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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 08.04.2005
Aktenzeichen: 2 U 19/03
Rechtsgebiete: GmbHG
Vorschriften:
GmbHG § 30 | |
GmbHG § 32 a I |
Gründe:
I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird Bezug genommen, soweit sie nicht in Widerspruch zu denen des Berufungsurteils stehen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat mit Urteil vom 09.12.2002 die Klage auf Feststellung der Forderung des Klägers zur Insolvenztabelle abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage unter deren Abweisung im Übrigen verurteilt, an den Beklagten 30.002,60 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils (Bl. 229 - 234 d.A.) wird ebenfalls Bezug genommen.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrags seinen Klageantrag weiter, soweit er den Rechtsstreit in Höhe von 9.500,-- EUR nicht für erledigt erklärt hat (vgl. Schriftsatz vom 29.09.2003, Bl. 281/282 d.A.), und erstrebt die volle Abweisung der Widerklage, während der Beklagte die Zurückweisung der Berufung begehrt.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg.
1. Widerklage:
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der Anspruch des Beklagten auf Rückgewähr der von der Insolvenzschuldnerin an den Kläger geleisteten Mieten unbegründet.
Zwar kann auch eine Nutzungsüberlassung, insbesondere aufgrund eines Miet- oder Pachtverhältnisses, eine eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistung darstellen, deren Rechtsfolgen nach §§ 32 a GmbHG und 135 InsO (früher § 32 a KO) zu beurteilen sind (BGHZ 127, 1, 7; 127, 17, 21). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Kläger im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags mit der Insolvenzschuldnerin (01.08.1991) nicht mehr deren Gesellschafter war, da er bereits am 13.06.1991 seinen Geschäftsanteil an den Mitgesellschafter B veräußert hatte. In einem solchen Fall kommt allerdings eine Zuwendung der Leistung der Insolvenzschuldnerin an den Kläger als "Dritten" in Betracht, wenn dieser dem Gesellschafter oder der Gesellschaft besonders nahe steht, insbesondere eine wirtschaftliche Einheit mit ihm oder ihr bildet. Unter diesen Umständen kann unter anderem ein mit dem Gesellschafter oder der Gesellschaft verbundener Dritter zur Rückgewähr einer Leistung verpflichtet sein, die er unter Verstoß gegen § 30 GmbHG erhalten hat (BGH NJW 91, 357 unter Nr. 2a). Ein solcher Fall liegt hier indessen nicht vor, da keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass der Kläger nach seinem Ausscheiden in irgendeiner Weise noch unternehmerischen Einfluss auf die GmbH und später Insolvenzschuldnerin hätte ausüben können. Es handelte sich bei der Insolvenzschuldnerin nach seinem Ausscheiden um eine Einmann-GmbH. Irgendwelche Verflechtungen zwischen ihr und dem Kläger, die es ihm ermöglicht hätten, einen beherrschenden unternehmerischen Einfluss auf die GmbH auszuüben, bestanden nicht. Jedenfalls ist derartiges nicht ersichtlich. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den Anlagen B 24 (Besprechungsnotiz vom 25.11.1996) und B 28 (Gesprächsnotiz vom 09.03.1996) des Anlagenbands, da sie nur Vorschläge des Klägers beinhalten, wie die derzeit bestehenden finanzielle Schieflage der Gesellschaft behoben werden könne.
Allerdings werden auch ehemalige Gesellschafter im Hinblick auf Finanzierungshilfen, zu denen auch eine Gebrauchsüberlassung gehört, von den Kapitalersatzregelungen erfasst, wenn sie bereits vor ihrem Ausscheiden kapitalersetzenden Charakter hatten (BGHZ 110, 342, 353; BGH NJW 2001, 1490 unter Ziff. IV). Auch dies ist indessen im Streitfall zu verneinen.
Eine unter diesem Gesichtspunkt in Betracht kommende Haftung des Klägers hängt davon ab, ob und inwieweit die sachlichen Voraussetzungen einer Umqualifizierung seiner Leistung (der Gebrauchsüberlassung) in Eigenkapital bereits zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus der Insolvenzschuldnerin vorlagen. Dies ist dann der Fall, wenn die Gesellschaft sich schon damals im Sinne von § 32 a Abs. 1 GmbH in der Krise befand, also insolvenzreif, das heißt zahlungsunfähig oder überschuldet oder kreditunwürdig war (BGH NJW 2001, 1490 unter Ziff. IV). Hiervon kann indessen nicht ausgegangen werden. Die Bilanz für 1991, aus der das Landgericht - ohne nähere Begründung - eine Unterdeckung von 150.000,-- DM herleitet, ist für die Frage, ob für den Kläger eine - mögliche - Krise der Insolvenzschuldnerin zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags vom 08.01.1991 erkennbar war (vgl. zu diesem Erfordernis BGHZ 127, 336, 347), schon deswegen unerheblich, weil diese Bilanz erst im Jahre 1992 erstellt worden ist und der Kläger daher hiervon bei Abschluss des Mietvertrags noch keine Kenntnis haben konnte.
