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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 15.03.2006
Aktenzeichen: 20 VA 7/05
Rechtsgebiete: EGGVG, HZÜ


Vorschriften:

EGGVG § 23
HZÜ § 1
HZÜ § 3
HZÜ § 13
1. Die Unwirksamkeit einer Zustellung im internationalen Rechtshilfeverkehr kann gemäß den §§ 23 ff. EGGVG auch nach ihrer Vornahme noch geltend gemacht werden.

2. Zur Anwendbarkeit des Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen (HZÜ) vom 15.11.1965 auf eine auf "treble damages" gerichtete US-amerikanische Klage

3. Zu den Voraussetzungen, unter denen Art. 13 Abs. 1 HZÜ der Ausführung der Zustellung einer solchen Klage entgegenstehen kann


Gründe:

I.

Der Antragsteller ist Vorstandsvorsitzender der A ... AG mit Sitz in O1. Wegen angeblicher Kartellrechtsverletzungen im Bereich "Stranggepreßter Spezialgraphit" ("Extruded Graphite") wurde im April des Jahres 2003 gegen die A ... AG und weitere Unternehmen aus der Graphitindustrie vor dem US-amerikanischen Bezirksgericht New Jersey (U.S. District Court for the District of New Jersey) unter dem Aktenzeichen 02-CV -0603(WHW) eine Sammelklage erhoben. Diese Sammelklage ist auf Schadensersatz nach den US-amerikanischen Gesetzen gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Sherman Act und Clayton Act) gerichtet. Die Kläger verlangen dabei sogenannte "treble damages", das heißt Schadensersatz in dreifacher Höhe jener Schäden, die von den Klägern angeblich wegen Kartellverstößen erlitten worden sind, zuzüglich der Kosten des Rechtsstreits. Wegen der Einzelheiten der verfahrenseinleitenden Schriftstücke wird auf die Kopie der Klageschrift (konsolidierte geänderte Sammelklage) vom 30.04.2003 im englischen Original nebst deutscher Übersetzung als Anlage ASt 1 zur Antragsschrift (Bl. 29 ff d. A.) Bezug genommen.

Um die Zustellung der Sammelklage an den Antragsteller zu bewirken, ließen die US-amerikanischen Kläger durch das Bezirksgericht New Jersey im Mai 2003 die amerikanische Firma B ... Ltd. (im Folgenden: B) bevollmächtigen, die Zustellung an den Antragsteller zu bewerkstelligen. Zu diesem Zweck ernannte das Bezirksgericht New Jersey mit Beschluss vom 22.05.2003 die Firma B zum "besonderen Klagezusteller" ("Special Process Service"). Wegen des genauen Wortlaus und Inhalts wird insoweit auf die Kopie des Beschlusses des Bezirksgerichts New Jersey vom 22.05.2003 im englischen Original nebst deutscher Übersetzung als Anlage ASt 2 zur Antragsschrift (Bl. 64 ff d. A.) Bezug genommen.

Am 13.07.2005 richtete die Firma B ein Zustellungsersuchen an das Hessische Ministerium der Justiz, das dieses an die Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main weiterleitete. Mit Verfügung vom 26.07.2005 (Bl. 70 d. A.) hat die Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main als Zentrale Behörde nach Art. 2 und 3 des Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen (HZÜ) vom 15.11.1965 (vgl. § 1 Nr. 6 der Verordnung vom 15.12.2004, GVBl. Hessen I, S. 452) den Zustellungsantrag der Firma B vom 13.07.2005 sowie die zuzustellenden Schriftstücke zur weiteren Veranlassung an das Amtsgericht Wiesbaden weitergeleitet. Das Amtsgericht Wiesbaden hat die Zustellung veranlasst, die am 04.08.2005 erfolgte. Die zuständige Rechtspflegerin stellte das Zustellungszeugnis gemäß Art. 6 HZÜ am 08.08.2005 aus und übersandte es am 15.08.2005 an die Firma B.

Ausweislich der zugestellten gerichtlichen Ladung ("Summons") vom 05.05.2003 (Bl. 68 ff d. A.) wurde der Antragsteller aufgefordert, innerhalb 20 Tagen nach Zustellung der Ladung auf die Sammelklageschrift zu erwidern, anderenfalls ein Versäumnisurteil gegen ihn ausgesprochen werde. Um einem Versäumnisurteil vorzubeugen, beantragte der Antragsteller beim Bezirksgericht New Jersey die Abweisung der Klage unter Hinweis auf die abgelaufene Zustellungsvollmacht der Firma B und eine daraus resultierende Unwirksamkeit der Zustellung der Sammelklage.

Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 05.09.2005 (Bl. 1 ff d. A.) Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff EGGVG gestellt. Er begehrt damit die Beseitigung der Zustellungsverfügung vom 26.07.2005 und der Wirkungen ihrer Durchführung.

Er ist der Auffassung, der Antrag auf gerichtliche Entscheidung sei auch nach erfolgter Zustellung und Versendung des Zustellungszeugnisses noch zulässig. Die Zustellungsverfügung sei aufzuheben und deren Folgen seien zu beseitigen. Hilfsweise sei ein Fortsetzungsfeststellungsantrag gemäß § 28 Abs. 1 Satz 4 EGGVG zulässig.

Der Antragsteller ist weiter der Meinung, die Zustellungsverfügung der Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main sei rechtswidrig und verletze den Antragsteller in seinen Rechten.

So liege - so meint der Antragsteller - bereits kein wirksames Zustellungsersuchen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 HZÜ vor. Die vom Bezirksgericht New Jersey mit Beschluss vom 22.05.2003 auf die Firma B übertragene Zuständigkeit sei bereits am 27.10.2003, nämlich nach Ablauf von 150 Tagen, erloschen. Zudem bezöge sich die Zustellungsvollmacht nach ihrem Wortlaut nur auf die Zustellung an eine "Körperschaft im Ausland", der Antragsteller sei aber eine natürliche Person.

Darüber hinaus ist der Antragsteller der Auffassung, die Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hätte das Zustellungsersuchen der Firma B zurückweisen müssen, da es sich bei der auf angebliche Kartellrechtsverstöße gestützten Sammelklage gegen den Antragsteller mit dem Ziel der Verhängung von "treble damages" nicht um eine Zivil- und Handelssache im Sinne von Art. 1 Abs. 1 HZÜ handele. Insofern stehe der Strafcharakter des verlangten Schadensersatzes sowie das hinter dem als Anspruchsgrundlage dienenden US-Kartellrecht stehende öffentliche Interesse im Vordergrund. Dieses würde auch durch die Klageform als Sammelklage verstärkt. Zur weiteren Begründung hat der Antragsteller auf den Beschluss des OLG Koblenz vom 27.06.2005, Az. 12 V A 2/04 (IPRax 2006, 25), verwiesen.

