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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 27.08.2002
Aktenzeichen: 2 WF 255/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1577
BGB § 242
BGB § 1361
Der 2. Familiensenat in Kassel billigt der überobligatorisch erwerbstätigen Mutter bei der Bedarfsberechnung (nur) einen Betreuungsbonus und zusätzlich die Kosten der Kindesbetreuung während der Erwerbstätigkeit zu.
2 WF 255/02

In der Familiensache

hat der 2. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main den Richter am Oberlandesgericht Krämer als Einzelrichter am 27. August 2002 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts S. vom 22. Mai 2002 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Parteien sind seit dem 9. September 1995 miteinander verheiratet. Aus ihrer Ehe ist die am 9. September 1996 geborene Tochter Y. hervorgegangen. Die Klägerin hat darüber hinaus ein weiteres Kind mit in die Ehe gebracht, nämlich X. . Zwischen den Parteien ist ein Scheidungsverfahren anhängig.

Die Klägerin ist als Altenpflegerin in einem Krankenhaus in S. tätig, der Beklagte ist Berufssoldat in F..

Im vorliegenden Verfahren nimmt die Klägerin den Beklagten auf Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 288 EUR und auf Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 177 EUR in Anspruch. Hierfür hat sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.

Sie macht geltend, da sie überobligatorisch tätig sei, nämlich vollschichtig erwerbstätig neben der Betreuung eines minderjährigen Kindes, könne bei der Berechnung des Trennungsunterhaltes nur die Hälfte ihres bereinigten Erwerbseinkommens zugrunde gelegt werden.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht der Klägerin Prozesskostenhilfe lediglich insoweit bewilligt, als sie Kindesunterhalt geltend macht und insoweit die zu zahlenden monatlichen Raten auf 175 EUR festgesetzt, im übrigen das Prozesskostenhilfegesuch zurückgewiesen.

Gegen diesen ihr nicht förmlich zugestellten Beschluss wendet sich die Klägerin mit ihrer am 19. Juli 2002 beim Amtsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde. Sie beanstandet, dass das Amtsgericht bei der Ermittlung ihres bereinigten Einkommens den Kindergartenbeitrag in Höhe von 180 DM monatlich unberücksichtigt gelassen habe und die Raten im übrigen zu hoch angesetzt habe.

Die Beschwerde ist als zulässig anzusehen. Zwar ist sie nicht förmlich zugestellt. Dies wäre erforderlich, weil die einmonatige Beschwerdefrist neuern Rechtes gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 3, 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO eine Notfrist ist. Die Erledigung der Verfügung des Amtsgerichtes vom 11. Juni 2002, bezogen auf die Übersendung des Prozesskostenhilfebeschlusses, ist jedoch erst am 1. Juli 2002 ausgeführt worden, so dass davon auszugehen ist, dass die am 19. Juli 2002 beim Amtsgericht eingegangene Beschwerde rechtzeitig ist.

Die Beschwerde ist in der Sache jedoch nicht begründet.

Zum einen bietet die Rechtsverfolgung der Klägerin bezüglich des Ehegattenunterhaltes nicht die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 114 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg. Ihr steht deshalb kein Anspruch auf Ehegattenunterhalt nach § 1361 BGB zu, weil sie über ein höheres bereinigtes Einkommen verfügt als der Beklagte.

Sie verdient einschließlich Urlaubs- und Weihnachtsgeld monatlich 1.554 EUR netto. Entgegen ihrer Auffassung ist dieses Einkommen nicht nur zur Hälfte zu berücksichtigen, auch wenn nicht zu verkennen ist, dass sie insoweit überobligationsgemäß erwerbstätig ist. Der Senat billigt in Fällen dieser Art entsprechend den Unterhaltsrichtlinien des Oberlandesgerichtes Frankfurt am Main einen Betreuungsbonus zu, der in der Regel 200 EUR nicht übersteigt. Daneben kann allerdings auch noch der Kindergartenbeitrag für Y. in Höhe von 92 EUR in Abzug gebracht werden, weil nur auf diese Weise die Vollzeiterwerbstätigkeit der Klägerin möglich ist. Bereinigt bleiben damit 1.262 EUR.