Im Übrigen ist eine solche Bilanz für die Beurteilung der Vermögenslage der Gesellschaft auch nicht hinreichend aussagekräftig. Es handelt sich lediglich um einen Handelsbilanz, deren negatives Ergebnis nicht zwangsläufig eine Überschuldung belegt (BGH NJW 2001, 1136). Ob die Insolvenzschuldnerin in dem maßgeblichen Zeitpunkt überschuldet war, ist anhand einer Überschuldungsbilanz festzustellen, in der ihre Vermögenswerte mit den Verkehrs- oder Liquidationswerten ausgewiesen sind, etwa vorhandene stille Reserven sind demnach zu berücksichtigen (BGHZ 125, 141, 146). Diesen Voraussetzungen genügt die Bilanz für 1991 nicht.
Es sind auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger der Insolvenzschuldnerin die Gebrauchsüberlassung zu einem Zeitpunkt gewährt hat, zu dem sie diese zu marktüblichen Bedingungen nicht hätte erhalten können und deswegen ohne diese Leistung hätte liquidiert werden müssen. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger eine etwa schon damals bestehende Krise der Insolvenzschuldnerin bekannt war. Dagegen spricht jedenfalls, dass dieses Unternehmen in der Folgezeit bis zum Insolvenzantrag über immerhin - mit mehr oder weniger Geschäftserfolg - neun Jahre hinweg betrieben worden ist. Damit bleibt offen, wie der Kläger eine möglicherweise bereits anfänglich bestehende Krise der Insolvenzschuldnerin hätte erkennen können.
Ob der Kläger, wie vom Beklagten in seinem Schriftsatz vom 11.03.2004 (Bl. 371 d.A.) behauptet, laufend über die wirtschaftliche Situation der Insolvenzschuldnerin informiert war, ist unerheblich, da es für die Frage, ob eine kapitalersetzende Leistung des Klägers als aus der Gesellschaft Ausgeschiedenem darauf ankommt, ob er bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags am 01.08.1991, der nach seinem Ausscheiden am 13.06.1991 erfolgt ist, Kenntnis von einer (möglicherweise) schon zu diesem Zeitpunkt bestehenden Krise der Gesellschaft gehabt hat. Auch hierfür bestehen keine konkreten Anhaltspunkte.
Gegen eine Kreditunwürdigkeit der Insolvenzschuldnerin bereits in diesem Zeitpunkt spricht zudem, dass die Gesellschaft noch im Jahre 1996 einen Betriebsmittelkredit über 300.000,-- DM von der ... bank gegen Abtretung von Grundschulden auf dem Betriebsgrundstück von nominal 600.000,-- DM und persönlicher Haftungsübernahme des Klägers erhalten hat.
Selbst unter Berücksichtigung dessen, dass am 01.01.1996 ein neuer Mietvertrag mit der Insolvenzschuldnerin abgeschlossen worden ist, ergibt sich im Ergebnis nichts anderes. Dies folgt schon daraus, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin war und - wie bereits ausgeführt - auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass er auf sie noch einen beherrschenden Einfluss hätte ausüben können. Er war nur noch ein "einfacher" Vermieter, dem es freistand, das Mietverhältnis wegen Zahlungsrückstands zu kündigen, was er dann später auch getan hat, und seinen Mietzinsanspruch gegen die Insolvenzschuldnerin geltend zu machen.
2. Klage:
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die Klage auf Feststellung der Mietzinsforderung zur Insolvenztabelle begründet ist. Einwände gegen die Höhe der Forderung werden vom Beklagten nicht erhoben.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Im Umfang der Teilerledigung des Rechtsstreits in Höhe von 9.500,-- EUR folgt seine Kostentragungspflicht aus § 91 a ZPO, im übrigen aus § 91 ZPO, da er unterlegen ist.
Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO.
Die Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.
Ende der Entscheidung
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