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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 17.01.2007
Aktenzeichen: 19 U 2/06
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 426 |
Gründe:
I.
Die Klägerin, Witwe des im Jahre 2001 gestorbenen Rechtsanwalts RA1, nimmt den Beklagten auf Gesamtschuldnerausgleich in Anspruch.
Der Ehemann der Klägerin, der Beklagte sowie die Herren A und B erwarben als Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgrund notariellen Kaufvertrages vom 11.07.1989 (Abl. Bl. 15 - 24 d.A.) ein in O1 gelegenes ca. 4.200 qm großes früheres Tankstellengelände zum Kaufpreis von 3,2 Mio. DM. Am 27.07.1989 schlossen die vier Erwerber dieses Grundstücks den aus Bl. 6 - 14 d.A. ersichtlichen Gesellschaftsvertrag über die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Am selben Tage erteilten die Gesellschafter dem Beklagten sowie dem Ehemann der Klägerin eine notarielle Vollmacht (Abl. Bl. 34 - 37 d.A.), die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemeinsam, aber auch jeder für sich allein handelnd, zu vertreten mit der Maßgabe, dass die Bevollmächtigten nur das Gesellschaftsvermögen, nicht die Gesellschafter persönlich sollten verpflichten können. Aufgrund notariellen Vertrages vom 06.07.1990 (Abl. Bl. 25 - 33 d.A.) traten die Gesellschafter der GbR ihre jeweiligen Anteile in notarieller Urkunde ab, und zwar der Beklagte sowie sein Mitgesellschafter B an die Firma C mbH (im Folgenden: Firma C) und der Ehemann der Klägerin und der Gesellschafter A an die Firma D KG. Bei Abschluss dieses Vertrages wurden die Gesellschafter der GbR von dem Ehemann der Klägerin unter Bezugnahme auf die ihm am 27.07.1989 erteilte Vollmacht vertreten. In § 2 des notariellen Vertrages vom 06.07.1990 heißt es, dass die Abtretung der Anteile an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter Ausschluss jeglicher Haftung für Sach- und Rechtsmängel und frei von Miet- und Pachtverhältnissen erfolge, mit Ausnahme etwaiger Altlasten im Sinne des Umweltschutzes. Hierfür hafteten die Gesellschafter der Verkäuferin persönlich als Gesamtschuldner.
Mit Schreiben vom 02.11.1992 rügten die Erwerber erstmals eine Kontaminierung des Erdreichs und verlangten von den Gesellschaftern die Erstattung der Kosten für die Entsorgung. Mit Schreiben vom 23.12.1994 (Bl. 108 f. d.A.) erklärte der Ehemann der Klägerin gegenüber der C GmbH & Co. KG:
"Was die der ehemaligen GbR gegenüber geltend gemachte Forderung anbelangt, bestätige ich die Absprache, wonach Einwendungen gegen die mitgeteilte Forderung dem Grunde nach nicht erhoben werden und dass eine denkbare Einrede der Verjährung nicht erhoben wird."
Die Erwerber nahmen in dem Rechtsstreit 3 O 54/96 den Ehemann der Klägerin und den Mitgesellschafter B auf Zahlung von 294.673,36 DM in Anspruch. Der Klage wurde durch Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 27.01.2000 (Bl. 40 f. d.A.) stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hiergegen wurde durch Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30.08.2001 (Bl. 48 f. d.A.) zurückgewiesen.
Die Gesamtkosten für dieses Verfahren, die der Ehemann der Klägerin allein trug, beliefen sich auf 233.919,05 EUR. Mit der Klage hat die Klägerin den Beklagten auf hälftige Erstattung dieser Kosten in Anspruch genommen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 116.959,52 EUR zuzüglich 4 % Zinsen aus 72.274,86 EUR seit 01.05.2001 sowie 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 44.684,67 EUR seit Klageerhebung zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat durch sein angegriffenes Urteil vom 01.12.2005 der Klage stattgegeben. Gegen dieses ihm am 05.12.2005 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 04.01.2006 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis 03.03.2006 an diesem Tage begründet.
