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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 03.03.2003
Aktenzeichen: 20 VA 8/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1309
Für die Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses muss der Ausländer seine Ehelosigkeit nachweisen.
20 VA 8/02

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

In dem Verfahren ge. §§ 23 ff EGGVG

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main am 03.03.2003 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.

Geschäftswert: 3.000 Euro

Gründe:

Der am 19.02.1969 in Sierra Leone geborene Antragsteller beabsichtigt, die Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen einzugehen. Er hat vor dem Standesamt in Hanau am 29.11.2001 angegeben, ledig zu sein und beantragt, ihn von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses zu befreien, da sein Heimatstaat die erforderlichen Ehefähigkeitszeugnisse nicht ausstelle.

Die Präsidentin des Oberlandesgerichts, an die der Antrag weitergeleitet worden ist, hat nach Einsichtnahme in die Ausländerakte dem Antragsteller mitgeteilt, dass sich aus der Ausländerakte ein verheirateter Familienstand ergebe. Der Antragsteller hat hierzu entgegnet, er sei vor der Anhörung beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge der deutschen Sprache kaum mächtig gewesen. Er habe niemals angegeben, verheiratet zu sein. Er habe vielmehr darauf hingewiesen, dass er nicht verheiratet sei. Er habe zwar heiraten wollen, die Eheschließung sei aber gescheitert, weil er vorher habe fliehen müssen. Die Angaben in seiner Ausländerakte seien auf ein Verständigungsproblem zurück zu führen. Unter dem 11.02.2002 hat der Antragsteller auch eidesstattlich versichert, niemals verheiratet gewesen zu sein (Bl. 16 d. Beiakte).

Die Präsidentin des Oberlandesgerichts hat dem Antragsteller daraufhin schriftlich vorgehalten, dass sich aus seiner Ausländerakte ein genaues Heiratsdatum ergebe, nämlich der 13.07.1996. Der Antragsteller hat sich alsdann dahin eingelassen, es sei falsch, wenn in dem Anhörungsprotokoll des Bundesamts stehe "Meine Mutter ist noch zu Hause bei meiner Frau"; richtig müsse es nicht Frau, sondern Freundin heißen. Er erinnere sich noch genau daran, bei der Anhörung von "my woman" gesprochen zu haben. Hätte es sich um seine Ehefrau gehandelt, hätte er von "my wife" gesprochen. Das Protokoll sei insoweit ebenso inkorrekt wie dort enthaltene Angabe, sein Vater sei in Kanada (statt in Ghana).

Durch Bescheid vom 17.04.2002 hat die Präsidentin des Oberlandesgerichts den Antrag auf Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid verwiesen.

Gegen den ihm am 19.04.2002 zugestellten Bescheid hat der Antragsteller durch einen am 07.05.2002 eingegangenen Schriftsatz Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Er hat zunächst sein Vorbringen aufrechterhalten und weiter erklärt, er habe bereits am 13.07.2000 eine Erklärung abgegeben, dass lediglich eine Ehevereinbarung zwischen seinen Eltern und den Eltern seiner zukünftigen Ehefrau bestanden habe. Zwischenzeitlich, nämlich im März 1999, habe seine zukünftige Ehefrau einen anderen Mann geheiratet. Zum Beweis für die anderweitige Heirat hat der Antragsteller Fotos vorgelegt. Er hat weiter ausgeführt, in seiner Heimat sei es üblich, dass eine über 18 Jahre alte Frau als "woman", eine Ehefrau als "wife" bezeichnet werde.

Auf eine gerichtliche Anfrage hat die Stadt Wächtersbach mitgeteilt, der Antragsteller habe in Biebergmünd angegeben, am 13.07.1996 in Sierra Leone die Ehe geschlossen zu haben. Seine Ehefrau sei Bushra Raaj, geb. am 12.01. 1972 in Jeni/Ghana. Daraufhin hat sich der Antragsteller dahin eingelassen, dass Landsleute ihm damals gesagt hätten, es sei vorteilhafter, sich als verheiratet zu bezeichnen, da man dann schneller anerkannt werden würde.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Der Antragsgegner verweist auf die Widersprüche und ist der Ansicht, dass der Nachweis der Ehefähigkeit nicht geführt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen Bezug genommen.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff EGGVG ist zulässig (Palandt- Brudermüller, Bürgerliches Gesetzbuch, 62. Aufl. 2003, § 1309 BGB Rn 14) aber nicht begründet.

