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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 11.12.2008
Aktenzeichen: 2 U 31/08
Rechtsgebiete: BGB, HGB


Vorschriften:

BGB § 535
HGB § 128
HGB § 161
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten in Anspruch auf Zahlung von Miete, Nutzungsentschädigung und Schadenersatz.

Die Beklagte zu 1), deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte zu 3) ist, mietete von der Klägerin mit Büro-Servicevertrag vom 7.7.2005 sieben Büroräume und einen Sozialraum im 4. Obergeschoss der Liegenschaft ...str. ... in O1. Die Kommanditisten der Beklagten zu 1), die Beklagten zu 4), 5) und 6), unterschrieben eine Zusatzklausel zum Büro-Servicevertrag, worin sie die persönliche gesamtschuldnerische Haftung für die Verpflichtungen der Beklagten zu 1) aus dem Mietverhältnis übernahmen. Der Beklagte zu 5) ist zugleich Geschäftsführer der Beklagten zu 3), die als Komplementärin nach der genannten Zusatzklausel ebenfalls die persönliche gesamtschuldnerische Haftung übernehmen sollte. Die Unterschrift des Beklagten zu 5) befindet sich schräg oberhalb des Firmenstempels der Beklagten zu 3).

Auf den näheren Inhalt des Vertrages (Bl. 16 d. A.) wird verwiesen.

Das Mietverhältnis wurde durch fristlose Kündigung der Klägerin im Dezember 2006 beendet. Die Schlüssel wurden am 13.6.2007 zurückgegeben. Einen neuen Mieter konnte die Klägerin bis zum Ablauf der regulären Mietzeit der Beklagten zu 1) nicht anwerben.

Am 12.12.2006 tauschte die Klägerin die Schlösser zu der Mietsache mit Ausnahme der von der Beklagten zu 3) genutzten beiden Räume 44 und 45 aus. Dies ist im zweiten Rechtszug nicht streitig, ebenso wie die Zahlung von insgesamt 8.000,- ?, welche die Beklagte zu 3) für die Räume 44 und 45 leistete.

Im ersten Rechtszug hat die Klägerin einen Mietrückstand von 38.454,- ? vorgetragen, sowie Nutzungsausfallentschädigung und Schadenersatz in Höhe von weiteren 36.391,52 ? und 1.501,66 ? Entgelt für Büroarbeiten abzüglich einer Gutschrift von 375,84 ?, einer Teilzahlung von 2.500,- ? vom 9.10.2006 und der Kaution von 13.500,- ? verlangt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten zu 1) bis 6) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 60.827,72 ? nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.8.2007 sowie ausgerechnete Zinsen in Höhe von 3.739,47 ? zu zahlen.

Die Beklagten zu 1), 2) und 6) waren im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12.12.2007 vor dem Landgericht säumig.

Die Beklagten zu 3), 4) und 5) haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten zu 3) und 5) haben behauptet, die Klägerin habe aufgrund des Austauschs der Schlüssel keinen Anspruch auf Nutzungsentschädigung.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts nach § 540 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO Bezug genommen.

Das Landgericht Frankfurt am Main hat durch Urteil und Versäumnisurteil vom 20.12.2007 (Bl. 137ff. d. A.) die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 60.827,72 ? nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 18.8.2007 sowie kapitalisierte Zinsen in Höhe von 3.739,47 ? zu zahlen.

Es hat auf eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten für die Klageforderung erkannt.

Für die Zeit nach dem 12.12.2006 sei aufgrund des Austauschs der Schlösser nur Schadenersatz geschuldet. Dieser Anspruch bestehe aber, weil sich unstreitig kein Nachmieter gefunden habe.

Das Beweisangebot für die Zahlung von 8.000,- ? auf das streitgegenständliche Mietverhältnis sei verspätet.

Auf die weitergehenden Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil, welches den Beklagten zu 3) und 5) am 9.1.2008 (Bl. 152 d. A.) zugestellt wurde, haben die Beklagten zu 3) und 5) am 7.2.2008 (Bl. 310 d. A.) Berufung eingelegt.

Die Berufung ist nach mehrmaliger Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit der Zustimmung der Klägerin bis zum 30.5.2008 (Bl. 329 d. A.) am 30.5.2008 begründet worden (Bl. 329 d. A).

Mit der Berufung machen die Beklagten zu 3) und 5) geltend, in der Beweisaufnahme im Parallelprozess 2-12 O 261/07 habe die Aussage der Zeugin Z1 ergeben, dass jedenfalls eine Zahlung über 2.500,- ? geleistet worden sei, welche die Klägerin nicht verbucht habe.

