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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 18.04.2006
Aktenzeichen: 2 WF 110/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 1578 II | |
ZPO § 323 |
Gründe:
Der Kläger hat von der Beklagten, seiner geschiedenen Ehefrau, vor dem Senat - Einzelrichter - im Wege der Abänderungsklage einen nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 697 Euro erstritten (Urteil vom 18.03.2005, 2 UF 307/04). Infolgedessen ist das von ihm bis dahin bezogene Arbeitslosengeld II, das in dem Urteil als subsidiär behandelt und in die Unterhaltsberechnung nicht einbezogen worden ist, entfallen und mit diesen Leistungen auch die ihm bis dahin bewilligte Krankenversicherung. Seit 01.04.2005 zahlt er aufforderungsgemäß monatlich 122,94 Euro (Krankenversicherung, Pflegeversicherung). Diesen Betrag macht er im Wege der (Zusatz-) Klage ab Mai 2005 (Mahnschreiben 11.05.2005) geltend.
Die von ihm hierfür beantragte Prozesskostenhilfe hat das Amtsgericht mit dem angefochtenen Beschluss verweigert. Der Kläger habe seinerzeit den vollen Unterhaltsbedarf geltend gemacht und sei deshalb nunmehr an der Erhebung von Zusatz- und Nachforderungsklagen gehindert. Der verlangte Krankenversicherungsunterhalt sei nämlich als unselbständiger Teil eines einheitlichen Unterhaltsanspruchs zu werten.
Hiergegen führt der Beklagte zulässig Beschwerde, mit der er die Rechtsausführungen des Amtsgerichts angreift. Angesichts der hier gegebenen Besonderheit, da nämlich nach den Feststellungen des Urteils im Vorprozess der verlangte Vorsorgeunterhalt aus nicht prägenden zusätzlichen Vermögenserträgen bestritten werden könne, so dass eine in der 2. Stufe erforderliche Kürzung des Elementarunterhalts wie sonst im Rahmen der Differenzunterhaltsberechnung, nicht erforderlich sei, könne Elementar- und Vorsorgeunterhalt in getrennten Prozessen geltend gemacht werden. Er bezieht sich dabei auf die Entscheidung des BGH in FamRZ 1982, 1187. Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht die Abänderungsklage als richtige Klageart ansehe, kündigt er die Änderung seines Klageantrags in diesem Sinne an.
Die Beschwerde, der das Amtsgericht (mit Beschluss vom 06.03.2006 mit weiterer Begründung) nicht abgeholfen hat, hat in der Sache vorläufig Erfolg und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung an die Vorinstanz.
Zutreffend ist der Ausgangspunkt in der Begründung des ablehnenden Beschlusses des Amtsgerichts. Da der Kläger im Vorverfahren den vollen ihm zustehenden Unterhalt geltend gemacht hat und nicht etwa nur eine Teilklage, kann er nunmehr nicht im Wege der ergänzenden Erstklage weitere Teile des ihm nach seiner Behauptung zustehenden Unterhalts geltend machen. Dies gilt auch für Vorsorgeunterhalt, der, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, als unselbständiger Teil des einheitlichen Unterhaltsanspruchs zu bewerten ist. Für "vergessenen" Vorsorgeunterhalt ist anerkannt, dass dessen nachträgliche Geltendmachung auch nicht die Voraussetzungen einer Abänderungsklage erfüllt, wohl aber kann er, wenn eine Abänderungsklage aus anderen Gründen veranlasst und zulässig ist, in diesem Verfahren erstmals geltend gemacht werden (ständige Rechtsprechung, z. B. BGH FamRZ 1985, 690). Der von dem Kläger in der zitierten Entscheidung FamRZ 1982, 1187 vom BGH entschiedene Fall betrifft eine andere Fallgestaltung. Dort war von vornherein der Altersvorsorgeunterhalt als Teilklage (über zunächst freiwillig gezahlten Elementarunterhalt hinaus) verlangt worden. Später, parallel zur Klage auf Vorsorgeunterhalt, ist dann der Elementarunterhalt, ebenfalls im Wege einer Teilklage, entschieden worden. Dass die aus anderen Gründen zulässige Teilklage auf Vorsorgeunterhalt ohne Rückwirkung auf den anderweit geregelten Elementarunterhalt behandelt und entschieden werden konnte, beruhte in der Tat darauf, dass der Elementarunterhalt nicht nach einer Quote, sondern angesichts gehobener Einkommensverhältnisse konkret errechnet wurde, so dass dem Pflichtigen zusätzlich erhebliche Mittel zur Erfüllung eines Vorsorgebedarfs zur Verfügung standen.
Diese Erwägungen stünden einer gesonderten nachträglichen Geltendmachung von Vorsorgeunterhalt entgegen. Vorliegend ergibt sich jedoch eine abweichende Beurteilung daraus, dass der verlangte Krankenvorsorgeunterhalt erst nach Erlass des Urteils im Vorprozess entstanden ist. In einem solchen Fall begründet diese nachträgliche Veränderung selbst die Voraussetzungen einer Abänderungsklage. Nachdem der Kläger im Beschwerdeverfahren ausdrücklich klargestellt hat, dass er für diesen Fall die Klage umstellen werde, hierdurch keine schützenswerten Belange der Beklagten verletzt werden und auch im Übrigen alle Prozessvoraussetzungen für eine Abänderungsklage vorliegen, steht dies der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung des Klägers nicht entgegen.
Entgegen den Ausführungen des Amtsgerichts in dem Nichtabhilfebeschluss kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger zum maßgebenden Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess hätte voraussehen können und müssen, dass ein solcher Krankenvorsorgebedarf entstehen könnte und deshalb nur eine darauf begrenzte Teilklage hätte erheben müssen. Die Prognose gleichbleibender Verhältnisse nimmt an der Bindungswirkung der Urteilselemente für ein späteres Abänderungsverfahren nicht teil. Maßgebend für die Bindungswirkung ist nicht, was vorhersehbar war, sondern was vorhergesehen worden ist, wobei allerdings im Zweifel eine widerlegbare Vermutung besteht, dass das, was sichtbar ist, auch gesehen und berücksichtigt worden ist. Vorliegend ist außer jeden Zweifel, dass weder Gericht noch Parteien vorhergesehen haben, dass als Folge des zugesprochenen Unterhalts und Wegfall der subsidiären Sozialleistungen Krankenvorsorgebedarf entstehen wird. Dessen zwar kurzfristig nach dem Urteil eingetretener, aber gleichwohl nicht berücksichtigter Eintritt begründet wegen veränderter Verhältnisse die Abänderungsklage.
Da das Amtsgericht, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, die Erfolgsaussicht der nunmehr als solche zu behandelnden Abänderungsklage noch nicht geprüft hat, war ihm dies im weiteren Verfahren vorzubehalten (§ 572 Abs. 3 ZPO).
Das Verfahren der erfolgreichen Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei; die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Ende der Entscheidung
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