Letztendlich hätte die Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main das Zustellungsersuchen der Firma B jedenfalls nach Art. 13 Abs. 1 HZÜ ablehnen müssen. Denn insofern verstoße die gegen den Antragsteller in den USA eingereichte Klage gegen den dort niedergelegten Souveränitätsvorbehalt. In diesem Zusammenhang sei vor allem zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Antragsteller um eine Privatperson handele, dessen wirtschaftliche Existenz im Falle eines Erfolges der Sammelklage in den USA und der Anerkennung und Vollstreckung eines entsprechenden Urteils in Deutschland vernichtet werden könnte. Hinzu komme im vorliegenden Fall, dass die an den Antragsteller als Privatperson zuzustellende Sammelklage vor allem das Ziel habe, auf eine andere Partei, die A ... AG, Druck auszuüben, um einen ungerechtfertigten Vergleich mit hoher Abfindungssumme herbeizuführen. Um den Druck auf die A ... AG und deren Vergleichsbereitschaft zu erhöhen, hätten nämlich die US-amerikanischen Kläger die Sammelklage auch gegen den Antragsteller persönlich gerichtet und würden versuchen, diesen als Privatperson in das US-amerikanische Gerichtsverfahren hineinzuziehen. Da alle Beklagten als Gesamtschuldner auf "treble damages" in unbegrenzter Höhe in Anspruch genommen würden, könnte im schlimmsten Falle der Antragsteller in dem Gerichtsverfahren vor dem Bezirksgericht New Jersey zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe eines mehrstelligen Millionenbetrages verurteilt werden. Die Vollstreckung eines solchen Urteils hätte die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz des Antragstellers zur Folge. Im übrigen sehe sich der Antragsteller mit Kosten für seine Rechtsverteidigung in Höhe von mehreren hunderttausend US-Dollar konfrontiert. Daher komme dem Aspekt des Rechtsmissbrauchs im vorliegenden Fall eine besondere Bedeutung zu. Insoweit sei vor allem auch die in Art. 40 Abs. 3 EGBGB zum Ausdruck kommende Wertung zu berücksichtigen, wonach "Ansprüche, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen", ausgeschlossen seien, "soweit sie wesentlich weiter gehen als zur angemessenen Entschädigung des Verletzten erforderlich" oder "offensichtlich anderen Zwecken als einer angemessenen Entschädigung des Verletzten dienen". Dass diese Voraussetzungen bei Dreifach-Schadensersatz als Sonderfall des Strafschadensersatzes gegeben seien, sei offensichtlich.

Wegen der Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die Schriftsätze des Antragstellers vom 05.09.2005 (Bl. 1 ff d. A.) und 14.11.2005 (Bl. 101 ff d. A.) verwiesen.

Der Antragsteller beantragt,

1. die Zustellungsverfügung der Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 26. Juli 2005 (Az. 9341 E -1/3- 2327/05) aufzuheben;

2. die Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main zu verpflichten, die aus ihrer ZusteIlungsverfügung vom 26. Juli 2005 (Az. 9341 E -1/3- 2327/05) resultierenden Folgen zu beseitigen, insbesondere die Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main zu verpflichten, der Firma B ... Ltd., Mr. ... , B, U.S.A., schriftlich mitzuteilen, dass die mit Zustellungszeugnis vom 8. August 2005 bestätigte Zustellung gegenüber dem Antragsteller vom 4. August 2005 unwirksam ist;

3. hilfsweise festzustellen, dass die Zustellungsverfügung der Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 26. Juli 2005 (Az. 9341 E -1/3- 2327/05) rechtswidrig gewesen ist;

4. der Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, die vom Antragsteller gegen die Zustellungsbevollmächtigung erhobenen Rügen würden nicht durchgreifen. Der vorgelegten Zustellungsvollmacht sei nicht zu entnehmen, dass diese am 27.10.2003 ausgelaufen sei. Dass nach Ablauf der genannten Frist von 150 Tagen im Falle einer bis dahin nicht erfolgten Zustellung die Vollmacht zur Sonderklagezustellung automatisch erlöschen sollte, könne der Bevollmächtigungsurkunde nicht entnommen werden. Die Vollmacht sei auch nicht auf die Zustellung an eine Körperschaft im Ausland beschränkt gewesen. Wenn auch die Überschrift und der Text der Bevollmächtigung nicht völlig widerspruchsfrei erscheinen würden, sei doch das Verständnis des gesamten Textes im Zusammenhang entscheidend. Darin heiße es eindeutig, dass die Firma B zur Klagezustellung "an den Beklagten C in Deutschland" als Sonderklagezusteller ernannt werde. Damit beziehe sich die Bevollmächtigung selbst ausdrücklich auf die Zustellung an den Beklagten persönlich in seiner Rolle als mitverklagte Partei.

Weiter meint der Antragsgegner, auch die weiteren Einwendungen des Antragstellers würden nicht überzeugen. Bei der vorliegenden Klage handele es sich um eine Zivil- oder Handelssache im Sinne von Art. 1 Abs. 1 HZÜ. Daran ändere der Umstand nichts, dass die Kläger im amerikanischen Verfahren sog. "treble damages" geltend machten. Das HZÜ sei nicht nur bei einer auf "punitive damages" gerichteten Klage anzuwenden, sondern auch bei der Geltendmachung von "treble damages".

Die Erledigung eines Zustellungsantrages könne dann gemäß Art. 13 Abs. 1 HZÜ nur abgelehnt werden, wenn der ersuchte Staat sie für geeignet halte, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. Der Begriff der Gefährdung der Hoheitsrechte sei nicht mit dem allgemeinen ordre public gleichzusetzen. Dabei sei zu beachten, dass das Zustellungsübereinkommen sicherstellen solle, dass den Empfängern im Ausland zuzustellende Schriftstücke rechtzeitig zur Kenntnis gebracht werden. Würden die Grundsätze der innerstaatlichen Rechtsordnung zum Maßstab für die Zustellung gemacht, so würde der internationale Rechtshilfeverkehr erheblich beeinträchtigt. In der bisherigen Rechtsprechung fänden sich keine Belege dafür, dass die Zustellung einer Sammelklage auf Schadenseratzzahlungen wegen "treble damages" geeignet sei, die Hoheitsrechte oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden. Soweit das OLG Koblenz in einem Beschluss vom 27.06.2005, Az.: 12 VA 2/04, eine Verletzung der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland aus dem Umstand folgere, dass das Ziel der im Inland zuzustellenden Klage gegen ein deutsches Unternehmen nicht in der Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung, sondern in der Ausübung von Druck zur Herbeiführung eines Vergleichs mit hoher Abfindungssumme trotz erkennbarer Unhaltbarkeit des Klagegrundes sei, so dass bereits das Betreiben des Verfahrens mit der Klagezustellung im Rechtshilfeweg zu unterbinden sei, könne dem in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens des Antragsgegners wird auf die Stellungnahme vom 13.10.2005 (Bl. 97 ff d. A.) verwiesen.

II.

1.

Das auf die §§ 23 ff EGGVG gestützte Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ist statthaft und auch ansonsten zulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. die Senatsbeschlüsse vom 21.03.1991, OLGZ 1992, 89, vom 13.02.2001, NJW-RR 2002, 357, vom 01.06.2004, JMBl. 2004, 423; vgl. auch OLG Düsseldorf NJW 1992, 3110; BVerfG ZIP 1994, 1353, 1355; Schlosser, Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 13 HZÜ Rz. 9) kann die Unwirksamkeit einer Zustellung im internationalen Rechtshilfeverkehr auch nach ihrer Vornahme noch geltend gemacht werden. Anderenfalls wäre jedenfalls der vom Antragsteller hilfsweise gestellte Fortsetzungsfeststellungsantrag gemäß § 28 Abs. 1 Satz 4 EGGVG zulässig (vgl. Stadtler IPrax 2001, 147, 149).

2.

In der Sache führen die Anträge des Antragstellers nicht zum Erfolg. Die Zustellungsverfügung der Präsidentin des Oberlandegerichts Frankfurt am Main war rechtmäßig. Sie ist mithin weder aufzuheben noch sind ihre Folgen zu beseitigen; auch die hilfsweise begehrte Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit ist nicht auszusprechen.

Die Zulässigkeit der Zustellung richtet sich nach dem bereits oben angesprochenen Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen vom 15.11.1965 (HZÜ). Die beantragte Auslandszustellung unterfällt dem Anwendungsbereich dieses Übereinkommens (unten a.). Ein wirksames Zustellungsersuchen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 HZÜ liegt vor (unten b.). Entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin liegt auch ein Fall, in dem sie nach diesem Übereinkommen untersagt werden könnte, nicht vor (unten c.). Der Senat geht weiter davon aus, dass die im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof, Az.: IV AR (VZ) 3/05, aufgrund des Vorlagebeschlusses des OLG Koblenz vom 27.06.2005 (vgl. OLGRep Koblenz 2005, 844; IPrax 2006, 25) zu erwartende Entscheidung für das vorliegende Verfahren insgesamt nicht präjudiziell ist, weshalb das Verfahren nicht bis zu dieser Entscheidung auszusetzen ist (unten a.) und c.).

a.)

