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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 17.07.2006
Aktenzeichen: 18 U 96/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 434
BGB § 437 Nr. 2
Der Käufer unterläuft die Möglichkeit des Verkäufers zur Nacherfüllung, wenn er nicht unverzüglich über festgestellte Beschwerden des gekauften Reitpferdes informierte und zur Nacherfüllung auffordert, sondern das Tier seinerseits zunächst durch einen Tierarzt behandeln lässt.
Gründe:

I.

Von einer Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil sowie der Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird entsprechend §§ 313 a Abs. 1 Satz 1, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen, weil die Revision nicht zugelassen wurde und ein Rechtsmittel gegen das Urteil deshalb bei einer Beschwer der Parteien von jeweils unter 20.000 Euro unzweifelhaft nicht zulässig ist (§ 26 Nr. 8 EGZPO, § 544 ZPO).

II.

Die zulässigen Berufungen der Parteien haben in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen. Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ist nicht geeignet, eine Abänderung des angefochtenen Urteils herbeizuführen.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich die Unwirksamkeit des von der Klägerin erklärten Rücktritts vom Kaufvertrag in Übereinstimmung mit der Urteilsbegründung des Landgerichts daraus ergibt, dass die Klägerin beweisfällig für ihre Behauptung geblieben ist, das gekaufte Reitpferd "R" sei bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses und der Übergabe am 16.02.2004 mit einem Mangel (chronische Fesselträgerentzündung mit Lahmheit vorne Links) behaftet gewesen.

Die Unwirksamkeit des Rücktritts gemäß §§ 437 Nr. 2, 434 BGB ergibt sich bereits aus dem unstreitigen Umstand, dass die Klägerin die Beklagte zur Beseitigung des behaupteten Mangels durch eine tierärztliche Behandlung des Pferdes nicht aufgefordert hat, obwohl ihr dies zumutbar war, nachdem sie die Lahmheit nach ihrem Vorbringen schon kurze Zeit nach der Übergabe, nämlich am 03.03.2004, festgestellt hatte (vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 07.12.2005, Az.: VIII ZR 126/05 = MDR 2006, 679, 680).

Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Gewährleistungsrechte des § 437 Nr. 2 BGB (Rücktritt vom Kaufvertrag) und § 437 Nr. 3 BGB (Schadensersatz) wegen behebbarer Mängel der Kaufsache grundsätzlich erst dann geltend gemacht werden können, wenn der Erwerber dem Veräußerer zuvor erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bzw. Nachbesserung gesetzt hat. Dies gilt insbesondere auch beim Kauf eines Pferdes (vgl. BGH, a.a.O., m. w. Hinweisen insbes. auf BGH, Urt. v. 23.02.2005, Az.: VIII ZR 100/04 = NJW 2005, 1348, 1350, 1351; vgl. zum Kauf eines Hundes auch BGH, Urt. v. 22.06.2005, Az.: VIII ZR 1/05 = MDR 2006, 141, 142). Der Gesetzgeber hat im Rahmen des neuen Kaufrechts, das in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Landgerichts auf den zwischen den Parteien am 16.02.2004 geschlossenen Kaufvertrag Anwendung findet, dem Verkäufer ein vorrangiges Nacherfüllungsrecht bzw. "Recht zur zweiten Andienung" eingeräumt, das insoweit seinem Schutz dient, als er durch die Nacherfüllung die Geltendmachung eines Rücktrittsrechts durch den Käufer gemäß § 437 Nr. 2 BGB abwenden kann. Damit soll dem Verkäufer auch ermöglicht werden, die verkaufte Sache möglichst bald darauf überprüfen zu können, ob der vom Käufer behauptete Mangel überhaupt besteht, ob er bereits im Zeitpunkt der Übergabe bzw. des Gefahrenübergangs vorhanden war, auf welcher Ursache er beruht und ob bzw. wie er beseitigt werden kann, und hierzu gegebenenfalls Beweise zu sichern (vgl. BGH a.a. O.). Diese Rechte und Möglichkeiten des Verkäufers hat die Klägerin unterlaufen, indem sie die Beklagte nicht unverzüglich Anfang März 2004 über die festgestellten Beschwerden des gekauften Reitpferdes informierte und zur Nacherfüllung aufforderte, sondern ihrerseits das Pferd zunächst ab dem 03.03.2004 durch den Tierarzt Dr. A und ab dem 05.07.2004 durch den Tierarzt B behandeln lies, bevor sie mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 28.07.2004 (Bl. 8, 9 d. A.) den Rücktritt erklärte. Ein Rücktrittsrecht stand ihr schon deshalb nicht zu.

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass eine Nacherfüllung unmöglich oder unzumutbar gewesen sei (§ 440 BGB).

