Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 15.08.2003
Aktenzeichen: 2 U 139/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 539 II 2
Teilversäumnis- und Teilurteil als "unechtes Versäumnisurteil" in der Berufungsinstanz.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES TEILVERSÄUMNIS- UND TEILURTEIL

2 U 139/02

Verkündet am 15.08.2003

In dem Rechtsstreit

...

hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ­ 2. Zivilsenat ­ durch die Richter ....... aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung vom 11.07.2003 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts Limburg a. d. Lahn ­ 2. Zivilkammer ­ vom 26.07.2002 wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen seine Verurteilung gemäß a) des Urteilstenors richtet.

Auf seine Berufung wird die Klage, soweit sie den titulierten Auskunftsanspruch gemäß b) betrifft, durch Versäumnisurteil abgewiesen.

Bezüglich des zugesprochenen Feststellungsanspruchs wird das Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in dem angefochtenen Teilurteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F.). Sie bedürfen keiner Änderungen und Ergänzungen. Da keine konkreten Anhaltspunkte vorliegen, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten, hatte der Senat sie seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F.)

Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der dem Kläger in dem angefochtenen Urteil zuerkannten Ansprüche unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Sachvortrags weiter.

Der Kläger hat keinen Berufungsantrag gestellt. Er hat auf die Berufungsbegründung des Beklagten nicht erwidert. Seine Prozessbevollmächtigten haben mit Schriftsatz vom 16.12.2002 (Bl. 466 d.A.) die Mandatsbeendigung angezeigt. Ein neuer Prozessbevollmächtigter ist im Senatstermin vom 11.07.2003 nicht aufgetreten.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Auskunft gemäß b) des Urteilstenors und den zuerkannten Feststellungsanspruch richtet; im übrigen ist sie unbegründet. Soweit das Rechtsmittel des Beklagten Erfolg hat, ist durch Versäumnisurteil zu erkennen (§ 539 Abs. 2 Satz 2 ZPO n.F.). Insoweit beruht das Urteil allerdings nicht auf der Säumnis, es wäre vielmehr nach den der Entscheidung des Berufungsgerichts zugrunde zu legenden tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts (§ 539 Abs. 1 ZPO n.F.) inhaltlich ebenso ergangen, wenn der Kläger nicht säumig gewesen wäre, sondern eine zweiseitige mündliche Verhandlung stattgefunden hätte (BGH NJW 98, 156). Soweit die Berufung zurückzuweisen war, hatte der Senat durch streitiges Urteil (unechtes Versäumnisurteil) zu entscheiden (§ 539 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO n.F.) (BGH a.a.O.; Zöller/Gummer, 23.Aufl., § 539 ZPO, Rn. 15).

1. Den Auskunftsanspruch gemäß a) des angefochtenen Urteils hat das Landgericht dem Kläger zu Recht zuerkannt. Auch dessen Säumnis im Senatstermin ändert an dieser Beurteilung nichts. Denn infolge seiner Säumnis ist nur das tatsächliche Vorbringen des Beklagten als zugestanden anzusehen (§ 539 Abs. 1 Satz1 ZPO n.F.); für Rechtsfragen gilt diese Geständnisfiktion nicht (Baumbach/Albers, 61. Aufl., § 539 ZPO, Rn. 4). Die zur Beurteilung dieses Auskunftsanspruchs erheblichen Tatsachen sind aber unstreitig.

Auf dieser Tatsachengrundlage hat das Landgericht zu Recht angenommen, dass zwischen den Parteien eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestanden hat. Hiervon ist selbst der Beklagte nach seinem Vorbringen sowohl in erster Instanz als auch in dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Limburg ausgegangen. Das Bestehen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ergibt sich schon daraus, dass der "Vorvertrag" der Parteien vom 29.12.1998 (Bl. 46 d.A.) sämtliche Elemente enthält, die zur Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts erforderlich sind. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts (Bl. 430 d.A.) Bezug genommen, denen der Senat sich anschließt. Für die Annahme einer bloßen Innengesellschaft ist danach kein Raum.

Dem steht nicht entgegen, dass das Gewerbe, das Gegenstand der Gesellschaft war, nur auf den Beklagten angemeldet worden ist (vgl. Bl. 320 d.A.). Die Gesellschafter können mannigfache Gründe dafür haben, dass als Inhaber des Gewerbebetriebs nur einer von ihnen in das Gewerberegister eingetragen wird. Ein einleuchtender und überzeugender Grund dafür ist im Streitfall, dass dem Kläger als Freigänger die Aufnahme einer selbständigen gewerblichen Tätigkeit nicht erlaubt war (vgl. Bl. 17/18 d.A.). Dies stand aber einer Vereinbarung des Inhalts, dass der Kläger gleichwohl Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts werden sollte, nach dem Grundsatz der Privatautonomie nicht entgegen.

Als ehemaligem Gesellschafter der durch die Kündigung seitens des Beklagten aufgelösten Gesellschaft steht dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung des auf ihn entfallenden Auseinandersetzungsguthabens zu. Zur Durchsetzung dieses Anspruchs dient sein unter a) des Urteilstenors titulierter Auskunftsanspruch. Ebenso gut hätte er auch auf Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz klagen können (vgl. OLG Koblenz NJW-RR 2002, 827), was der Sache nach dem entsprochen hätte, was er mit den Auskunftsansprüchen erstrebt.

Insoweit ist daher die Berufung des Beklagten durch kontradiktorisches Urteil ("unechtes Versäumnisurteil") zurückzuweisen.

2. Indessen erweist sich der Auskunftsanspruch, wie er unter b) des Urteilstenors tituliert worden ist, als unbegründet, da er selbst nach dem Tatsachenvortrag des Klägers nicht schlüssig ist.

Denn es ist keine Rechtsgrundlage dafür ersichtlich, wieso der Beklagte dem Kläger darüber Auskunft erteilen muss, was nach Auflösung der Gesellschaft mit dem Geschäftsbetrieb geschehen ist.

Insoweit ist auf die Berufung des Beklagten die Klage durch (echtes) Versäumnisurteil abzuweisen.

3. Was den zuerkannten Feststellungsanspruch betrifft (721,36 DM), unterliegt das Urteil der Aufhebung, weil es insoweit an jeglicher Begründung dafür fehlt, warum dem Kläger ein solcher Anspruch zustehen sollte. Dies rügt der Beklagte zu Recht. Insoweit leidet das Urteil an einem wesentlichen Verfahrensfehler, der zur Zurückverweisung nötigt.

Hierüber war nicht durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da die Entscheidung darüber, ob ein Urteil wegen eines Verfahrensfehlers aufzuheben ist, keine durch Versäumnisurteil zu treffende Sachentscheidung ist.

Wegen der insoweit erforderlichen Zurückverweisung kann der Senat eine Kostenentscheidung für die zweite Instanz nicht treffen.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gemäß § 543 Abs. 2 ZPO n.F. war die Revision nicht zuzulassen, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

Ende der Entscheidung

Zurück