Der Beklagte macht geltend, die Ausführungen des Landgerichts, die Regelung über die Haftung der Gesellschafter für Altlasten in § 2 des notariellen Vertrages vom 03.07.1990 könne angesichts sensibler Problematik nicht ohne Wissen und Wollen der anderen Gesellschafter in den Notarvertrag aufgenommen worden sein, sei wenig überzeugend. Es habe keinen Grund für diese Altlastenreglung gegeben, da die Gesellschaft bürgerlichen Rechts bereits vor der Weiterveräußerung des Grundstücks durch Einholung eines Gutachtens die Fragen, ob das Grundstück kontaminiert sei, geklärt habe. Das eingeholte Gutachten habe nur eine geringe Belastung des Grundstücks ergeben. Das Anerkenntnis des Ehemannes der Klägerin vom 23.12.1994 müsse er, der Beklagte, nicht gegen sich gelten lassen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 01.12.2005 - Az.: 2/14 O 280/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Auch sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie macht geltend, ohne den Verjährungsverzicht hätten die Käufer bereits früher Klage eingereicht. Ihrem Ehemann sei aus Rechtsgründen die Berufung auf die Einrede der Verjährung nicht möglich gewesen.
Wegen weiterer Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens im übrigen wird ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
Auch in der Sache hatte das Rechtsmittel des Beklagten Erfolg. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von 116.959,52 EUR zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 426 BGB aus dem rechtlichen Gesichtspunkt eines Ausgleichs unter Gesamtschuldnern.
Zwar hat der Ehemann der Klägerin als Bevollmächtigter der übrigen Gesellschafter der GbR ... in O1 den Beklagten wirksam gegenüber den Grundstückserwerbern, der Firma C und der Firma D KG, durch notariellen Vertrag vom 06.07.1990 zur Gewährleistung für auf dem Kaufgrundstück ruhende Altlasten verpflichtet. § 5 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrages vom 27.07.1989 sah vor, dass die Geschäftsführer der Gesellschaft - zu diesen gehörte neben dem Ehemann der Klägerin auch der Beklagte - bei Eingehung von Verbindlichkeiten jeder Art die Gesellschaft nur hinsichtlich des Gesellschaftsvermögens, nicht aber hinsichtlich ihres übrigen Privatvermögens zu verpflichten berechtigt seien. Dem entsprach auch der Wortlaut der dem Ehemann der Klägerin und dem Beklagten erteilten notariellen Vollmacht vom 27.07.1989 (Bl. 34 f. , 35 d.A.). Im nachfolgenden Text des Gesellschaftsvertrages ist jedoch geregelt, dass vor Eingehung von Verbindlichkeiten, die das Gesellschaftsvermögen überstiegen und für die auch das persönliche Vermögen des Gesellschafters haften solle, die ausdrückliche Einwilligung jedes Gesellschafters einzuholen sei. Dass alle Gesellschafter sich bei der in § 2 Abs. 1 des notariellen Vertrages vom 06.07.1990 geregelten Verpflichtung, für etwaige Altlasten im Sinne des Umweltschutzes die persönliche Haftung als Gesamtschuldner zu übernehmen, einig waren, geht aus der Erklärung aller vier Gesellschafter vom 09.06.1998 (Bl. 38 d.A.) hervor, sie erklärten gemeinsam, dass sie in gesamtschuldnerischer Verbundenheit damit einverstanden gewesen seien, dass die Geschäftsanteile der GbR an gesellschaftsfremde Dritte übertragen würden; falls es erforderlich sein sollte, genehmigten sie hiermit die durch den Ehemann der Klägerin in dem Vertrag vom 06.07.1990 abgegebenen Erklärungen und auch den Vertragsschluss als solchen. Aus dieser u. a. vom Beklagten abgegebenen Erklärung geht deutlich hervor, dass bei allen vier Gesellschaftern bei Abschluss des notariellen Vertrages vom 06.07.1990 der insoweit übereinstimmende Wille vorhanden war, das Grundstück gemäß den Regelungen des Vertrages vom 06.07.1990 an die Firma C und die Firma D KG zu veräußern. Das Einverständnis des Beklagten ergibt sich zudem besonders aus dessen Erklärung vom 09.06.1990 (Anlage K6 = Bl. 39 d.A.), in der dieser eigens bestätigt, den Ehemann der Klägerin dazu bevollmächtigt zu haben, seinen Geschäftsanteil an der GbR ... in O1 auf die Firma C bzw. die Firma D GmbH & Co. KG zu übertragen. Zwar hat der Beklagte in dieser Erklärung nicht eigens Bezug genommen auf den Inhalt des Notarvertrages vom 06.07.1990. Indessen ergibt sich aus der Bezugnahme auf den konkreten Vertragsabschluss vom 06.07.1990, dass dem Beklagten der Inhalt dieses Vertrages bekannt war und das dessen Abschluss durch den Ehemann der Klägerin seinerzeit seinem, dem Beklagten, Willen entsprochen hatte.