Der Beklagte verfügt über ein Nettoeinkommen von 1.686 EUR. Hiervon sind jedenfalls für den Ehegattenunterhalt die von der Klägerin selbst in ihrer Klageschrift zugestandenen monatlich 250 EUR an Fahrtkosten in Abzug zu bringen. Zwar wäre es vom Grundsatz her zu erwarten gewesen, dass der Beklagte, wenn er denn schon auszieht, Wohnung in unmittelbarer Nähe seines Arbeitsplatzes in F. nimmt. Andererseits haben die erheblichen Fahrtkosten die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt, denn auch schon während der Zeit des Zusammenlebens war der Beklagte in F. stationiert. Deshalb erscheint es wenigstens für die Trennungszeit gerechtfertigt, monatlich 250 EUR an Fahrtkosten abzusetzen. Darüber hinaus ist der Tabellenbetrag des Kindesunterhaltes zu berücksichtigten, der mindestens 228 EUR beträgt, vermutlich aber noch mehr, weil der Beklagte wegen seines Einkommens und der Unterhaltspflicht gegenüber nur ein bis zwei Personen und des Überwechselns des Kindes in eine höhere Altersstufe ab September 2002 noch zu höherem Kindesunterhalt verpflichtet sein dürfte. Es verbleibt dem Beklagten damit noch ein Betrag von 1.208 EUR, also weniger als der Klägerin.

Die Steuererstattung ist unterhaltsrechtlich unbeachtlich. Inzwischen ist nicht nur urkundlich belegt, sondern auch unstreitig, dass der Beklagte der Klägerin einen Betrag von 2.600 DM am 22. Juli 2001 aus dieser Steuererstattung gezahlt hat. Hierbei handelt es sich offenkundig um den hälftigen Betrag der Rückerstattung. Inwiefern dieser Betrag Verwendung zur Bezahlung eines Urlaubes gefunden hat, ist unterhaltsrechtlich jedenfalls unbeachtlich. Im übrigen ist der Vortrag der Klägerin insoweit auch nicht nachvollziehbar.

Unbeachtlich ist auch, dass der Beklagte möglicherweise Vergünstigungen bei Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln erhält (soweit bekannt, betrifft dies jedoch nur Polizeibeamte des Bundes und nicht Bundeswehrsoldaten). Es ist jedoch in zumutbarer Weise nicht möglich, mit öffentlichen Verkehrsmitteln von S. nach F. zu gelangen, weil in diesem Falle der einzig mögliche Weg über Kassel-Wilhelmshöhe führt.

Auch die vom Amtsgericht festgesetzte Ratenhöhe ist nicht zu beanstanden. Zu dem Einkommen der Klägerin von 1.554 EUR sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch die Kindergeldleistungen mit hinzuzurechnen. Bei der Prozesskostenhilfe handelt es sich nämlich um Sozialhilfe im Bereich der Justiz. Nach allgemeinen sozialhilferechtlichen Grundsätzen ist Kindergeld in vollem Umfang zu berücksichtigen. Hinzunehmen sind weiterhin die Barunterhaltsleistungen für die Kinder in Höhe von 177 EUR und 283 EUR, so dass sich ein Einkommen des gesamten Haushaltes der Klägerin von 2.322 EUR ergibt. Hiervon sind die Wohnkosten mit 546 EUR, der allgemeine Freibetrag mit 360 EUR (seit dem 1. Juli 2002), die Freibeträge für die Kinder mit je 253 EUR sowie der Erwerbstätigenfreibetrag von 140 EUR abzusetzen. Darüber hinaus erscheint es auch gerechtfertigt, den Kindergartenbeitrag von 92 EUR in Abzug zu bringen, weil die Betreuung Y.s im Kindergarten der Klägerin ermöglicht, ihrer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Damit verbleiben 680 EUR. Für die vom Amtsgericht festgelegte Ratenhöhe von 175 EUR sind nach § 115 Abs. 1 Satz 4 ZPO 500 EUR als Resteinkommen nötig. Die verbleibenden 180 EUR reichen aus, um die von der Klägerin geltend gemachten zusätzlichen Aufwendungen abzudecken, unabhängig von der Frage, ob sie prozesskostenhilferechtlich überhaupt von Bedeutung wären.

Nach allem war die Beschwerde mit der in den §§ 97 Abs. 1, 127 Abs. 4 ZPO vorgesehenen Kostenfolge zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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