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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 13.02.2001
Aktenzeichen: 20 VA 7/00
Rechtsgebiete: HZÜ, GG, DSU, EGGVG, ZPO, KostO


Vorschriften:

HZÜ Art 13
HZÜ Art 13 I
HZÜ Art. 15 II
HZÜ Art. 15 Abs. 2
GG Art 2 I
DSU Art. 21
EGGVG § 23 ff.
EGGVG § 30 Abs. 3
ZPO § 328 I Nr. 4
ZPO § 148
KostO § 30 Abs. 1
Wirksamkeit der Zustellung einer ausländischen Klage (hier Klage vor einem US-Gericht nach dem Antidumping-Gesetz)
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 VA 7/00

Entscheidung vom 13.2.2001

In dem Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG Hier wegen Zustellung einer ausländischen Klage

an dem beteiligt sind ...

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf den Antrag der Antragstellerin auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff EGGVG am 13.02.2001 beschlossen:

Tenor:

Die Anträge der Antragstellerin werden auf deren Kosten zurückgewiesen.

Der Geschäftswert beträgt 1.000.000.-DM

Gründe

Die Antragstellerin bietet weltweit Druckmaschinen an, die in Deutschland hergestellt und in den USA durch eine Tochtergesellschaft vertrieben werden. Eine in der gleichen Branche tätige amerikanische Gesellschaft hat gegen die Antragstellerin, eine weitere deutsche Anbieterin sowie japanische Anbieter beim US-District Court Northern District of Iowa Klage eingereicht wegen Verstoßes gegen das Antidumping-Gesetz von 1916. Die US-Klageschrift vom 7. März 2000 ist der Antragstellerin auf Veranlassung des ... Ministeriums der Justiz am 29.09.2000 zugestellt worden. Dagegen wendet sich die Antragstellerin. Sie verweist darauf, dass die Welthandelsorganisation (WTO) einer Klage der Europäischen Union stattgegeben und das Antidumping-Gesetz der Vereinigten Staaten für nicht vereinbar mit den internationalen Handelsregeln erklärt hat.

Die Antragstellerin ist deshalb unter Vorlage von Rechtsgutachten zweier deutscher Rechtslehrer der Auffassung, dass die Zustellung aus rechtlichen Gründen noch nicht bzw. nicht habe durchgeführt werden dürfen. Sie begehrt sinngemäß, dass die Zustellung für unwirksam erklärt wird und dem Antragsgegner aufgegeben wird, ein Zustellungszeugnis derzeit nicht zu erteilen. Letzteres hat das ... Ministerium der Justiz bislang mit Rücksicht auf dieses Verfahren und die gestellten Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz unterlassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Antragstellerin wird auf ihre Schriftsätze, das Kurzgutachten und das Ergänzungsgutachten des ersten Privatgutachters und das Gutachten des zweiten Privatgutachters sowie die den Schriftsätzen weiter beigefügten Unterlagen verwiesen.

Der Antragsgegner verteidigt sein Vorgehen. Er ist der Ansicht, dass die Antragstellerin mögliche Einwendungen gegen die Fortgeltung des Antidumping-Gesetzes von 1916 und insbesondere dessen mögliche Unvereinbarkeit mit späteren völkerrechtlichen Vorschriften in dem gegen sie angestrengten Zivilprozess in den USA vorbringen könne. Zu dem zweiten von der Antragstellerin vorgelegten Rechtsgutachten, das eine Ausnahme von der vertraglich übernommenen Zustellungsverpflichtung hier für geboten hält, weil der ersuchte Staat bei Zustellung Gefahr laufe, sich selbst der völkerrechtlichen Haftung auszusetzen und weil unverzichtbare Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit offenkundig gefährdet seien, hat der Antragsgegner keine Stellungnahme abgegeben.

