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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 30.07.2008
Aktenzeichen: 2 UF 185/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1697
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Beteiligten sind die geschiedenen Eltern des Kindes A, geboren am ... April 2004. Der Antragsteller leidet unter dem Hippel- Lindau-Syndrom, einer erblichen Erkrankung, die zur Bildung gutartiger Tumoren führt. Bei dem Antragsteller sind derartige Geschwulste bislang im Kopf- und Wirbelsäulenbereich aufgetreten und entfernt worden. Die Operationen führten zu einer leichten Gehbehinderung; außerdem ist der rechte Unterarm des Antragstellers gefühllos, was indes nicht mit einer Einschränkung der Motorik einhergeht.

Der Antragsteller hat mit der Antragsgegnerin und dem gemeinsamen Kind bis zum August 2006 zusammengelebt und nach der Trennung die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für das Kind beantragt. In diesem Verfahren einigten sich die Beteiligten am 27. Februar 2007 darauf, dass A in der Obhut seiner Mutter verbleiben und regelmäßige Umgangskontakte mit dem Vater jeweils an drei aufeinanderfolgenden Wochenenden von Freitagnachmittag bis Sonntagnachmittag haben sollte; am vierten Wochenende sollte das Kind im Haushalt der Mutter verbleiben. Im August 2007 kam es zu einer Unterbrechung der bis dahin so gestalteten Umgangskontakte auf Veranlassung der Kindesmutter, weil A nach ihrem Bekunden nach den Besuchswochenenden ein "freches" Verhalten gezeigt und sich gegenüber ihrem neuen Lebensgefährten negativ eingestellt verhalten hatte. In dem vom Antragsteller daraufhin angestrengten Vermittlungsverfahren änderten die Eltern sodann die Umgangsvereinbarung im Verfahren 531 F 2756/06 dahin ab, dass nunmehr nur noch ein 14-tägiger Umgang an den Wochenenden stattfinden sollte. Außerdem vereinbarten sie, dass "hinsichtlich der Ferien-/Sommerzeit auch ein geschlossener Umgang für die Dauer von 2 Wochen stattfinden solle" (Bl. 47 der beigezogenen Akte 531 F 3073/07).

Ende März 2008 oder Anfang April 2008 unterrichtete der Antragsteller die Antragsgegnerin darüber, dass er beabsichtige, mit A in den Sommerferien nach O1 zu verreisen. Unstreitig sandte die Antragsgegnerin dem Antragsteller am 28. März 2008 eine SMS mit dem Inhalt "wenn ihr ins Ausland wollt, musst du mir nur noch mal rechtzeitig Bescheid sagen, er braucht ja dann einen Kinderausweis". Der Antragsteller teilte auch den geplanten Ferienzeitraum der Antragsgegnerin im April 2008 mit, die Antragsgegnerin widersprach dem nicht. Unter dem 13. Juni 2008 teilte sie dem Antragsteller mit, dass sie weder mit einer Reise nach O1 noch mit einem Ferienaufenthalt außerhalb der Kindergartenferien einverstanden sei. Zu diesem Zeitpunkt war die Reise schon gebucht.

Der Antragsteller beantragte sodann beim Amtsgericht - Familiengericht - Kassel, ihm vom 28.Juli 2008 bis zum 10. August 2008 Umgang mit dem gemeinsamen Sohn einzuräumen und festzustellen, dass ihm auch das Recht dazu zusteht, den Urlaub mit A in O1 zu verbringen. Mit Beschluss vom 07. Juli 2008, auf den zur weiteren Sachverhaltsdarstellung Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht den Antrag zurückgewiesen.

Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde. Er beruft sich darauf, dass die Antragsgegnerin dem Ferienaufenthalt auf O1 dem Grunde nach bereits zugestimmt hatte. Er sei durchaus in der Lage, das Kind auch allein in einem solchen Urlaub zu betreuen.

Die Antragsgegnerin verteidigt den angefochtenen Beschluss. Sie sei davon ausgegangen, dass der Antragsteller die Reise gemeinsam mit seiner Schwester oder mit seiner Mutter antreten werde. Im Rahmen ihrer Anhörung hat die Antragsgegnerin angegeben, gegen eine derartige Reise habe sie auch nichts einzuwenden gehabt. Hingegen hielte sie eine Reise, die der Antragsteller allein organisiert, nicht mit dem Kindeswohl für vereinbar. A sei mit 4 Jahren noch zu jung, um eine so lange Zeit von seiner Mutter getrennt zu sein. Bei einer Auslandsreise sei es für sie nicht gewährleistet, dass sie für den Fall, dass es dem Kind schlecht gehe, kurzfristig sich eine Reisemöglichkeit verschaffen und das Kind besuchen könne. Außerdem sei der Antragsteller aufgrund seiner Erkrankung nicht dazu in der Lage, ein Kind im Ausland eine Woche lang zu betreuen. Da wegen seiner Erkrankung anders als bei gesunden Personen damit zu rechnen sei, dass er die Versorgung nicht sicherstellen könne, sei ein Auslandsaufenthalt ohne die Begleitung weiterer Betreuungspersonen nicht mit dem Kindeswohl vereinbar. Nach den Planungen der Reise könne A außerdem in der ersten Woche nach den Ferien den Kindergarten nicht besuchen. Dies sei jedoch besonders wichtig, da er die neuen Kinder in seiner Gruppe kennen lernen müsse.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 621 e ZPO zulässig und in der Sache begründet.

