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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 20.01.2006
Aktenzeichen: 19 U 179/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 273
BGB § 362
Zur Erfüllung einer Zahlungsverpflichtung gegenüber einer Insolvenzschuldnerin durch Scheckhingabe.
Gründe:

I.

Der Kläger, Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma A GmbH (im folgenden: Insolvenzschuldnerin) nimmt den Beklagten auf Zahlung aus der am 20.10.1999 zwischen der Insolvenzschuldnerin und dem Beklagten geschlossenen Vergleichsvereinbarung in Anspruch (Bl. 8 und 9 d.A.) - wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des angegriffenen landgerichtlichen Urteils gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verwiesen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 19.07.2005 die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne aufgrund der Vergleichsvereinbarung vom 20.10.1999 die Zahlung der in Ziffer 2 dieses Vergleichs vorgesehenen Kosten nicht verlangen, weil insoweit bereits Erfüllung durch Gutschrift des Scheckbetrages auf dem Konto des Zeugen Z eingetreten sei.

Gegen dieses ihm am 29.07.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.08.2005 Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel am 29.09.2005 begründet.

Der Kläger rügt, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Zahlungsverpflichtung des Beklagten durch Hereinnahme des Schecks im Geschäftsbetrieb der Insolvenzschuldnerin und nachfolgende Gutschrift des Scheckbetrages auf dem Konto Zs erfüllt worden sei. Die Scheckzahlung sei nicht vereinbart, ein Begebungsvertrag sei nicht zustande gekommen, und zwar auch nicht konkludent durch Entgegennahme des Schecks. Der Beklagte trage nämlich nicht vor, ob und gegebenenfalls durch wen der Scheck bei der Insolvenzschuldnerin entgegengenommen worden sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 19.07.2005 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 22.027,68 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 25.09.2002 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Beklagte wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Er trägt weiter vor, es sei bei den Vergleichsverhandlungen vereinbart worden, dass die in Ziffer 2. der Vergleichsvereinbarung genannten Kosten per Scheck zu Händen des Zeugen Z - wie geschehen - gezahlt werden sollten. Ein Scheckbegebungsvertrag zwischen der Insolvenzschuldnerin, vertreten durch den Zeugen Z, und dem Beklagten sei zustande gekommen. Mit der Bezeichnung "Anwalt" im Adressfeld des Schecks sei gerade der Zeuge Z, bei dem es sich um den Justitiar der Muttergesellschaft der Insolvenzschuldnerin gehandelt habe, gemeint gewesen.

Wegen weiterer Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens im übrigen wird ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 19.07.2005 ist auch - bis auf einen Teil des Zinsanspruchs - begründet.

Der Kläger als Insolvenzverwalter kann von dem Beklagten aufgrund Ziffer 2. der zwischen der Insolvenzschuldnerin und dem Beklagten am 20.10.1999 getroffenen Vereinbarung die Zahlung entstandener außergerichtlicher Kosten in Höhe von 22.027,68 EUR verlangen. Die der damals noch der Insolvenzschuldnerin zustehende Forderung ist weder durch Erfüllung erloschen (§ 362 BGB), noch steht ihr die dauerhafte Einrede der Scheckhingabe gemäß §§ 273 Abs. 1, 270 Abs. 1 BGB entsprechend entgegen (BGH NJW 1996 S. 1961; 2000 S. 3344 f., 3345).

Eine Erfüllung der Zahlungsverpflichtung des Beklagten gegenüber der Insolvenzschuldnerin aus Ziffer 2 der Vereinbarung vom 20.10.1999 ist nicht eingetreten, weil die Insolvenzschuldnerin den Betrag nicht erhalten hat. Die Scheckhingabe ist Leistung erfüllungshalber, eine Erfüllung tritt erst mit der Gutschrift des Scheckbetrages auf dem Konto des Gläubigers ein. Dem Konto der Insolvenzschuldnerin aber wurde der Betrag nie gutgeschrieben.

