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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 05.08.2003
Aktenzeichen: 2 Ss OWi 162/03
Rechtsgebiete: StPO, OWiG


Vorschriften:

StPO § 473 Abs. 1
OWiG § 46
Die Verurteilung wegen eines sog. qualifizierten Rotlichtverstoßes kann sich auch auf ein Geständnis des Betroffenen stützen.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

2 Ss OWi 162/03

Entscheidung vom 05.08.2003

In der Bußgeldsache

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit

hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ­ Senat für Bußgeldsachen ­ auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 16. Oktober 2002 am 5. August 2003 beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.

Gründe:

Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat den Betroffenen mit Urteil vom 16. Oktober 2002 wegen eines Rotlichtverstoßes zu einer Geldbuße von 300,- € verurteilt und ein Fahrverbot von 1 Monat angeordnet. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.

I.

Nach den Ausführungen des Amtsgerichts ist der Betroffene im Verkehrszentralregister mit neun Eintragungen erfasst. In fünf Fällen wurde ein Fahrverbot verhängt, zuletzt mit Bußgeldbescheid vom 5. Oktober 2001, rechtskräftig seit 23. Oktober 2001. Nach den weiteren Feststellungen, die im Wesentlichen auf der Einlassung des Betroffenen beruhen, befuhr dieser am 26. März 2002 gegen 12.48 Uhr mit dem PKW, amtliches Kennzeichen..., in Frankfurt am Main die Kreuzung E... T... in Richtung B...straße. Dabei beachtete er nicht das Rotlicht der Lichtzeichenanlage. Die Rotphase dauerte nach Abzug der Toleranz 1,2 Sekunden. Bei der Induktionsschleifenmessung wurden Frontfotos gefertigt. Die bis 31. Dezember 2003 geeichte Anlage arbeitete störungsfrei. Im Hinblick auf die Vorbelastungen des Betroffenen hielt das Amtsgericht eine Geldbuße von 300 € für angemessen. Im übrigen verhängte es mangels entgegenstehender Umstände das sog. Regelfahrverbot.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und ebenso begründet worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

1. Entgegen der Ansicht des Betroffenen liegt ein Verfahrenshindernis nicht vor. Der Bußgeldbescheid vom 13. Juni 2002 stellt eine hinreichende Verfahrensgrundlage dar, insbesondere hat das Amtsgericht nicht über ein anderes als von dem Betroffenen geführtes Kraftfahrzeug Feststellungen getroffen. Zwar heißt es in dem Urteil, dass der Verkehrsverstoss mit dem PKW "..." begangen wurde, während im Bußgeldbescheid das amtliche Kennzeichen mit "..." angegeben ist. Es liegt jedoch auf der Hand, dass es sich insoweit um ein offensichtliches Schreibversehen des Amtsgerichts handelt.

2. Es stellt keinen sachlich-rechtlichen Mangel des Urteils dar, dass sich die Verurteilung wegen eines sog. qualifizierten Rotlichtverstoßes auf ein Geständnis des Betroffenen stützt. Der Senat hält nicht daran fest, dass sich ein Geständnis nicht auch auf die Dauer der Rotlichtphase beziehen kann.

Nach der Entscheidung des BGH vom 19. August 1993 (DAR 1993,474) bedarf es bei Verurteilung wegen Geschwindigkeitsüberschreitung nicht der Angabe des Messverfahrens und der Toleranzwerte, wenn der Betroffene uneingeschränkt und glaubhaft eingesteht, die vorgeworfene Geschwindigkeit gefahren zu sein. Voraussetzung ist, dass sich der Tatrichter Klarheit darüber verschafft, wie die Äußerung des Betroffenen im Zusammenhang mit dem übrigen Verfahrensstoff und im Hinblick auf den konkreten Rechtsverstoß zu verstehen ist. Der Gegenstand des Geständnisses kann nämlich im Einzelfall verschieden sein. Angesichts der Variationsbreite tatsächlicher Grundlagen und Motive eines Geständnisses kann der Betroffene jedoch in dem Wissen um sein eigenes Fahrverhalten einräumen, eine bestimmte Geschwindigkeit gefahren zu sein, beispielsweise, weil er die Zuverlässigkeit der Geräte und das Ergebnis der Messung nicht bezweifeln will.

Diese Grundsätze gelten auch für die Feststellung eines Rotlichtverstoßes durch eine automatische Überwachungsanlage. Grundlagen und Motive eines Geständnisses können hier ebenso verschieden sein, wie bei Geschwindigkeitsmessungen. Gegenstand eines Geständnisses kann daher auch sein, dass der Betroffene in dem Wissen um sein Verhalten einen sog. qualifizierten Rotlichtverstoß einschließlich der Dauer der Rotlichtphase einräumt, etwa deshalb, weil er die Zuverlässigkeit der automatischen Überwachung und deren Ergebnis nicht anzweifeln will (vgl. BayObLG, DAR 1994,123). In diesem Fall bedarf es nicht der Angabe, welche Rotlichtüberwachungsanlage zum Einsatz kam und welcher Toleranzwert in Abzug gebracht wurde.

So liegt der Fall hier. Nach den Ausführungen des Amtsgerichts hat der Betroffene "das Ganze dem Grunde nach vollständig eingeräumt" und lediglich eingewandt, er sei nur kurz hinter die Anhaltelinie geraten und habe dann sein Fahrzeug wieder zurückgesetzt. Während das Amtsgericht letzteres aufgrund der Lichtbilder für widerlegt angesehen hat, ist es im übrigen von einem glaubhaften Geständnis ausgegangen. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vorbelastungen des Betroffenen zeigen, dass er in Bußgeldsachen wegen Verkehrsverstößen nicht unerfahren war. Vor allem die Zielrichtung seiner Einlassung macht deutlich, dass er offensichtlich die Zuverlässigkeit der Überwachung und deren Ergebnis nicht anzweifeln wollte. Das wird auch durch das Vorbringen im Rechtsbeschwerdeverfahren bestätigt. Nach der Rechtsbeschwerdebegründung wird nämlich explizit nur die Abweichung des amtlichen Kennzeichens von den Angaben im Bußgeldbescheid gerügt, der Rotlichtverstoß jedoch nicht in Frage gestellt. Das Amtsgericht durfte deshalb die Verurteilung auf das Geständnis des Betroffenen stützen.

3. Der Rechtsfolgenausspruch hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Gegen die Höhe der verhängten Geldbuße ist angesichts der vielen Voreintragungen nichts zu erinnern. Das gilt auch bezüglich der Anordnung des Regelfahrverbots. Die Rechtsbeschwerde ist daher mit der Kostenfolge des § 473 Abs.1 StPO i.V.m. § 46 OWiG als unbegründet zu verwerfen.

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