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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 08.12.2005
Aktenzeichen: 2 U 128/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 543
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Beklagte ist ein geschlossener Immobilienfonds, dessen Vermögen im Wesentlichen aus dem zur Zeit unter Zwangsverwaltung stehenden Anwesen ... ...straße .. in O1 besteht.

Das Gelände ist mit dem Bürohochhaus "A" bebaut.

In diesem Gebäude waren zunächst das 9. bis 16. Stockwerk, später fast das gesamte Gebäude, an die Klägerin, eine internationale Wirtschaftsprüfergesellschaft, vermietet.

Vertragliche Grundlage des seit 1988 bestehenden Mietverhältnisses ist ein von Parteien abgeschlossener neuer Mietvertrag vom 30.9.2002 (Bl. 13ff. d. A.), auf dessen Regelungen verwiesen wird.

Der Nettomietzins beläuft sich auf jährlich 4.180.999,80 €. Die Vertragslaufzeit wurde festgelegt bis zum 31.12.2011.

Die Rechte der Beklagten aus dem Mietvertrag sind an die B abgetreten.

Die Klägerin nimmt die Beklagte in Anspruch auf Feststellung der Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise einer späteren ordentlichen Kündigung des befristeten Mietvertrages vom 30.9.2002.

Der außerordentlichen Kündigung liegt ein Streit der Parteien zugrunde über Art und Umfang des Rechts der Klägerin aus § 11 des Mietvertrages, die angemieteten Räume unterzuvermieten.

Die Klägerin teilte der Beklagten mit Schreiben vom 29.6.2004 (Bl. 25 d. A.) mit, sie gedenke das Objekt ab dem 1.10.2005 in Ausübung des Rechts nach § 11 des Mietvertrages vollständig an einen oder mehrere Büronutzer unterzuvermieten, weil ihr Eigenbedarf an dem Gebäude durch eine Standortzusammenlegung entfalle.

Die Beklagte antwortete unter dem 28.7.2004 (Bl. 26ff. d. A.), sie sei mit einer vollständigen Untervermietung nicht einverstanden. Grundlage des Mietvertrages sei die Annahme, dass die Klägerin das A in jedem Fall in erheblichem Umfang selbst nutzen werde. Nur ein etwaiger Flächenüberschuss von höchstens der Hälfte der Fläche dürfe untervermietet werden.

Mit Schreiben vom 6.8.2004 erklärte die Klägerin daraufhin, eine vollständige Untervermietung sei zulässig für den Fall, dass der Eigenbedarf des Mieters auf Null gehe. Bereits in den Verhandlungen zu den Vorläuferverträgen zum Mietvertrag sei weder eine Betriebspflicht noch ein partieller Ausschluss der Untervermietungsregelung diskutiert worden.

Die Beklagte holte ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. C, Ordinarius der Universität 02, zur Auslegung der Klausel des § 11 des Mietvertrages ein (Bl. 35ff. d. A.), auf dessen näheren Inhalt Bezug genommen wird.

Die Bevollmächtigten der Beklagten widerriefen - gestützt auf dieses Gutachten - für die Beklagte mit Schreiben vom 24.8.2004 (Bl. 30ff. d. A.) das Untervermietungsrecht aus § 11 des Mietvertrages aus wichtigem Grund und drohten der Klägerin eine außerordentliche Kündigung, Rückforderung einer 1996 gezahlten Abschlussvergütung von 9,5 Millionen DM und Schadenersatz für den Fall der vollständigen Räumung des A an. Auf den weiteren Inhalt des Schreibens wird verwiesen.

Die Klägerin forderte die Beklagte mit undatiertem Schreiben (Bl. 45ff. d. A.) im September 2004 auf, ihre bisherige Rechtsauffassung bis zum 15.10.2004 zu revidieren.

Die Beklagte antwortete mit anwaltlichem Schreiben vom 19.10.2004 (Bl. 48f. d. A.), sie sehe weder Veranlassung von ihrer Rechtsposition abzurücken noch der Vertragsübertragung auf eine Gesellschaft mit möglicherweise minderer Bonität zuzustimmen. Sie schlage eine wirtschaftliche Trennung der Parteien vor durch eine Vorauszahlung des Mietzinses bis zum regulären Ablauf des Mietverhältnisses über das A und die Stellplätze vor gegen Gestattung der vollständigen Räumung und Untervermietung.

Die Klägerin erklärte unter dem 25.10.2004 die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses zum 31.12.2005 wegen Entzugs des Rechtes zur Untervermietung (Bl. 50 d. A.). Die Kündigung wurde am gleichen Tag zugestellt.

Am 17.3.2005 kündigte sie das Mietverhältnis erneut ordentlich mit der Begründung, es handle sich aufgrund eines Schriftformmangels um ein unbefristetes Mietverhältnis, da verschiedene Ergänzungsverträge nicht Teil der Urkunde seien.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das zwischen der Klägerin als Mieterin und der Beklagten als Vermieterin nach Maßgabe des Mietvertrages vom 30.9.2002 bestehende Mietverhältnis über Büro-, Neben-, Werbe- und Technikflächen im Objekt "A", ... straße .. O1 , aufgrund der durch die Klägerin mit Schreiben vom 25.10.2004 erklärten Kündigung mit Ablauf des 31.12.2005 endet;

hilfsweise, festzustellen, dass das zwischen der Klägerin als Mieterin und der Beklagten als Vermieterin nach Maßgabe des Mietvertrages vom 30.9.2002 bestehende Mietverhältnis über Büro-, Neben-, Werbe- und Technikflächen im Objekt "A", ...straße .., O1, aufgrund der durch die Klägerin mit Schreiben vom 17.3.2005 erklärten ordentlichen Kündigung mit Ablauf des 31.12.2005 endet.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält die Kündigungen für unwirksam.