Der Antragsteller ist in diesem Befreiungsverfahren antragsberechtigt, da er kein anerkennungsfähiges Ehefähigkeitszeugnis beibringen kann. Die vorgelegte Bescheinigung der Bonner Botschaft von Sierra Leone ist kein Dokument i. S. von § 1309 BGB, was vom Antragsteller auch nicht vorgebracht wurde. Ein Ehefähigkeitszeugnis i.S.v. § 1309 BGB ist nur eine von einer inneren Behörde des maßgeblichen Heimatlandes ausgestellte Bescheinigung, dass der beabsichtigten Eheschließung kein im Heimatrecht begründetes Ehehindernis entgegensteht. Nicht ausreichend sind von Auslandsvertretungen des Heimatstaates ausgestellte Bescheinigungen, wenn dies nicht nach § 1309 I 2 BGB staatsvertraglich vereinbart war, was bezüglich Sierra Leone nicht der Fall ist (vgl. Staudinger-Strätz, § 1309 BGB Rn 23, 37).

Die Präsidentin des Oberlandesgerichts hat die Befreiung vom Erfordernis der Ehefähigkeit zu Recht abgelehnt. Die Befreiung ist nur zu erteilen, wenn der beabsichtigten Eheschließung keine Hinderungsgründe entgegenstehen. Der Antragsteller hat dabei die Voraussetzungen so weit als möglich zu belegen und die urkundlichen Nachweise zu beschaffen und vorzulegen (Palandt- Brudermüller, Bürgerliches Gesetzbuch, 62. Aufl. 2003, § 1309 BGB Rn 14).

Der Antragsteller hat sich selbst in eine Lage gebracht, bei der der Senat nach dem derzeitigen Sachstand nicht entscheiden kann, dass der hier beabsichtigten Heirat keine bereits bestehende Ehe entgegensteht. Im Befreiungsverfahren muss der Antragsteller diese selbstgesetzten Zweifel entkräften, denn er trägt die volle Nachweispflicht für seine Ehefähigkeit (Staudinger-Strätz, § 1309 Rn 54).

Der zeitlichen Abfolge der Melderegistermitteilungen lässt sich zwar entnehmen, dass der Antragsteller bei seiner Ankunft in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht gleich angegeben hat, verheiratet zu sein. Dieser Umstand belegt indessen noch nicht seine tatsächliche Ehelosigkeit. In diesem Zusammenhang fällt zunächst ins Gewicht, dass sich der Antragsteller bei seinen Angaben hinsichtlich seines Familienstandes von einer gewissen Beliebigkeit nach dem Opportunitätsprinzip hat leiten lassen. Als er sich für das Asylverfahren einen Vorteil vom Verheiratetsein versprochen hat, hat er sich - wie er in diesem Verfahren inzwischen eingeräumt hat - als verheiratet bezeichnet. In diesem Verfahren, in dem es auf seine Ehelosigkeit ankommt, hat er so lange darauf bestanden, sich nicht als verheiratet bezeichnet zu haben, bis ihm nähere Einzelheiten vorgehalten worden sind. Erst dann hat er eine Erklärung dafür abgegeben, wie es zu den unterschiedlichen Angaben zum Familienstand gekommen ist.

