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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 10.07.2003
Aktenzeichen: 2 W 39/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 709
ZPO § 717 II)
Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Auskehr einer im Hinblick auf das erstinstanzliche Urteil geleisteten Sicherheit, wenn der Rechtsstreit in der zweiten Instanz durch Vergleich beendet wird.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

2 W 39/03

Entscheidung vom 10.07.2003

In dem Rechtsstreit

...

hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ­ 2. Zivilsenat ­ auf die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Wiesbaden vom 14. April 2003 (Bl. 562 d.A.) ­ Az.: 9 O 157/98 ­ am 10. Juli 2003 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Gegenstandswert wird auf EUR 1.738,39 festgesetzt.

Gründe:

Der Kläger hatte an den Beklagten eine Gaststätte in W. verpachtet. Er beantragte vor dem Landgericht in Wiesbaden den Beklagten zur Räumung der gepachteten Räume zu verurteilen.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 07.01.1999 (Bl. 502 d.A.) den Beklagten zur Räumung verurteilt. Das Urteil war gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 3.400,-- (= EUR 1.738,39) vorläufig vollstreckbar. Der Kläger hat diesen Betrag als Sicherheit bei der Gerichtskasse eingezahlt.

Gegen das Urteil des Landgerichts hat der Beklagte Berufung eingelegt. Vor dem Oberlandesgericht haben die Parteien sodann am 22. Juni 1999 ­ Az.: 4 U 24/99 ­ (Bl. 515 d.A.) folgenden Vergleich geschlossen:

Die Beklagten verpflichten sich, die von ihnen innegehaltenen Räume im Kellergeschoss, Erdgeschoss und Zwischengeschoss des Hauses W...straße ... in W. zum 31.01.2000 an den Kläger herauszugeben. Diese Verpflichtung obliegt beiden Beklagten als Gesamtschuldnern.

Beide Beklagten verpflichten sich, den Besitz an den Räumlichkeiten nicht an Dritte zu übertragen. Für den Fall einer Verletzung dieser Verpflichtung entfällt der Anspruch auf Entschädigung für das Inventar.

Der Beklagte zu 1) verpflichtet sich, ab Juli 1999 einen ungeminderten Nettomietzins von 4.000,-- DM zu zahlen. Darauf fällt keine Mehrwertsteuer an.

Der Beklagte zu 1) verpflichtet sich, für Januar 2000 eine ungeminderte Nettomiete von 5.500,-- DM zu zahlen. Darauf fällt keine Mehrwertsteuer an.

Der Kläger verpflichtet sich, Zug um Zug gegen Herausgabe der Mieträume eine Bankbürgschaft auf erstes Anfordern in Höhe von 100.000,-- DM dem Beklagten zu 1) zu übergeben. Diese Bankbürgschaft dient als Sicherheit für den Anspruch des Beklagten zu 1) auf Entschädigung für das Inventar.

Beide Parteien beauftragen einen Sachverständigen, der von der IHK W. benannt wird. Dieser Sachverständige soll als verbindlicher Schiedsrichter fungieren und das Entgelt für die zu übernehmenden Gegenstände festsetzen. Zu diesen Gegenständen gehören auch die von dem Beklagten zu 1) vorgenommenen baulichen Veränderungen.

Der von dem Sachverständigen festgesetzte Betrag ist binnen eines Monats nach Eingang des Gutachtens bei dem Prozessbevollmächtigten des Klägers vorbehaltlos und ohne Verrechnungsmöglichkeit Zug um Zug gegen Rückgabe der Bankbürgschaft an den Beklagten zu 1) zu zahlen. Die Kosten des Gutachtens tragen beide Parteien je zur Hälfte.

Der Kläger verpflichtet sich, die Räumungsklage gegen die Firma C. G. Betriebs GmbH, die bei dem Landgericht Wiesbaden anhängig ist, zurückzunehmen.

Die Beklagten verpflichten sich, in dem dortigen Prozess keinerlei Kostenanträge zu stellen.

Der Kläger verpflichtet sich, keine Anzeigen aufzugeben, die den Namen I. P. D. B. enthalten.

Andere Streitigkeiten zwischen den Parteien werden durch diesen Vergleich nicht berührt.

Die Gerichtskosten trägt der Beklagte zu 1). Die außergerichtlichen Kosten trägt jede Partei selbst.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 18. Februar 2003 (Bl. 500 d.A.) beantragt, dem Beklagten aufzugeben, innerhalb einer durch das Gericht zu bestimmenden Frist entweder die Einwilligung in die Rückgabe der unter dem Aktenzeichen 23 HL 26/99 bei dem Amtsgericht Wiesbaden hinterlegten 1.738,39 EUR nebst Zinsen durch schriftliche Erklärung zu den Gerichtsakten zu erteilen oder wegen seiner Ansprüche aus dem Verfahren 9 O 157/98 Klage zu erheben.

