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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 13.09.2005
Aktenzeichen: 20 W 142/05
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 45
WEG § 48
Zur Frage des Werts des Gegenstands der Beschwerde bei der Anfechtung eines Beschlusses über die Entnahme eines Betrages aus der Instandhaltungsrücklage und über die Kündigung eines Hausmeistervertrages.
Gründe:

Durch Teilbeschluss vom 06.10.2004, auf den verwiesen wird, hat das Amtsgericht die Anträge der Antragsteller auf Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse zu TOP 5, 8 und 9 der Eigentümerversammlung vom 25.02.2004 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt, die sie auf die Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts im Hinblick auf die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 25.02.2004 zu TOP 8 und 9 beschränkt haben. Die Antragsgegner sind der sofortigen Beschwerde entgegengetreten. Durch den angefochtenen Beschluss, auf den gleichfalls verwiesen wird, hat das Landgericht den Beschwerdewert auf 445,97 EUR festgesetzt und die Beschwerde gegen den Teilbeschluss als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die sofortige Beschwerde unzulässig sei, weil der Wert des Gegenstandes der Beschwerde 750,-- EUR nicht übersteige. Dieser richte sich alleine nach der Beschwer des Beschwerdeführers und dessen Interesse an der Änderung der angefochtenen Entscheidung. Das finanzielle Interesse der Antragsteller im Hinblick auf die Beschlussfassung zu TOP 8 belaufe sich jedoch angesichts eines Miteigentumsanteils von 37/1000 lediglich auf insgesamt 75,97 EUR. Hinsichtlich der Beschlussfassung zu TOP 9 der Eigentümerversammlung vom 25.02.2004 belaufe sich der Wert der Beschwer allenfalls auf 370,-- EUR.

Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller mit Schriftsatz vom 29.03.2005 sofortige weitere Beschwerde eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 13.04.2005, auf den letztendlich verwiesen wird, begründet haben. Die Antragsgegner zu 2) und 3) sind der sofortigen weiteren Beschwerde entgegengetreten.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller ist gemäß § 45 Abs. 1 WEG statthaft und auch ansonsten zulässig, so insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Wurde nämlich die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen, so ist die sofortige weitere Beschwerde unabhängig vom Beschwerdewert stets zulässig (BGH NJW 1992, 3305; Niedenführ/Schulze, WEG, 7. Aufl., § 45 Rz. 8; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 45 Rz. 80; Palandt/Bassenge, BGB, 64. Aufl., § 45 Rz. 4, jeweils m. w. N.).

Die sofortige weitere Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen. Der Wert des Gegenstands der Beschwerde übersteigt nicht 750,-- EUR, § 45 Abs. 1 WEG.

Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass sich der Beschwerdewert nach der Beschwer und dem Änderungsinteresse des Beschwerdeführers (hier: der Antragsteller) richtet. Die Beschwer bestimmt sich danach, was dem einzelnen Beschwerdeführer durch die angefochtene Entscheidung versagt bzw. auferlegt wird. Er ist von dem Geschäftswert im Sinne des § 48 Abs. 3 WEG, der sich am Interesse aller Beteiligten orientiert, zu trennen. Entscheidend ist mithin ausschließlich das vermögenswerte Interesse des Beschwerdeführers an der Änderung der angefochtenen Entscheidung (vgl. Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 45 Rz. 9; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 45 Rz. 27; Staudinger/Wenzel, BGB, Stand Juni 1997, § 45 WEG Rz. 12; Palandt/Bassenge, a.a.O., § 45 WEG Rz. 3). Dabei entspricht es allerdings grundsätzlich rechtsstaatlichen Grundsätzen, in Zweifelsfällen, zu denen auch solche gehören, in denen die Bestimmung des Geschäftswerts oder der Beschwer mangels konkreter Anhaltspunkte weitgehend Ermessenssache ist, von der Zulässigkeit des Rechtsmittels auszugehen und in der Sache zu entscheiden (vgl. zuletzt Senat, Beschluss vom 19.07.2005, 20 W 3/05). Diese Grundsätze gelten auch im Beschlussanfechtungsverfahren. Auch hier bestimmt sich der Wert des Beschwerdegegenstands ausschließlich nach dem vermögenswerten Interesse des Beschwerdeführers an der Änderung der angefochtenen Entscheidung (vgl. zuletzt Senat, Beschluss vom 06.05.2003, 20 W 475/02; vgl. auch Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 45 Rz. 10; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 45 Rz. 31; Staudinger/Wenzel, a.a.O., § 45 WEG Rz. 12). Demgemäß lässt sich eine höhere Beschwer auch nicht mit Erwägungen über die Bedeutung der Rechtsfrage im Allgemeinen oder für die Gemeinschaft im Besonderen begründen (vgl. BayObLG ZMR 2001, 814).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die landgerichtliche Entscheidung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