Wie erwähnt richtet sich die begehrte Auslandszustellung gegen den Antragsteller nach dem Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen (HZÜ) vom 15.11.1965. Sowohl die Bundesrepublik Deutschland (vgl. BGBI. 1977 II, S. 1452) als auch die USA sind diesem Übereinkommen beigetreten (vgl. dazu auch die Bekanntmachung über den Geltungsbereich des Haager Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 23.06.1980, BGBl. 1980 II, S. 907). Auslandszustellungen zwischen diesen Staaten richten sich also nach diesem Abkommen.

Nach Art. 1 Abs. 1 HZÜ ist das Übereinkommen in Zivil- oder Handelssachen in allen Fällen anzuwenden, in denen ein gerichtliches oder außergerichtliches Schriftstück zum Zweck der Zustellung in das Ausland zu übermitteln ist. Dieser Fall liegt hier vor.

Dabei fallen unter den Anwendungsbereich des HZÜ grundsätzlich auch Klagen auf "punitive damages". Dies entspricht weit überwiegender Auffassung in Literatur und Rechtsprechung (vgl. etwa BVerfGE 91, 335 ff; OLG Düsseldorf NJW 1992, 3110; KG OLGZ 1994, 587; OLG München IPRax 1990, 175; Böhmer NJW 1990, 3049, 3051; Greger NJW 1989, 3103; Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht, 5. Aufl., Rz. 2157; Koch/Diedrich ZIP 1994, 1830, 1831; Morisse RIW 1995, 370; Piekenbrock IPrax 2006, 4, 7; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Rz. 605; Schlosser, a.a.O., Art. 1 HZÜ Rz. 3; Siehr RIW 1991, 705, 708; Stadler IPRax 1992, 147; Stürner/Stadtler IPrax 1990, 157; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 183 Rz. 60). Dabei kann dahinstehen, ob die Frage der Einordnung von "punitive damages"-Klagen allein nach ausländischem Recht, allein nach deutschem Recht oder im Wege einer Doppelqualifikation nach beiden Rechtsordnungen übereinstimmend zu beantworten ist, da jedenfalls eine Zivilsache anzunehmen ist (BGHZ 118, 312, 337; vgl. dazu auch Koch NJW 1992, 3073). So werden im amerikanischen Recht "punitive damages" dem Zivilrecht zugeordnet (BGHZ 118, 312, 337; NJW-RR 2000, 1372; Piekenbrock IPrax 2006, 4, 8 mit weiteren Nachweisen). Wenn es dabei auch Elemente mit Strafcharakter gibt, so wird in einem solchen Verfahren gleichwohl dem Grunde nach über das Bestehen oder Nichtbestehen privater Rechte und Rechtsverhältnisse gleichgeordneter Parteien entschieden. Das Verfahren wird von Privaten betrieben und jedenfalls dann, wenn der Strafschadensersatz an den Geschädigten zu entrichten ist, liegt auch nach deutschem Recht eine Zivilsache vor (BGHZ 118, 312, 337 mit vielfältigen weiteren Nachweisen). Auch der erkennende Senat ist bislang davon ausgegangen, dass Klagen auf "punitive damages" unter den Anwendungsbereich des HZÜ fallen (vgl. Beschluss vom 21.03.1991, OLGZ 1992, 89; Beschluss vom 06.03.2006, Az.: 20 VA 2/05).

Nichts anderes gilt für die hier vorliegende Klage auf "treble damages". Der zuletzt genannte Aspekt gilt auch hier (vgl. Piekenbrock IPrax 2006, 4, 7, mit weiteren Nachweisen; Stürner, Grenzüberschreitungen - Festschrift für Peter Schlosser zum 70. Geburtstag, S. 968). Wie dargelegt, hebt der Bundesgerichtshof für "punitive damages" auf die Gleichordnung von Gläubiger und Schuldner als private Personen ab, soweit der Strafschaden an den Gläubiger und nicht etwa an den Staat oder andere Institutionen zu zahlen ist; das Bundesverfassungsgericht ist dem Bundesgerichtshof insoweit gefolgt (so Stürner, a.a.O., S. 968, mit Nachweisen). Für "treble damages" kann nichts anderes gelten (so Stürner, a.a.O., S. 968; Piekenbrock IPrax 2006, 4, 7). Wenn man auch aus der Höhe des Schadenszuspruchs auf einen Straf- und Abschreckungseffekt schließen könnte (so auch OLG Koblenz IPrax 2006, 25, vgl. C. I. 3. a) der Entscheidung, unter Hinweis auf Merkt, Abwehr der Zustellung von "punitive damages"-Klagen), ist sowohl nach US-amerikanischem Recht als auch nach deutschem Recht von einer Zivilsache auszugehen (so Stürner, a.a.O., S. 968, mit weiteren Nachweisen). Weder ist am vorliegenden Klageverfahren eine Behörde beteiligt, noch soll der eingeklagte Betrag an den Staat gezahlt werden. Dass es sich der Sache nach um Kartellrecht handelt, dessen Schutzzweck auch das Allgemeininteresse ist (so auch OLG Koblenz IPrax 2006, 25, vgl. C. I. 3. d) der Entscheidung), kann nicht entscheidend sein, da sich der Gesetzgeber auch zum Schutz von Allgemeininteressen privater Organisationsformen bedienen kann (vgl. Piekenbrock IPrax 2006, 4, 7, mit weiteren Nachweisen). Nichts anderes ergibt sich bei einer autonom-staatsvertragliche Auslegung des Art. 1 Abs. 1 HZÜ (vgl. Piekenbrock IPrax 2006, 4, 7). Auch Klagen auf "treble damages" sind damit in diesem Zusammenhang als Zivilsache anzusehen (Stürner, a.a.O., S. 968 mit weiteren Nachweisen; Stiefel/Bungert ZIP 1994, 1905, 1907; Stiefel/Stürner VersR 1987, 829, 844; Zekoll/Rahlf JZ 1999, 384, 385; Zöller/Geimer, ZPO, 25. Aufl., § 328 Rz. 77) und unterfallen auch Art. 1 Abs. 1 HZÜ (so OLG München RIW 1981, 555, 556 zum Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- und Handelssachen vom 18.03.1970; vgl. dazu auch Stiefel/Bungert ZIP 1994, 1905, 1907; Geimer, a.a.O., Rz. 2159; Piekenbrock IPrax 2006, 4, 7).

An dieser rechtlichen Einschätzung ändert auch der Umstand nichts, dass es sich vorliegend um eine sogenannte "class-action" handelt. Auch eine derartige Klage unterfällt grundsätzlich dem HZÜ (so inzident BVerfGE 108, 238; Senat, Beschluss vom 21.03.1991, OLGZ 1992, 89; Schlosser, a.a.O., Art. 1 HZÜ Rz. 3; Stein/Jonas/Roth, a.a.O., § 183 Rz. 60; Stiefel/Stürner VersR 1987, 829; weitere Nachweise bei Piekenbrock IPrax 2006, 4, 5). Sie ist eine im US-amerikanischen Recht vorkommende Sammelklage, bei der einzeln aufgeführte Kläger eine nicht näher bekannte, unter Umständen große Zahl nicht aufgeführter anderer Geschädigter repräsentieren. Unbeschadet dessen, dass das deutsche Rechtssystem eine solche Popularklage nicht kennt (vgl. nunmehr allenfalls das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz vom 16.08.2005, BGBl. I 2005, S. 2437, das allerdings zur Sammelklage etwa nach amerikanischem Recht wesentliche Unterschiede aufweist, dazu Meier DStR 2005, 1860, 1862), wird durch diese im anglo-amerikanischen Rechtskreis zulässige Klageart noch nicht der Charakter als Zivil- oder Handelssache berührt (vgl. Oberlandesgericht Naumburg, Beschluss vom 13.02.2006, Az.: 4 VA 1/05; Piekenbrock IPrax 2006, 4, 5, 8). Auch der Senat ist in seiner Rechtsprechung hiervon immer ausgegangen (vgl. den Beschluss vom 21.03.1991, OLGZ 1992, 89; Beschluss vom 06.03.2006, Az.: 20 VA 2/05). Vorsorglich bemerkt der Senat noch, dass auch das sogenannte "pre-trial discovery", das dem Hauptsacheprozess vorgeschaltet ist, der Annahme einer Zivil- oder Handelssache im Sinne des HZÜ grundsätzlich nicht entgegen steht (vgl. Senat, Beschluss vom 06.03.2006, Az.: 20 VA 2/05).