Die Entscheidung zu den vom Vater beantragten Umgangskontakten muss sich gemäß § 1697 BGB am Kindeswohl orientieren. Die Frage, ob A generell mit dem Vater Ferienkontakte wahrnehmen soll, ist zwischen den Eltern nicht streitig; sie haben sich darauf geeinigt, dass A im Sommer zwei Wochen bei seinem Vater verbringen soll. Streit besteht ausschließlich dazu, wo und wann genau der Umgang stattfinden soll.

Bezüglich der vom Antragsteller gewünschten Ferienzeit ist zunächst festzustellen, dass zwischen den Parteien keine konkrete Vereinbarung dahin getroffen worden war, dass der Ferienumgang innerhalb der Kindergartenferien stattfinden sollte. Gründe, die dagegen sprechen, dass der im Februar 2008 für einen zusammenhängenden Zeitraum von 2 Wochen verabredete Ferienaufenthalt des Kindes beim Vater nicht in dem von ihm vorgeschlagenen Zeitfenster stattfinden soll, sind nicht ersichtlich. Die vom Antragsteller vorgeschlagene Ferienzeit orientiert sich offenkundig an der von ihm gebuchten Reise. Denn die Reise beginnt am Donnerstag, den 31. Juli 2008 und führt am nächsten Donnerstag zurück nach Deutschland. Die vom Antragsteller vorgeschlagenen zwei Wochen umfassen diesen Zeitraum.

Gegen den beantragten Umgangskontakt spricht auch nicht, dass der Ferienaufenthalt über die Kindergartenferien hinausgeht. Das Kind wird auch dann, wenn es erst eine Woche nach dem Beginn des neuen Kindergartenjahres in die Gruppe zurückkehrt, ausreichend Gelegenheit haben, neue Kinder kennenzulernen.

Soweit die Antragsgegnerin sich darauf beruft, der Antragsteller habe ihrer Zustimmung zu einer Reise nach O1 bedurft, kann der Senat dem nicht folgen. In der Regel ist davon auszugehen, dass der umgangsberechtigte Elternteil, den Aufenthaltsort des Kindes während des Umgangs bestimmt und dass dies auch nicht eines gerichtlichen Ausspruchs bedarf. Denn das Umgangsrecht führt im Ergebnis zu einer Einschränkung der elterlichen Sorge des betreuenden Elternteils, was selbst bei einer alleinigen elterlichen Sorge des betreuenden Elternteils die Annahme rechtfertigt, dass die dem Kindeswohl zuträglichen Ferienkontakte auch mit einer Auslandsreise verknüpft werden können (OLG Frankfurt, FamRZ 2007, 664-665; OLG Frankfurt, FamRZ 1999, 1008).

Auch mit ihren konkreten Einwänden gegen die von Antragsteller vorgeschlagene Ferienplanung kann die Antragsgegnerin im Ergebnis nicht durchdringen.

Der Antragsteller hat der Antragsgegnerin rechtzeitig mitgeteilt, dass er einen Auslandsaufenthalt mit dem Kind beabsichtigt. Gegen einen derartigen Auslandsaufenthalt sprechen weder die Erkrankungen des Antragstellers noch andere Umstände. Soweit die Kindesmutter sich darauf beruft, dass der Antragsteller aufgrund des bei ihm vorliegenden Hippel-Lindau-Syndroms nicht dazu in der Lage sei, das Kind zu versorgen, kann der Senat dem nicht folgen. Der Senat hat den Antragsteller persönlich angehört und aufgrund dieser Anhörung nicht den Eindruck gewonnen, dass bei ihm körperliche Behinderungen vorliegen, die die Versorgung eines gut vierjährigen Kindes gefährdet erscheinen lassen.

Die Befürchtungen der Antragstellerin, A könnte sich in fremder Umgebung unwohl fühlen und die lange Trennung von ihr nicht verkraften, können den Ausschlag nicht geben. Zum einen stehen sie bereits im Widerspruch zu der Vereinbarung der Eltern, dass A geschlossen zwei Wochen beim Vater verbringen soll. Eine Trennung von der Mutter ist bei einem solchen Ferienkontakt unvermeidlich, unabhängig davon, wo der Urlaub konkret verbracht wird. A hat bis August 2008 drei von vier Wochenenden mit seinem Vater verbracht, seit Februar 2008 befindet er sich vierzehntägig beim Vater. Beide Eltern beschreiben den Umgang des Kindes mit dem Vater als vertrauensvoll und auch in der Anhörung hat sich gezeigt, dass A gern zu dem anschließend geplanten Besuch bei seinem Vater bereit war. Von daher ist davon auszugehen, dass der Vater durchaus in der Lage ist, mit auftretendem Heimweh kindgerecht umzugehen. Warum er zwingend auf die Hilfe weiterer Personen angewiesen sein soll, erschließt sich nicht, denn Anhaltspunkte dafür, dass lediglich ein begleiteter Umgang ermöglicht werden sollte, fehlen gänzlich. Da die krankheitsbedingten Einschränkungen des Vaters nicht derart gravierend sind, besteht auch kein anderer Anlass zu objektivierbaren Befürchtungen dahin, dass ein Einschreiten der Kindesmutter notwendig wäre.

Nachdem die Antragsgegnerin bis heute nicht daran mitgewirkt hat, dass A den für eine Auslandreise notwendigen Kinderausweis bekommt, ist wegen der Eilbedürftigkeit der Sache dem Antragsteller antragsgemäß zeitlich begrenzt das alleinige Recht dazu einzuräumen, nunmehr einen Kinderausweis für A zu beantragen, § 1628 BGB (OLG Köln, FamRZ 2005, 644). Nur der Klarstellung halber war auszusprechen, dass er das Ausweispapier nach dem Ende der Reise dem betreuenden Elternteil aushändigen muss.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 KostO, § 13 a FGG.

Ende der Entscheidung

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