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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 06.02.2002
Aktenzeichen: 2 WF 42/01
Rechtsgebiete: BRAGO, GKG, KostO


Vorschriften:

BRAGO § 13
GKG § 12 Abs. 2 S. 3
KostO § 31 Abs. 1 S. 3
Bei der Regelung des Sorge- und Umgangsrechts kann es sich um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 13 BRAGO handeln. Der Senat zieht bei der Bewertung isolierter Sorgeverfahren § 12 GKG wertend heran.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

2 WF 42/01

In der Familiensache

hat der 2. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter Schreiber und die Richter Krämer und Kirsch am 6. Februar 2001 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Landeskasse wird der Beschluß des Amtsgerichts Biedenkopf vom 21. November 2000 aufgehoben.

Es verbleibt beim Beschluß des Amtsgerichts Biedenkopf vom 30. Mai 2000. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Parteien dieses Verfahrens sind getrennt leXYZ.de Eheleute, aus ihrer Ehe ist das Kind XYZ. hervorgegangen. XYZ. lebt seit der Trennung der Eltern bei dem Antragsteller, der im vorliegenden Verfahren die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf sich angestrebt und durch nicht angefochtenen Beschluß des Amtsgerichts Biedenkopf vom 15. Februar 2000 auch erhalten hat. Der gegenläufige Antrag der Antragsgegnerin wurde zugleich zurückgewiesen. In dem Termin zur Anhörung der Beteiligten, vom 27. Januar 2000, der diesem Beschluß vorausgegangen war, schlossen die Parteien einen Umgangsvergleich dahin, daß die Antragsgegnerin das Recht hat, XYZ. an jedem zweiten Wochenende in der Zeit von Freitag, 16.00 Uhr, bis Sonntag, 19.00 Uhr, zu sich zu nehmen, erstmals am 11. Februar 2000. Durch noch im Termin verkündeten Beschluß wurde die bereits zuvor für das Sorgerechtsverfahren dem Antragsteller bewilligte Prozeßkostenhilfe auf den Umgangsrechtsvergleich ausgedehnt.

Die Beschwerdegegner hatten bereits am 7. Dezember 1999 beim Amtsgericht beantragt, für das Sorgerechtsverfahren die aus der Staatskasse zu erstattenden Anwaltsgebühren festzusetzen. Dies geschah mit Fristsetzung vom 9. Dezember 1999, wobei bereits eine Vergleichsgebühr nach einem Gegenstandswert von 5.000 DM in Höhe von 320 DM netto mit berücksichtigt war.

Am 4. Februar 2000 stellten die Beschwerdegegner erneut einen Erstattungsantrag, diesmal bezogen auf die Umgangsrechtsregelung. Wie schon zuvor machten sie drei 10/10 Gebühren nach einem Gegenstandswert von 5.000 DM geltend, wobei hier eine Vergleichsgebühr ebenfalls mit enthalten sein sollte.

Durch Beschluß vom 30. Mai 2000 hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts den Kostenerstattungsantrag mit der Begründung zurückgewiesen, daß im vorliegenden Verfahren Sorgerecht und Umgang Teil ein und derselben Angelegenheit im Sinne von § 13 BRAGO seien.

Gegen diesen ihnen am 9. Juni 2000 zugestellten Beschluß wandten sich die Beschwerdegegner mit ihrer am 20. Juni 2000 beim Amtsgericht eingegangenen Erinnerung mit der Begründung, im Verfahren nach dem Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit gebe es keine Gegenstandhäufung, so daß beide Gegenstände gesondert mit dem festgesetzten Gegenstandswert von je 5.000 DM abzurechnen seien.

Durch den angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht der Erinnerung in Höhe eines Betrages von 881,60 DM abgeholfen und diesen Erstattungsbetrag festgesetzt. Es hat eine Kürzung nur insoweit vorgenommen, als es nicht die beantragte 10/10 Gebühr, sondern jeweils nur eine 7,5/10 Gebühr angesetzt hat. Hiergegen wendet sich die Landeskasse mit ihrer Beschwerde, mit der sie geltend macht, Umgangsrechtsverfahren und Sorgerechtsverfahren bildeten einen einheitlichen Auftrag für die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers, so daß einheitlich abzurechnen sei.