Sie hat vorgetragen, die Regelung eines Gesamtwegfalls des Eigenbedarfs der Klägerin habe den Vertragsparteien ferngelegen, da die Klägerin damals eher eine Expansion der Flächen als eine Verkleinerung im Auge gehabt habe. Die Klägerin dürfe nicht die gesamte Fläche vermieten, sondern nur bis höchstens 50 % und sie dürfe den Charakter des Mietverhältnisses nicht durch Untervermietung an eine Vielzahl von Untermietern grundlegend verändern.

Sie hat die Auffassung vertreten, in dem Widerruf des Verzichts auf den Zustimmungsvorbehalt nach § 540 BGB läge kein Entzug des Gebrauchs. Sie behalte sich lediglich die Ablehnung eines Untermieters im Einzelfall bei berechtigtem Interesse vor.

Im Übrigen sei ihre Erklärung aufgrund der offengelegten Zession der Ansprüche aus dem Mietvertrag unwirksam.

Die Klägerin habe durch ihr Verhalten den Widerruf provoziert. Eine Vermietung an eine Vielzahl von Untermietern verschiedener Profession zerstöre den Charakter des Mietobjekts, welches derzeit durch die Vermietung an die Klägerin ein hohes Niveau habe.

Die Klägerin drohe über deren Vertragspartner, denen sie die Untervermietung zu überlassen gedenke, mit Mietminderungen, sofern der Vertrag nicht gegen Abfindung aufgehoben werde.

Der Beklagten, die durch die Zahlung einer Abschlussprovision, Baukostenzuschüsse und Baumaßnahmen erhebliche Summen in das Mietverhältnis investiert habe, drohten erhebliche Nachteile bei einer vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

II.

Das Landgericht Frankfurt am Main hat durch Urteil vom 24.6.2005 (Bl. 322ff. d. A.) die Klage und die Widerklage abgewiesen. Hinsichtlich der Widerklage ist das Urteil rechtskräftig.

Das Landgericht hat zur Abweisung der Klage ausgeführt, es habe kein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vorgelegen. Die Klägerin nutze das Gebäude derzeit selbst. Eine für die Zukunft geplante Nutzungsentziehung werde von § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht erfasst.

Im Übrigen habe die Beklagte nur angekündigt, sich vorzubehalten, einer Drittnutzung im Einzelfall zu widersprechen. Die Klägerin könne dem durch eine Kündigung nach § 540 BGB begegnen.

Auf die näheren Ausführungen in den Entscheidungsgründen der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil, welches der Klägerin am 30.5.2005 (Bl. 331 d. A.) zugestellt wurde, hat diese am 26.6.2005 (Bl. 342 d. A.) Berufung eingelegt, die am Montag, den 1.8.2005 begründet worden ist (Bl. 318 d. A.).

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin wie im ersten Rechtszug den geltend gemachten Anspruch auf Feststellung der Beendigung des Mietverhältnisses weiter.

Die Berufung rügt sowohl eine Rechtsverletzung als auch eine fehlerhafte Bewertung der festgestellten Tatsachen.

Das Landgericht habe die Untermietklausel im Mietvertrag falsch ausgelegt und § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB falsch angewandt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25.5.2005 teilweise abzuändern und festzustellen, dass das zwischen der Klägerin als Mieterin und der Beklagten als Vermieterin nach Maßgabe des Mietvertrages vom 30.9.2002 bestehende Mietverhältnis über Büro-, Neben-, Werbe- und Technikflächen im Objekt "A", ...straße .., O1, aufgrund der durch die Klägerin mit Schreiben vom 25.10.2004 erklärten Kündigung mit Ablauf des 31.12.2005 endet;

hilfsweise, festzustellen, dass das zwischen der Klägerin als Mieterin und der Beklagten als Vermieterin nach Maßgabe des Mietvertrages vom 30.9.2002 bestehende Mietverhältnis über Büro-, Neben-, Werbe- und Technikflächen im Objekt "A", ...straße .., O1, aufgrund der durch die Klägerin mit Schreiben vom 17.3.2005 erklärten ordentlichen Kündigung mit Ablauf des 31.12.2005 endet.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts und vertieft ihren Vortrag aus dem ersten Rechtszug.

Die Widerrufserklärung sei - sofern überhaupt wirksam - eine angemessene Reaktion auf die angekündigte rechtswidrige Untervermietung. Eine bloße Befürchtung, die Beklagte werde einer Untervermietung künftig widersprechen, rechtfertige die fristlose Kündigung nicht. Aus der geführten Korrespondenz lasse sich eine Befürchtung, die Beklagte werde einer Untervermietung generell widersprechen im Übrigen nicht ableiten.

Da die Klägerin die Zustimmung der Beklagten zu einer generellen Untervermietung mit Schreiben vom 29.6.2004 habe einholen wollen, sei sie offenbar selbst nicht von einem erlaubnisfreien Untervermietungsrecht ausgegangen.

Die Beklagte habe nach einem Interessenausgleich gesucht und der Klägerin keine Steine in den Weg legen wollen.

Das Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme gebiete es ohnehin, sich mit dem Vermieter abzustimmen.

Eine nach § 540 BGB erteilte Erlaubnis könne auch dann widerrufen werden, wenn die Gebrauchsüberlassung zu einer Änderung des Verwendungszwecks führe, weil anstelle eines Mieters nunmehr eine Vielzahl von Untermietern trete.

Zutreffend habe das Landgericht es abgelehnt, § 11 des Mietvertrages als "Ausstiegsklausel" zu behandeln.

