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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 20.08.2008
Aktenzeichen: 20 W 145/08
Rechtsgebiete: FGG, HFEG, JVEG, KostO, SGB V


Vorschriften:

FGG 68 b Abs. 4
FGG § 70 e
HFEG § 31
JVEG § 4 Abs. 4
JVEG § 4 Abs. 5
JVEG § 8 Abs. 1
JVEG § 12 Abs. 1 S. 2
KostO § 128 b
SGB V § 27
SGB V § 39
Wird die Unterbringung eines Betroffenen in einem Psychiatrischen Krankenhaus zur Vorbereitung eines Gutachtens richterlich angeordnet, so kommt die Erstattung der Kosten des stationären Aufenthaltes als Aufwendungen des Sachverständigen nach §§ 8 Abs. 1 Nr. 4, 12 JVEG nur dann in Betracht, wenn der Aufenthalt ausschließlich der Begutachtung diente. Sind daneben auch medizinische Gründe gegeben, die einen stationären Krankenhausaufenthalt zur Erkennung oder Behandlung einer Krankheit erfordern, so wird die Leistungspflicht der Krankenkasse bzw. des Sozialhilfeträgers durch die richterliche Anordnung der Unterbringung nicht ausgeschlossen.
Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Erstattung der Kosten des stationären Aufenthaltes des Betroffenen in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie O1.

Mit Beschluss vom 13. Juli 2007 wurde der Betroffene gemäß § 10 Abs. 1 HFEG durch die Polizei O2 in Gewahrsam genommen und in das vorgenannte psychiatrische Krankenhaus eingeliefert, nachdem er kurz zuvor in alkoholisiertem Zustand vor der elterlichen Wohnung tobte, gegenüber den herbeigerufenen Polizeibeamten aggressiv wurde und Widerstand leistete sowie diese ebenso wie seine Mutter und Schwester bedrohte.

Nachdem der Vorgang dem Amtsgericht Frankenberg zum Zwecke der Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 HFEG übermittelt worden war, begab sich die Vormundschaftsrichterin am 15. Juli 2005 in das vorgenannte psychiatrische Krankenhaus. Dort teilte die behandelnde Fachärztin für Psychiatrie Dr. B mit, dass der Betroffene sich nach der Einlieferung auch in der Klinik zunächst ausgesprochen bedrohlich und aggressiv verhalten habe. Sie vermute, dass der Betroffene, der lediglich Alkoholkonsum eingeräumt habe, auch noch andere Drogen genommen habe. Aus ihrer Sicht sei es notwendig abzuklären, ob der Betroffene andere Drogen nehme und/oder ob eine psychiatrische Erkrankung vorliege, die Ursache des Ausrasters gewesen sei oder ob der Betroffene einfach kriminell sei. Deshalb schlage sie eine Beobachtung unter stationären Bedingungen vor. Nach persönlicher Anhörung des Betroffenen und Bestellung einer Verfahrenspflegerin ordnete die Vormundschaftsrichterin mit Beschluss vom 15. Juli 2005 durch einstweilige Anordnung die Unterbringung des Betroffenen zur Vorbereitung eines Gutachtens über seinen Gesundheitszustand bis längstens 22. Juli 2005 mit sofortiger Wirksamkeit an. Zur Begründung wurde auf §§ 70 h Abs. 1 und 70 Abs. 1 FGG verwiesen und ausgeführt, es bestünden dringende Gründe für die Annahme, dass der Betroffene an einer Krankheit oder Behinderung im Sinne des § 1906 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BGB leide und deshalb von ihm eine gegenwärtige und nicht anders abwendbare Gefahr für ihn selbst oder andere ausgehe. Außerdem beauftragte die Vormundschaftsrichterin die in der Anhörung anwesende Fachärztin Dr. B mündlich mit der Erstattung eines Gutachtens.

Die Sachverständige Dr. B übersandte unter dem 21. Juli 2005 eine fachärztliche Stellungnahme, in welcher sie folgende Diagnose stellte:

Dissoziale Persönlichkeitsstörung (F 60.2)

Cannabisabhängigkeit (F 12.2)

Opiatabhängigkeit, gegenwärtig abstinent (F 11.2)

Alkoholabusus (F 10.1).

Des Weiteren teilte sie mit, es sei beabsichtigt, den Betroffenen am 22. Juli 2005 aus der Klinik zu entlassen, nachdem dieser in einem gemeinsamen Gespräch mit seinen Bewährungshelfer zugesichert habe, sich um eine stationäre Entwöhnungstherapie zu bemühen und vorläufig nicht in das häusliche Umfeld zurückzukehren.

