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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 02.05.2005
Aktenzeichen: 20 W 121/05
Rechtsgebiete: GBO, ZPO


Vorschriften:

GBO § 53 I 1
ZPO § 867
1. Das Grundbuchamt hat bei Eintragung einer Zwangssicherungshypothek zwar die vollstreckungs- und die grundbuchrechtlichen Voraussetzung der Eintragung selbstständig zu überprüfen, nicht jedoch materiell-rechtliche Einwendungen gegen die Vollstreckungsforderung.

2. Zu dem Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek muss keine Anhörung des Vollstreckungsschuldners erfolgen.

3. Eine Vollstreckungsgegenklage ist nur in den Fällen des § 868 ZPO von Bedeutung. Auch dann ist kein Widerspruch gegen die Zwangshypothek im Grundbuch einzutragen.


Gründe:

Der Vollstreckungsschuldner unterwarf sich in der Urkunde des Notars A UR.-Nr .../2001 B, O1, vom 02.11.2001 den Vollstreckungsgläubigern gegenüber wegen Zahlung eines Betrages von 365.000,00 DM nebst 10 % Zinsen aus 100.000,00 DM ab dem 01.01.2002 sowie nebst 10 % Zinsen aus 265.000,00 DM ab dem 01.01.2003 der Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen (B. 8/20 d. A.).

Die Vollstreckungsgegenklage des Vollstreckungsschuldners gegen diese Urkunde wurde durch Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30.01.2004 -Az. 2/10 O 319/03- abgewiesen. In dem Berufungsverfahren gegen dieses Urteil vor dem OLG Frankfurt am Main -Az. 10 U 146/04-, das noch nicht abgeschlossen ist, wurde die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde mit Beschluss vom 24.09.2004 gegen Sicherheitsleistung des Vollstreckungsschuldners in Höhe von 380.000,00 € einstweilen eingestellt. Die Sicherheitsleistung ist nicht erbracht worden.

Auf Grund der Urkunde vom 02.11.2001 beantragten die Vollstreckungsgläubiger am 02.04.2004 die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek auf dem hälftigen Miteigentumsanteil des Vollstreckungsschuldners. Das Grundbuchamt hat am 08.04.2004 in Abt. 3 lfde. Nr. ... eine Zwangssicherungshypothek in Höhe von 211.354,83 € zu Gunsten der Vollstreckungsgläubiger auf dem Grundbesitz des Vollstreckungsschuldners eingetragen. Gegen die Eintragung der Zwangssicherungshypothek hat der Vollstreckungsschuldner am 29.04.2004 Erinnerung eingelegt und Akteneinsicht beantragt. Mit Schreiben des Grundbuchamtes vom 05.05.2004 ist dem Vollstreckungsschuldner mitgeteilt worden, dass täglich während der Sprechstunden auf der Geschäftsstelle des Grundbuchamtes die Grundakten eingesehen werden könnten. Mit Schreiben vom 05.05.2004, dem Vollstreckungsschuldner zugestellt am 19.08.2004, ist ihm Gelegenheit zur Begründung der Erinnerung gegeben worden. Mit Verfügung vom 30.08.2004 hat der Rechtspfleger der Erinnerung nicht abgeholfen, da eine Beschwerde gegen eine Eintragung nach § 71 Abs. 2 GBO unzulässig sei und die Eintragung eines Amtswiderspruchs nach § 53 GBO daran scheitere, dass die Eintragung nicht unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften erfolgt sei, und die Akten dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. Unter dem 31.08.2004 hat der Vollstreckungsschuldner zur Begründung auf einen Schriftsatz vom 11.08.2004 und eine Beschwerdebegründung vom 30.08.2004 in dem Zwangsversteigerungsverfahren 91 K 24/04 verwiesen und eine weitere Begründung nach Einsichtnahme in sämtliche verfahrensbezogenen Akten angekündigt. Die Berichterstatterin im landgerichtlichen Verfahren hat die Versteigerungsakten beigezogen und unter Hinweis auf die voraussichtliche Erfolglosigkeit der Beschwerde eine Frist zur abschließenden Begründung bis zum 30.09.2004 gesetzt. Mit FAX- Schreiben vom 01.10.2004 hat der Vollstreckungsschuldner erneut gerügt, ihm sei kein rechtliches Gehör gewährt worden. Anhand der Akten des Landgericht Frankfurt am Main Az. 2/10 O 319/03 könne festgestellt werden, dass bisher nur ein "Scheinurteil" vorliege, weshalb der Antrag auf Eintragung einer Sicherungshypothek unzulässig sei. Eine abschließende Begründung erfolge, wenn vollständiges rechtliches Gehör gewährt worden sei. Mit Verfügung vom 05.10.2004 ließ die Berichterstatterin der Kammer dem Vollstreckungsschuldner u. a. Kopien des Antrags auf Eintragung der Zwangssicherungshypothek vom 02.04.2004 übersenden.

