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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 09.03.2005
Aktenzeichen: 2 U 99/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 123
Zur Frage, ob die Werbeaussage einer internationalen Wirschaftsschule (Name von der Redaktion anonymisiert), wonach die von ihr angebotenen Studiengänge zu einem national und international bekannten Doppelabschluss zum "Internationalen Betriebswirt (IBS)" und "Bachelor of Arts (BA)" führen, mangels staatlicher Anerkennung dieser Titel zur Anfechtung der Studienverträge wegen arglistiger Täuschung berechtigt
Gründe:

I.

Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Studiengebühren zu ersetzen, die er aufgrund zweier Studienverträge - Studienprogramm Internationale Betriebswirtschaftslehre und Bachelor of Arts der University ... gezahlt hat, sowie darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der ihm als Verdienstausfall infolge eines um zumindest ein Semester verspäteten Berufseintritts entstehen wird.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), soweit ihnen die Feststellungen des Berufungsurteils nicht entgegenstehen.

Mit Urteil vom 06.02.2004 hat das Landgericht die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils (Bl. 145 - 147 d.A.) wird Bezug genommen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter und begehrt die Abweisung der Widerklage.

Er ist der Auffassung, er sei berechtigt gewesen, die Studienverträge wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Aufgrund der Werbeaussage der Beklagten (Bl. 26 ff. d.A.) habe er davon ausgehen können, dass der bei ihr (der A) zu erwerbende Grad eines BA nicht nur international bekannt, sondern auch staatlich anerkannt sei, was - unstreitig - nicht der Fall ist.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen an ihn 7.617,19 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10.09.2002 zu zahlen,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund des Abschlusses der Studienverträge mit der Beklagten entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, dessen Ausführungen sie unterstützend beitritt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat ganz überwiegend Erfolg.

1. Klage:

Dem Beklagten steht unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs. 1, 1. Alternative BGB) ein Anspruch auf Rückzahlung der Studiengebühren zu, da diese Zahlungen wegen erfolgreicher Anfechtung der Studienverträge ohne rechtlichen Grund erfolgt sind.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht dem Kläger ein Anfechtungsrecht nach § 123 Abs. 1 BGB zur Seite, da er durch arglistige Täuschung zum Abschluss der Studienverträge veranlasst worden ist.

In dem Prospekt der Beklagten (Bl. 26 ff. d.A.) "Doppelabschluss in drei Jahren zum Internationalen Betriebswirt (IBS) und Bachelor of Arts (Hons) (BA)" wurde dem Kläger in Aussicht gestellt, "gleichzeitig sowohl einen national wie auch einen international bekannten Abschluss zu erreichen und damit die idealen Voraussetzungen zu erlangen, um national und international tätig zu werden". Diese Werbeaussage erweckte in dem Kläger den Eindruck, bei dem bei der Beklagten zu erwerbenden Titel eines BA handele es sich um einen sowohl national als auch international anerkannten akademischen Grad. Dass die Beklagte in diesem Werbeprospekt - anders als in ihren früheren Werbeaussagen, in denen sie ausdrücklich mit dem Erwerb eines national und international anerkannten Abschlusses geworben hat - nur noch damit geworben hat, dass es sich um einen bekannten Abschluss handele, ändert daran nichts. Mit dieser einschränkenden Bezeichnung hat sie nur den zahlreichen Gerichtsurteilen Rechnung getragen, in denen ihr bescheinigt worden ist, dass der bei ihr zu erwerbende Abschluss eben kein international anerkannter ist. Für einen unbefangenen Studieninteressenten lag es von dessen Empfängerhorizont jedoch klar auf der Hand, dass es sich bei einem "national und international bekannten Abschluss" auch um einen anerkannten handelt. Dass der Grad eines BA national und international bekannt ist, liegt auf der Hand. Die "idealen Voraussetzungen, um national und international tätig zu werden", womit die Beklagte in diesem Prospekt wirbt, setzen jedoch voraus, dass der Grad eines BA auch national und international anerkannt ist. Davon durfte der Kläger aufgrund der Werbeaussage ausgehen, da er mit einem nicht anerkannten Titel bei einer diesen Grad voraussetzenden beruflichen Tätigkeit, die er erstrebte, nichts anfangen kann. Die Werbung mit einem national und international bekannten Abschluss impliziert bei verständiger Betrachtungsweise, dass es sich auch um einen anerkannten Abschluss handelt. Dies ist dem Kläger durch die Werbeaussage der Beklagten suggeriert worden. Dass die Beklagte mit ihrer Werbeaussage dieses Ziel verfolgt hat, steht für das Berufungsgericht außer Frage.