Das im Verfahren nach den §§ 23 ff EGGVG erhobene Begehren der Antragstellerin ist zulässig. Wie der Senat schon früher entschieden hat (Beschluss vom 21.03.1991, Az. 20 VA 2/91 = RIW 1991, 417 = OLGZ 1992, 89 ff = IPRax 1992, 166 ff = IPRspr 1991, Nr. 199) kann die Unwirksamkeit der Zustellung im internationalen Rechtshilfeverkehr auch nach Vornahme der Zustellung noch geltend gemacht werden. Das gilt erst recht, soweit das Zustellungszeugnis noch nicht ausgestellt bzw. weitergeleitet ist (vgl. dazu Anm. von Stadler, Die gerichtliche Überprüfung von Zustellungsverfügungen der Zentralen Behörde nach erfolgter Zustellung, IPRax 1992, 147 ff). Das Begehren der Antragstellerin ist jedoch nicht begründet.

Für die Zulässigkeit der Zustellung maßgeblich ist das Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen vom 15.11.1965 (HZÜ-BGBL 1977 II, 1452). Die bisherige Erledigung des Zustellungsersuchens durch das ... Ministerium der Justiz entspricht Art 13 HZÜ.

Nach Art 13 I HZÜ kann ein Zustellungsersuchen nur abgelehnt werden, wenn der ersuchte Staat die Zustellung für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. Wann die Durchführung eines ausländischen Zustellungsersuchens die Hoheitsrechte und die Sicherheit der Bundesrepublik gefährdet, hat bislang niemand genau definiert (Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 1997, Rn 2159). Bejaht worden ist eine Gefährdung der Hoheitsrechte der Bundesrepublik Deutschland für das Ersuchen eines ausländischen Gerichts, einem Verfahrensbeteiligten eines inländischen Prozesses ein Prozessfortführungsverbot (sog. "antisuit injunction") zuzustellen (OLG Düsseldorf, IPRax 1997, 260 = ZIP 1996, 294 = ZZP 109 (1996), 221 ff mit Anm. Mansel, Grenzüberschreitende Prozeßführungsverbote (antisuit injunctions) und Zustellungsverweigerung, EuZW 1996, 335 ff; Mankowski, EwiR 1996, 321/322 und Stürner, ZZP 109 (1996), 224 ff, 232). Die Entstehungsgeschichte des Art 13 I HZÜ zeigt Verbindungslinien zum ordre public auf, gleichwohl ist es nicht gerechtfertigt, den Begriff der Gefährdung der Hoheitsrechte mit dem allgemeinen ordre public gleichzusetzen (Stadler, JZ 1995, 718 ff, 719/720; Pfennig, Die internationale Zustellung in Zivil- und Handelssachen, 1988, S. 97 ff). Eine Unvereinbarkeit des Klagebegehrens mit dem deutschen ordre public reicht für eine Ablehnung allein nicht aus, wie auch das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung ausgeführt hat, die zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Gewährung von Rechtshilfe durch Zustellung einer Klage auf punitive damages (Strafschadensersatz nach US-amerikanischem Recht) ergangen ist (BVerfGE 91, 335 ff = NJW 1995, 649 ff = IPRax 1996, 112 ­115 = JZ 1995, 716 ff = ZIP 1994,1354). In der Rechtsprechung und in der Literatur ist immer wieder herausgestellt worden, dass ein Zustellungsersuchen nur dann abgelehnt werden kann, wenn die Zustellung besonders schwere Beeinträchtigungen der Wertungsgrundlagen der Rechtsordnung des ersuchten Staates mit sich brächte (OLG München, NJW 1989, 3102 ff; OLG Düsseldorf, NJW 1992, 3110 ff; OLG München, NJW 1992, 3113; KG OLGZ 1994, 587 ff; Geimer, EWiR 1995, 161 ff; Morisse, Die Zustellung US-amerikanischer Punitive-damages-Klagen in Deutschland, RIW 1995, 370 ff). Einigkeit besteht auch insoweit, dass die Bewilligung der Zustellung nichts darüber besagt, ob das zu erlassende ausländische Urteil später auch in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt und vollstreckt werden kann (Schlosser, EuG- VÜ/HZÜ (1996), Art. 13 HZÜ Rn 1). Keinesfalls darf bereits im Rahmen der Zustellungsprüfung eine vorweggenommene versteckte révison au fond bezüglich des möglichen ausländischen Urteils durchgeführt werden Bungert, EwiR 1994, 1111/1112). Art 13 HZÜ gibt keinen Anspruch auf prohibitiven Schutz vor fremden Rechtsinstituten und deren Auswirkungen in fremden Hoheitsgebieten (OLG Frankfurt, a. a. O., 418).

