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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 26.04.2007
Aktenzeichen: 2 Ws 24/07
Rechtsgebiete: JVEG


Vorschriften:

JVEG § 2
Für die Geltendmachung seines Entschädigungsanspruchs ist es nicht ausreichend, dass sich der Sachverständige nach Beendigung des jeweiligen Termins ein maschinenschriftlich ausgefülltes Anweisungsformular aushändigen und die Anwesenheitszeit bei Gericht bescheinigen lässt.
Gründe:

Der Sachverständige Dr. SV1 wurde von der 10. großen Strafkammer des Landgerichts Kassel zu den Terminen am 7., 8. und 14. Juni sowie am 3. und 7. Juli 2006 als Gutachter herangezogen. Die ausgefüllten Anweisungsformulare zur Geltendmachung seiner Honorarforderung hat er am 8. November 2006 bei Gericht eingereicht. Wegen Versäumung der Dreimonatsfrist des § 2 Abs.1 JVEG hat er unter dem 9. November 2006 Fristverlängerung beantragt, hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit Beschluss vom 4. Januar 2007 hat die 10. Strafkammer des Landgerichts Kassel dem Sachverständigen Dr. SV1 einen Entschädigungsanspruch für die genannten Terminswahrnehmungen zugesprochen. Die Kammer hat es bezüglich der Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs für ausreichend angesehen, dass sich der Sachverständige nach Beendigung des jeweiligen Termins ein maschinenschriftlich ausgefülltes Anweisungsformular aushändigen und die Anwesenheitszeit bei Gericht bescheinigen ließ. Hiergegen wendet sich die Staatskasse mit der Beschwerde. Ihrer Ansicht nach ist der Vergütungsanspruch des Sachverständigen erloschen.

Die Beschwerde ist gemäß § 4 Abs.3 JVEG zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,- € übersteigt. Der Senat entscheidet ebenso wie das Landgericht in Dreierbesetzung (§ 4 Abs.7 JVEG). Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Der Beschluss des Landgerichts Kassel vom 4. Januar 2007 ist aufzuheben. Der Sachverständige Dr. SV1 hat die Antragsfrist des § 2 Abs.1 S.1 JVEG nicht gewahrt. Nach dieser Vorschrift erlischt der Anspruch auf Vergütung, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird. Die Frist beginnt im Fall der Vernehmung als Sachverständiger mit Beendigung der Vernehmung (§ 2 Abs.1 S.2 Nr.2 JVEG). Hier ist der Sachverständige Dr. SV1 zuletzt am 7. Juli 2006 vernommen worden. Die Einreichung der Abrechnungsunterlagen am 8. November 2006 war damit verspätet.

Für die Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs war es nicht ausreichend, dass sich der Sachverständige Dr. SV1 nach Beendigung des jeweiligen Termins ein maschinenschriftlich ausgefülltes Anweisungsformular aushändigen und die Anwesenheitszeit bei Gericht bescheinigen ließ. Die Strafkammer kann sich hinsichtlich dieser Auffassung zwar auf einige ältere Entscheidungen und die Kommentarliteratur stützen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., § 2 JVEG Rdn.14). Dem vermag der Senat jedoch nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung in § 2 Abs.1 S.1 JVEG nicht zu folgen. Durch die Antragsfrist von drei Monaten soll sichergestellt werden, dass die Abrechnung zeitnah erfolgt, weil dies eine größere Gewähr für deren Richtigkeit bietet und die Möglichkeit zur schnellen Durchsetzung einer etwaigen Nachzahlungspflicht des Kostenschuldners erheblich verbessert wird (vgl. BT-Dr. 15/1971 S.178 f.). Das Anliegen einer zeitnahen Abrechnung war dem Gesetzgeber so wichtig, dass er mit der Neuregelung in § 2 Abs.1 S.1 JVEG die Frist zur Geltendmachung der Vergütungs- bzw. Entschädigungsansprüche für alle Anspruchsberechtigten auf drei Monate vereinheitlicht hat und zwar auch angesichts der Schwierigkeiten, die sich für Sachverständige insbesondere dadurch ergeben können, dass die Frist zur Geltendmachung der Vergütung für das schriftliche Gutachten mit dessen Vorlage unabhängig davon beginnt, ob eine spätere Erläuterung des Gutachtens erfolgt; wird der Sachverständige später zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens herangezogen, beginnt die Frist für die Geltendmachung der Vergütung für die Erläuterung mit Beendigung dieser zweiten Hinzuziehung (vgl. BT-Dr.15/1971 S.179). Etwaigen Abrechnungsschwierigkeiten soll durch die Möglichkeit der Fristverlängerung und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begegnet werden können. Der Sinn und Zweck einer zeitnahen Abrechnung kann aber nicht erreicht werden, wenn die Geltendmachung des Anspruchs bereits in der Entgegennahme des Anweisungsformulars gesehen wird. Der Anspruchsberechtigte könnte andernfalls mit der Einreichung des Antrags bis zum Eintritt der Verjährung in drei Jahren (§ 2 Abs.3 S.1 JVEG) zuwarten. In der Gesetzesbegründung heißt es deshalb zur Geltendmachung des Anspruchs auch unmissverständlich: "Die Frist zur (bezifferten und substantiierten) Geltendmachung ..." und "... innerhalb von drei Monaten vorzulegen ..." (Unterstreichungen vom Senat). § 2 Abs.1 S.1 JVEG ist nach alledem dahingehend auszulegen, dass Geltendmachung des Anspruchs einen bezifferten und substantiierten Antrag bei der zuständigen Stelle erfordert.

Nach Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses vom 4. Januar 2007 wird noch über den Antrag des Sachverständigen auf Fristverlängerung bzw. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu entscheiden sein.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs.8 JVEG).

Ende der Entscheidung

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