Dass eine Nacherfüllung durch eine erfolgreiche tierärztliche Behandlung nicht unmöglich war ergibt sich bereits daraus, dass die Klägerin auf besonderes Befragen durch das Gericht in der mündlichen Verhandlung einräumte, das streitgegenständliche Pferd sei nach der Behandlung durch den von ihr im Juli 2004 beigezogenen Tierarzt B ab Anfang Oktober 2004 wieder gesund gewesen und bis heute gesund geblieben, so dass auch nicht vom Verbleib einer chronischen Erkrankung ausgegangen werden kann, die das Pferd für den vorgesehen sportlichen Einsatz unbrauchbar macht.

Es ist schließlich auch kein vernünftiger Grund erkennbar, warum eine tierärztliche Behandlung durch von der Beklagten beauftragte Tierärzte nicht ebenso erfolgreich hätte sein können, insbesondere auch nicht durch die Tierklinik des Dr. C in O1, deren Ärzte das Pferd in den Wochen vor dem Kauf bereits auf besonderen Wunsch der Klägerin eingehend untersucht und behandelt hatten und schon am 13.02.2004 eine Beschwerde- und Mangelfreiheit festgestellt hatten.

Soweit der erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung und kurz vor dem Verkündungstermin (17.07.2006) eingegangene Schriftsatz der Klägerin vom 14.07.2006 neue Angriffs- und Verteidigungsmittel enthält, konnten diese nicht mehr vorgebracht werden und waren deshalb unbeachtlich (§ 296 a ZPO). Sie boten auch keinen Anlass zur Wiedereröffnung der Verhandlung gemäß § 156 ZPO.

Die in dem Schriftsatz vom 14.07.2006 vertretenen Ansichten waren aus den oben dargelegten Gründen nicht geeignet, eine günstigere Entscheidung für die Klägerin herbeizuführen.

Das Landgericht hat auch die Widerklage der Beklagten im Ergebnis zu Recht abgewiesen, so dass auch die Anschlussberufung keinen Erfolg haben konnte.

Die Beklagte hat mit ihrer Widerklage einen materiellen Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 291,85 Euro nebst Zinsen mit der Begründung geltend gemacht, es handele sich dabei um den Teil (1/2) des Gebührenanspruchs ihres Prozessbevollmächtigten aus der vorprozessual angefallenen Geschäftsgebühr von insgesamt 583,70 Euro, der nach dem neuen Rechtsanwaltsgebührenrecht auf die Verfahrensgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV des RVG nicht anzurechnen sei und auch nicht Gegenstand der gerichtlichen Kostenerstattung nach den §§ 91 ff. ZPO sein könne. Die Klägerin sei mit der Zahlung durch Klageerhebung jedenfalls fiktiv in Verzug geraten und habe daher auch diese Rechtsanwaltsgebühren zu tragen (vgl. SS. v. 16.11.2004, S. 7 = Bl. 25 d. A.), die durch ihre rechtsgrundlose Inanspruchnahme vorprozessual angefallen seien.

Dieser Vortrag der Beklagten ist nicht ausreichend, um den geltend gemachten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch schlüssig darzulegen. Zwar ist in der Rechtsprechung überwiegend anerkannt, dass auch die Geltendmachung unbegründeter Ansprüche im Rahmen eines vertraglichen Schuldverhältnisses Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB wegen positiver Vertragsverletzung auslösen kann, die auch die Kosten einer vorprozessualen anwaltlichen Inanspruchnahme - einschließlich der Erstattung einer angefallenen Geschäftsgebühr - erfassen (vgl. hierzu zuletzt Stöber, Zeitschrift für das gesamte Gebührenrecht und Anwaltsmanagement, AGS 2006, 261 ff; vgl. auch Stöber, Die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs auf Erstattung des nicht anzurechnenden Teils der Geschäftsgebühr, AGS 2005, 45 ff. m. w. Hinweisen). Hierfür genügt aber nicht schon allein die Verfolgung unberechtigter Ansprüche schlechthin, sondern nur, wenn dies vorsätzlich, böswillig oder grob fahrlässig geschehen ist, da demjenigen, der seine - wenn auch nur vermeintlichen - Rechte verfolgt, grundsätzlich der Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen entsprechend § 193 StGB zur Seite steht (vgl. hierzu ausführlich Stöber, AGS 2006, 263, 264, 266 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BGH, insbes. BGH, NJW 1980, 189, 190).

Für das Vorliegen eines besonders schuldhaften Verhaltens der Klägerin bei der Verfolgung ihrer vermeintlichen Gewährleistungsansprüche fehlt es aber bereits an einer ausreichenden Darlegung durch die Beklagte. Soweit sie vorgetragen hat "die Klägerin sei mit der Zahlung durch Klageerhebung jedenfalls fiktiv in Verzug geraten" ist nicht nachvollziehbar, was damit in rechtserheblicher Weise gemeint sein soll. Entscheidend ist, dass die Klägerin im vorprozessualen Zeitpunkt des Entstehens der Geschäftsgebühr nicht im Verzug war, so dass die Gebühr auch nicht wegen Verzugs gemäß § 280 BGB erstattungsfähig ist (vgl. Stöber, AGS 2005, 47 linke Spalte oben).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Abwendungsbefugnis ergibt sich aus den §§ 708 Ziff. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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