Mit Beschluss vom 11.10.2004 hat das Landgericht die Beschwerde des Vollstreckungsschuldners zurückgewiesen. Auf die weitere Beschwerde des Vollstreckungsschuldners vom 22.10.2004 hat der Senat mit Beschluss vom 28.01.2005 -20 W 438/04- den landgerichtlichen Beschluss wegen fehlerhafter Besetzung der Kammer aufgehoben und die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung zurückverwiesen. Die Kammer hat in geänderter Besetzung mit Beschluss vom 28.02.2005 die Erstbeschwerde des Vollstreckungsschuldners erneut zurückgewiesen, dem Vollstreckungsschuldner die Gerichtskosten auferlegt, aber keine Kostenerstattung außergerichtlicher Kosten angeordnet.

Zur Begründung seiner weiteren Beschwerde gegen diesen zurückweisenden Beschluss des Landgerichts hat der Vollstreckungsschuldner auf einen Schriftsatz vom 28.02.2005 Bezug genommen, in dem er erneut die ordnungsgemäße Besetzung der entscheidenden 7. Kammer des Landgerichts Limburg rügt, weil in der kammerinternen Geschäftsverteilung keine Festlegung des Einzelrichters nach §§ 348, 348 a ZPO entsprechend § 21 g Abs. 3 GVG erfolgt sei. Es sei von der Unwirksamkeit der vollstreckbaren Urkunde des Notars A vom 02.11.2001 auszugehen, da die Vollstreckungsgläubiger nach der BGH-Rechtsprechung zum Auszahlungsverbot bei eigenkapitalersetzender Gesellschafterleistung den Untreuetatbestand erfüllt hätten. Weiter verweist der Vollstreckungsgläubiger auf einen Schriftsatz vom 01.10.2004 in dem Verfahren 7 T 225/04 -Landgericht Limburg a. d. Lahn-. Zur ergänzenden Begründung der weiteren Beschwerde beantragt der Vollstreckungsschuldner Akteneinsicht, die mit Verfügung vom 07.04.2005 gewährt, aber nicht wahrgenommen wurde.

Die Vollstreckungsgläubiger sind der weiteren Beschwerde entgegengetreten. Sie haben gegenüber dem Landgericht die Kostenentscheidung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Erstbeschwerdeverfahrens gerügt.

Die weitere Beschwerde ist zulässig gemäß §§ 78, 80 GBO, aber nicht begründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 78 GBO, 546 ZPO). Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Erstbeschwerde mit dem Ziel der Eintragung eines Widerspruchs gemäß § 71 Abs. 2 GBO zwar zulässig war, die Voraussetzungen für die Eintragung eines Widerspruchs nach § 53 GBO aber nicht vorliegen, da das Grundbuchamt die Eintragung der Zwangssicherungshypothek in Abt. III, lfde. Nummer ... des betroffenen Grundbuchs nicht unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen hat.

Das Grundbuchamt hat bei Eintragung einer Zwangssicherungshypothek zu überprüfen, ob sowohl die Vollstreckungsvoraussetzungen nach der ZPO als auch die grundbuchrechtlichen Eintragungserfordernisse gegeben sind (Demharter: GBO, 24. Aufl., Anhang zu § 44, Rdnr. 67; Bauer/von Oefele: GBO, AT I Rdnr. 124; Zöller/Stöber: ZPO, 25. Aufl., § 867, Rdnr. 1). Die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen nach §§ 28, 39 und 47 GBO waren ohne jeden Zweifel erfüllt.