Mit Recht wird auch darauf hingewiesen, dass bei der Anwendung des Art. 13 HZÜ dem supranationalen Charakter der Vorschrift Rechnung getragen werden muss und sie nicht etwa allein aus deutscher Sicht ausgelegt werden kann (Koch/Diederich, Grundrechte als Maßstab für Zustellungen nach den Haager Zustellungsübereinkommen, ZIP 1994, 1830 ff). Insoweit gewinnt an Bedeutung, dass das HZÜ vorrangig sicherstellen soll, dass Empfängern im Ausland zuzustellende Schriftstücke rechtzeitig zur Kenntnis gebracht werden. Würden die Grundsätze der innerstaatlichen Rechtsordnung bereits zum Maßstab für die Zustellung gemacht, so würde der internationale Rechtshilfeverkehr erheblich beeinträchtigt. Letztlich verbessert das HZÜ die Rechtstellung inländischer Parteien, indem es sicherstellt, dass diese grundsätzlich nicht im Ausland mit einem Zivilprozess überzogen werden, von dem sie keine Kenntnis haben (Art. 15 I HZÜ; Denkschrift zum Übereinkommen, BT-Drucksache 7/4892, S. 48). Die Zustellung bewirkt auch nur eine Gefährdung der finanziellen Interessen des jeweiligen Beklagten, denn ob dieser im Sinne der Klage verurteilt wird, stellt sich erst bei Abschluss des ausländischen Verfahrens heraus. Dementsprechend und mit Rücksicht auf die Möglichkeit, unter den Voraussetzungen des § 328 I Nr. 4 ZPO den Zugriff des Gläubigers auf das inländische Vermögen zu verhindern, hat das BVerfG die Einbeziehung in das ausländische Verfahren durch die Zustellung auch für zumutbar gehalten (BVerfG, a.a. o.). Dabei hat das BVerfG in die Prüfungserwägungen auch miteinbezogen, dass das ausländische Verfahren nach Maßgabe des Art. 15 II HZÜ letztlich auch ohne Nachweis der Zustellung durchgeführt werden kann (s. hierzu auch Jünger/ Reimann, Zustellung von Klagen auf punitive damages nach dem Haager Zustellungsübereinkommen, NJW 1994, 3274 ff).

Art. 15 II HZÜ kommt dem Recht derjenigen Staaten entgegen, die den Klägerschutz in den Vordergrund stellen. Nach Ansicht dieser Staaten soll der Art. 15 Abs. 2 HZÜ im Interesse des Klägers Abhilfe schaffen, wenn die Übergabe der prozesseinleitenden Schriftstücke im Ausland auf Schwierigkeiten stößt. Eine solche Erklärung haben die USA abgegeben (Denkschrift, a.a.O., S. 48; Pfeil-Kammerer, Deutsch-amerikanischer Rechtshilfeverkehr in Zivilsachen, 1986, S. 156). Danach kann der amerikanische Richter entscheiden, wenn die zuzustellenden Schriftstücke nach einem im HZÜ vorgesehenen Verfahren übermittelt worden sind, seit der Absendung des Schriftstücks eine Frist von mindestens sechs Monaten verstrichen ist und trotz aller zumutbaren Schritte bei den zuständigen Behörden des ersuchten Staates ein Zeugnis nicht zu erlangen ist (Pfeil-Kammer, a.a.O.; vgl auch Geimer, ZZP 1990, 477 ff, 490).

