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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 24.09.2007
Aktenzeichen: 19 U 160/07
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 823 Abs. 1 |
Gründe:
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss aus folgenden Gründen zurückzuweisen:
1. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin stehen wegen des am 03.09.2003 auf der stillgelegten Rolltreppe im Betriebsgebäude II. (...-Gebäude) erlittenen Sturzes keine Ansprüche auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens gegen die Beklagte zu.
Es kann offen bleiben, ob die Beklagte mit Wartungsarbeiten an der Rolltreppe beauftragt war und die Rolltreppe aus diesem Anlass selbst außer Betrieb gesetzt hatte. Selbst wenn dies er Fall gewesen sein sollte, haftet die Beklagte nicht. Zwar ist ein Bauunternehmer zur Verkehrssicherung deliktsrechtlich auch gegenüber Dritten verpflichtet, die vorhersehbar mit den Gefahren der baulichen Anlage in Berührung kommen und dadurch Schaden erleiden können (BGH VersR 1997, 249, 250 m. w. Nachw.). Wartungsarbeiten waren hier aber noch nicht begonnen worden. Der Umstand, dass die Rolltreppe außer Betrieb gesetzt worden war, erfordert für sich betrachtet jedenfalls nicht, aus Gründen der Verkehrssicherung die Rolltreppe für den Verkehr zu sperren oder einen Warnhinweis auf den Stillstand der Treppe anzubringen.
Grundsätzlich ist derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst danach diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Voraussetzung ist daher, dass sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können (BGH NJW 2004, 1449, 1450 m. w. Nachw.).
Nach diesen allgemeinen Grundsätzen ergeben sich allein deshalb, weil eine Rolltreppe außer Betrieb gesetzt ist, keine Verkehrssicherungspflichten. Es ist anerkannt, dass eine Haftung für Schäden im Zusammenhang mit der Benutzung einer Rolltreppe, die entsprechend den anerkannten Regeln der Technik beschaffen ist und betrieben wird, eine Haftung aus dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflichtverletzung nicht in Betracht kommt (OLG Oldenburg, MDR 1965, 134 m. w. Nachw.). Nichts anderes gilt für eine außer Betrieb gesetzte Rolltreppe. Es ist allgemein bekannt, dass sich am Anfang und am Ende einer stillstehenden Rolltreppe Stufen unterschiedlicher Tritthöhe befinden. Auf die sich daraus ergebenden Gefahren kann sich jeder Benutzer bei Anwendung der bei Betreten und bei Verlassen einer Rolltreppe zu erwartenden Sorgfalt und Aufmerksamkeit ohne Weiteres einstellen. Der Stillstand einer Rolltreppe ist schon vor ihrem Betreten visuell wahrnehmbar; spätestens bei dem ersten Schritt, mit dem ein Benutzer die Rolltreppe betritt, ist zu erkennen, ob diese stillsteht oder sich in Bewegung befindet. Das ist allgemein bekannt und deshalb offenkundig im Sinne des § 291 ZPO. Die gegenteilige Behauptung der Klägerin ist deshalb unbeachtlich. Vorliegend kommt hinzu, dass sich die ersten drei Stufensegmente der Rolltreppe auf gleicher Höhe befanden. Die Klägerin hatte somit hinreichend Gelegenheit, ihren Gang auf die anschließend zu erwartenden Stufen mit unterschiedlicher Tritthöhe abzustimmen.
Danach ergaben sich für die Klägerin bei der Benutzung der außer Betrieb gesetzten Rolltreppe keine Gefahren, die für sie bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht erkennbar waren und auf die sie sich nicht einzurichten vermochte. Diese Gefahren musste der Verkehrssicherungspflichtige nicht ausräumen; er musste auch nicht vor ihnen warnen (vgl. BGHZ 108, 273, 275).
Unfallverhütungsvorschriften, DIN-Vorschriften, Verordnungen, Richtlinien oder sonstige Regelwerke, die grundsätzlich den Inhalt der Verkehrssicherungspflichten konkretisieren können (BGH NJW 2004, 1499; MDR 1979, 45), und die erfordern, dass eine außer Betrieb gesetzte Rolltreppe für den Verkehr gesperrt wird, existieren nicht. Insbesondere ergibt sich aus den von der Klägerin vorgelegten Richtlinien für Fahrtreppen und Fahrsteige ZH 1/484, die § 18 Arbeitsstättenverordnung sowie § 31 UVV "Allgemeine Vorschriften" (VBG 1) ergänzen, ein derartiges Erfordernis zur Verkehrssicherung nicht. Die unter Nr. 5.7 dieser Richtlinien enthaltene Regelung, dass vor Arbeiten zur Wartung, Instandsetzung und Prüfung Fahrtreppen und Fahrsteige für den Verkehr zu sperren und im Bedarfsfall zu sichern sind, betrifft nicht den Fall, dass eine Rolltreppe (lediglich) außer Betrieb gesetzt wird. Diese Regelung bezweckt vielmehr den Schutz des Verkehrs vor den Gefahren, die sich im Zusammenhang mit Arbeiten zur Wartung, Instandsetzung und Prüfung von Rolltreppen (Fahrtreppen), nicht aber schon aus deren bloßem Stillstand, für den Verkehr ergeben. Gefahrerhöhende Wartungsarbeiten wurden jedoch nicht ausgeführt, als die Klägerin stürzte.
Danach beruht der Sturz der Klägerin auf ihrer eigenen Unaufmerksamkeit, nicht aber auf einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten.
2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht.
II.
Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 19.10.2007.
Ende der Entscheidung
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