Soweit das Oberlandesgericht Koblenz in dem oben zitierten Vorlagebeschluss vom 27.06.2005 - auf den der Antragsteller sich stützt - für die dortige Fallkonstellation davon ausgegangen ist, dass die dortige Klage keine Zivil- und Handelssache im Sinne von Art. 1 Abs. 1 HZÜ betreffe, kann dies für den vorliegenden Fall nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Das Oberlandesgericht Koblenz hat dies nämlich aus einer Gesamtbewertung verschiedener Kriterien des dortigen Falles entnommen, die mit dem vorliegenden Sachverhalt in wesentlichen Punkten nicht übereinstimmen, nämlich der Geltendmachung - auch - von verdreifachtem Strafschadensersatz ("treble damages") und zugleich der Forderung nach einer Gewinnabschöpfung, der Operationalisierung aller Verbraucher der pharmazeutischen Produkte der Beklagten als Kläger oder als von diesen vertretene Gruppe ("class") im Rahmen der Sammelklage ("class action"), der Option der Ausforschung der Beklagten im Rahmen der "pre-trial discovery" und der inhaltlichen Ausrichtung auf eine kartellrechtliche Fragestellung. Aus diesen Aspekten ergäbe sich - so das Oberlandesgericht Koblenz - jedenfalls bei einer Gesamtbewertung ein Schwerpunkt im Bereich des öffentlichen Rechts (vgl. ausdrücklich C. I. 3., 4. der Entscheidung).

Diese ganz auf den dortigen Einzelfall abstellende Gesamtbetrachtung (vgl. dazu auch Piekenbrock IPrax 2006, 4, 5) kann für den vorliegenden Fall aber nicht maßgebend oder auch nur präjudiziell sein. Dies ergibt sich schon daraus, dass der vorliegende Sachverhalt einzelne zu der Gesamtbetrachtung führende Kriterien nicht aufweist. So fehlt es hier etwa an "der nahezu uferlos breiten Klägerfront", dort nämlich ein nicht unerheblicher Teil der US-amerikanischen Bevölkerung, aus der das Oberlandesgericht Koblenz im Zusammenhang mit der Klageart ("class action") eine Ähnlichkeit zu einer öffentlichen Klage herleitet (vgl. C. I. 3. a) und b) der Entscheidung). Auch im Rahmen des dortigen Bestrebens nach Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung stellt das Oberlandesgericht Koblenz hierauf ab und sieht darin eine Auskehrung des Gewinns faktisch nahezu an die Allgemeinheit (vgl. C. I. 3. a) der Entscheidung). Unabhängig davon, dass vorliegend ein Antrag auf Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung nicht erkennbar ist, ist hier auch das vom Oberlandesgericht Koblenz herausgestellte öffentliche Interesse nicht von derart zentraler Bedeutung. Eine nahezu uferlos breite Klägerfront dürfte hier nicht vorliegen (vgl. dazu auch Seite 8 der Klageschrift, Ziffer 28); auch sind nicht die (Verbraucher-)Interessen eines nicht unerheblichen Teils der US-amerikanischen Bevölkerung betroffen.

Ausgehend hiervon besteht keine Veranlassung, das hiesige Verfahren in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO (vgl. dazu Keidel/Kuntze/Schmidt, FGG, 15. Aufl., § 12 Rz. 98, Keidel/Kuntze/Meyer-Holz, a.a.O., § 28 Rz. 21, je mit weiteren Nachweisen) auszusetzen, bis der Bundesgerichtshof über die Vorlage des Oberlandesgerichts Koblenz entschieden hat, was von den Beteiligten auch gar nicht beantragt, sondern vom Antragsgegner lediglich hilfsweise angeregt worden ist. Die Besonderheiten des dortigen Verfahrens, auf die jenes Gericht in seiner Vorlageentscheidung mehrfach ausdrücklich und an mehreren Stellen abstellt und wie sie deshalb insbesondere auch in der formulierten Vorlagefrage B. II. 1. hinreichend deutlich wird, liegen hier nicht vor. Weder geht es um eine nahezu uferlos breite Klägerfront ("alle Arzneimittelkonsumenten in den USA") noch um die "Operationalisierung aller Verbraucher". Es ist damit nicht davon auszugehen, dass in jenem Verfahren über ein Rechtsverhältnis entschieden wird, dessen Bestehen für das vorliegende Verfahren präjudizielle Bedeutung hätte.

Danach lägen auch die gesetzlichen Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Satz 2 EGGVG für eine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof im Hinblick auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz vom 27.06.2005 nicht vor. Unabhängig von der Frage, ob hierfür ein Abweichen von einem Vorlagebeschluss überhaupt hinreichend wäre (zu § 28 FGG verneinend: Keidel/Kuntze/Meyer-Holz, a.a.O., § 28 Rz. 21), liegt mangels vergleichbarer Sachverhalte in der vorliegenden Entscheidung jedenfalls bereits keine Differgenz im Sinne der genannten Vorschrift vor.

b.)

Es liegt auch ein wirksames Zustellungsersuchen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 HZÜ vor. Zwar bedarf es hierfür nach dem Wortlaut des HZÜ eines Antrags der "nach dem Recht des Ursprungsstaates zuständigen Behörde" oder des "nach diesem Recht zuständigen Justizbeamten" (vgl. zu dieser Formulierung auch Koch IPrax 1985, 245, 246). Privatpersonen haben grundsätzlich nicht die Möglichkeit, sich unmittelbar an die Zentralen Behörden zu wenden, vgl. etwa auch § 2 Abs. 2 Satz 2 ZRHO (vgl. weiter Schlosser, a.a.O., Art. 3 HZÜ Rz. 1; Hollmann RIW 1982, 784, 790). Nach dem Recht bestimmter Bundesstaaten der Vereinigten Staaten sind auch nichtstaatliche Stellen zur Bewirkung von Zustellungen in Gerichtsverfahren befugt (so der Länderteil der ZHRO unter "Vereinigte Staaten" III. a); vgl. dazu auch Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Ziffer 351 Seite 4e, Art. 3 HZÜ Fn. 3a; Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 2. Aufl., S. 36; Lange/black, Der Zivilprozeß in den Vereinigten Staaten, Rz. 29; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rz. 296 ff; Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, 5. Aufl., § 7 Rz. 5; Koch IPrax 1985, 245, 246). Nach dem zitierten Länderteil der ZHRO unter "Vereinigte Staaten" III. a) dürfte in diesen Fällen auf dem Antragsformular in der Regel auf die prozessrechtliche Grundlage für die Antragstellung hingewiesen werden (vgl. dazu auch die Mitteilung des Bundesministers der Justiz in DNotZ 1981, 660; Geimer/Schütze, a.a.O., Ziffer 351 Seite 4e, Art. 3 HZÜ Fn. 3a; Pfeil-Kammerer, Deutsch-amerikanischer Rechtshilfeverkehr in Zivilsachen, § 9 II. 1. b), S. 94; Koch IPrax 1985, 245, 246). Dies allein würde ausreichen. Vorliegend ist die Firma B vom Bezirksgericht New Jersey mit Beschluss vom 22.05.2003 zum Sonderklagezusteller ernannt worden. Ein direkter Verweis auf diese prozessrechtliche Grundlage findet sich zwar im Antragsformular nicht; der entsprechende gerichtliche Beschluss ist aber den Antragsunterlagen beigefügt. Dies ist nach Art. 3 Abs. 1 HZÜ gemäß den obigen Ausführungen hinreichend und wird grundsätzlich vom Antragsteller auch nicht in Zweifel gezogen.

Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang einwendet, die dem Antrag beigefügte Zustellungsvollmacht beziehe sich nach ihrem Wortlaut nur auf die Zustellung an eine "Körperschaft im Ausland", der Antragsteller sei aber eine natürliche Person, so vermag dies die erforderliche prozessrechtliche Grundlage für die Antragsbefugnis im Sinne des Art. 3 Abs. 1 HZÜ nicht in Zweifel zu ziehen. Zwar ist in der Überschrift des beigefügten Beschlusses ausweislich der Übersetzung von der "Ernennung eines Sonderklagezustellers zur Zustellung an eine Körperschaft im Ausland" die Rede. Auch im Text der Bevollmächtigung wird aufgeführt, dass die Ernennung erfolge, um einem Verwaltungsbeiratsmitglied, geschäftsführenden Vertreter oder Generalbevollmächtigten oder sonstigen Vertreter, der laut Gesetz zum Empfang der Klagezustellung autorisiert sei, eine Abschrift der Ladung und Klageschrift zu übergeben. Andererseits heißt es im Beschlusstext hinreichend klar und eindeutig, dass die Firma B zur Klagezustellung "an den Beklagten C in Deutschland" als Sonderklagezusteller ernannt werde. Diese Formulierung findet sich am Ende des Schriftstücks noch einmal. Damit bezieht sich die Ernennung selbst ausdrücklich auf die Zustellung an den Beklagten persönlich in seiner Rolle als selbst mitverklagte Partei. Er ist dort in Person ausdrücklich als Beklagter bezeichnet worden, so dass sich die Ernennung zum Sonderklagezusteller auch nur auf die Zustellung an ihn als Beklagtem und nicht als Organ oder Vertretungsberechtigtem irgend eines/einer anderen Beklagten beziehen kann. Etwas anderes kann der Urkunde trotz der allgemeinen Bezugnahme in der Überschrift auf eine "Körperschaft im Ausland" und den oben zitierten allgemeinen Ausführungen zu Vertretungsverhältnissen, die keinerlei Bezug auf eine konkrete "Körperschaft im Ausland" aufweisen, nicht entnommen werden. Eine derartige "Körperschaft im Ausland", an die die Zustellung durch die Firma B ansonsten auszuführen wäre, ist in der Urkunde nicht aufgeführt. Aus sich heraus könnte dann der in der Urkunde enthaltenen Ernennung eine konkrete Regelung, auf welche Zustellung sie sich beziehen sollte, gar nicht entnommen werden.

Unerheblich für die Antragsbefugnis im Sinne des Art. 3 Abs. 1 HZÜ ist auch die am Ende in der Urkunde aufgeführte Befristung. Dabei kann dahinstehen, ob die Urkunde, wie der Antragsgegner ausweislich der Ausführungen in der Verfügung vom 13.10.2005 meint, tatsächlich zwei Beschlüsse enthält. Jedenfalls befindet sich zwischen den beiden inhaltlichen Teilen der Urkunde ein deutliche Zäsur ("und nun"). Der erste Teil der Urkunde statuiert die Ernennung der Firma B zum Sonderklagezusteller zur Klagezustellung an den Beklagten; nur darauf kann sich die Antragsbefugnis im Sinne des Art. 3 Abs. 1 HZÜ gründen. Der zweite Teil enthält den Auftrag an diese Firma B, die Zustellung binnen einer bestimmten Frist auszuführen. Angesichts dieser deutlichen Trennung von Ernennung und Beauftragung kann nicht davon ausgegangen werden, dass nach Ablauf der genannten Frist auch die Ernennung zum Sonderklagezusteller erlöschen sollte; eine derartige Befristung der Ernennung kann der Urkunde gerade nicht entnommen werden. Soweit der Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 14.11.2005 unter Hinweis auf Sinn und Zweck der Befristung einen automatischen Wegfall der Ernennung nach Fristablauf herleiten will, findet dies in der vorgelegten Urkunde keine hinreichende Entsprechung. Ob die sich aus der formalen Überprüfung der vorgelegten Urkunde ergebende Ernennung des Zustellers durch ein Gericht inneramerikanischem Recht entspricht, bedurfte im hiesigen Zustellungsverfahren nach dem HZÜ keiner weiteren Überprüfung; insoweit ist die Überprüfung auf die Antragsbefugnis nach Art. 3 HZÜ beschränkt. Tatsächlich spricht einiges dafür, dass es sich dabei um einen Hinweis auf eine Klagezustellungsfrist handelt, deren Versäumung nach einigen Prozessrechten der Vereinigten Staaten mit bestimmten verfahrensrechtlichen Konsequenzen belegt ist (vgl. dazu etwa Böhm, a.a.O., Rz. 298; Junker JZ 1989, 121, 124; Hay, US-amerikanisches Recht, 3. Aufl., Rz. 156). Diese verfahrensrechtlichen Konsequenzen wären dann jedenfalls nicht im Zustellungsverfahren nach dem HZÜ zu prüfen, sondern durch das angerufene (amerikanische) Gericht. So hat denn auch der Antragsteller den Gesichtspunkt der Verfristung im amerikanischen Verfahren gerügt, wie er in der Antragsschrift hat vortragen lassen.

Damit liegen die Voraussetzungen für eine Ablehnung des Zustellungsersuchens aus formalen Gründen, die schon unter Berücksichtigung der Interessen der Prozessbeteiligten ohnehin lediglich restriktiv gehandhabt werden sollte (vgl. dazu Pfennig, Die internationale Zustellung in Zivil- und Handelssachen, S. 95 ff, unter Hinweis auf § 59 Abs. 4, 5 ZRHO; vgl. auch Wölki RIW 1985, 530, 533), nicht vor.

c.)

Ausgehend davon widerspricht auch die Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 HZÜ der Ausführung der Zustellung nicht.

Nach Art. 13 Abs. 1 HZÜ kann ein Zustellungsersuchen nur abgelehnt werden, wenn der ersuchte Staat die Zustellung für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. Das bedeutet, dass die Zustellung - jedenfalls grundsätzlich - nicht schon wegen Unvereinbarkeit des Klagebegehrens mit dem innerstaatlichen ordre public verweigert werden darf, sondern nur dann, wenn der ersuchte Staat sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. Diese Beschränkung der Überprüfungsbefugnis rechtfertigt sich aus dem Ziel des Übereinkommens. Würden die Grundsätze der innerstaatlichen Rechtsordnung bereits zum Maßstab für die Zustellung gemacht, so würde der internationale Rechtshilfeverkehr erheblich beeinträchtigt. Zum einen könnte die Prüfung der Klagen auf ihre Vereinbarkeit mit dem innerstaatlichen ordre public zu großen Verzögerungen bei der Zustellung führen. Zum anderen käme sie einer Erstreckung inländischer Rechtsvorstellungen auf das Ausland gleich und würde dem Ziel zuwiderlaufen, dem ausländischen Kläger die Führung eines Prozesses gegen einen inländischen Beklagten im Ausland zu ermöglichen. Eine solche Einschränkung des Rechtshilfeverkehrs ist grundsätzlich um so weniger geboten, als im Zeitpunkt der Zustellung der Ausgang des Verfahrens noch völlig offen ist. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Haager Zustellungsübereinkommen die Rechtsstellung von Parteien mit Sitz oder Wohnsitz in Deutschland, die in einen Zivilrechtsstreit in einem der anderen Vertragsstaaten verwickelt werden, entscheidend verbessert, indem es sicherstellt, dass diese grundsätzlich im Ausland nicht mit einem Zivilverfahren überzogen werden können, von dem sie keine Kenntnis haben (so BVerfGE 91, 335; vgl. zu den Folgen auch Juenger/Reimann NJW 1994, 3274, und Stürner JZ 2006, 60, 62 ff). Wie der Senat bereits früher ausgeführt hat (Beschluss vom 01.06.2004, JMBl. 2004, 423 mit weiteren Nachweisen; vgl. auch Senat, Beschluss vom 06.03.2006, Az.: 20 VA 2/05), trifft die Bewilligung der Zustellung noch keine Aussage über die hiervon zu unterscheidende Frage der Zulässigkeit der Anerkennung und Vollstreckung eines späteren ausländischen Urteils, wenn es auch hierauf im vorliegenden Kontext nicht allein entscheidend ankommen mag.