Das Bundesverfassungsgericht hat es in der oben zitierten Entscheidung jedoch offengelassen, ob Art 2 I GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip dann zur Verweige- rung der internationalen Rechtshilfe zwingen könnte, wenn das mit der zuzustellenden "Klage angestrebte Ziel offensichtlich gegen unverzichtbare Grundsätze eines freiheitlichen Rechtsstaats verstieße, wie sie auch in internationalen Menschenrechtsübereinkommen verankert sind" (vgl. hierzu auch Hau, Zustellung ausländischer Prozessführungsverbote: Zwischen Verpflichtung zur Rechtshilfe und Schutz inländischer Hoheitsrechte, IPRax 1997, 245 ff). Geimer (ZZP 1990, 477, S.490) hat vor der Auslösung der Zustellungsfiktionen gewarnt, gleichwohl es für möglich erachtet, dass es Fälle geben könne, in denen der Inhalt der zuzustellenden ausländischen Entscheidung total konträr sei zur Rechtsidee schlechthin und daher die Durchführung der Zustellung unter der Ägide deutscher Rechtshilfebehörden als Akt der Beihilfe zu völkerrechtswidrigem oder absolut unmoralischem Verfahren bedeute.

Diese eben genannten zustellungshindernden Schwellenwerte werden von der hier zuzustellenden bzw. zugestellten Klage nicht überschritten. Das Zustellungsersuchen bewegt sich vielmehr noch in dem oben genannten Rahmen des HZÜ, in dem Zustellungen durchzuführen und die Rechtsfindung den ausländischen Gerichten zunächst zu überlassen ist, was ­ dies sei der Klarstellung halber wiederholt ­ noch nichts über die Anerkennungsfähigkeit der ausländischen Entscheidung im Inland besagt:

Die Antragstellerin hat ihre Anträge u.a. mit der Völkerrechtswidrigkeit der die US- Klage stützenden Anti Dumping Act 1916 begründet. In dem zweiten von der Antragstellerin vorgelegten Privatgutachten hat der Gutachter ausgeführt, dass nach Treu und Glauben (Art 31 der Wiener Vertragskonvention) eine Ausnahme von der Zustellungsverpflichtung dann geboten erscheine, wenn der ersuchte Staat bei der Zustellung Gefahr laufe, sich selbst einer völkerrechtlichen Haftung auszusetzen oder wenn der ersuchte Staat unverzichtbare Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit gefährdet sehe. Beide Voraussetzungen hat der Gutachter vorliegend erfüllt gesehen. Er hat gemeint, der Missbrauch der Rechtshilfe zur Ausschaltung eines Konkurrenten verstoße gegen unverzichtbare Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit. Die Nuissance-value-Strategie des amerikanischen Klägers in Verbindung mit exorbitant hohen Anwaltshonoraren und unternehmensschädigenden Discovery-Verfahren könne deshalb auch im deutschen Zustellungsverfahren geltend gemacht werden. Der Gutachter hat die Ansicht vertreten, dass wegen des in den USA geltenden strengen Dualismus zwischen Völkerrecht und innerstaatlichem Recht bis auf weiteres weder die Gatt/WTO-Vorschriften noch deren verbindliche Auslegung durch die maßgeblichen Rechtsanwendungsorgane mit Erfolg geltend gemacht werden könnten. Die Antragstellerin hat diese Argumentationsweise aufgegriffen und vorgebracht, die Klägerin schädige sie nun schon zum zweiten Mal innerhalb von fünf Jahren mit dem unberechtigten Vorwurf des Dumpings. Das US- Wirtschaftsministerium habe öffentlich bekannt gemacht, dass kein Fall des Dumpings vorliege. Die Anspruchsgrundlage sei völkerrechtswidrig. Zur Act 1916 habe die Klägerin auch nicht seriös vorgetragen, sondern zu einem weltweiten Rundumschlag ausgeholt. Die schlechte wirtschaftliche Situation der Klägerin sei hausgemacht. Diese wolle durch pre-trial discovery die Offenlegung der Betriebsgeheimnisse der Beklagten erzwingen. Die Klägerin wolle mit der Klage erreichen, dass die Antragstellerin sich von der Belästigung durch das Verfahren durch Zahlung von Millionenbeträgen freikaufe.