Zu den vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen, die auch durch das Grundbuchamt als Vollstreckungsorgan geprüft werden müssen, gehören im wesentlichen außer dem Antrag das Vorliegen eines Vollstreckungstitels (Zöller, aaO., Rdnr. 2). Ein solcher ist vorliegend in Form einer Urkunde nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO gegeben, der die Einwilligungserklärung des Vollstreckungsschuldners (§ 19 GBO) ersetzt. Dass die Urkunde des Notars A vom 02.11.2001 die Voraussetzungen des § 794 Abs.1 Nr. 5 ZPO nicht erfüllen würde, ist von dem Vollstreckungsschuldner selbst nicht geltend gemacht worden und auch sonst nicht ersichtlich. Eine über diese die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung betreffende hinausgehende Nachprüfung eines Schuldtitels, auch einer vollstreckbaren notariellen Urkunde, durch das Grundbuchamt ist unzulässig, unbeachtlich sind auch materiell-rechtliche Einwendungen (Schöner/Stöber: Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rdnr. 2170). Zu Recht hat deshalb die Kammer darauf verwiesen, dass über derartige Einwendungen im Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage zu entscheiden ist, die der Vollstreckungsschuldner in zweiter Instanz noch führt.

Da die Eintragung eines Widerspruchs nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO voraussetzt, dass die Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften durch das Grundbuchamt erfolgte, ist maßgebend die im Zeitpunkt der Eintragung bestehende Rechtslage (Demharter, aaO., § 53, Rdnr. 22). Am 08.04.2004 war weder nach den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts, an die der Senat im Rechtbeschwerdeverfahren grundsätzlich gebunden ist, noch nach dem Vortrag des Vollstreckungsschuldners die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde vom 02.11.2001 aufgehoben oder eingestellt. Selbst wenn in dem Verfahren der Vollstreckungsgegenklage 2/10 O 319/03 durch das Landgericht eine einstweilige Einstellung ohne Sicherheitsleistung erfolgt war, hatte diese spätestens durch das Urteil vom 30.01.2004 und somit vor Eintragung der Zwangssicherungshypothek ihre Wirkung verloren (Zöller/Herget: ZPO, 25. Aufl., § 769, Rdnr. 9). Abgesehen davon, dass im Zeitpunkt der Eintragung der Zwangssicherungshypothek die Einstellung der Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung noch nicht erfolgt war und der Vollstreckungsschuldner die Sicherheit nicht erbracht hat, hätte auch die Erbringung der Sicherheitsleistung nicht die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Zwangssicherungshypothek zu Folge, sondern nach § 868 ZPO die Umschreibung in eine Eigentümergrundschuld. Dies hat die Kammer in ihrer Entscheidung bereits zutreffend ausgeführt. Insoweit besteht gegenüber dem § 775 ZPO, der als allgemeine Vorschrift des Vollstreckungsrechts für Zwangsvollstreckungen jeder Art gilt, in § 868 ZPO eine Besonderheit ( Zöller/Stöber: ZPO, 25. Aufl., § 775, Rdnr. 2 ).

Der angefochtene Beschluss ist demnach in der Sache nicht zu beanstanden, es sind der Kammer auch keine Verfahrensfehler unterlaufen.

Die neuerliche Besetzungsrüge ist nicht begründet. Da die Kammer als Kammer unter Mitwirkung aller ihr angehörenden Mitglieder entschieden hat, kommt es nicht darauf an, ob der an Stelle des Kollegiums entscheidende Einzelrichter in der kammerinternen Geschäftsverteilung bestimmt worden ist.