Der Vorbehalt des Art. 13 Abs. 1 HZÜ wird durch Rechtsprechung und Literatur deshalb seit jeher eng ausgelegt. Dies gebietet bereits der oben beschriebene Zweck des HZÜ, die gegenseitige Rechtshilfe unter den Vertragsstaaten zu verbessern und sicherzustellen, dass gerichtliche und außergerichtliche Schriftstücke, die im Ausland zuzustellen sind, ihren Empfängern rechtzeitig zur Kenntnis gelangen. Seine Anwendung kommt nur dann in Betracht, wenn die Zustellung besonders schwere Beeinträchtigungen der Wertungsgrundlagen der Rechtsordnung des ersuchten Staates mit sich bringen würde (vgl. OLG München NJW 1989, 3102; NJW 1992, 3113; OLG Düsseldorf NJW 1992, 3110; KG OLGZ 1994, 587; Senatsbeschluss vom 13.02.2001, NJW-RR 2002, 357; vom 01.06.2004, JMBl. 2004, 423; vom 06.03.2006, Az.: 20 VA 2/05; Morisse RIW 1995, 370; Schlosser, a.a.O., Art. 13 HZÜ Rz. 3; Stein/Jonas/Roth, a.a.O., § 183 Rz. 62; vgl. auch Oberlandesgerichts Naumburg im Beschluss vom 13.02.2006, Az.: 4 VA 1/05, mit weiteren Nachweisen).

Wie ausgeführt hat auch das Bundesverfassungsgericht diese enge Auslegung des Vorbehalts des Art. 13 Abs. 1 HZÜ in seinem Beschluss vom 07.12.1994 (BVerfGE 91, 335) gebilligt. Dort wurde ausgeführt, in der Gewährung von Rechtshilfe durch die Zustellung einer Klage, mit der Ansprüche auf Schadensersatz nach US- amerikanischem Recht ("punitive damages") geltend gemacht werden, liege in der Regel kein Grundrechtsverstoß zu Lasten einer inländischen verklagten Firma. Auch in seinem Beschluss vom 25.07.2003 (BVerfGE 108, 238) hat das Bundesverfassungsgericht an diesen Grundsätzen festgehalten und daran angeknüpft, dass in seiner früheren Entscheidung offen gelassen wurde, ob die Zustellung einer solchen Klage mit Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip dann noch zu vereinbaren ist, wenn das mit der ausländischen Klage angestrebte Ziel offensichtlich gegen unverzichtbare Grundsätze des freiheitlichen Rechtsstaates verstößt. Ob diese Grenze in dem von ihm seinerzeit zu beurteilenden Fall der auf 17 Milliarden US-Dollar Schadensersatz gerichteten US-Sammelklage ("class action") gegen die D AG überschritten war, hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich offen gelassen und der erwarteten Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorbehalten, in welchem insoweit die Bedeutung und Reichweite von Art. 13 Abs. 1 HZÜ zu klären sei (vgl. hierzu Rothe RIW 2003, 859, 863; Hess JZ 2003, 923; Oberhammer IPRax 2004, 40; Zekoll NJW 2003, 2885, 2886; Stürner JZ 2006, 60). Im Rahmen der auf Grund einer vorläufigen Folgenabwägung erlassenen einstweiligen Anordnung hat das Bundesverfassungsgericht hierzu herausgestellt, dass es das Grundgesetz gebiete, fremde Rechtsordnungen und -anschauungen grundsätzlich zu achten, auch wenn sie im Einzelnen mit den deutschen innerstaatlichen Auffassungen nicht übereinstimmen, so dass nach dem HZÜ grundsätzlich auch solche Klagen zuzustellen sind, die in für die deutsche Rechtsordnung unbekannten Verfahrensarten erhoben worden sind. Diese Respektierungspflicht gegenüber der fremden Rechtsordnung könne jedoch ihre Grenze dort erreichen, wo die ausländische, im Klageweg geltend gemachte Forderung - jedenfalls in ihrer Höhe - offenkundig keine substanzielle Grundlage habe, da eine Verletzung deutschen Verfassungsrechts dann in Betracht komme, wenn Verfahren vor ausländischen staatlichen Gerichten in einer offenkundig missbräuchlichen Art und Weise genutzt würden, um mit publizistischem Druck und dem Risiko einer Verurteilung einen Marktteilnehmer gefügig zu machen. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht auf den Rechtsgedanken des Art. 40 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB verwiesen, der die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach ausländischem Recht ausschließt, soweit sie wesentlich weitergehen, als zur angemessenen Entschädigung des Verletzten erforderlich oder offensichtlich anderen Zwecken als einer angemessenen Entschädigung des Verletzten dienen oder haftungsrechtlichen Regelungen eines für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen Übereinkommens widersprechen (vgl. BVerfGE 108, 238). Des Weiteren hat das Bundesverfassungsgericht hervorgehoben, dass bei der verfassungsgemäßen Auslegung des Art. 13 HZÜ auch die Ausgestaltung der multilateralen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Rechtshilfe zu würdigen ist, wonach es sich bei der Zustellung um einen staatlichen Hoheitsakt handelt, mit dem Gerichtsverfahren einer fremden Rechtsordnung gefördert werden. Verstoße schon die Zustellung einer ausländischen Klage gegen unverzichtbare Grundsätze des freiheitlichen Rechtsstaates, so sei fraglich, ob die deutschen Behörden in diesem Fall die Rechtshilfe mit dem Hinweis leisten dürften, der Betroffene habe noch im weiteren Verlauf des Verfahrens, insbesondere im Rahmen der Anerkennung des ausländischen Titels die Möglichkeit, diesen Rechtsverstoß zu rügen (vgl. dazu auch Senat, Beschluss vom 01.06.2004, JMBl. 2004, 423).

Danach ist aber davon auszugehen, dass die Gewährung von Rechtshilfe durch Zustellung einer "class action"-Klage die allgemeine Handlungsfreiheit in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip jedenfalls grundsätzlich noch nicht verletzt und auch nicht unverhältnismäßig ist. Das HZÜ stellt vielmehr sicher, dass kein Inlandsbürger ohne sein Wissen im Ausland mit einem Verfahren überzogen werden kann, so dass die Regelung auch seinen Interessen dient, indem er sich dadurch gegen die Klage effektiv verteidigen kann (BVerfGE 91, 335, 345). Dass aus einem durch die Zustellung geförderten Verfahren ein Urteil hervorgehen kann, dem später die Anerkennung und Vollstreckbarkeit in Deutschland versagt wird, ist kein Argument, das bereits gegen die Zustellung gerichtet werden könnte. Dem Zustellungsrecht ist eine inhaltliche Prüfung der zuzustellenden Dokumente fremd. Zustellungsvorschriften haben lediglich formalen Charakter (Oberlandesgerichts Naumburg, Beschluss vom 13.02.2006, Az.: 4 VA 1/05, unter Hinweis auf BGHZ 76, 222, 229; Münchener Kommentar/Wenzel, ZPO, 2. Aufl., § 166 Rz. 9).