So hat das Landgericht hinsichtlich TOP 8 der Eigentümerversammlung vom 25.02.2004 zu Recht den Wert des Beschwerdegegenstandes lediglich auf den Anteil der Antragsteller an der Instandhaltungsrücklage bemessen, den es rechnerisch zutreffend und von der weiteren Beschwerde insoweit auch nicht beanstandet auf 75,97 EUR festgesetzt hat. Dies entspricht den obigen Grundsätzen. Diese gelten auch für eine im Wege der Beschlussanfechtung angegriffene Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage; auch hier bestimmt sich die Beschwer des anfechtenden Wohnungseigentümers nach dessen Anteil entsprechend seinem Miteigentumsanteil (so auch OLG Celle OLGR 2000, 250; ZMR 2004, 51; vgl. zur Instandhaltungsrücklage auch BGH NJW 1992, 3305; OLG Celle OLGR 1996, 104). Dass es sich bei der Instandhaltungsrücklage um Gemeinschaftsvermögen handelt, dessen Verwendung nur einheitlich erfolgen kann, worauf die weitere Beschwerde abstellt, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Darauf kommt es bei der Bemessung des allein maßgeblichen finanziellen Interesses der Antragsteller nicht an. Müsste die Instandhaltungsrücklage in Höhe der Entnahme wieder aufgefüllt werden, so würde auf die Antragsteller lediglich der ihrem Miteigentumsanteil entsprechende Betrag entfallen.

Auch hinsichtlich TOP 9 der Eigentümerversammlung vom 25.02.2004 ist die Bemessung des Wertes des Gegenstandes der Beschwerde durch das Landgericht aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Hier ist das Landgericht im Ansatz sogar von einer fünfjährigen Laufzeit des Vertrages, mithin einem Betrag in Höhe von 10.000,-- EUR ausgegangen; selbst die weitere Beschwerde will für den Geschäftswert insoweit lediglich den Jahresbetrag von 2.000,-- EUR in Ansatz bringen. Bereits vor diesem Hintergrund spielt die vorangegangene Kündigung des Vertrages mit dem Hausmeisterdienst A keine Rolle, abgesehen von dem Umstand, dass das Landgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Kündigung nicht Gegenstand des von den Eigentümern gefassten Beschlusses und mithin des Beschlussanfechtungsverfahrens ist.

Die durch die Kündigung dieses Vertrages eingesparten Kosten für den Hausmeister, die ansonsten für die Gemeinschaft und mithin die Antragsteller angefallen wären, sind dabei noch nicht einmal berücksichtigt. Dass das Landgericht auch hier lediglich den dem Miteigentumsanteil der Antragsteller entsprechenden Teilbetrag zugrunde gelegt hat, ist wiederum zutreffend. Soweit die weitere Beschwerde in diesem Zusammenhang einwendet, dass die Antragsteller als Gesamtschuldner in voller Höhe der Beträge haften würden, führt dies nicht zu einer Erhöhung des Wertes des Gegenstandes der Beschwerde über 750,-- EUR. Soweit das Kammergericht in der zitierten Entscheidung vom 03.11.1993 (entgegen der Angabe im Schriftsatz vom 13.04.2005 veröffentlicht in WE 1994, 81) davon ausgegangen ist, dass bei einem Sonderumlagenbeschluss für eine Notreparatur mit zusätzlich beschlossener Kreditaufnahme das vermögenswerte Interesse des Antragstellers angesichts der nicht vorliegenden liquiden Mittel und wegen ihrer denkbaren gesamtschuldnerischen Haftung über seinen Reparaturkostenanteil im Innenverhältnis hinausgehe, betrifft dies einen gänzlich anderen und nicht ohne Weiteres vergleichbaren Sachverhalt. Anhaltspunkte für eine gesamtschuldnerische Inanspruchnahme der Antragsteller bestehen überdies auch nicht (vgl. dazu BayObLG ZMR 2001, 814; WuM 1998, 687). Deshalb könnten auch potentielle Rechtsverfolgungskosten eines Gesamtschuldnerausgleichs keine Rolle spielen. Ohnehin würden unter Zugrundelegung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 02.06.2005 zur Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft (vgl. NJW 2005, 2061) die einzelnen Wohnungseigentümer für Schulden der Gemeinschaft nicht mehr grundsätzlich als Gesamtschuldner neben der teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft haften.

Es entspricht billigem Ermessen, dass die Antragsteller die Gerichtskosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen haben, § 47 Satz 1 WEG.

Gründe, nach § 47 Satz 2 WEG den Antragstellern im Verfahren der weiteren Beschwerde ausnahmsweise die außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen, hat der Senat mit dem Landgericht nicht gesehen. Insoweit teilt der Senat für die vorliegende Fallgestaltung die diesbezügliche Einschätzung durch das Landgericht.

Wie bereits oben in anderem Zusammenhang ausgeführt, ist für die Geschäftswertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde und der Erstbeschwerde (§ 31 Abs. 1 Satz 2 KostO) im Sinne des § 48 Abs. 3 WEG - anders als bei dem Wert des Gegenstands der Beschwerde - das Interesse aller Beteiligten, also auch das Abwehrinteresse der Antragsgegner maßgebend. Wertbestimmend ist bei der Entnahme eines Betrages aus der Instandhaltungsrücklage (TOP 8 der Versammlung vom 25.02.2004) der Gesamtbetrag (vgl. OLG Celle OLGR 2000, 250, insoweit veröffentlicht bei Juris), mithin hier 2.053,33 EUR. Hinsichtlich TOP 9 der Versammlung vom 25.02.2004 geht der Senat mit den Antragstellern von einem Geschäftswert von 2.000,-- EUR - dem Jahresbetrag - aus, so dass sich der sich aus dem Tenor ergebende Geschäftswert errechnet.

Ende der Entscheidung

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