen Unternehmen zumeist zu 100 % halte (S. 4 der Berufungsbegründungsschrift, Bl. 504 d.A.).

Nähere Angaben zur Struktur der D-Gruppe und insbesondere zur personellen Verflechtung, aus denen sich eine Einflussnahme im Managementbereich erkennen lassen könnte, hat die Beklagte auch in zweiter Instanz nicht gemacht.

Die Beklagte hat auch nicht dargetan, welche Bedeutung der in der Stellungnahme des türkischen Wirtschaftsprüfers vom 06.06.2007 genannten, in O2 ansässigen und ausdrücklich als "D Holding AS" firmierenden Gesellschaft zukommt, wenn daneben auch die Beklagte selbst als Holding-Gesellschaft tätig sein soll (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 31.07.2008,1 U 95 /06, S. 2).

Aus der genannten Stellungnahme des Wirtschaftsprüfers C (Bl. 166 d.A.) ergibt sich ferner, dass das Kapital der Beklagten nach Abzug des auf die Verwaltungstätigkeit entfallenden Anteils komplett für die oder in die Unternehmen im Bereich der Industrie, Handel und Dienstleistungen tätigen Aktiengesellschaften verwendet werden sollte. Dass ein Verwaltungskostenanteil der Beklagten z.B. für ein die Tochtergesellschaften kontrollierendes Management einbehalten würde, ergibt sich aus dem Bericht des Wirtschaftprüfers C nicht.

Auch aus dem Wortlaut des in anderem Zusammenhang vorgelegten Schreibens des Vorstandsvorsitzenden E an die Anleger (Anlage K 3, Bl. 144 d.A.) folgt, dass die Gelder der Anleger investiert und nicht verwaltet werden sollten, wenn auch die Adressaten und die Datierung dieses Schreibens nicht feststehen.

Der Risikomischung der Investitionen der Beklagten steht - anders als die Beklagte meint - auch nicht entgegen, dass der Wirtschaftsprüfer C bestätigt hat, die Beklagte betreibe keine Investmentfonds, Beteiligungsfonds oder Fondsverwaltung. Dies mag zwar im engeren Sinne zutreffen, ist aber nach der oben dargelegten gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise der Risikomischung unerheblich, so dass die Beklagte nicht als eine beherrschende Holdinggesellschaft anzusehen ist.

Selbst wenn man die von der Beklagten an den sechzehn Aktiengesellschaften türkischen Rechts gehaltenen Mehrheitsbeteiligungen als ausreichendes Indiz für einen beherrschenden Einfluss hätte ansehen wollen, würden bereits die Minderheitsbeteiligungen der Beklagten an den sieben anderen Gesellschaften bereits den Tatbestand der Risikomischung erfüllen.

Denn jedenfalls bei den Minderheitsbeteiligungen hätte es einer weiteren Einflussnahme auf das Management dieser Unternehmen bedurft, um einen beherrschenden Einfluss der Beklagten als Holding festzustellen. Hierzu fehlt jeglicher Vortrag der Beklagten.

Der Risikomischung der steht ferner nicht entgegen, dass die Anlagen neben einem wirtschaftlichen auch einen religiösen Hintergrund haben sollten, was im Übrigen durch den Kläger mit seinem Hinweis auf betrügerische Machenschaften bestritten wird. Jedenfalls haben die Anleger selbst keine religiösen Ziele verfolgt, sondern wollten jeweils mit ihrer Anlage lediglich keine religiösen Regeln verletzen.

Die Beklagte kann nicht damit gehört werden, sie habe die Investmentanteile nicht öffentlich vertrieben, weil sie sich bei dem Vertrieb der Aktien an einen unbestimmten individuell nicht begrenzten oder begrenzbaren Personenkreis gewandt habe (vgl. Brinkhaus Scherer/ Pfüller/Schmitt, a.a.O. RZ 10).

Begrenzt oder begrenzbar wäre der Kreis der Adressaten nur dann gewesen, wenn die Anleger der Beklagten zuvor bekannt gewesen wären, etwa wenn sie - sei es anhand einer Namensliste - die Mitglieder eines örtlichen Kulturvereins angesprochen hätte.

Die Beklagte hat sich aber an die zahlreiche türkische bzw. türkischstämmige Bevölkerung muslimischen Glaubens in Deutschland gewandt. Bereits wegen des Umfanges, der sozialen und der wirtschaftlichen Verschiedenheit untereinander kann nicht von einem abgrenzbaren Kreis der Adressaten gesprochen werden.

Ob tatsächlich Werbeveranstaltungen - in Moscheen oder anderswo - durchgeführt worden sind, ist dabei unerheblich.

Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es nicht darauf an, ob der Vermittler der Beklagten - in diesem Fall Herr F - den Kläger als zukünftigen Anleger angesprochen hat oder ob die potentiellen Anleger ihrerseits aufgrund von Mund zu Mund Propaganda auf die Vermittler zugekommen sind.

Jedenfalls sind auch nach dem Vortrag der Beklagten die Vermittler eigens für das Anbieten der Anteile geschult und von der Beklagten mit Unterlagen versorgt worden, so dass die Beklagte nach ihrem eigenen Vortrag über ein Vertriebssystem für den Verkauf an einen sehr großen Personenkreis muslimischen Glaubens verfügt hat.

Die Beklagte hat entgegen ihrer Verpflichtung den öffentlichen Vertrieb ihrer Anteile nicht nach § 7 AuslInvG angezeigt.