Nach dem Auszug der übrigen Mieter hätten die Beklagten zu 3) und 5) monatlich 2.000,- ?, insgesamt 8.000,- ?, an die Klägerin gezahlt.

Aufgrund verbotener Eigenmacht könne die Klägerin nach dem 12.12.2006 keine Nutzungsentschädigung mehr verlangen, da bis auf die zwei ordnungsgemäß bezahlten Räume keine Nutzungsmöglichkeit bestanden hätte.

Die Klägerin sei ihrer Schadenminderungspflicht nicht nachgekommen, die Räume auf dem Markt anzubieten.

Die Beklagten zu 3) und 5) beantragen,

das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20.12.2007 abzuändern und die Klage abzuweisen;

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 6.11.2008 die Klage hinsichtlich der Hauptforderung in Höhe eines Teilbetrages von 5.211,02 ? und hinsichtlich der kapitalisierten Zinsen in Höhe eines Teilbetrages von 1.500,- ? zurückgenommen.

Sie beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts.

Die Klägerin weist darauf hin, dass der vereinnahmte Betrag von 2.500,- ? in der Forderungsaufstellung berücksichtigt sei.

Die gleichfalls eingegangenen 8.000,- ? seien auf das neue Mietverhältnis der Beklagten zu 3) und 5) verrechnet worden. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung jedoch zugestanden, dass die beiden angemieteten Räume sich innerhalb der streitgegenständlichen Mietsache befanden und dass die Zahlungen von 8.000,- ? auf die geltend gemachte Nutzungsentschädigung anzurechnen ist abzüglich der in der Klageschrift bereits berücksichtigten Abzüge für Januar und Februar 2007. Dies liegt der teilweisen Klagerücknahme zugrunde.

Die Klägerin trägt zum Schaden ergänzend vor, aufgrund der durchschnittlich nur zu 70 % erfolgreichen Belegung sei einer Neuvermietung trotz permanenter öffentlicher Werbung nicht möglich gewesen (Zeugin Z1). Die Klägerin habe aufgrund des für die Mieter der Liegenschaft eingerichteten Büroservices die Räume nur mit Service vermieten können. Insoweit sei die Nachfrage jedoch permanent hinter den Erwartungen zurückgeblieben.

Der Beklagte zu 3) sei mit dem Austausch der Schlösser einverstanden gewesen.

Hinsichtlich des näheren Inhalts des Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 30.5.2008 (Bl. 329ff. d. A.), der Berufungserwiderung vom 8.9.2008 (Bl. 353ff. d. A.) sowie die Schriftsätze vom 31.10.2008 (Bl. 356ff. d. A.) und vom 25.11.2008 (Bl. 373f. d. A.) sowie die Niederschrift der öffentlichen Sitzung des Senats vom 6.11.2008 (Bl. 363ff. d. A.) verwiesen.

II.

Die Berufung ist unzulässig mangels jeglicher Begründung, soweit die Beklagten zu 3) und 5) zur gesamtschuldnerischen Zahlung von Serviceleistungen verurteilt worden sind.

Die Berufung ist im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; §§ 517, 519, 520 ZPO.

Sie hat nach der teilweisen Klagerücknahme keinen weiteren Erfolg mehr. Die Beklagten zu 3) und 5) schulden aufgrund ihres Schuldbeitritts zu den mietvertraglichen Verpflichtungen der Beklagten zu 1) der Klägerin die aus dem Tenor ersichtlichen Zahlungen.

Die grundsätzliche gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten zu 3) und 5) für die Forderungen der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) wurde mit der Berufungsbegründung nicht mehr in Frage gestellt.

Die Beklagte zu 3) haftet für die zu ihrer Zeit als Komplementärin begründeten Verbindlichkeiten der Beklagten zu 1) nach §§ 128, 161 HGB.

Soweit der Beklagte zu 5) mit Schriftsatz vom 25.11.2008 die Auffassung vertritt, sich auf seine Haftung als Kommanditist im Hinblick auf die geleistete Einlage beschränken zu können, ist ihm entgegenzuhalten, dass er nach den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts - ebenso wie die anderen im Gesellschaftsvertrag aufgeführten Kommanditisten - durch gegenüber der Klägerin eine eigene schuldrechtliche Verpflichtung in Form des Schuldbeitritts eingegangen ist. Die etwas ungeschickte Formulierung der Zusatzklausel, welche eine Kommanditistin im Singular statt Kommanditisten im Plural erwähnt, steht dem nicht entgegen, da die Unterschriften aller Kommanditisten unter der Klausel zu finden sind und eine Kommanditistin in Form einer Gesellschaft oder weiblichen Person gar nicht existierte. Der Beklagte zu 5) hat auch nicht deutlich gemacht, dass er ausschließlich für die Beklagte zu 3) unterschreiben wollte. Die Identität der schuldbeitretenden Vertragspartner ist aufgrund dessen eindeutig.