Soweit dem Antragsteller mit der Zustellung zugemutet wird, sich auf das Verfahren in den USA einzulassen, ist dies zwar mit Unbequemlichkeiten, Aufwand und Kosten verbunden, was in jeder Rechtsordnung die Folge eines eingeleiteten Verfahrens ist. So entspricht es weit überwiegender Auffassung, dass etwa die Durchführung eines "pre-trial discovery" einer Zustellung unter dem Gesichtspunkt des Souveränitätsvorbehaltes des Art. 13 Abs. 1 HZÜ nicht entgegen steht (vgl. Senatsbeschluss vom 13.02.2001, NJW-RR 2002, 357; weitere Nachweise bei Piekenbrock IPrax 2006, 4, 5, 8).Ob eine aus dem vorliegenden Verfahren möglicherweise erwachsende Entscheidung zu Lasten des Zustellungsadressaten im Inland gegen ihn zu vollstrecken ist, ist damit noch nicht entschieden (vgl. dazu Oberlandesgericht Naumburg, Beschluss vom 13.02.2006, Az.: 4 VA 1/05).

Bereits oben wurde in anderem rechtlichen Zusammenhang darauf hingewiesen, dass in der Gewährung von Rechtshilfe durch die Zustellung einer Klage, mit der Ansprüche auf Schadensersatz ("punitive damages") geltend gemacht werden, in der Regel noch kein Grundrechtsverstoß zu Lasten einer inländischen verklagten Firma liegt. Bei der hier vorliegenden Klage auf "treble damages", die einen Unterfalls der "punitive damages" darstellen (vgl. OLG Koblenz IPrax 2006, 25), kann im Grundsatz nichts anderes gelten. Auch hier ist die oben angesprochene Respektierungspflicht gegenüber einer fremden Rechtsordnung zu berücksichtigen, deren Grenze dort erreicht sein kann, wo die ausländische, im Klageweg geltend gemachte Forderung - jedenfalls in ihrer Höhe - offenkundig keine substanzielle Grundlage hat, da eine Verletzung deutschen Verfassungsrechts dann in Betracht kommt, wenn Verfahren vor ausländischen staatlichen Gerichten in einer offenkundig missbräuchlichen Art und Weise genutzt werden, um mit publizistischem Druck und dem Risiko einer Verurteilung einen Marktteilnehmer gefügig zu machen. Auch das Oberlandesgericht Koblenz hat in dem bereits mehrfach zitierten Vorlagebeschluss festgestellt (vgl. C. II. 2. der Entscheidung), dass die dortige Klagezustellung nicht schon deshalb gegen den Souveränitätsvorbehalt gemäß Art. 13 Abs. 1 HZÜ verstößt, weil das US-amerikanische Verfahren aufgrund der "class action" und sein Ziel, den zahllosen Klägern auch einen unbegrenzt möglichen Strafschadensersatz zuzuerkennen, dem deutschen Recht fremd sind (Art. 13 Abs. 2 HZÜ). Eine Verletzung der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland sei aber deshalb anzunehmen, weil das Ziel der im Inland zuzustellenden Klage gegen ein deutsches Unternehmen nicht in der Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung, sondern in der Ausübung von Druck zur Herbeiführung eines Vergleichs mit hoher Abfindungssumme trotz erkennbarer Unhaltbarkeit des Klagegrundes bestehe. Das Oberlandesgericht Koblenz hat deshalb weiter ausgeführt, dass die Wirkungen einer Zustellungsversagung nur mittelbar einem auch im US-amerikanischen Recht als angreifbar angesehenen (...) zwingenden System zuzuschreiben seien, die Versagung der Zustellung der Klage im dortigen Fall also nicht auf einer Nichtanerkennung des fremden Rechtssystems beruhe; das allein wäre nach Art. 13 Abs. 2 HZÜ auch fehlerhaft. Sie beruhe vielmehr darauf, dass es darum gehe, einen Rechtsmissbrauch im Einzelfall abzuwehren (vgl. C. der Entscheidung). Soweit das Gericht also im Folgenden in der Klage auf "treble damages" eine Verstoß gegen den deutschen ordre public sieht (vgl. C. II. 2. b) der Entscheidung), sieht es darin erkennbar lediglich einen Teilaspekt des sich aus einer Gesamtbetrachtung ergebenden Rechtsmissbrauchs. Wie oben dargelegt würde ja auch der bloße Verstoß gegen den deutschen ordre public noch keinen Verstoß gegen den Souveränitätsvorbehalt gemäß Art. 13 Abs. 1 HZÜ begründen. Deshalb greift auch der Hinweis des Antragstellers auf Art. 40 Abs. 3 EGBGB zu kurz (vgl. dazu im Übrigen auch Oberhammer IPrax 2004, 40, 41).

Ausgehend von diesen grundsätzlichen Erwägungen, die also auf der auch vom Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang hervorgehobenen Respektierungspflicht gegenüber der fremden Rechtsordnung beruhen, greifen die Einwendungen des Antragstellers, mit denen er einen Verstoß gegen den Souveränitätsvorbehalt des Art. 13 Abs. 1 HZÜ zu begründen versucht, nicht durch. Insbesondere vermag der Senat die im vorliegenden Verfahren vorgetragenen und ansonsten ersichtlichen Gesichtspunkte nicht für hinreichend zu erachten, um von einer offensichtlich missbräuchlich erhobenen Sammelklage auszugehen, deren Zustellung der Souveränitätsvorbehalt des Art. 13 Abs. 1 HZÜ ggf. entgegen stehen könnte.

Dies gilt zum einen für den Einwand des Antragstellers, die Vollstreckung des angestrebten Urteils hätte die Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz zur Folge. Unabhängig davon, dass mit der Ausführung des Zustellungsersuchens noch nicht entschieden ist, ob eine daraus möglicherweise erwachsende Entscheidung zu Lasten des Zustellungsadressaten im Inland gegen ihn zu vollstrecken wäre - hierauf stellt der Antragsteller jedoch ausweislich Seite 11 der Antragsschrift hauptsächlich ab -, ist der dargelegte Hinweis auf die Folgen einer entsprechenden Verurteilung noch kein Gesichtspunkt, der einen Rückschluss auf einen Missbrauch zulässt. Eine Verurteilung in einer Höhe, die die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz einer Partei bedeutet, ist auch nach der deutschen Rechtsordnung nicht gänzlich ausgeschlossen. Die Zustellung einer derartigen (deutschen) Klage hätte ggf. auch nach Maßgabe des deutschen Zivilprozessrechts zu erfolgen (vgl. dazu etwa Zöller/Greger, a.a.O., § 271 Rz. 6; § 253 Rz. 21a; Oberhammer IPrax 2004, 40, 42; Stürner JZ 2006, 60, 64). Auch die Zustellung einer nach Maßgabe des deutschen Zivilprozessrechts ggf. unschlüssigen Klage würde noch nicht die Hoheitsrechte und die staatliche Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland bedrohen (so auch Oberlandesgerichts Naumburg, Beschluss vom 13.02.2006, Az.: 4 VA 1/05).