Der Senat kann dem Vorbringen der Antragstellerin, das von der Klägerin betriebene Verfahren sei rechtsmissbräuchlich, nicht nachgehen. Die Beurteilung, ob eine Partei Rechtsmissbrauch betreibt, muss grundsätzlich dem erkennenden Gericht überlassen werden. Die Frage könnte hier in diesem Zustellungsverfahren in rechtstaatlich einwandfreier Weise auch erst nach Anhörung der amerikanischen Klägerin beurteilt und entschieden werden. Ein solches Vorgehen verbietet sich hier jedoch schon deshalb, weil das Zustellungsverfahren nur eine dienende Funktion zum Verfahren im Ausgangsstaat hat, es soll nämlich sicherstellen, dass ­ wie oben dargelegt ­ das rechtliche Gehör der beklagten Partei gewahrt wird. Eine Prüfung etwaiger Intentionen der klagenden Partei obliegt aber dem Erstrichter, der durch die Einbeziehung der beklagten Partei erst zu einer rechtsstaatlichen Überprüfung in Stand gesetzt wird.

Auch die Umstände und Kosten, die der Antragstellerin durch das pre-trial discovery aufgezwungen werden, können nicht zu einem Unterlassen der Zustellung führen. Der pre-trial discovery ist ein wichtiger Abschnitt im amerikanischen Zivilprozess. Er berücksichtigt das Informationsinteresse der Parteien, das besonders in Wirtschaftsprozessen besteht (Pfeil-Kammerer, a. a. O. S. 231). Der Senat hat zur Kenntnis genommen, dass das Verfahren auch benutzt wird, um den Gegner "zu einem Vergleich weichzukochen" (Böhmer, Spannungen im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr in Zivilsachen, NJW 1990, 3049 ff). Andererseits stellt das discovery- Verfahren wegen der damit regelmäßig verbundenen Ausforschung für sich allein noch kein Anerkennungshindernis dar (BGH, NJW 1992, 3096 = RIW 1993, 132 ff; Koch/ Zekoll, Zweimal "punitive damages" vor deutsche Gerichten: -Der Unterschied zwischen Zustellung einer Klage und Anerkennung eines Urteils-, IPRax 1993, 288 ff). Erst recht kann es dann im Zustellungsverfahren keinen prohibitiven Schutz vor diesem Verfahrensinstrument geben. Grundsätzlich können deutsche Unternehmen, die im Ausland tätig sind, mittels des HZÜ nicht vor Rechtsnachteilen geschützt werden, denen sie dort in gleicher Weise ausgesetzt sind wie ihre einheimischen Konkurrenten (vgl. Morisse, a. a. O., S. 372).

Der Senat ist sich darüber bewusst, dass diese Argumentation in Schieflage gerät, wenn es wie hier bei der Anwendung von der Antidumpingregeln darum geht, speziell ausländische Konkurrenten zu treffen. Gleichwohl liefert das HZÜ jedenfalls derzeit auch insoweit keine taugliche Handhabe, um die beklagte Partei mittels Zustellungsverweigerung vor einem solchen Verfahren zu bewahren.