Die Haftung des Beklagten zu 5) folgt deshalb nicht aus der auch ohne vertragliche bestehenden gesetzlichen Haftung des Kommanditisten nach § 171 Abs. 1 HGB, die auf die Kapitaleinlage beschränkt ist, sondern aus dem unbegrenzten Schuldbeitritt als eigenem Rechtsgrund. Dies ergibt sich aus dem Zweck der Zusatzklausel als Sicherung der Vermieterin.

Der berechtigten Einwendung der Beklagten zu 3) und 5), die im zweiten Rechtszug unstreitig geworden ist, wurde durch die teilweise Klagerücknahme Rechnung getragen. Die von den Beklagten zu 3) und 5) vorgebrachten Zahlungen von 8.000,- ? sind als solche nicht im Streit, insofern trat keine Präklusion dieser Tatsachen nach §§ 296, 531 Abs. 1 ZPO ein. Ebenso ist unstreitig, dass die Klägerin bis auf zwei von der Beklagten zu 3) und 5) genutzten Räume ab dem 12.1.2006 wieder im Besitz der Mietsache war.

Soweit dieser Betrag den Beklagten nicht schon in der Klageschrift in den Positionen der Nutzungsentschädigung für Januar und Februar 2007 gutgeschrieben wurde, hat die Klägerin die Klage jedoch in Höhe eines Teilbetrages von 5.210,02 ? zurückgenommen. Der restliche Betrag von 2.789,98 ? ist durch die Gutschrift in der Klageschrift schon berücksichtigt.

Soweit die Beklagten zu 3) bis 5) vortragen, die Zeugin Z1 habe in dem weiteren Verlauf des Rechtsstreits in erster Instanz bestätigt, von dem Beklagten zu 6) 2.500,- ? erhalten zu haben, hat dies keine Auswirkungen. Diese Zahlung von 2.500,- ? ist ebenfalls in der Forderungsaufstellung (dort Seite 2) und in der Klageschrift (dort Seite 9) bereits abgezogen und kann deshalb nicht nochmals berücksichtigt werden.

Weitere Zahlungen konnte die Zeugin Z1 weder nach dem Protokoll der Beweisaufnahme vor dem Landgericht noch nach dem Vortrag der Beklagten zu 3) und 5) bestätigen. Die Beklagten zu 3) und 5) haben nicht vorgetragen, dass die Zeugin sich geirrt oder bewusst falsch ausgesagt haben könnte, weshalb eine nochmalige Vernehmung nicht erforderlich ist. Ihnen ist nach eigenem Vortrag auch nicht gelungen, weitere Indizien oder Beweismittel für darüber hinausgehende Zahlungen des Beklagten zu 6) zu ermitteln. Dass der Bevollmächtigte des Beklagten zu 6) ihnen gegenüber keine Stellungnahme abgab, kann der Klägerin nicht angelastet werden.

Die kapitalisierten Zinsen waren nach einvernehmlichem Vortrag der Parteien in der mündlichen Verhandlung aufgrund der zu berücksichtigenden Mietzahlungen der Beklagten zu 3) und 5) um einen Betrag von 1.500,- ? zu reduzieren. Dem ist mit der teilweisen Klagerücknahme von der Klägerin gleichfalls Rechnung getragen worden.

Aus der zuerkannten Hauptforderung sind die mit der Berufung nicht gesondert angegriffenen weiteren Verzugszinsen gemäß §§ 286, 288 Abs. 2 BGB geschuldet.

Die Kosten des Rechtsstreits sind grundsätzlich von den unterlegenen Beklagten nach §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO als Gesamtschuldner zu tragen. Soweit die Klägerin im zweiten Rechtszug jedoch die Klage gegen die Beklagten zu 3) und 5) teilweise zurückgenommen hat, sind ihr die anteiligen Kosten nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO aufzuerlegen, was sich auch auf die Kostenentscheidung im ersten Rechtszug im Verhältnis zu den rechtskräftig verurteilten Beklagten zu 1), 2), 4) und 6) auswirkt (vgl. Bundesgerichtshof, 6. Zivilsenat, Urteil vom 14.7.1981, Az. VI ZR 35/79, NJW 1981, 2360).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht nach § 543 ZPO zuzulassen, da der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts in dieser Sache fordern.

Der Streitwert für den zweiten Rechtszug beträgt 60.827,72 ?.

Ende der Entscheidung

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