Eventuelle wirtschaftliche Nachteile der Klägerin für den Fall einer unberechtigten Versagung der Erlaubnis zur Untervermietung im Einzelfall stünden kompensatorisch Schadenersatzansprüche gegenüber.

In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte vorgetragen, Insolvenz anmelden zu müssen, wenn das streitgegenständliche Mietverhältnis als ihre einzige wesentliche Einkommensquelle beendet würde.

Hinsichtlich des näheren Inhalts des Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 1.8.2005 (Bl. 371ff. d. A.), der Berufungserwiderung vom 20.9.2005 (Bl. 414ff.d. A.) sowie die Schriftsätze vom 28.9.2005 (Bl. 427f. d. A.) und 2.11.2005 (Bl. 435ff. d. A.) und die nicht nachgelassenen Schriftsätze vom 21.11.2005 (Bl. 476ff. d. A.) und 30.11.2005 (Bl. 486ff. d. A.) verwiesen.

III.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; §§ 517, 519, 520 ZPO.

Die Feststellungsklage ist nach § 256 ZPO zulässig, da die Parteien beide ein großes Interesse an einer verbindlichen Entscheidung über den Bestand des Mietverhältnisses haben und ihnen im Hinblick auf wechselseitig zu treffende Dispositionen nicht zugemutet werden konnte, die Klärung bis zur Möglichkeit der Erhebung einer Leistungsklage durch die Beklagte hinauszuschieben, da eine solche Leistungsklage nicht vor Januar 2006 möglich wäre.

Die Beklagte ist trotz Anordnung der Zwangsverwaltung über das streitgegenständliche Grundstück entsprechend § 265 Abs. 2 Satz 1 und 2 ZPO weiterhin passivlegimiert als Vermieterin. Die während eines laufenden Rechtsstreits angeordnete Zwangsverwaltung berührt die Prozessführungsbefugnis des Schuldners weder im Aktiv- noch im Passivprozess (Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt 9. Zivilsenat, Beschluss vom 17. Juni 2000, Az: 9 W 18/00, abgedruckt OLG-NL 2001, 20-21 unter Verweis auf BGH, ZiP 1986, 583, 584).

Die Berufung hat in der Sache Erfolg.

Die fristlose Kündigung der Beklagten vom 25.10.2004 beendet das Mietverhältnis der Parteien wirksam zum 31.12.2005.

Ein Kündigungsgrund nach § 543 Abs. 2 Ziffer 1 BGB liegt zwar nicht vor, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, da die Nutzung der Mietsache der Klägerin - noch - nicht entzogen wurde.

Der Katalog der wichtigen Gründe für eine fristlose Kündigung in § 543 Abs. 2 BGB ist allerdings nicht abschließend, sondern beschränkt sich auf gesetzliche Beispiele.

Es handelt sich im vorliegenden Fall um eine fristlose Kündigung wegen einer Vertragsverletzung der Beklagten.

Die im Widerruf des Untervermietungsrechts liegende Verletzung des Mietvertrages begründet ein Recht der Klägerin zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB.

Die Beklagte versuchte der Klägerin, ein vertraglich festgelegtes Recht zur Untervermietung einseitig zu entziehen, obwohl ihr bekannt war, dass die Klägerin nach ihrem Auszug nur noch im Wege der Untervermietung wirtschaftlichen Nutzen aus den gemieteten Räumen ziehen kann. Die Beklagte hielt auf entsprechende Abmahnung nach § 543 Abs. 3 BGB an dem Standpunkt fest, sich im Rahmen ihrer Befugnisse zu bewegen.

Mit undatiertem Schreiben, welches am 15.9.2004 zugegangen ist, mahnte die Klägerin die Beklagte ab, den Widerruf der Untermieterlaubnis innerhalb einer Frist bis zum 15.10.2004 zu revidieren. Dies entspricht den Anforderungen, die an eine Abmahnung nach § 543 Abs. 3 BGB gestellt werden können, da die Androhung einer Kündigung nicht erforderlich ist.

Die Beklagte unterbreitete am 20.10.2004 den Vorschlag einer Gestattung der Untervermietung gegen Zahlung des gesamten abgezinsten Mietzinses für die Restlaufzeit bis zum 31.12.2011. Dies war kein Vergleichsangebot im Sinne eines gegenseitigen Nachgebens, sondern der Versuch, ein angemaßtes Recht durch ein anderes ebensolches zu ersetzen. Hierauf bestand auch unter Berücksichtigung des abweichenden Rechtsstandpunktes der Beklagten ersichtlich kein Anspruch. Die Beklagte versuchte sich Liquidität durch Einzug noch nicht fälliger Forderungen zu verschaffen und das Risiko von Mietmängeln auf die Klägerin abzuwälzen. Ein Einlenken war für die Klägerin nicht erkennbar.

Erst nach der Kündigung gab die Beklagte mit Schreiben vom 2.11.2004 nach. Dies war zu spät.

Der von der Klägerin zur Begründung der außerordentlichen Kündigung angegebene Grund ist schwerwiegend. Der Versuch einer Vertragspartei, dem Vertragspartner unberechtigt vertragliche Rechte abzuschneiden, die für diesen nicht unwesentlich sind, begründet aufgrund der darin liegenden Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag dem Grundsatz nach ein Recht zur fristlosen Kündigung, sofern die vertragsbrüchige Partei nach einer Abmahnung nicht einlenkt; § 543 Abs. 1 und 3 BGB.

Für die Klägerin, welche die Räume für den eigenen Betrieb nicht mehr benötigt, war das Recht zur Untervermietung der ansonsten leerstehenden Räumlichkeiten wirtschaftlich wichtig zur Kompensation des zu zahlenden Mietzinses.