Dass die hier im Klageweg geltend gemachte Forderung offenkundig keine substanzielle Grundlage hätte und das Verfahren vor dem ausländischen staatlichen Gericht in einer offenkundig missbräuchlichen Art und Weise genutzt würde, um mit publizistischem Druck und dem Risiko einer Verurteilung einen Marktteilnehmer - ggf. das vom Antragsteller repräsentierte Unternehmen - gefügig zu machen, vermag der Senat hier ebenfalls nicht festzustellen. Die vorliegenden Anhaltspunkte, auf die dies gestützt werden könnte, reichen weder isoliert noch in ihrer Gesamtheit betrachtet aus, um diesen Schluss zu rechtfertigen. Im Wesentlichen beschränken sie sich auf die Risiken, die dem Antragsteller als Beklagtem auf Grund der Verfahrensgestaltung der ausländischen Rechtsordnung in jenem Verfahren drohen. Dass etwa ein besonderer publizistischer oder anderweitiger verfahrensfremder Druck von Klägerseite ausgeübt worden wäre bzw. dass dies durch das Verfahren zu erwarten wäre, um den Antragsteller oder das von ihm repräsentierte Unternehmen als Marktteilnehmer gefügig zu machen, ist nicht konkret vorgetragen und auch angesichts des Verfahrensgegenstandes, der einen Bezug zu breiten Verbraucherkreisen nicht unmittelbar erkennen lässt, nicht unbedingt naheliegend. Dass das Verfahren dazu dienen solle, einen Vergleichsabschluss mit der Antragsteller bzw. dem von ihm repräsentierten Unternehmen herbeizuführen, mag zutreffend sein, wenn auch zweifelhaft erscheinen mag, ob die diesbezüglichen Anhaltspunkte, die der Antragsteller hierfür vorträgt, hinreichend wären, um dies als Haupt- oder gar ausschließlichen Zweck der Klage ansehen zu können. Auch dies vermag jedoch einen Missbrauch im oben beschriebenen Sinne noch nicht zu begründen (so Senat, Beschluss vom 13.02.2001, NJW-RR 2002, 357; vom 01.06.2004, JMBl. 2004, 423; vom 06.03.2006, Az.: 20 VA 2/05; vgl. dazu auch Oberhammer IPrax 2004, 40, 42). Im "pre-trial discovery" ist zunächst ein substanziierter und schlüssiger Sachverhaltsvortrag nicht wie im deutschen Verfahrensrecht erforderlich (vgl. dazu Geimer, a.a.O., Rz. 88; Stürner JZ 2006, 60, 63, je mit weiteren Nachweisen). Gleiches gilt für die Bezifferung des geltend gemachten Anspruchs; insoweit wären auch mögliche Missbrauchsabsichten im Zustellungsverfahren in der Regel gar nicht feststellbar (vgl. dazu auch Stürner JZ 2006, 60, 66). Darauf verweist auch der Antragsgegner nicht zu Unrecht. Von einer "offenkundig" fehlenden substanziellen Grundlage (so BVerfGE 108, 238) kann jedenfalls nicht ausgegangen werden. Immerhin ist in diesem Zusammenhang weiter darauf hinzuweisen, dass auf Seite 7 der Klageschrift, Ziffer 23., behauptet wird, der Antragsteller habe sich der Teilnahme an einer Antitrustverschwörung hinsichtlich eines anderen Graphitproduktes schuldig bekannt. Auf Seite 12 der Klageschrift, Ziffer 38, wird dem Antragsteller gar eine maßgebliche Funktion bei der Organisation der hier angegriffenen Absprachen vorgeworfen. Die Frage, ob diese Behauptungen zutreffen bzw. - wie bereits dargelegt - ob sie nach Maßgabe des deutschen Zivilprozessrechts ausreichend bestimmt, schlüssig dargelegt oder im vorliegenden Verfahren überhaupt von Relevanz wären, und welche rechtlichen Folgen dies zeitigen könnte, kann nach den obigen Darlegungen nicht Gegenstand des hiesigen Zustellungsverfahrens sein.

Dass die Klage nicht einem Unternehmen, sondern einer "Privatperson" zugestellt worden ist, ändert daran nichts. Zum einen handelt es sich beim Antragsteller immerhin um den Vorstandsvorsitzenden einer der weiter beklagten Firmen, der mithin deren Geschäftspolitik maßgeblich beeinflussen dürfte. Auch nach deutschem Recht ist eine Schadensersatzverpflichtung von Organen von Kapitalgesellschaften gegenüber Dritten nicht gänzlich ausgeschlossen. Zum anderen lässt - wie ausgeführt - die Klage durchaus einen Bezug zum Antragsteller persönlich erkennen.

Auch in diesem rechtlichen Zusammenhang, also bei der Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes im Hinblick auf den Souveränitätsvorbehalt des Art. 13 Abs. 1 HZÜ, besteht keine Veranlassung, das hiesige Verfahren in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO auszusetzen, bis der Bundesgerichtshof über die Vorlage des Oberlandesgerichts Koblenz entschieden hat. Auf die obigen Ausführungen zu den Besonderheiten des dortigen Verfahrens wird verwiesen. Die dort formulierte Vorlagefrage B. II. 2. ist denn auch gänzlich auf den dortigen Einzelfall hin abgestellt (vgl. Piekenbrock IPrax 2006, 4, 5), der die bereits erwähnten Unterschiede zum hiesigen Verfahren aufweist. Eine Aussetzung kann allenfalls gerechtfertigt sein, wenn die Entscheidung in dem Verfahren, das ausgesetzt werden soll, von der Entscheidung in einem anderen, schon anhängigen Verfahren abhängt und den Beteiligten eine Verzögerung der Entscheidung durch die Aussetzung zugemutet werden kann. Dagegen genügt es nicht, dass in dem anderen Verfahren eine Entscheidung zu erwarten ist, die einen irgendwie gearteten erheblichen Einfluss auf die Entscheidung in dem auszusetzenden Verfahren hat (vgl. im Einzelnen: Keidel/Kuntze/Schmidt, a.a.O., § 12 Rz. 98, Keidel/Kuntze/Meyer-Holz, a.a.O., § 28 Rz. 21, je mit weiteren Nachweisen).

Von einer derartigen Abhängigkeit des vorliegenden Verfahrens von der Entscheidung des Bundesgerichtshofs kann bei der ganz auf die Besonderheiten des dortigen Falles abgestellten Vorlagefrage des Oberlandesgerichts Koblenz und dem zugrunde liegenden Sachverhalt hier nicht ausgegangen werden.

Aus den gleichen Gründen lägen auch die gesetzlichen Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Satz 2 EGGVG für eine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof im Hinblick auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz nicht vor. Angesichts der Besonderheiten des dortigen Verfahrens, auf deren Gesamtbetrachtung das Oberlandesgericht Koblenz einen Verstoß gegen Art. 13 Abs. 1 HZÜ gestützt hat, würde es jedenfalls an der erforderlichen Differgenz im Sinne der genannten Vorschrift fehlen. Auf die obigen Ausführungen kann insoweit Bezug genommen werden.

3.

Die Gerichtskosten des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht fallen dem Antragsteller zur Last, §§ 30 Abs. 1 Satz 1 EGGVG, 130 Abs. 1 KostO.

Die Festsetzung des Geschäftswerts ergibt sich aus den §§ 30 Abs. 3 Satz 1 EGGVG, 30 Abs. 2 KostO. Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich zwar nicht konkret, in welcher Höhe eventuelle Schadensersatzansprüche gegen den Antragsteller geltend gemacht werden. Er hält jedoch ausweislich der Angaben in der Antragsschrift eine Verurteilung in Höhe eines mehrstelligen Millionenbetrages für möglich. Darüber hinaus sieht er sich mit Kosten für die Rechtsverteidigung in Höhe von mehreren hunderttausend US-Dollar konfrontiert. Der Senat erachtet deshalb unter Berücksichtigung aller ersichtlichen Umstände und in Ermangelung weiterer genügender tatsächlicher Anhaltspunkte (§ 30 Abs. 2 KostO) einen Geschäftswert von 500.000,-- EUR als angemessen.

Ende der Entscheidung

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