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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 10.12.2002
Aktenzeichen: 19 W 28/02
Rechtsgebiete: GVG, ZPO


Vorschriften:

GVG § 17 a Abs. 4 S. 3
ZPO § 97
ZPO § 567 Abs. 1 Ziff. 1
Die Tätigkeit von Privatrechtssubjekten unterfällt auch dann dem Privatrecht und damit der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte, wenn es sich um eine vom Staat gegründete Einrichtung handelt. Dies gilt auch, wenn der Einrichtung bei der Vergabe von Mitteln zur Anfertigung von Diplomarbeiten keine hoheitlichen Befugnisse eingeräumt sind.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

19 W 28/02

Verkündet am 10.12.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter... am 10. Dezember 2002 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluß der 30. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. September 2002 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Beschwerdewert beläuft sich auf 5.160,98 €. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 17 a Abs. 4 S. 3 GVG, 567 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO zulässig, sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß es sich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit handelt, die zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gehört (§ 13 GVG).

Die Beurteilung, ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlichrechtlich ist, richtet sich, wenn - wie hier- eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Maßgeblich ist dabei die wahre Natur des Anspruchs, wie er sich nach dem Sachvortrag des Klägers darstellt (BGH NJW 1998, 546, 547 m. w. N.). Dabei kommt es dann, wenn wie hier Ansprüche auf Rückgewähr von Leistungen geltend gemacht werden, auf den Rechtsweg an, der für den das Gegenstück des Rückforderungsanspruchs bildenden Leistungsanspruch bestünde (BGH NJW 1988, 1731, 1732).

Hier macht die Klägerin Rückzahlungsansprüche geltend, die ihr auf vertraglicher Grundlage gegen den Beklagten zustehen sollen. Da an dem streitigen Rechtsverhältnis ausschließlich Privatrechtssubjekte beteiligt sind, käme eine Zuordnung des Rechtsstreits zum öffentlichen Recht nur dann in Betracht, wenn die Klägerin ihre Leistungen als mit öffentlichen Befugnissen Beliehene erbracht hätte (BGH NJW 2000, 1042ff). Denn die Tätigkeit von natürlichen oder juristischen Privatrechtssubjekten unterfällt auch dann, wenn es sich um eine vom Staat gegründete oder beherrschte Einrichtung handelt und der Staat durch sie Leistungen an den Bürger erbringt, grundsätzlich dem Privatrecht und damit der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte (BVerwG DÖV 1990, 614, 615).

Zwar nimmt die Klägerin insoweit hoheitliche Aufgaben wahr, als ihr die Ausbildung für Filmberufe und die Abnahme von Prüfungen durch das Gesetz über die Filmakademie Baden-Württemberg vom 25. 2. 1992 und die Verordnung über die Prüfung an der Filmakademie vom 30. 3. 1994 übertragen worden sind.

Dies gilt jedoch nicht hinsichtlich der von ihr zur Durchführung von Projekten zur Verfügung gestellten Mittel. Eine gesetzliche Grundlage, aufgrund derer die Klägerin verpflichtet wäre, ihren Studenten finanzielle Mittel für die Produktion eines Films als Diplomarbeit zur Verfügung zu stellen, besteht nicht. In der Prüfungsordnung ist lediglich bestimmt, welche Themen als Diplomarbeit gewählt werden können, innerhalb welcher Frist sie abgegeben werden muß und wie sie zu bewerten ist. Hingegen besteht keine Regelung darüber, wie und von wem die Kosten für die Herstellung einer Diplomarbeit aufgebracht werden. Der Gesetzgeber hat die Frage, auf welche Weise sich die Studenten die Mittel zur Anfertigung der Diplomarbeit beschaffen, völlig offen gelassen. In den Bestimmungen ist auch nichts enthalten, was darauf schließen ließe, daß der Klägerin bei der Vergabe von Mitteln zur Anfertigung von Diplomarbeiten hoheitliche Befugnisse eingeräumt sind. Hieraus folgt, daß die Klägerin, soweit es die Vergabe von Fördermitteln anbelangt, nicht mit hoheitlichen Befugnissen beliehen ist. Das aber bedeutet, daß ihre Rechtsbeziehung zum Beklagten selbst dann zum Zuständigkeitsbereich der ordentlichen Gerichte gehört, wenn ihr Handeln der Erfüllung öffentlicher Aufgaben gedient haben und die von ihr vergebenen Mittel vom Land Baden-Württemberg stammen sollten (BGH NJW2000, 1042, 1043).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Der Streitwert entspricht einem Drittel der Klageforderung. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor. Die Sache hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung. Die Entscheidung des Senats stimmt mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs überein.

Ende der Entscheidung

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