§ 540 BGB ist dispositives Recht und im vorliegenden Fall durch § 11 Ziffer 1 des Mietvertrages der Parteien abbedungen. § 11 Ziffer 1 des Mietvertrages regelt das Untervermietungsrecht im Falle des Wegfalls von Eigenbedarf. Der Klägerin war das Recht eingeräumt, nicht mehr benötigte Räume ohne Zustimmungsvorbehalt untervermieten zu dürfen.

Die Beklagte ist zwar der Auffassung, dieses Recht gelte nicht unbeschränkt, sondern nur für eine Teiluntervermietung.

Sie legt zur Untermauerung ihrer Rechtsansicht das Rechtsgutachten von Prof. Dr. C vor.

Der von der Beklagten beauftragte Gutachter hat das Argument herausgearbeitet, welches für den Standpunkt der Beklagten spricht, nämlich die Verwendung der Worte "jeweilig" und "etwa" in § 11 des Mietvertrages.

Insgesamt vermag diese Auslegung jedoch nicht zu überzeugen.

Die Klausel gilt nach dem Wortlaut und auch dem Sinn des Vertrages sowohl für den teilweisen, als auch für den kompletten Wegfall des Eigenbedarfs, da keine Größenordnung der Untervermietung geregelt ist. Es ist lediglich klargestellt, dass nicht nur die Räume komplett - wie im Regelfall der gewerblichen Zwischenmietverhältnisse üblich - untervermietet werden durften, sondern auch die jeweiligen Teilflächen, die nicht benötigt werden. Die Klausel knüpft hierbei nicht an bestimmte Flächen, sondern an ein wirtschaftliches Bedürfnis der Klägerin durch Wegfall des Eigenbedarfs als Voraussetzung für ein Recht auf Untervermietung an. Insofern kann sich das Berufungsgericht der Rechtsauffassung des Landgerichts nicht anschließen.

Im vorliegenden Fall überschreitet die gesamte Mietfläche den Eigenbedarf und hätte deshalb untervermietet werden dürfen. Aus dem Wortlaut der Klausel "die seinen jeweiligen Eigenbedarf etwa überschreitenden Mietflächen" kann nicht gefolgert werden, die Klägerin dürfe nicht oder nur teilweise untervermieten, wenn gar kein Eigenbedarf mehr besteht. Eine solche Abgrenzung ist weder möglich noch nach dem Willen der Vertragsparteien sinnvoll. Sie wäre auch bei einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht möglich, wenn man davon ausginge, die Parteien hätten den Sachverhalt eines kompletten Wegfalls des Eigenbedarfs nicht vorhergesehen und deshalb nicht geregelt, wovon nach dem Wortlaut nicht auszugehen ist. Auch eine Untervermietung von 99 % wäre eine teilweise Untervermietung. Es ist - außerhalb des Werbeaspektes der Ansiedlung einer renommierten Gesellschaft wie der Klägerin - kein Grund ersichtlich, warum aus Sicht der Beklagten höchstens 50 % der Fläche, nicht aber 99 % der den Eigenbedarf überschreitenden Fläche der nicht mehr benötigten Fläche untervermietet werden dürfte. Dies hat das Landgericht bereits zutreffend erkannt und die Widerklage rechtskräftig abgewiesen. Wenn die Parteien nur eine partielle Untervermietung ohne Erlaubnis hätten zulassen wollen, hätten sie dies durch die Festlegung einer Größenordnung demonstriert. So haben sie lediglich vereinbart, dass alle Flächen, die nicht selbst gebraucht werden, untervermietet werden durften.

Etwas anderes könnte nur gelten, wenn die Klägerin vertraglich verpflichtet wäre, in den angemieteten Räumen zumindest in eingeschränktem Umfang einen Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten, woran der Beklagten im vorliegenden Fall besonders gelegen war.

Dies ist indes nicht der Fall. Der Vertrag enthält keine Klausel zu einer Betriebspflicht der Klägerin. Eine solche Verpflichtung, welche die wirtschaftliche Disposition eines Mieters in hohem Maße einengt, weil sie ihn auf einen bestimmten Standort für den eigenen Betrieb verweist, kann auch nicht zwischen den Zeilen aus § 11 des Mietvertrages herausgelesen werden, dessen Wortlaut für eine solche Interpretation nichts hergibt, sondern bedarf einer ausdrücklichen Vereinbarung mit einer klaren Willensrichtung der Vertragsparteien. Insofern überzeugt das Argument der Beklagten nicht, das Gebäude verliere bei einer kompletten Räumung der Klägerin an Attraktivität, da die Klägerin in keinem Fall verpflichtet werden kann, im Gebäude einen Betrieb aufrechtzuerhalten. Dieses - an sich durchaus berechtigte - Interesse an einem prestigeträchtigen Mieter hätte die Beklagte bereits bei Vertragsschluss durch eine entsprechende vertragliche Klausel absichern müssen. In die Formulierung des § 11 des Mietvertrages lässt es sich nachträglich nicht hineininterpretieren.

Nicht ersichtlich ist, welcher sonstige Vorteil der Beklagten aus einer teilweisen Selbstnutzung der Klägerin erwachsen würde. Im gewerblichen Bereich ist es nicht üblich, dass der Zwischenmieter die gemieteten Räume teilweise noch selbst nutzt.

Dass die Beklagte für die Klägerin bauliche Veränderungen in größerem Umfang durchführen ließ, begründet ein berechtigtes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses, nicht aber an einer persönlichen Nutzung durch die Klägerin.