Die Beschwerde ist gemäß den §§ 128 Abs. 4 BRAGO, 567 ZPO in Verbindung mit § 14 FGG zulässig. Sie führt zur ersatzlosen Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Wiederherstellung der ablehnenden Entscheidung des Rechtspflegers vom 30. Mai 2000.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts sind die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers im Rahmen eines einheitlichen Auftrages tätig geworden; vorliegend handelt es sich bei der Regelung des Sorgerechts wie des Umgangsrechts deshalb um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 13 BRAGO. Die im allgemeinen für das Vorliegen einer Angelegenheit genannten Voraussetzungen, wonach ein einheitlicher Auftrag vorliegen, für die mehreren Gegenstände der anwaltlichen Tätigkeit der äußere Rahmen derselbe sein und eine inhaltliche Zusammengehörigkeit bestehen muß (vgl. zum Ganzen Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 14. Aufl., Rdn. 5 zu § 13 m.w.N.), sind hier gegeben. Zunächst erstreckte sich der Auftrag des Antragstellers an seine Verfahrensbevollmächtigten auf die Vertretung im Sorgerechtsverfahren, erstmals im Anhörungstermin kam die Regelung des Umgangsrechtes hinzu. Gleichwohl liegt ein einheitlicher Auftrag vor. Es genügt hierfür nämlich, daß der Auftrag sich irgendwann im Laufe des Verfahrens, in dem die anwaltlichen Gebühren entstehen, auf beide Verfahrensgegenstände erstreckt. Daß der eine Auftrag später erteilt wird als der andere, ist unerheblich. § 13 Abs. 5 BRAGO bestimmt nämlich, daß es sich um dieselbe Angelegenheit handelt, sofern der frühere Auftrag nicht seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt ist. Im Vordergrund steht daher der Umstand, daß beide Gegenstände vom äußeren Rahmen her dadurch zusammen gehalten werden, daß sie in demselben gerichtlichen Verfahren erledigt worden sind, teils durch Beschluß und teils durch Vergleich. Ein gesondertes Umgangsrechtsverfahren hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben, wie bereits der Umstand zeigt, daß auch das Amtsgericht, nachdem ein Bedürfnis für eine Umgangsregelung entstanden war, die Verfahren keineswegs äußerlich getrennt geführt und für das Umgangsrechtsverfahren ein eigenes Aktenstück mit eigenem Aktenzeichen angelegt hat. Daher ist hinsichtlich der zu erstattenden Anwaltsgebühren keine andere Handhabung berechtigt als dies etwa in einem Zivilprozeß bei objektiver Klagenhäufung oder aber bei Klage und Widerklage der Fall wäre. Insofern geht der Einwand der Beschwerdegegner fehl, das Verfahren nach dem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit kenne eine solche Häufung der Verfahrensgegenstände nicht. Für die Höhe der Anwaltsgebühren ist allein § 13 BRAGO maßgeblich.

Allerdings ist eine Folge hiervon eine Erhöhung des Gegenstandswertes, weil im allgemeinen der Wert zweier nicht vermögensrechtlicher Streitigkeiten zusammenzurechnen ist. Dies bedeutet jedoch nicht, daß nunmehr Gebühren nach einem Gegenstandswert von 10.000 DM erstattet werden müßten. Denn auch beide Angelegenheiten zusammengenommen sind nach der Auffassung des Senats mit insgesamt 5.000 DM keineswegs zu niedrig bewertet. Insoweit weist der Senat daraufhin, daß nach seiner ständigen Rechtsprechung auch für die Festsetzung des Gegenstandswertes in isolierten Sorgerechts- und Umgangsrechtsverfahren zur Ausfüllung des Ermessensspielraumes in § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO § 12 Abs. 2 Satz 3 GKG ergänzend heranzuziehen und der Gegenstandswert deswegen regelmäßig auf 1.500 DM festzusetzen ist. Zwar wäre eine Abänderung des Gegenstandswertes nach § 31 Abs. 1 Satz 3 KostO durch den Senat von Amts wegen im Hinblick auf den Ablauf der Sechsmonatsfrist und möglicherweise auch deshalb nicht mehr möglich, weil sich das Verfahren nach § 128 BRAGO nicht als Anknüpfungspunkt für eine Abänderung von Amts wegen nach § 31 Abs. 1 Satz 2 KostO eignet, wonach hierfür neben dem Rechtsmittel in der Hauptsache nur Streitwertbeschwerden sowie Erinnerungen gegen den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in Betracht kommen, worum es sich hier nicht handelt. Allerdings greift die Landeskasse, wie sich aus der Beschwerdebegründung ergibt, offenkundig auch die doppelte Wertfestsetzung an, weil wegen des Vorhandenseins eines weiteren Verfahrensgegenstandes hiernach allenfalls eine Werterhöhung in Betracht kommen soll. Diese Gegenstandswertbeschwerde ist auch immer noch zulässig, weil Beschwerden dieser Art unbefristet möglich sind. Anhaltspunkte für eine ausnahmsweise anzunehmende Verwirkung dieses Rechtsbehelfs bestehen hier schon deshalb nicht, weil es nicht von der Landeskasse zu vertreten ist, daß sich das Verfahren über die Erstattung der Anwaltsgebühren aus der Staatskasse so lange hingezogen hat.

Damit sind die aus der Staatskasse zu erstattenden Anwaltsgebühren durch die Verfügung vom 9. Dezember 1999 ausreichend abgedeckt, zumal eine volle Vergleichsgebühr, also die nach § 23 BRAGO geschuldete 10/10 Gebühr, bei der es sich nicht um eine Rahmengebühr handelt, bereits berücksichtigt worden ist. Die Gebühren sind ausgehend von dem insoweit nicht mehr abänderlichen Gegenstandswert von 5.000 DM richtig berechnet.

Im übrigen lag ohnehin auf der Hand, daß es nur eine Vergleichsgebühr geben konnte, nämlich im Umgangsrechtsverfahren, nicht aber, wie im angefochtenen Beschluß geschehen, noch eine weitere hinzugesetzt werden durfte. Denn das Sorgerechtsverfahren ist durch gerichtliche Entscheidung und nicht durch Vergleich abgeschlossen worden. Aus dem Protokoll vom 27. Januar 2000 ergibt sich im Gegenteil sogar ausdrücklich, daß hinsichtlich der Sorgerechtsfrage eine Einigung zwischen den Parteien nicht erzielt werden könne.

Nach allem muß der angefochtene Beschluß ersatzlos aufgehoben werden.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 128 Abs. 5 BRAGO.

Ende der Entscheidung

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