Die u. a. vom Beklagten übernommene Haftung für auf dem Kaufgrundstück ruhende Altlasten unterlag indessen der einjährigen Verjährungsfrist des § 477 Abs. 1 BGB a. F.; die Frist begann mit der Übergabe des Grundstücks auf die Käufer. Diese begann mit der Übertragung des Grundstücks auf die Erwerber. Diese Übergabe erfolgte gemäß § 2 Abs. 1 und 2 des notariellen Vertrages vom 06.07.1990 mit dem Eingang des Kaufpreises bei den Veräußerern. Der Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass diese Zahlung zum 15.08.1990 erfolgt sei (S. 8 der Klageerwiderung vom 02.02.2005 = Bl. 103 d.A.). Mithin ist die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen wegen Mängeln des Kaufgrundstücks am 15.08.1991 eingetreten. Die Erklärung des Ehemannes der Klägerin vom 13.12.1994, er erkenne namens der GbR die (Gewährleistungs-) Ansprüche der Grundstückserwerber dem Grunde nach an und verzichte auf die Einrede der Verjährung war mithin nicht nur deklaratorischer Natur; vielmehr enthielt diese Erklärung eine neue Verpflichtung. Der am 23.12.1994 vom Ehemann der Klägerin gegenüber den Erwerbern erklärte Verzicht auf die Einrede der Verjährung und das Anerkenntnis der Gewährleistungsansprüche der Erwerber entfalteten für den Beklagten keine Wirkung. Denn die Erklärung des Ehemannes der Klägerin war von der ihm am 27.07.1989 vom Beklagten erteilten Vollmacht nicht gedeckt. Die Vollmacht erstreckte sich ihrem Wortlaut nach ausdrücklich darauf, den Beklagten bei allen Maßnahmen, die für den Gesellschaftszweck erforderlich waren, zu vertreten. Wie ausgeführt, war der Ehemann der Klägerin aufgrund dieser Vollmacht jedoch nicht berechtigt, die Gesellschafter hinsichtlich ihres Privatvermögens zu vertreten. Zwar war der Gesellschaftszweck die Verwaltung, Vermietung und Veräußerung des Grundstücks ... in O1 (§ 2 des Gesellschaftsvertrages vom 27.07.1989, Bl. 7 d.A.). Der Gesellschaftszweck war erreicht mit dem Verkauf des Grundstücks durch notariellen Vertrag vom 06.07.1990, mag dieser auch in die Form einer Abtretung der Gesellschaftsanteile an der GbR gekleidet worden sein.