Ebenfalls ist nicht geregelt in § 11 des Mietvertrages war, dass nur ein Untermieter vorhanden sein darf. Angesichts der Größe des Objektes konnte die Beklagte auch nicht davon ausgehen, dass die Klägerin nur an einen einzigen Untermieter weitervermieten würde. Dies ist im Bereich der Wohnraummiete der Fall, nicht jedoch bei großräumiger Anmietung von Gewerbefläche, die untervermietet werden darf. Im Rahmen gewerblicher Zwischenmiete ist eine Portionierung von Großflächen in Einzelbüros durch den Zwischenmieter üblich. Der Klägerin stand es aus diesem Gesichtspunkt frei, bis zur Grenze des Missbrauchs ihre Untermieter nach Art und Zahl selbst zu wählen, solange der Charakter eines Bürogebäudes auf gehobenem Niveau nicht beeinträchtigt würde. Die Beklagte beachtet in diesem Punkt nicht, dass eine Portionierung in vernünftigem Rahmen sich auch zu ihren Gunsten ausgewirkt hätte, da sie nach Auslaufen des Mietvertrages der Parteien die Chance gehabt hätte, einen soliden Grundstock an Mietverhältnissen zu übernehmen. Wann ein die Interessen der Beklagten beeinträchtigender Missbrauch vorliegen würde, braucht hier nicht mehr entschieden werden.

Ein vertraglich eingeräumtes Recht ist dem Grundsatz nach auch nicht einseitig widerruflich durch eine Partei, sondern kann nur durch vertragliche Vereinbarung geändert oder aufgehoben werden.

Ein Widerruf wie im Falle einer nach § 540 BGB erteilten Erlaubnis wäre im Übrigen nicht möglich, da hierfür kein wichtiger Grund auf Seiten der Beklagten vorlag. Die Klägerin hat sich vertragstreu verhalten. Aus Art und Zahl der Untermieter konnten noch keine Rechte abgeleitet werden, da noch nicht einmal feststand, wer die künftigen Untermieter sein sollten. Da die Beklagte nicht verpflichtet werden konnte, die Nebenkosten der Untermieter abzurechnen, sondern nach wie vor eine Hauptmieterin haben würde, hätte auch eine Zersplitterung des Mietverhältnisses nicht eintreten können. Sämtliche Abrechnungs- und Koordinationsprobleme, welche sich aus einer Mehrzahl von Mietverhältnissen ergeben können, hätten die Klägerin, nicht die Beklagte getroffen.

Dass die Beklagte im Innenverhältnis zu dem Kreditinstitut, an welches sie ihre Ansprüche aus dem Mietverhältnis abgetreten hatte, nicht befugt war, Erklärungen mit Wirkung für das Mietverhältnis abzugeben, berührt ihre Stellung als Vermieterin gegenüber der Klägerin im vorliegenden Fall nicht. Die Abtretung bewirkt keinen Vermieterwechsel. Die Beklagte hat den "Widerruf" der Untermieterlaubnis nicht etwa auf offengelegte Rechte verzichtet, die der Zessionarin zugestanden hätten, sondern als Vermieterin in die Rechtsposition der Klägerin eingegriffen.

Die Vertragsverletzung der Beklagten ist ein wichtiger Grund zur Beendigung des Mietverhältnisses, da unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere des Verschuldens der Beklagten und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien der Klägerin ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden konnte (§ 543 Abs. 1 BGB).

Im vorliegenden Fall wollte die Beklagte der Klägerin eine vertraglich eingeräumte Option entziehen, was für die Klägerin mit erheblichen finanziellen Nachteilen verbunden wäre, wenn sie dadurch leerstehende Räume mit sechsstelligen Summen monatlich finanzieren müsste.

Die Klägerin hätte sich zwar darauf einlassen können, jeweils die Erlaubnis zur Untervermietung einzuholen mit dem Risiko, dass diese aus berechtigten oder unberechtigten Gründen ganz oder teilweise verweigert wird und sie damit in ihrer Dispositionsfreiheit erheblich eingeschränkt wird. Hierzu war sie jedoch nicht verpflichtet. Dies schränkt das vertraglich zugebilligte Recht der Klägerin auf Untervermietung ein und hätte sie an einer sofortigen Zusage an Mietinteressenten gehindert, was bei dem deutlichen Überhang an leerstehenden Büroräumen im Raum O1 äußerst nachteilig ist, da Mietinteressenten derzeit aus einer Vielzahl von Angeboten wählen können.

Es bestand auch das Risiko, dass Mietinteressenten von vorneherein das Interesse verlieren, wenn sie merken, dass ihr Vermieter im Hause nicht das alleinige Sagen hat, sondern sie sich mit einer weiteren Gesellschaft arrangieren müssten, die eventuell Bedingungen stellt. Für diesen Fall des Interesseverlustes von Mietinteressenten hätte die Klägerin kein Kündigungsrecht nach § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB zugestanden, so dass der bloße Verlust der uneingeschränkten Dispositionsfreiheit bereits erhebliche Nachteile mit sich bringt.

Die Klägerin hätte auch Untermieter ohne eine Beteiligung der Beklagten und möglicherweise gegen deren Willen in die Räume einweisen können mit dem Risiko, dass die Klägerin sich gegen die vermeintlich unberechtigte Untervermietung zur Wehr setzen und für erhebliche Störungen im reibungslosen Ablauf der Untermietverhältnisse sorgen würde. Die Untermieter hätten möglicherweise eine unsichere Rechtsposition nicht hingenommen und andere Räume gesucht.

Angesichts des hohen Mietzinses, den die Klägerin als Mieterin zu entrichten hatte, barg die Fortführung des Vertrages unzumutbare Risiken.