In der Vereinbarung vom 20.10.1999 ist nicht verabredet worden, dass der Beklagte an Z zahlen sollte. Diese Vereinbarung trägt als Privaturkunde die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Vereinbarung für sich. Soweit der Beklagte erstmals in der Berufungserwiderung geltend macht, er und die Insolvenzschuldnerin hätten miteinander vereinbart, dass diese Kosten per Scheck zu Händen des Zeugen Z gezahlt werden sollten (Bl. 108 d.A.), kann dies im zweiten Rechtszug keine Berücksichtigung finden, weil dieses Vorbringen im ersten Rechtszug bereits hätte gehalten werden können und dies infolge Nachlässigkeit des Beklagten unterblieben ist (§ 531 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Auch hatte das Landgericht im Hinblick auf das Vorbringen des Beklagten im ersten Rechtszug keinerlei Anlass, auf diesen Punkt hinzuweisen. Denn die Sachdarstellung des Beklagten im landgerichtlichen Verfahren war eine andere als im Berufungsverfahren. Während der Beklagte auf S. 2 der Klageerwiderung (Bl. 40 d.A.) noch vorgetragen hatte, dass der frühere leitende Mitarbeiter Z der Insolvenzschuldnerin den noch bei dieser eingegangenen Scheck an sich genommen, für sich vereinnahmt und die Schecksumme unterschlagen habe, welchen Verdacht auch die Staatsanwaltschaft gehegt habe, trägt der Beklagte sodann mit Schriftsatz vom 07.06.2005 (Bl. 48 d.A.) vor, dass der Zeuge Z im Innenverhältnis dazu berechtigt gewesen sei, den Scheck mit Erfüllungswirkung auf seinem Konto einzuziehen (Beweis: Zeugnis Z). Wenn dann der Beklagten mit Schriftsatz vom 13.06.2005 (Bl. 51 d. A.) vorträgt, Z sei berechtigt gewesen, den Scheck entgegen zu nehmen, so beschreibt dies - vor allem im Lichte des oben angegebenen Vortrags des Beklagten im Schriftsatz vom 07.06.2005 (Bl. 48 d. A.) - das Innenverhältnis zwischen Insolvenzschuldnerin und Z. Daran ändert auch der Inhalt von Absatz 2 des Schriftsatzes des Beklagten vom 13.06.2005 (Bl. 51 d.A.) nichts, nach welchem der Zeuge Z seinerzeit die Verhandlungen zwischen den Parteien geführt habe und insoweit auch bevollmächtigt gewesen sei, weshalb auch der Scheck im Adressfeld mit "Anwalt" bezeichnet worden sei. Dass hiermit der Zeuge Z bei Abschluss der Vergleichsvereinbarung gemeint gewesen wäre, ist kaum anzunehmen. Denn nach der Präambel der Vergleichsvereinbarung (Bl. 9) hatte sich die Insolvenzschuldnerin anwaltlicher Hilfe bedient und bereits Klage eingereicht, daher waren bei ihr entstandene außergerichtliche Kosten der Beitreibung vom Beklagten zu übernehmen. Dass ausgerechnet der Justitiar der Muttergesellschaft der Insolvenzschuldnerin dieser Rechtsanwalt gewesen wäre, ist kaum anzunehmen, da der Zeuge Z - entgegen § 3 Abs. 1 BRAO - nicht ein von der Insolvenzschuldnerin, seiner angeblichen Mandantin, unabhängiger Berater und Vertreter in deren Rechtsangelegenheiten gewesen wäre, vielmehr hätte er den Weisungen der Muttergesellschaft der Insolvenzschuldnerin unterstanden.

Aufgrund dieses Vorbringens des Beklagten im ersten Rechtszug war Z im Innenverhältnis zur Insolvenzschuldnerin zur Scheckeinlösung und zur Entgegennahme des Schecks bevollmächtigt, von einer entsprechenden Abrede zwischen Insolvenzschuldnerin und Beklagten war keine Rede im ersten Rechtszug.

