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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 31.01.2003
Aktenzeichen: 19 U 178/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 652
Der Provisionsanspruch des Maklers bleibt grundsätzlich von Umständen unberührt, die lediglich die Leistungspflichten aus dem vermittelten Vertrag wieder beseitigen (nachträgliche Unmöglichkeit, Kündigung, Rücktritt oder einverständliche Vertragsaufhebung).
19 U 178/02

Entscheidung vom 31.1.2003

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..... als Einzelrichter

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 31. Januar 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20. August 2002 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Hanau (Az. 1 O 693/02) abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Kläger nehmen die Beklagte auf Rückzahlung von Maklerprovision in Anspruch.

Die Kläger beauftragten die Beklagte, ihnen ein Grundstück in Bad Nauheim nachzuweisen und zu vermitteln. Durch Vermittlung der Beklagten kam es am 5. 9. 2001 in Anwesenheit eines Vertreters der Beklagten zu einem notariellen Kaufvertrag mit der L. Baubetreuungsgesellschft mbH über ein von der Verkäuferin mit einem Einfamiliehaus zu bebauendes Grundstück, das diese zwar schon gekauft, aber noch nicht zu Eigentum erworben hatte. In dem Vertrag verpflichtete sich die Verkäuferin, alle Voraussetzungen für die Umsetzung des Ankaufsvertrags über das Grundstück zu schaffen, damit sie am 31. 12. 2001 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen ist. Für den Fall, daß die Verkäuferin nicht bis zum 31. 12. 2001 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen ist, sollten die Kläger nach Ablauf einer gesetzten Nachfrist von vier Wochen zum Rücktritt berechtigt sein.

Es heißt in der Urkunde außerdem, daß der Vertrag im Auftrag der Kläger durch die Beklagte zustande gekommen sei und die Kläger demzufolge die Maklercourtage von 27.250,- DM tragen.

Die Kläger zahlten diesen Betrag an die Beklagte.

Die Verkäuferin war bis zum 31. 12. 2001 nicht als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.

Die Kläger erklärten daraufhin mit Schreiben vom 1. 2. 2002 den Rücktritt vom Vertrag.

Zu dieser Zeit war bereits ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Verkäuferin gestellt worden, der schließlich mit Beschluß vom 22. 3. 2002 mangels Masse abgewiesen worden ist.

Die Kläger haben mit der vorliegenden Klage von der Beklagten die von ihnen gezahlte Maklerprovision zurückverlangt.

Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 20. 8. 2002 stattgegeben. Hiergegen hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt.

Die Beklagte beantragt,

das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragten,

die Berufung zurückzuweisen.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Den Klägern steht der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch nicht zu. Die Beklagte hat die Leistung der Kläger nicht ohne rechtlichen Grund erlangt (§ 812 BGB). Vielmehr waren die Kläger aufgrund des geschlossenen Maklervertrags zur Zahlung der Provision verpflichtet.

Zwischen den Parteien bestand ein Maklervertrag, in dem sich die Kläger verpflichteten hatten, für die Vermittlung eines Grundstückskaufvertrags eine Provision zu zahlen. Aufgrund der Tätigkeit der Beklagten ist es zu dem Kaufvertrag vom 5. 9. 2001 gekommen. Der Identität zwischen dem gewünschten und abgeschlossenen Vertrag steht nicht entgegen, daß dem Verkäufer das Eigentum an dem verkauften Grundstück nicht zustand. Genauso wie man eine Sache verkaufen kann, die einem noch nicht gehört, so ist es auch möglich, daß ein Makler dem Kaufinteressenten einen Verkäufer benennt, der zwar das Kaufobjekt noch erwerben muß, der aber hierzu und zu einer Weiterveräußerung an den Interessenten bereit ist (BGH NJW-RR 1991, 371 f;NJW 2001, 325ff).

Der Maklervertrag ist auch nicht, wie aus der unbedingten Verpflichtung zur Zahlung der Provision in § 17 Ziff. 4 des notariellen Kaufvertrags folgt, unter einer aufschiebenden Bedingung im Sinne von § 652 Abs. 1 S. 2 BGB geschlossen worden.

Der Umstand, daß die Kläger vom notariellen Kaufvertrag zurückgetreten sind, hat keinen Einfluß auf ihre Verpflichtung, die vereinbarte Maklerprovision zu zahlen. Das Entstehen eines Provisionsanspruchs hängt nach § 652 BGB nur vom Zustandekommen des Hauptvertrags, nicht aber von dessen Ausführung ab. Demzufolge schließen grundsätzlich lediglich Umstände, die einen wirksamen Abschluß des Hauptvertrags verhindern oder ihn als von Anfang an unwirksam erscheinen lassen, eine Provisionspflicht aus (BGH NJW-RR 2002, 50f). Als solche Gründe kommen Formnichtigkeit, Sittenwidrigkeit, anfängliche objektive Unmöglichkeit, Anfechtung wegen Irrtums, arglistige Täuschung oder der Eintritt einer auflösenden oder der Ausfall einer aufschiebenden Bedingung in Betracht.