Selbst wenn die dem Ehemann der Klägerin erteilte Vollmacht noch über den Abschluss des notariellen Kaufvertrages vom 06.07.1990 hinaus bis zu dessen Abwicklung wirksam gewesen wäre und das Mängelrügeschreiben der Erwerber vom 02.11.1992 noch dieser Abwicklung zuzurechnen wäre, so würde dies doch am Ergebnis nichts ändern. Denn durch das genannte Anerkenntnis und den Verzicht auf die Einrede der Verjährung im Schreiben vom 23.12.1994 hätte der Ehemann der Klägerin den Beklagten persönlich zur Gewährleistung verpflichtet, ohne hierzu vom Beklagten bevollmächtigt gewesen zu sein. Denn aufgrund der dem Ehemann der Klägerin erteilten Vollmacht war dieser nicht berechtigt, die Gesellschafter hinsichtlich ihres Privatvermögens zu verpflichten. Insoweit greift die vom Beklagten am 09.08.1996 erklärte Genehmigung nicht durch. Denn diese bezieht sich ausdrücklich auf den Abschluss des notariellen Vertrages vom 06.07.1990. Eine spätere Genehmigung der vom Ehemann der Klägerin mit Schreiben vom 23.12.1994 namens der GbR abgegebenen Erklärung durch den Beklagten ist nicht erfolgt. Die Klägerin hat nicht dargetan und unter Beweis gestellt, dass der Beklagte von jenem Schreiben Kenntnis erlangt hat, bevor es in den Rechtsstreit 3 O 54/96 Landgericht Darmstadt eingeführt wurde.
Auch wenn der Beklagte aufgrund ihm vom Ehemann der Klägerin übermittelter Kopien von Teilen des von ihm geführten Schriftverkehrs und der im Rechtsstreits C GmbH & Co. KG und D GmbH & Co. KG gegen RA1 und B (Az. 3 O 54/96 Landgericht Darmstadt = 12 U 99/00 OLG Frankfurt am Main) gewechselten Schriftsätze Kenntnis von dem in jenem Verfahren vorgetragenen Sach- und Streitstand hatte, so folgt hieraus nicht etwa, dass der Beklagte den am 23.12.1994 erklärten Verzicht auf die Einrede der Verjährung und das Anerkenntnis von Gewährleistungsansprüchen gegenüber den Grundstückserwerbern wegen Kontaminierung des Kaufgrundstücks genehmigen wollte. Seinem Schweigen kann ein solcher Wille nicht entnommen werden. Da der Beklagte nicht Partei in jenem Rechtsstreit war, bedurfte es aus seiner Sicht keines ausdrücklichen Widerspruchs gegenüber dem Ehemann gegen den von diesem ohne entsprechenden Vertretungsmacht erklärten Verzicht auf die Einrede der Verjährung und das erklärte Anerkenntnis. Auch kann die Klägerin gegenüber dem Beklagten nicht mit Erfolg geltend machen, dieser habe als einziger Gesellschafter die Einigung mit den Erwerbern wegen Kontaminierung durch Reduzierung des Kaufpreises verhindert. Denn in dem Schreiben des Ehemannes vom 09.04.2001 an den Beklagten (Anlage K17) heißt es auf S. 3 (Bl. 73 d.A.), dass er, der Ehemann der Klägerin, der einzige gewesen sei, der damals auf das Käuferangebot habe eingehen wollen, gegen Reduzierung des Kaufpreises um 200.000,-- DM um eine Altlastenforderung vertraglich auszuschließen, leider sei er damals überstimmt worden. Beweis für ihr diesbezügliches Vorbringen hat die Klägerin nicht angetreten.
Schließlich hat der Beklagte seine Einstandspflicht für den auf ihn als Gesellschafter entfallenden Haftungsanteil nicht anerkannt. In jenem Schreiben K17 heißt es auf S. 2 "In diesem Zusammenhang darf ich an ein gemeinsames Gespräch bei Prozessanfang erinnern, in dem Du dich für den Fall der Verurteilung bereit erklärt hast, die etwaige Zahlsumme aus Deinem ... Fonds tilgungsfrei gegen Zinszahlung für die GbR zur Verfügung zu stellen. Es stellt sich jetzt dringend die Frage, ob Du hierzu noch bereit bis." Denn der Beklagte hat bei der Erörterung dieses Schreibens in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erklärt, eine derartige Zahlungszusage nicht abgegeben zu haben. Nach alledem kann die Klage keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
Ende der Entscheidung
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