Unter Vorlage einer entsprechenden Abtretungserklärung der Sachverständigen Dr. B machte der Antragsteller beim Amtsgericht Kosten in Höhe des Basispflegesatzes und der Pflegekosten für zehn Tage für den stationären Aufenthalt des Betroffenen in dem psychiatrischen Krankenhaus für die Zeit vom 13. Juli 2005 bis 22. Juli 2005 in Höhe von insgesamt 2.577,50 EUR geltend.

Der Bezirksrevisor trat einer Kostenfestsetzung gegen den Justizfiskus unter Hinweis auf § 31 HFEG entgegen und machte geltend, eine Unterbringung nach dem HFEG sei Aufgabe der Ordnungsbehörde, welche für die Abwicklung, Durchführung und Kosten verantwortlich sei, während durch die überwachende Mitwirkung des Gerichtes an einem der Ordnungsbehörde als Dienstaufgabe obliegenden Verfahren keine Kostentragungspflicht begründet werden könne.

Die Vormundschaftsrichterin setzte mit Beschluss vom 05. Juli 2006 gemäß § 4 Abs. 1 JVEG eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 2.577,50 EUR für die Unterbringung und Pflege des Betroffenen im A O1 für den Zeitraum vom 13. bis 22. Juli 2005 fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, Rechtsgrundlage der Unterbringung sei tatsächlich § 68 b Abs. 4 FGG gewesen, der nach § 70 e FGG auch im Rahmen des Unterbringungsverfahrens anwendbar sei. Eine gerichtlich angeordnete Unterbringung nach dem HFEG habe nicht vorgelegen. Da die Unterbringung der Vorbereitung eines Gutachtens gedient habe, seien diese Kosten Aufwendungen im Sinne des § 12 Abs. 1 Ziff. 1 JVEG, die dem Sachverständigen gemäß § 8 Abs. 1 Ziff. 4 JVEG zu erstatten seien. Da die Sachverständige ihren Anspruch an die Antragstellerin abgetreten habe und die Höhe der beantragten Aufwendungen den damals gültigen Pflegesätzen entsprochen habe, sei eine antragsgemäße Festsetzung erfolgt.

Gegen diesen Beschluss erhob der Bezirksrevisor Beschwerde, mit der er ausführte, bei der Unterbringung sowohl nach HFEG als auch nach BGB handele es sich um Maßnahmen, die von anderer Seite, nämlich der Ordnungsbehörde bzw. dem Betreuer initiiert würden, nicht jedoch von der Justiz, welche lediglich in einem gerichtlichen Verfahren sicherzustellen habe, dass die von dritter Seite für nötig gehaltenen Zwangsmaßnahmen rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprächen und die Rechte des Betroffenen ausreichend gewahrt würden. Auch aus §§ 70 e Abs. 2 und 68 b Abs. 4 FGG ergebe sich keine Kostentragungspflicht des Justizfiskus. Es gehe nicht an, die Justiz als Genehmigungsbehörde für Unkosten nur deshalb haftbar zu machen, weil sie Maßnahmen, die durch Ordnungsbehörden, Gesundheitsbehörden oder Betreuer als Dritter erfolgten, nachprüfen und genehmige müsse.