Dagegen lassen Umstände, die lediglich die Leistungspflichten aus dem Vertrag wieder beseitigen, wie nachträgliche Unmöglichkeit, Kündigung, Rücktritt oder einverständliche Vertragsaufhebung den Provisionsanspruch regelmäßig unberührt.

Der Fall, daß sich eine Vertragspartei im Hauptvertrag ein Rücktrittsrecht ausbedungen hat, das zeitlich befristet, aber an keinerlei sonstige Voraussetzungen gebunden ist, wird in der Rechtsprechung ebenso behandelt, wie der, daß ein Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossen wurde. Dies wird mit der Überlegung gerechtfertigt, daß in einem solchen Fall eine echte vertragliche Bindung erst in dem Zeitpunkt begründet wird, in dem der Rücktrittsberechtigte sein Rücktrittsrecht nicht mehr ausüben kann (BGH NJW-RR 1991, 820ff; NJW 1997, 1583; NJW-RR 2000, 1302).

Hier bestanden keine Umstände, die das wirksame Zustandekommen des Hauptvertrags verhindert oder ihn als von Anfang an unwirksam erscheinen lassen könnten. Es lag kein Fall objektiver anfänglicher Unmöglichkeit vor, da der Verkäufer sich das Eigentum an dem Grundstück unschwer hätte verschaffen können. Die von den Vertragsparteien vereinbarte Rücktrittsklausel läßt sich nach ihrem Wortlaut auch nicht im Sinne einer aufschiebenden Bedingung verstehen. Die Ausübung des Rücktrittsrechts war nicht in das Belieben der Kläger gestellt, sondern war dem gesetzlichen Rücktrittsrecht nachgebildet, das dem Käufer im Falle des nachträglichen Unvermögens zur Leistung oder des Verzugs des Verkäufers mit der ihm obliegenden Hauptpflicht zusteht. Das Rücktrittsrecht war als Sanktion dafür ausgestaltet, daß der Verkäufer seiner vertragliche Verpflichtung, sich das Eigentum an dem Grundstück innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu verschaffen, nicht nachkam.

Der von den Parteien geschlossene Maklervertrag kann auch nicht ergänzend dahin ausgelegt werden, daß die Beklagte die Provision zurückzuzahlen sollte, wenn der wirtschaftliche Zweck des Hauptvertrags verfehlt wird. Zwar darf der Makler nach Treu und Glauben dann nicht darauf vertrauen, die Maklerprovision endgültig behalten zu können, wenn das Risiko eines wirtschaftlichen Fehlschlags des Kaufvertrags für beide Parteien des Maklervertrags bei Vertragsschluß auf der Hand lag. In einem solchen Fall muß der Makler davon ausgehen, daß sein Vertragspartner die Maklerprovision nicht völlig nutzlos aufwenden und sich deshalb vorbehalten will, sie zurückzuverlangen. Einem solchen Ansinnen kann sich der Makler nach Treu und Glauben nicht verschließen (BGH NJW 1997, 1583 ff).

Im vorliegenden Rechtsstreit kommt eine ergänzende Vertragsauslegung jedoch nicht in Betracht. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall lag es hier gerade nicht auf Hand, daß der Hauptvertrag nicht durchgeführt werden würde. Es ist nicht ersichtlich, daß die Kläger und die Beklagte bei Abschluß des Hauptvertrages im September 2001 die gespannte finanzielle Lage des Verkäufers kannten und mit der Möglichkeit rechneten, die Durchführung des Hauptvertrages werde an seiner fehlenden Leistungsfähigkeit scheitern. Der Umstand, daß beide wußten, daß der Verkäufer sich das Grundstück zunächst erst beschaffen mußte, legte das Risiko eines wirtschaftlichen Fehlschlags des Hauptvertrages noch nicht nahe. Es war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht erkennbar, daß der Verkäufer nicht in der Lage sein würde, den Kaufpreis für das Grundstück aufzubringen, zumal die Finanzierung von Bauträgern häufig lediglich davon abhängig gemacht wird, daß es diesen gelingt, das geplante Objekt zu vermarkten. Bei dieser Sachlage brauchte die Beklagte nicht davon auszugehen, daß sich die Kläger für den Fall, daß es dem Verkäufer nicht gelang, Eigentum an dem Grundstück zu erwerben, die Rückforderung der Provision vorbehalten wollten. Sie hatte auch keinen Anlaß, unter Abweichung von den gesetzlichen Bestimmungen das Risiko eines wirtschaftlichen Fehlschlags des Hauptvertrages zu tragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Entscheidung stimmt auch mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung überein.

Ende der Entscheidung

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