Es kann für die Entscheidung dahinstehen, ob das Protokoll des Bundesamts die Angaben des Antragstellers aufgrund von Verständigungsproblemen korrekt wieder gibt. Der Antragsteller hat zwar nach der Anhörung vor dem Bundesamt schriftlich bestätigt, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. Für gewisse Verständigungsschwierigkeiten kann jedoch sprechen, dass der Antragsteller alsbald nach seiner Anhörung bestimmte Umstände als nicht richtig wiedergegeben beanstandet hat. Ob dazu auch die Protokollierung gehört, seine Mutter sei noch zu Hause bei seiner Frau, erscheint fraglich, denn in seinen nachträglichen Beanstandungen ist dieser Punkt gerade nicht auf geführt. Möglicherweise gehörte es auch bei dieser Anhörung zu seiner Strategie, als Verheirateter auf einen Vorteil im Asylverfahren zu hoffen und sein Vorbringen in diesem Verfahren über die falsch verstandene Benutzung des Wortes "woman", ist der nachträgliche Versuch, von diesen Angaben herunterzukommen. Möglicherweise hat der Antragsteller diesen Umstand aber auch nur als unwesentlich angesehen und daher dessen Berichtigung vernachlässigt. Möglicherweise gibt das Protokoll aber auch den richtigen Lebenssachverhalt wieder. Dies gilt insbesondere deshalb, weil auch Ehen nach Stammesgewohnheitsrecht einer Zivilehe gleichgestellt sein können. Unabhängig von dem Vorbringen des Antragstellers, er habe bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt "woman" gesagt und nicht "wife" und deshalb nicht von seiner Ehefrau gesprochen, fällt auf, dass der Antragsteller beim Bundesamt angegeben hat, seine Mutter halte sich bei seiner Frau auf. Zusammen mit den Ehevereinbarungen der beiderseitigen Elternpaare legt selbst diese Version des Antragstellers die Frage nahe, ob die junge Frau nicht im elterlichen Haushalt des Antragstellers bereits eingegliedert war und damit in der Heimat des Antragstellers als verheiratet galt. Auch diesen Umstand hätte der Antragsteller entkräften müssen.

Die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen sind nach den vom Antragsteller gemachten widersprüchlichen Angaben zu knapp und allgemein gehalten, als dass sie für den Nachweis der Ehelosigkeit des Antragstellers ausreichen könnten. Es ist nicht ersichtlich, dass der Onkel Wissen aus eigener Anschauung hat, insbesondere ist aus der eidesstattlichen Versicherung nicht ersichtlich, ob der Onkel von dem afrikanischen Heiratsversprechen weiß und wieso er davon ausgeht, dass es nicht zu einer gültigen Eheschließung gekommen ist. Entsprechendes gilt für die eidesstattliche Versicherung der Mutter des Antragstellers. Hier fällt zudem auf, dass die Mutter von einer Braut spricht, die der Antragsteller in Ghana zurückgelassen hat, während der Antragsteller beim Bundesamt gesagt hat, sein Vater sei in Kanada (Ghana), seine Mutter sei noch zu Hause bei seiner Frau. Das zu Hause kann sich aber nur auf Sierra Leone bezogen haben.

Die vorgelegten Fotos sind bei diesem Sachstand zum Nachweis der Ehelosigkeit des Antragstellers ungeeignet. Entsprechendes gilt für die vorgelegte Kopie des Schreibens der Bonner Botschaft von Sierra Leone vom 31.08.2001 über seine Ehelosigkeit.

Zur Klarstellung bemerkt der Senat, dass es dem Antragsteller unbenommen ist, mit konkreten nachprüfbaren Angaben über seine Beziehungen zu seiner früheren Verlobten und mit neuen Nachweisen seiner Ehelosigkeit einen neuen Befreiungsantrag zu stellen. Dann mag auch entschieden werden, ob die Bestätigung eines Vertrauensanwalts der Deutschen Botschaft für etwaige im Ausland erstellte Urkunden einzuholen ist. Derzeit käme dies aber erst einer Aufklärung der tatsächlichen Einzelheiten der Familienverhältnisse des Antragstellers im Zusammenhang mit seiner früheren Verlobten oder Ehefrau gleich. Dies ist nicht Aufgabe des Verfahrens nach §§ 23 ff EGBGB. Hier ist nach alledem nur festzustellen, dass der Antragsteller den Nachweis seiner Ehelosigkeit bislang nicht erbracht hat. Weitere Aufklärungen und Hinweise des Senats waren nach dem Gang des Verfahrens nicht mehr angebracht.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 30 Abs. 3 EGGVG i.V.m. § 30 KostO.



Ende der Entscheidung

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