Soweit das Landgericht die Klägerin auf die Kündigungsmöglichkeit nach § 540 BGB verweisen wollte, trägt die Klägerin zurecht vor, dass ihr die Situation drohte, am Mietverhältnis festgehalten zu werden, wenn nicht das erste, sondern ein nachfolgendes Untermietverhältnis nicht genehmigt würde. Das Landgericht verkennt, dass ein einheitliches Hauptmietverhältnis nicht problemlos stückchenweise gekündigt werden kann und die Klägerin deshalb ohne Vertragsbruch gegenüber ihren Untermietern nicht mehr ohne langwierige Auseinandersetzungen über die wegfallenden Anteile von Fläche, Mietzins und Nebenkosten sowie die Abrechnung der Nebenkosten kündigen konnte, sobald das erste Untermietverhältnis abgeschlossen war.

Dem stehen bei der Interessenabwägung im Rahmen des § 543 Abs. 1 BGB zugunsten der Beklagten zwei bedeutsame Aspekte gegenüber.

Zum einen waren die Auswirkungen des Entzugs der vertraglichen Untermieterlaubnis zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht eingetreten, weshalb die Klägerin die Wirkung der Kündigung durch eine ungewöhnlich lange Auslauffrist von 13 Monaten herausgeschoben hat.

Zum anderen bedeutet die Beendigung des Mietverhältnisses für die Beklagte eine wirtschaftliche Katastrophe, da sie finanziell vollständig auf die Einnahmen aus dem A angewiesen ist, welches im Wesentlichen an die Klägerin vermietet war.

Die wirtschaftlichen Folgen des Widerrufs konnten sich für die Klägerin erst nach Aufgabe der eigenen Nutzung realisieren. Zum Zeitpunkt der Vertragsverletzung hatte die Klägerin die Möglichkeit, bis zum Ablauf einer üblichen Überlegungsfrist zu kündigen, Feststellungsklage hinsichtlich des ihr abgesprochenen Rechts zur erlaubnisfreien Untervermietung einzuholen oder sich auf weitere Verhandlungen mit ungewissem Ergebnis einzulassen.

Der Klägerin konnte nicht zugemutet werden, auf Feststellung ihres Rechts auf Untermietung klagen zu müssen. Grundsätzlich kann ein Vertragspartner nicht auf den Rechtsweg zur Durchsetzung vertraglicher Rechte aus einem Dauerschuldverhältnis verwiesen werden. Er kann sich vielmehr stattdessen aufgrund des Entzugs seiner Rechte vom Vertrag lösen, wenn dieser gravierend genug ist, eine Kündigung nach § 543 BGB zu rechtfertigen. Die Führung eines Rechtsstreits ist mit dem Risiko eines Verlustes an Geld, Zeit und geschäftlichem Ansehen verbunden. Während der Prozessdauer hätte Unsicherheit über den festzustellenden Rechtszustand bestanden, so dass die Klägerin auf längere Zeit an einer freien Untervermietung gehindert gewesen wäre.

Der Klägerin kann auch nicht entgegengehalten werden, sie hätte zunächst abwarten und weiter mit der Beklagten verhandeln können bis sich die Situation mit ihrem Auszug tatsächlich zuspitzt. Der nach einer Abmahnung entstandene Kündigungsgrund aufgrund einer Vertragsverletzung kann von dem beeinträchtigten Vertragspartner jedoch nur innerhalb einer Überlegungsfrist geltend gemacht werden. Nach Ablauf der Zeit, die im Allgemeinen erforderlich ist, um sich über eine Kündigungserklärung schlüssig zu werden, läuft er Gefahr des Kündigungsrechts verlustig zu gehen, sei es, dass ihm sein Zaudern als Indiz dafür entgegengehalten wird, dass eine Fortführung des Mietverhältnisses eben doch zumutbar ist, sei es, weil der andere Vertragspartner sich darauf eingestellt hat, aus dem beanstandeten Verhalten würden keine Rechte mehr abgeleitet mit der Folge der Verwirkung.

Es war für die Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigung nicht zumutbar, noch weiter zu verhandeln, da mit einer mehrmonatigen Nichtausübung des Kündigungsrechts nach der Abmahnung die Gefahr des Verlustes durch Verwirkung verbunden war (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 7.12.1983 - VIII ZR 257/82, NJW 1984, 871; Urteil vom 18.6.1997 - XII ZR 63/95, MDR 1997, 1112; Kammergericht, Urteil vom 1.10.2001 - 8 U 3861/00, KGReport Berlin 2002, 73), ohne dass gleichzeitig sichergestellt war, dass die Beklagte sich künftig vertragskonform verhalten werde. Zum Zeitpunkt der Kündigung konnte die Klägerin nicht vorhersehen, dass die Beklagte eventuell später nachgeben werde, wenn die bislang nur drohende Krise der Untermietsituation sich durch den Auszug verwirklichen werde. Da auch für die Klägerin angesichts des monatlichen Mietzinses im sechsstelligen Bereich erhebliche Summen auf dem Spiel standen, die nur durch Untervermietung kompensiert werden konnten, war ihr nicht zumutbar, abzuwarten wie sich die Situation entwickeln würde, wenn mit dem Abwarten ein potentieller Verlust des Kündigungsrechts verbunden war. Ebenso spricht gegen die Zumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses, dass die Klägerin dann vor die Alternative gestellt war entweder Untermietverträge auf unsicherer Basis zu schließen in der Hoffnung, die Beklagte werde doch noch nachgeben, oder einen erheblichen Mietausfall zu riskieren in der Erwartung, die Beklagte werde den Kündigungsgrund perpetuieren.

Nachdem die Klägerin vergeblich abgemahnt hatte und nicht absehbar war, dass sie sich mit ihrem Rechtsstandpunkt durchsetzen würde, war eine Kündigungserklärung damit die gebotene Handlung.

