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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 21.07.2004
Aktenzeichen: 2 WF 219/04
Rechtsgebiete: ZPO, EStG


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2
EStG § 74
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN 2. Familiensenat in Kassel BESCHLUSS

2 WF 219/04

In der Familiensache

hat der 2. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter am 21. Juli 2004

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 1. Juni 2004 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Antragstellerin ist eine am 06.07.2003 volljährig gewordene Tochter der Antragsgegnerin. Mit ihrer am 18.02.2004 eingegangenen Klage, für deren Durchführung sie die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt hat, strebt sie die Verurteilung der Antragsgegnerin zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 400 Euro monatlich ab September 2003 an.

Die Antragstellerin befindet sich seit März 2001 in einem Internat in ... wo sie jetzt das Abitur abgelegt hat. Die auswärtige Unterbringung erfolgte aufgrund der problematischen Familienverhältnisse der Beteiligten. Die Internatskosten beliefert sich auf monatlich 420 Euro. In diesem Betrag waren die Unterbringung und die Verpflegung der Antragstellerin vollständig enthalten. Bisher hatte die Antragsgegnerin 400 Euro Unterhalt an die Antragstellerin gezahlt, ihre Zahlungen jedoch ab Volljährigkeit der Antragstellerin eingestellt. Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass die Antragsgegnerin den vorgenannten Betrag auch weiterhin zahlen müsse. Sie hat allerdings zwischenzeitlich einen Bafög-Antrag gestellt, der positiv beschieden worden ist. Sie erhält nunmehr Leistungen in Höhe von 461 Euro monatlich. In Höhe von 269 Euro hat sie ihr Vater unterstützt. Kindergeld wurde im Jahre 2003 nicht gezahlt, weil zwischen den Eltern der Antragstellerin die Bezugsberechtigung streitig war.

Mit Beschluss vom 01.06.2004, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Klage zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 21.06.2004 eingegangenen Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.

Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Dem Grunde nach besteht kein Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin auch nach Erreichen der Volljährigkeit unterhaltspflichtig ist. Das gilt zunächst insoweit, als sich die Antragstellerin noch in allgemeiner Schulausbildung befindet bzw. befunden hat. Die Eltern sind zudem verpflichtet, dem Kind eine angemessene, seinen Fähigkeiten und Neigungen entsprechende Berufsausbildung zu finanzieren.

Das Amtsgericht hat indessen zu Recht darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin ihren Bedarf selbst decken könnte, ohne auf Unterhaltsleistungen der Antragsgegnerin angewiesen zu sein. Aus diesem Grund ist die Erfolgsaussicht der Klage negativ zu beurteilen.

Es begegnet keinen Bedenken, den monatlichen Bedarf der Antragstellerin entsprechend den Ausführungen des Amtsgerichts mit 600 Euro anzunehmen. Hierbei handelt es sich um den Regelsatz eines volljährigen Kindes mit eigenem Hausstand (Ziffer 13.1.2 der Leitlinien des OLG Frankfurt vom 01.07.2003). Es besteht keine Veranlassung, mit Rücksicht auf die Lebensstellung der Eltern einen höheren Bedarf anzunehmen. Hierfür ist nicht genügend vorgetragen bzw. sonst ersichtlich. Es besteht auch, nicht deshalb ein erhöhter Bedarf, weil die Lebensumstände der Antragstellerin einen höheren Betrag erfordern. Ihr kann nicht darin gefolgt werden, dass etwa die Internatskosten in Höhe von 420 Euro dem Regelbedarf hinzuzurechnen wären. Die Internatskosten sind vergleichsweise gering und decken Kost und Unterkunft der Antragstellerin vollständig ab. Während im Regelsatz die Unterkunftskosten mit 250 Euro eingearbeitet sind, fallen sie vorliegend nur in Höhe von 108 Euro an. Bei einem Bedarfssatz von 600 Euro stehen danach der Antragstellerin noch 180 Euro zur Verfügung, mit denen sie ihre Aufwendungen für Kleidung und sonstigen Lebensbedarf bestreiten kann. Dies ist ausreichend und entspricht in etwa der Lebensstellung eines Studenten.

Die Antragstellerin war ab September 2003 in der Lage, diesen Bedarf zu decken, ohne die Antragsgegnerin in Anspruch nehmen zu müssen. Zumindest hätte sie bei Ausnutzung der ihr zu Gebote stehenden Möglichkeiten hierzu in der Lage sein können. Sie bezieht jetzt Bafög-Leistungen in Höhe von 461 Euro. Es ist nicht hinreichend dargelegt, dass nicht schon einer früher gestellter Antrag ab 01.09.2003 Erfolg gehabt hätte. Der Antragstellerin hätte ohne weiteres klar sein müssen, dass sich ihre Leistungsberechtigung nach Erreichen der Volljährigkeit anders beurteilt als in der Zeit davor. Die Ablehnung ihres zwei Jahre zuvor gestellten Antrags war deshalb kein hinreichender Grund, von der rechtzeitigen Stellung eines neuen Antrags abzusehen. Im übrigen hat das Amtsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin gemäß § 74 EStG berechtigt war, die Auszahlung des Kindergeldes an sich selbst zu verlangen. Der Streit ihrer Eltern, wem das Kindergeld bis dahin auszuzahlen war, musste ihren Anspruch nach Einstellung der Unterhaltszahlungen durch die Antragsgegnerin nicht berühren. Sie hat jedenfalls nicht dargelegt, dass sie die Auszahlung des Kindergeldes an sich selbst beantragt hätte und dass ihr Antrag abschlägig beurteilt worden wäre. Mit den Bafög-Leistungen und dem Kindergeld wäre es der Antragstellerin möglich gewesen, Ihren Unterhaltsbedarf zu decken. Es bedarf deshalb keiner weiteren Erörterung, inwieweit die zusätzlichen Leistungen ihres Vaters in Höhe von monatlich 269 Euro zu bewerten sind.

Nach alledem kommt es auf die zwischen den Parteien streitige Frage der Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin nicht mehr an. Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin nach Beendigung ihrer allgemeinen Schulpflicht verpflichtet ist, ihren Unterhaltsbedarf durch Erwerbstätigkeit selbst zu decken. Sie hat nichts dazu vorgetragen, dass sie nach Ablegen des Abiturs eine Ausbildung oder ein Studium beginnen will. Ein Anspruch für die Zeit ab Juli 2004 musste nach dem jetzigen Sachstand auch aus diesem Grunde scheitern.

Nach alledem musste die Beschwerde mit der Kostenfolge aus §§ 97 Abs. 1, 127 Abs. 4 ZPO zurückgewiesen werden.

Ende der Entscheidung

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