Der Beklagte lässt auch jede Erklärung dazu fehlen, weshalb er im ersten Rechtszug nicht in der Lage gewesen wäre, den jetzt in der Berufungserwiderung erstmals gebrachten Vortrag über die behauptete Vereinbarung, dass der Scheck zu Händen des Zeugen Z hätte eingereicht werden sollen zu halten.

Dem Zahlungsanspruch des Klägers steht auch nicht die Einrede der Scheckhingabe entgegen, nach der der Scheckaussteller das Recht hat, die Bezahlung der Forderung aus dem Grundgeschäft bis zur Rückgabe des unversehrten, insbesondere unbezahlten, erfüllungshalber hingegebenen Scheck zu verweigern (BGH NJW 1996 S. 1961 und BGH 2000 S. 3344 f., 3345). Denn Voraussetzung hierfür ist, dass die Parteien des Grundgeschäfts miteinander eine Scheckbegebungsvereinbarung abgeschlossen haben. Ein solcher Vertrag kann zwar auch stillschweigend abgeschlossen werden. Indessen kann nach dem zu berücksichtigenden Vorbringen der Parteien hiervon nicht ausgegangen werden. In der Vereinbarung vom 20.10.1999 findet sich nichts von einer Bezahlung der von dem Beklagten zu entrichtenden Beträge per Scheck. Die Privaturkunde hat die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit des damals zwischen dem Beklagten und der Insolvenzschuldnerin Vereinbarten für sich. Im ersten Rechtszug wurde vom Beklagten nicht vorgetragen, dass aufgrund einer Abrede mit der Insolvenzschuldnerin er berechtigt sein sollte, per Scheck zu zahlen. Da eine Forderung grundsätzlich durch Erfüllung zu tilgen ist, trifft ihn als Schuldner die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er berechtigt war, erfüllungshalber zu leisten. Hieran fehlt es im ersten Rechtszug. Das Vorbringen des Beklagten in dem Berufungsrechtszug in der Berufungsbegründung ist neu und daher gemäß § 531 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ZPO - wie bereits ausgeführt - wegen Verspätung zurückzuweisen. Im übrigen war bei den Vergleichsverhandlungen ausweislich des Inhalts der Vergleichsvereinbarung der Geschäftsführer G der Insolvenzschuldnerin zugegen, er und nicht der Zeuge Z unterzeichnete die Vergleichsvereinbarung. Die Scheckzahlung wäre mit Sicherheit in den Vergleich aufgenommen worden, wenn sie vereinbart worden wäre.

Ein Scheckbegebungsvertrag kann zwar auch bei Hingabe des Schecks vereinbart werden. Da der Zeuge Z aber nach dem Vorbringen des Beklagten nur Verhandlungsvollmacht für die Insolvenzschuldnerin, nicht Abschlussvollmacht (diese blieb bei dem Geschäftsführer G, wie dem Beklagten bekannt war) hatte, kommt eine derartige nachträgliche Scheckbegebungsvereinbarung ebenfalls nicht in Betracht.

Zinsen in beantragter Höhe von 4 % stehen dem Kläger aus dem ihm zugesprochenen Betrag von 22.027,68 EUR erst seit Rechtshängigkeit, mithin seit dem 09.03.2005 zu. Der weitere Zinsanspruch war abzuweisen, weil der Kläger nicht dargetan hat, dass sich der Beklagte bereits in einem früheren Zeitpunkt im Zahlungsverzug befunden hatte (§§ 284, 288 BGB a.F.). Das Schreiben des Klägers vom 23.09.2002 (Bl. 27 d.A.) enthält nur eine Zahlungsaufforderung, keine Mahnung, und war daher nicht geeignet, einen Zahlungsverzug des Beklagten herbeizuführen.

Die Kosten des Rechtsstreits waren im Verhältnis des beiderseitigen Unterliegens bzw. Obsiegens zu teilen (§ 92 Abs. 1 ZPO).

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Entscheidung zur Zulassung der Revision hat ihre Rechtsgrundlage in § 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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