Dem steht der erhebliche Nachteil gegenüber, den die Beklagte erleidet, dadurch dass das langfristig geplante und mit erheblichen Investitionen verbundene Mietverhältnis im Dezember 2005 vorzeitig beendet wird. Die Abwägung der Interessen beider Parteien führt indes nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung.

Dass die Beklagte als der wirtschaftlich schwächere Vertragspartner auf den Erhalt des Mietvertrages angewiesen ist, kann bei einer berechtigten verhaltensbedingten Kündigung nur eingeschränkt berücksichtigt werden, wenn die durch Abmahnung eröffnete Möglichkeit zur Verhaltensänderung nicht wahrgenommen wurde.

Ein zur Kündigung berechtigter Mieter kann nicht deshalb an ein Mietverhältnis gebunden bleiben, weil der Vermieter sich den Leerstand wirtschaftlich nicht leisten kann. Hierfür ist der Mieter nicht verantwortlich. Der für gewerbliches Mietrecht zuständige 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts erkennt in einer Vielzahl von Fällen im Bereich des gewerblichen Mietrechts auf kündigungsbedingte Räumung von Büroräumen, Gaststätten und Ladengeschäften, die zwangsläufig zu einer Gefährdung oder Vernichtung beruflicher Existenzen von Mietern führt. Für die Vermieterseite gelten keine anderen Maßstäbe. Viele Vermieter verlieren bei berechtigten Kündigungen die Vermögenswerte, die speziell in ein bestimmtes Mietverhältnis investiert wurden, namentlich durch Baumaßnahmen oder Abschlussvergünstigungen. Ebenso verliert mancher Vermieter die wirtschaftliche Grundlage zum Erhalt der Immobilie oder seine Altersversorgung. Die entstehende Notlage kann nur insoweit berücksichtigt werden, als dem Interesse der sich vom Vertrag lösenden Partei ein wirklich erhebliches Gewicht zukommen muss, damit die Kündigung wirksam ist. Man kann sich nicht aus unerheblichem Anlass aus einem Vertrag lösen, der für den anderen Teil von großer wirtschaftlicher Bedeutung ist. Ein Vertragsbruch, der wie im vorliegenden Fall weitreichende, nicht abschließend zu überblickende Konsequenzen für die Gegenseite hat, die in großem administrativen Aufwand und wirtschaftlichen Ausfällen bis zur vollen Höhe des zu zahlenden Mietzinses bestehen konnten, ist jedoch ein hinreichender Anlass zur fristlosen Kündigung auch unter Berücksichtigung der Vermieterinteressen.

Die Wirksamkeit der Kündigung darf auch nicht aus der Retrospektive beurteilt werden. Dass die Beklagte unter dem Eindruck der für sie wirtschaftlich verheerenden Kündigung später doch noch zum Einlenken bereit war, kann die rechtsgestaltende Wirkung einer solchen Willenserklärung nicht mehr aufheben.

Ebenso kann das Berufungsgericht nicht dem Umstand Rücksicht tragen, dass auf die Beklagte durch die der Klägerin nahestehenden Immobilienentwickler Druck ausgeübt werden sollte.

Der Kündigung steht auch im Ergebnis nicht entgegen, dass die Klägerin nicht mit sofortiger Wirkung gekündigt hat, sondern mit Wirkung zum 31.12.2005. Die Klägerin durfte grundsätzlich mit einer Auslauffrist kündigen, die ihr eine Neuorientierung ermöglichte und die lediglich kürzer sein muss als die Vertragslaufzeit (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.11.1998 - VIII ZR 221/97, MDR 1999, 308; Eisenhardt, Kündigungsrecht, MDR 2002, 981, 985).

Eine Auslauffrist darf nicht länger bemessen sein als die Restlaufzeit des Vertrages oder die ordentliche Kündigungsfrist. Im vorliegenden Fall handelte es sich um ein nicht durch ordentliche Kündigung zu beendendes Mietverhältnis mit langjähriger Dauer bis zum Ablauf des Jahres 2011.

Die ungewöhnlich lange Auslauffrist von über einem Jahr, welche länger ist als die fiktive ordentliche Kündigungsfrist des § 580a Abs. 2 BGB spricht im Rahmen der Interessenabwägung zwar gegen die Klägerin, da es ihr - auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ein größerer Betrieb nicht kurzfristig verlagert werden kann - mit der Beendigung des Vertrages offenkundig nicht übermäßig dringlich war. Ein Hinausschieben der Kündigungswirkung über einen so langen Zeitraum schließt in der Regel die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses aus. Das Berufungsgericht kann sich auch nicht der Auffassung der Klägerin im Schriftsatz vom 30.11.2005 anschließen, eine Auslauffrist von über einem Jahr sei erforderlich, um einen Umzug der Klägerin technisch zu bewerkstelligen, auch wenn ein Großbetrieb nicht innerhalb weniger Wochen oder auch Monate verlagert werden kann. Es spricht vielmehr alles dafür, dass die Klägerin die Frist exakt anhand ihres ohnehin geplanten Auszuges in bereits vorhandene andere Gebäude zuzüglich eines Sicherheitszuschlages bemessen hat. Dies ist zwar weder vorwerfbar noch zum Nachteil der Beklagten, wirft aber die Frage auf, ob die Klägerin mit der langen Auslauffrist nicht selbst kundgetan hat, dass eine Fortführung des Mietverhältnisses doch zumutbar ist.

Wie alle Kriterien im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung ist auch dieser Punkt im Licht der Umstände des Einzelfalles zu beleuchten.