Dem kann die Beklagte nicht entgegenhalten, sie habe sich nach § 10 Abs. 1 des Studienvertrags (Bl. 18 d.A.) unter Hinweis darauf, dass die Erlaubnis zum Führen des von der ... (über die Beklagte) verliehenen Titels in der Bundesrepublik Deutschland den entsprechenden Vorschriften unterliege, von der Haftung für die Anerkennung des bei ihr erworbenen Titels in der Bundesrepublik Deutschland wirksam freigezeichnet. Bei verständiger Auslegung erweckt diese Regelung in dem "Studierenden" den Eindruck, die Erlaubnis zum Führen des Titels problemlos zu erlangen. Diese Annahme war indessen unzutreffend, wie der Beklagten auch bekannt war. Denn nach dem Schreiben des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur vom 02.02.2003, das - wie beiden Parteien ausweislich ihrer Erklärungen im Einzelrichtertermin vom 18.01.2005 bereits damals bekannt war - war eine staatliche Anerkennung des Titels eines BA, wie er nach dem von der Beklagten angebotenen Studiengang erworben werden kann, mangels Vorliegens der hierfür erforderlichen Voraussetzungen ausgeschlossen. Eine Abschrift dieses Schreibens ist dem Urteil als Anlage beigefügt.

Die von der Beklagten erbrachten Ausbildungsleistungen sind auch nicht anspruchsmindernd zu berücksichtigen. Selbst wenn der Kläger hierdurch einen Wissensvorsprung erlangt hätte, den er sich bei einem "ordentlichen" Studium hätte zunutzen machen können, wäre dies kein in Geld messbarer Vorteil, da hierdurch die Regelstudienzeit an einer staatlich anerkannten Hochschule nicht verkürzt würde.

Die danach gegebene Pflicht der Beklagten auf Rückerstattung der bereits entrichteten Studiengebühren erfasst indessen nicht auch die Parkgebühren von 750,-- EUR. Insoweit kommt zwar ein Schadensersatzanspruch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der c. i. c. in Betracht. Ein entsprechender Schadenseratzanspruch scheitert indessen bereits daran, dass der Kläger dessen Höhe nicht substantiiert dargelegt hat.

Damit ergibt sich, dass die Klage nur in Höhe von 6.867,16 EUR nebst Zinsen begründet ist.

2. Feststellungsantrag:

Dieser Antrag ist nach den vorstehenden Ausführungen begründet. Die Entstehung eines Zukunftsschadens infolge des späteren Eintritts des Klägers in das Berufsleben wegen Wertlosigkeit der von der Beklagten erbrachten Ausbildungsleistungen ist jedenfalls wahrscheinlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Danach hat die Beklagte die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da das Unterliegen des Klägers verhältnismäßig geringfügig ist und die Zuvielforderung keine besonderen Kosten veranlasst hat. Der Streitwert für die Klage beträgt 7.617,19 EUR (Zahlungsantrag) und 19.200,-- EUR (Feststellungsantrag; 80% von 24.000,-- EUR) und der Wert der Widerklage 5.148,72 EUR. Dies ergibt einen Gesamtstreitwert von 31.965,88 EUR. Unterlegen ist der Kläger lediglich mit 750,-- EUR (Parkgebühren), also mit rund 2%. Dies rechtfertigt es, der Beklagten nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die gesamten Prozesskosten aufzuerlegen.

Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.

Die Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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