Das Streitbeilegungsverfahren der World Trade Organization bezüglich der Anti- Dumping Act 1916 ist noch nicht vollständig insoweit abgeschlossen, als es derzeit noch zwischen den USA, Japan und der EU um die Umsetzungsfrist des Panel- Entscheids vom 31.März 2000, der durch die Berufungsinstanz, den sog. Appelate Body am 28.08.2000 bestätigt worden ist, geht. Dies ist auch der von der Antragstellerin vorgelegten Pressenotiz vom Dezember 2000 zu entnehmen, in der auch ausgeführt ist, dass für die Durchsetzung eines Panel-Entscheids nach Art. 21 DSU eine Frist von 15 Monaten nicht überschritten werden darf. Schon angesichts des vorgegebenen zeitlichen Spielraums und der möglichen Kompensationsmaßnahmen (Art. 22 DSU; vgl. zum Verfahren: Sittmann, Das Streitbeilegungsverfahren der World Trade Organization (WTO), RIW 1997, 749 und Backes, Die neuen Streitbeilegungsregeln der Welthandelsorganisation (WTO), RIW 1995, 916) kann die Entscheidung, ob die angemessene Umsetzungszeit bereits überschritten ist, nicht Sache des Zustellungsverfahrens sein. Der Senat kann auch nicht den vom ersten Gutachter vorgeschlagenen Lösungsalternativen folgen, welche die Antragstellerin in ihren Anträgen ebenfalls nachgezeichnet hat. Der erste Gutachter hat im Hinblick auf die Erklärung der US-Regierung, sich um eine Umsetzung der Beschlüsse zu bemühen, wofür sie aber Zeit brauche, zwei Lösungsalternativen für denkbar gehalten: Einmal könne der Antrag auf Genehmigung der Zustellung unter Berufung auf Art. 13 HZÜ zurückgewiesen werden. Fairerweise sollte dann aber in den Entscheidungsgründen darauf hingewiesen werden, dass ein erneuter Antrag nicht an der Rechtskraft des Beschlusses scheitern werde, wenn er zu einem Zeitpunkt gestellt werden sollte, zu dem die WTO-Entscheidung in einer Weise umgesetzt worden sei, dass der US-Richter sie berücksichtigen könne. Vertretbar erscheine aber auch, in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO das Verfahren bis zu Entscheidung der US-Regierung über die Umsetzung der WTO-Entscheidung auszusetzen.

Beiden vorgeschlagenen Lösungsalternativen ist gemein, dass die Erledigung des Zustellungsersuchens davon abhängig gemacht wird, dass die USA den Panel-Entscheid umsetzen. Dies kann nach Auffassung des Senats jedenfalls so lange nicht richtig sein, so lange die Umsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist oder die USA nicht zu erkennen gegeben haben, dass sie von der Umsetzung Abstand nehmen werden. Letzteres ist nicht ersichtlich und auch von der Antragstellerin nicht vorgebracht worden. Solange die USA innerhalb der ihnen zugebilligten oder zuzubilligenden Fristen an der Umsetzung des Entscheids arbeiten, kann nicht unterstellt werden, dass der Vertrauensvorschuss für das ausländische Gerichtsverfahren, der in der Gewährung von Rechtshilfe in Form der Zustellung zum Ausdruck kommt, nicht gerechtfertigt ist. Es bedarf deshalb hier auch keiner näheren Überprüfung, ob das in den USA angerufene Gericht nach dem innerstaatlichen Recht der USA in der Lage ist, den Panel-Entscheid zu beachten, denn auch eine solche Überprüfung setzte die Unterstellung voraus, die USA würden sich insoweit nicht mehr völkerrechtsgemäß verhalten.

Die Gerichtskosten des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht fallen der Antragstellerin zur Last (§ 30 Abs. 1 und 2 EGGVG). Für eine Kostenerstattung der Antragstellerin war danach kein Raum. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 30 Abs. 3 EGGVG i.V.m. § 30 Abs. 1 KostO.

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