Der Vollstreckungsschuldner verkennt außerdem, dass sich die Besetzung des Beschwerdegerichts in Grundbuchverfahren nach § 30 FGG richtet und nach § 30 Abs. 1 Satz 3 FGG i. V. m. § 526 ZPO die Bestimmung des fakultativen Einzelrichters durch einen Übertragungsbeschluss im Einzelfall erfolgt. Durch die Verteilung der als Berichterstatter zu bearbeitenden Sachgebiete ist auch festgelegt, wer der fakultative Einzelrichter im Fall einer Übertragung wird.

Das rechtlichen Gehör des Vollstreckungsschuldners wurde nicht verletzt. Vor der Eintragung der Zwangssicherungshypothek war er weder nach den Grundsätzen des Zwangsvollstreckungsrecht, noch des Grundbuchrechts anzuhören.

Zwar gilt auch in Zwangsvollstreckungsverfahren Art. 103 Abs. 1 GG. Da jedoch in der Regel ein sofortiger Zugriff erforderlich ist, der eine vorheriger Anhörung ausschließt, ist die Verweisung auf die nachträgliche Anhörung bzw. die Rechtswahrung durch Rechtsbehelfe mit dem GG vereinbar (BVerfG NJW 1981, 2111; Zöller/Stöber, aaO., Vor § 704, Rdnr. 28). Nach den im Grundbuchrecht geltenden Grundsätzen erhält im streng einseitigen Antragsverfahren nur der Antragsteller rechtliches Gehör, den übrigen Beteiligten ist es dadurch gewährt, dass sie als Betroffene die Eintragung nach § 19 GBO bewilligt haben. Bei der Eintragung einer Zwangssicherungshypothek tritt der Vollstreckungstitel an die Stelle der Bewilligung (Demharter: GBO, 24. Aufl., § 1, Rdnr. 49 und Anhang zu § 44, Rdnr. 69 ; BayObLGZ 1975, 402).

Eine Verletzung rechtlichen Gehörs liegt auch nicht darin, dass die Kammer auf den Vortrag des Vollstreckungsschuldners zum Scheinurteil nicht eingegangen ist bzw. die Prozessakten nicht beigezogen hat. Grundsätzlich besteht für das hier als Vollstreckungsgericht tätig werdende Grundbuchamt und die an seine Stelle tretende Kammer keine Verpflichtung zur Beiziehung von Prozessakten, die Vorlage von Urkunden im Sinn des § 775 ZPO ist vielmehr Sache der Parteien oder eines beteiligten Dritten. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung hat zwar auch dann zu erfolgen, wenn das Vollstreckungsgericht auf andere Weise von einem Einstellungsgrund Kenntnis erlangt (Zöller/Stöber, aaO., § 775, Rdnr.), diese Voraussetzung liegt aber ebenfalls nicht vor. Das von dem Vollstreckungsschuldner aus hier nicht nachvollziehbaren Gründen als "Scheinurteil" bezeichnete landgerichtliche Urteil vom 30.01.2004 ist für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung, wovon auch die Kammer zu Recht ausgegangen ist. Ob die Zurückweisung der Vollstreckungsgegenklage durch dieses Urteil zu Recht erfolgt ist oder nicht, haben das Grundbuchamt bzw. die Rechtsmittelgerichte im Rahmen der Grundbuchbeschwerde nicht zu überprüfen. Auch wenn die die Vollstreckungsgegenklage zurückweisende Entscheidung ein Scheinurteil wäre, hätte dies keine Bedeutung für die notarielle Urkunde, die allein die Eintragungsgrundlage der Zwangshypothek bildet. Nur eine Entscheidung im Sinn des § 868 ZPO hätte die Auswirkung, dass der Eigentümer im Zeitpunkt des Erlöschens der Vollstreckungsforderung die Hypothek erwirbt.

Die Entscheidung über die Gerichtskosten beruht auf § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO. Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten war nach § 13 Abs. 1 Satz 2 KostO anzuordnen. Insoweit war der Senat auch befugt, die landgerichtliche Kostenentscheidung auf die Rüge der Vollstreckungsgläubiger zu berichtigen (Zimmermann in Keidel/Kuntze/Winkler: FGG, 15. Aufl., § 13 a, Rdnr. 34 b).

Die Festsetzung des Geschäftswertes der weiteren Beschwerde beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2, 23 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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