Die erforderliche schriftliche Anfrage, aus der zu ersehen wäre, dass die Beklagte gegenüber dem damaligen Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAK) alle nach § 7 Absatz 2 AuslInvG notwendigen Anlagen beigefügt hätte (vgl. OLG Koblenz, WM 2007, 742, 743), ist nicht vorgelegt worden.

Die Behauptung der Beklagten, sie habe 1996/1997 mündlich bei der zuständigen Behörde, damals dem BAK, nachgefragt, ist unsubstantiiert und damit unerheblich (so auch das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen, Urteil vom 30.08.2007, 2 U 14/07, S. 13 f.). Zum einen kann eine mündliche Anfrage, deren Inhalt ungewiss ist, nicht ausreichen und zum anderen nennt die Beklagte weder die Namen der Mitarbeiter des Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAK) noch die ihrer eigenen Mitarbeiter, die die behaupteten Gespräche geführt haben sollen. Auch ist der genaue Inhalt der behaupteten Erörterungen nicht dargelegt.

Die behauptete Anfrage belegt aber zusätzlich, dass die Beklagte sich einer Anzeigepflicht bewusst war und sie schuldhaft gegen die Vorschriften des AusIInvG verstoßen hat.

Dem Anspruch des Klägers auf Erstattung des durch den Erwerb der unzulässigerweise vertriebenen Anteile erlittenen Schadens steht das Verbot der Einlagenrückgewähr bzw. des Erwerbs ihrer eigenen Aktien nach §§ 57, 71 AktG nicht entgegen. Denn die dem Grundsatz der Kapitalerhaltung zum Schutze von Drittgläubigern der Gesellschaft dienenden Vorschriften der §§ 57, 71 AktG haben jedenfalls dann hinter den Schutz des Anlegers zurückzutreten, wenn die Haftung der Kapitalgesellschaft darauf beruht, dass - wie hier - unter Verstoß gegen die die betroffenen Anleger schützenden Vorschriften neue Aktionäre geworben und hierdurch das den Gläubigern zur Verfügung stehende Vermögen erweitert wurde. Andernfalls würde der Anlegerschutz nach §§ 2, 7, 8 AuslInvG entwertet (vgl. BGH, NJW 2005, 2540; Hanseatisches Oberlandesgericht Bremen, AZ 2 U 14/07, Urteil vom 30.08.2007, S. 16).

Der Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der geleisteten Einlage Zug um Zug gegen Rückübertragung der erworbenen Aktien besteht nur in Höhe von Euro 11.970, 88.

Denn nach der hinsichtlich der Bezeichnung der einzelnen Rubriken in den Prozess eingeführten deutschen Übersetzung der Anlage K 1 aus dem Parallelverfahren 17 U 88/08 (dort Anlage B 2, Bl. 138) ist von der Richtigkeit des Beklagtenvortrages auszugehen, wonach der Wert der vom Kläger erworbenen Anteile zur Zeit des Kaufs nur DM 27.000 (= Euro 13.804,88) und nicht DM 31.300 (= Euro 16.003,44) betrug. Dies ergibt sich aus der rechten Spalte der Abrechnung, wo unter dem Datum 01.01.1999 ein Wert von DM 27.000 angegeben ist. Von dieser Anteilssumme sind im Wege der Vorteilsausgleichung die ausgezahlten Gelder, seien es "Renditen" oder Kaufpreise für zurückgenommene Anteile, abzuziehen. Daher ist der zwischen den Parteien nunmehr unstreitige Auszahlungsbetrag von DM 3.587 (= Euro 1.834 von dem Anlagebetrag von DM 27.000 (= Euro 13.804,88) abzuziehen, so dass sich die zuerkannte Summe von Euro 11.970,88 ergibt.

Dem Anspruch des Klägers auf Schadensersatz steht die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede nicht entgegen.

Die Ansprüche sind nicht verjährt, weil die Verjährung der Ansprüche aufgrund des Auslandsinvestmentgesetzes erst frühestens nach der ersten anwaltlichen Beratung im Jahre 2006 begann. Eine frühere Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen, insbesondere der Verletzung der Anzeigepflicht lässt sich nicht feststellen. Für den Beginn der Verjährung ist aber auf die Kenntnis des Geschädigten von den den Anspruch begründenden Tatsachen abzustellen (Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23.01.2007; XI ZR 44/06, NJW 07, 1584).

Darauf, dass die Anleger frühzeitig hätten merken müssen, dass sie keine Renditen mehr erhalten, wie die Beklagte behauptet, kommt es bezogen auf Ansprüche nach dem AuslInvG nicht an.

Die Ansprüche sind entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht verwirkt, weil es bereits an dem erforderlichen Zeitmoment fehlt. Denn der Kläger hat erst frühestens 2006 vom Verstoß gegen das AuslInvG erfahren.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 BGB.

Wegen des weiter geltend gemachten Betrages war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Absatz 1, 97, 269 Absatz 3 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war zuzulassen, da wegen der von der Rechtsauffassung des Senats abweichenden Entscheidungen der Oberlandesgerichte Düsseldorf (Urteil vom 11.07.2008, AZ I 17 U 87/07) und München (Beschluss vom 09.05.2008, AZ 23 U 1904/08) sowie Köln (Beschluss vom 23.01.2008, AZ 18 U 136/07) zur Anwendbarkeit des AuslInvG die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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