Der Grund, weshalb eine zu lange Auslaufzeit in der Regel ein sicheres Indiz für die Zumutbarkeit der Fortführung eines Mietverhältnisses ist, liegt darin begründet, dass der kündigende Vertragspartner in fast allen Fällen einer Kündigung aus wichtigem Grund die Auswirkungen des Kündigungsgrundes, sei er im Verhalten des anderen Vertragspartners oder im Zustand der Mietsache begründet, bereits spürt. Wer bereit ist, einen solchen Zustand über viele Monate zu ertragen, kann dies im Allgemeinen dann auch bis zum natürlichen Ende des Vertrages tun.

Dies liegt im vorliegenden Fall anders.

Die unzutreffende Rechtsauffassung der Beklagten kam wirtschaftlich erst zum Tragen, sobald der Eigenbedarf der Klägerin entfallen ist, nämlich nach dem projektierten Auszug des eigenen Betriebes im Oktober 2005. Erst danach lief die Klägerin Gefahr, ihr vertraglich vereinbartes Recht zur Untervermietung faktisch nicht durchsetzen zu können und dadurch Mietzins für nutzlose Räume zu zahlen. Die konkreten Folgen der Fortsetzung eines unzumutbar gewordenen Mietverhältnisses traten im vorliegenden Fall erst mit dem Wegfall des Eigenbedarfs ein, obwohl sie zum Zeitpunkt der Kündigung bereits vorhersehbar waren, sofern die Beklagte ihren Rechtsstandpunkt beibehielt. Insofern spricht nichts dagegen, dass die Klägerin das Auslaufen des Vertrages an den Zeitpunkt angepasst hat, an welchem sie ohnehin ausziehen wollte und der Untermietbedarf akut wurde.

Das Hinausschieben der Wirkung der Kündigung durch die Auslauffrist bis zu der Zeit nach dem ohnehin geplanten Auszug kommt im vorliegenden Fall auch der Beklagten zugute, ohne die Belange der Klägerin zu beeinträchtigen. Ein hastiger vorgezogener Auszug des Betriebes der Klägerin aufgrund einer kürzer bemessenen Frist hätte den Belangen beider Parteien geschadet.

Insoweit entsprach es ausnahmsweise den Interessen beider Parteien, das Mietverhältnis bis zu diesem Zeitpunkt durch eine lange Auslaufzeit weiterzuführen bis der Zeitpunkt erreicht war, an welchem der Streit der Parteien kulminieren würde.

Ein Verweis auf potentielle Schadenersatzrechte der Klägerin gegenüber der Beklagten für den Fall unberechtigter Versagung des Untervermietrechts als Alternative zu einer Kündigung verbietet sich im vorliegenden Fall bereits aufgrund der schwachen wirtschaftlichen Substanz der Beklagten.

Ein Rechtsmissbrauch ist nicht erkennbar.

Es drängt sich zwar der Verdacht auf, dass die Klägerin das für sie uninteressant gewordene Mietobjekt zum Zeitpunkt ihres Auszuges aufgeben wollte und deshalb sofort ohne Rücksicht auf die Interessen der Gegenseite die Gelegenheit zur Kündigung ergriffen hat. Aus der Beurteilung der Gesamtsituation ergibt sich jedoch nicht mit hinreichender Eindeutigkeit, dass der Kündigungsgrund lediglich vorgeschoben oder gar provoziert wurde, um der Klägerin eine Lösung aus dem entbehrlich gewordenen langfristigen Mietverhältnis zu ermöglichen (vgl. hierzu OLG Celle 2. Zivilsenat, Urteil vom 31. Oktober 2001, Az: 2 U 96/01, ZMR 2002, 187-189, ZMR 2002, 187-189). Das Berufungsgericht geht zwar im Rahmen der Interessenabwägung davon aus, dass die Klägerin kein wirkliches Interesse mehr an der Fortsetzung des Vertrages hatte, jedoch hatte sie zu keinem Zeitpunkt Zweifel an ihrer Bereitschaft aufkommen lassen, den Mietvertrag weiterhin zu erfüllen, sondern lediglich auf ihrem vertraglichen Recht zur Untervermietung bestanden und erst gekündigt, als die Beklagte trotz Abmahnung drohte, ihr diese wirtschaftliche Ersatzverwertung der Räume beeinträchtigen und zumindest teilweise entziehen zu wollen.

Das Urteil des Landgerichts war infolgedessen teilweise abzuändern.

Auf die Wirksamkeit der zweiten Kündigung kommt es nicht an, da die Kündigung vom 25.10.2004 das Mietverhältnis zum 31.12.2005 beenden wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht nach § 543 ZPO zuzulassen, da der Rechtsstreit seinen Schwerpunkt in der Beurteilung individuell ausgehandelter Klauseln sowie der rechtlichen Einordnung des wechselseitigen Verhaltens der Parteien im Einzelfall und damit keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts in dieser Sache fordern.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien geben keinen Anlass, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten, da sie keine neuen tatsächlichen oder rechtlichen Aspekte enthalten, welche die Parteien in der mündlichen Verhandlung nicht erörtert haben und die nicht bereits in Grundzügen seit dem ersten Rechtszug vorgebracht werden oder hätten vorgebracht werden können. Die etwas merkwürdig anmutende Interpretation der mündlichen Verhandlung durch die Beklagte bedarf keiner Kommentierung, da sich die Tatsachenbeurteilung und Rechtsansicht des Berufungsgerichts aus dem Protokoll und den vorstehenden Urteilsgründen ergeben.

Auf den einseitigen Antrag der Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 21.11.2005 konnte der Rechtsstreit auch nicht ausnahmsweise dem Senat zur Rückübernahme vorlegt werden, da die Sach- und Rechtslage sich seit der Übertragung auf die Einzelrichterin nicht wesentlich verändert hat und somit die Voraussetzungen des § 526 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Der Streitwert für den zweiten Rechtzug beträgt 6.271.500,- €.

Ende der Entscheidung

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