Für den Fall, dass der Beklagte nicht innerhalb der durch das Gericht festgesetzten Frist Klage erhebt, wird beantragt, anzuordnen, dass die unter dem Aktenzeichen 23 HL 26/99 bei dem Amtsgericht Wiesbaden hinterlegten 1.738,39 EUR an den Kläger zurückzugeben sind.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 25. Februar 2003 beschlossen, dass der Beklagte seine Einwilligung zur Rückgabe der Sicherheit zu erklären habe binnen einer Frist von 3 Wochen oder Klage zu erheben (§ 109 Abs. 1 ZPO, s. Bl. 518 d.A.). Der Beklagte hat weder seine Einwilligung erklärt noch innerhalb der gesetzten Frist Klage erhoben. Vielmehr hat er mit Schriftsatz vom 19.03.2003 (Bl. 522 d.A.) beantragt, anzuordnen, dass der hinterlegte Betrag in Höhe von EUR 1.738,39 an ihn, den Beklagten, auszuzahlen sei. Er hat dazu vorgetragen, dass der Sicherungszweck noch nicht entfallen sei, da die Sicherheit auch für den vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main geschlossenen Vergleich geleistet worden sei. Dort sei für das Inventar ein Betrag zu zahlen gewesen, der noch durch einen Sachverständigen hätte ermittelt werden sollen. Dieser habe einen Betrag von 104.400,-- DM ermittelt. Hierfür seien von einer Bankbürgschaft gedeckt 100.000,-- DM erbracht worden, so dass noch DM 4.400,--, ferner an Zinsen DM 682,05, ferner an Vollstreckungskosten DM 495,53 offen seien. Auch hierauf habe sich der Sicherungszweck bezogen. Deshalb meint der Beklagte, sei sein Antrag begründet. Demgegenüber meint der Kläger, Sicherungszweck sei ursprünglich lediglich gewesen, dem Beklagten dafür Sicherheit zu leisten, dass im Falle einer Zwangsvollstreckung gleich Räumung der Gaststättenräume, die zu Unrecht erfolgt sei, die dadurch verursachten Kosten sicherzustellen (§§ 709, 717 Abs. 2 ZPO). Außerdem trägt der Kläger vor, sei ihm durch einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Betrag von EUR 1.738,39 überwiesen worden.

Mit Beschluss vom 14.04.2003 (Bl. 561 d.A.) hat das Landgericht die Auszahlung der EUR 1.738,39 an den Kläger angeordnet (Bl. 561/562 d.A.). Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Beschwerde vom 06.05.2003 (Bl. 565 d.A.). Das Landgericht hat mit Beschluss vom 04.06.2003 der Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 591 d.A.).

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 109, 567 Abs. 1 Ziffer 1, 568, 569 ZPO, 20 Ziffer 3 RpflG, 119 Abs. 1 Ziffer 1 GVG). Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die gemäß § 109 Abs. 1 ZPO geleistete Sicherheit durch den Kläger war an diesen auszukehren, da die Veranlassung für die Sicherheitsleistung weggefallen war. Die Sicherheit war gemäß Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 07.01.1999 mit dem dem Klageanspruch entsprochen worden war, für den Fall angeordnet worden, dass die Räumungsklage in der Berufungsinstanz als unbegründet zurückgewiesen worden wäre. Dieser Fall ist nicht eingetreten. Vielmehr haben sich die Parteien vor dem Oberlandesgericht verglichen. Die Sicherheitsleistung erstreckte sich dagegen nicht, wie vom Beklagten vorgetragen, auf das Verfahren zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht. Sicherungszweck ist gemäß §§ 709, 717 Abs. 2 ZPO Sicherheit für den Ersatz des Schadens zu stellen, der dadurch entsteht, dass ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil später aufgehoben oder abgeändert wird. In der ersten Instanz wurde einzig auf Räumung geklagt. Damit war Sicherungszweck der durch eine unberechtigte Räumung verursachte Schaden. Demgegenüber war nicht Zweck der Sicherung eine abweichende in einem Vergleich vereinbarte Leistung des Klägers gegenüber dem Beklagten sicherzustellen. Vielmehr heißt es in dem Vergleich vor dem Oberlandesgericht, dass als Sicherheit für die übernommenen Gegenstände von Seiten des Klägers eine Bankbürgschaft in Höhe von DM 100.000,-- gestellt werden solle. Dies zeigt, dass für diese Leistung ausschließlich die Bankbürgschaft als Sicherheit dienen sollte. Deshalb erstreckt sich die in erster Instanz gestellte Sicherheit nicht auf den DM 100.000,-- übersteigenden Betrag. Hinzu kommt, dass vorliegend der Kläger unstreitig sich die Ansprüche auf Auszahlung der in erster Instanz gezahlten Sicherheitsleistung hat pfänden und überweisen lassen. Auch dies steht einer Auszahlung der EUR 1.738,39 an den Beklagten, wie von diesem beantragt, entgegen. Nach alledem war der Beschluss des Landgerichts vom 14.04.2003 (Bl. 561 d.A.) zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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