Nach Übertragung der Sache durch den Einzelrichter auf die Kammer änderte das Landgericht mit Beschluss vom 25. Februar 2008 den Festsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Frankenberg vom 05. Juli 2006 dahingehend ab, dass eine Aufwandsentschädigung für die Unterbringung und Pflege des Betroffenen im A O1 lediglich für die Zeit vom 15. bis 22. Juli 2005 in Höhe von 2.062,-- EUR festgesetzt wurde. Der weitergehende Festsetzungsantrag (für die Zeit vom 13. bis 14. Juli 2005) und die weitergehende Beschwerde wurden zurückgewiesen. Zur Begründung führte das Landgericht im Wesentlichen aus, Grundlage der Entscheidung seien die §§ 70 Abs. 1, 70 e Abs. 2, 68 b Abs. 4, 70 h FGG gewesen, da die vorläufige Unterbringung des Betroffenen der Klärung der Frage habe dienen sollte, ob eine Unterbringung als öffentlich-rechtliche Maßnahme nach dem HFEG oder als zivilrechtliche Maßnahme nach §§ 1846, 1906 BGB veranlasst gewesen sei. Damit handele es sich nicht um Kosten der Unterbringung im Sinne des § 31 HFEG, die der Untergebrachte selbst oder bei Mittellosigkeit der Antragsteller als überörtliche Sozialhilfebehörde zu tragen habe, sondern um Kosten des Unterbringungsverfahrens nach § 128 b KostO. Vorliegend habe die vom Gericht beauftragte Sachverständige nach §§ 1, 8 JVEG einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse. Dieser umfasse in richterlich veranlassten Begutachtungsfällen mit stationärem Krankenhausaufenthalt nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG auch die durch den stationären Aufenthalt entstehenden Kosten, die der Krankenhausträger im Sinne des sog. großen Pflegesatzes berechnen und nach Abtretung durch die Sachverständige selbst geltend machen könne. Da im vorliegenden Fall die vorläufige Unterbringung des Betroffenen zur Vorbereitung des unter dem 21. Juli 2005 dann auch erstellten psychiatrischen Gutachtens jedoch erst durch Beschluss vom 15. Juli 2005 angeordnet worden sei, komme ein Aufwendungsersatz in Form der Unterbringungskosten im psychiatrischen Krankenhaus aber lediglich ab diesem Datum und somit insgesamt nur für einen Zeitraum von acht Tagen in Betracht, während die für den davor liegenden Zeitraum angefallenen Pflegekosten nicht als gerichtliche Auslagen im Rahmen einer Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erstattet werden könnten.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Bezirksrevisor mit der vom Landgericht zugelassenen weiteren Beschwerde, mit der er auf sein bisheriges Vorbringen verweist.

Die Antragstellerin verteidigt den landgerichtlichen Beschluss.

II.

Die Kraft Zulassung im angefochtenen Beschluss des Landgerichts gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 JVEG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere schriftlich gemäß § 4 Abs. 6 JVEG formgerecht eingereichte Beschwerde führt auch in der Sache vorläufig zum Erfolg, da die Entscheidungen der Vorinstanzen nicht rechtsfehlerfrei ergangen sind (§§ 4 Abs. 5 Satz 2 JVEG, 546 ZPO).

Sowohl die Entscheidung des Amtsgerichts als auch der Beschluss des Landgerichts beruhen auf dem Rechtsfehler, dass nicht aufgeklärt wurde, ob die Festsetzung der Kosten für die stationäre Unterbringung und Pflege des Betroffenen für den hier allein noch im Streit stehenden Zeitraum vom 15. bis 22. Juli 2005 als besondere Aufwendungen der Sachverständigen gegen die Staatskasse daran scheitert, dass eine Erstattung dieser Kosten durch den Träger der Krankenversicherung nach §§ 27, 39 SGB V in Betracht kommen kann.

Allerdings hat das Landgericht zutreffend entschieden, dass einer Festsetzung der Kosten für den stationären Aufenthalt des Betroffenen in dem psychiatrischen Krankenhaus hier die Vorschrift des § 31 HFEG nicht entgegensteht. Nach § 31 HFEG trägt die Kosten der Unterbringung nach diesem Gesetz einschließlich der Kosten der Überführung in die Anstalt der Untergebrachte und - soweit dieser die Kosten nicht aus eigenen Kräften und Mitteln aufbringen kann oder von anderer Seite erhält - der Antragsteller in seiner Eigenschaft als überörtlicher Sozialhilfeträger. Bei diesen Kosten der Unterbringung im Sinne des § 31 HFEG handelt es sich um die Kosten des Vollzuges der Unterbringung, die der landesrechtlichen Regelung unterliegen. Hiervon zu unterscheiden sind jedoch die Kosten des gerichtlichen Verfahrens der Unterbringung, die durch Bundesgesetz in § 128 b KostO und § 13 a FGG geregelt sind (vgl. Marschner/Volckart, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 4. Aufl., Abschnitt B Rn. 273/274 und 277). Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist es zu dem Vollzug einer öffentlich-rechtlichen Unterbringung nach dem HFEG in dem hier allein noch streitgegenständlichen Zeitraum vom 15. bis zum 22. Juli 2005 aber nicht gekommen, da die mit polizeilicher Verfügung vom 13. Juli 2005 angeordnete sofortige Ingewahrsamnahme des Betroffenen nach § 10 HFEG bis zum 14. Juli 2005 befristet war und mit dem gerichtlichen Beschluss vom 15. Juli 2005 gerade nicht die Unterbringung des Betroffenen als endgültige Unterbringungsmaßnahme nach § 70 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 3 FGG i.V.m. § 1 HFEG oder als vorläufige Unterbringungsmaßnahme nach § 70 h Abs. 1 FGG i.V.m. § 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 FGG angeordnet wurde. Zwar wurde in den Gründen dieser Entscheidung auf §§ 70 h Abs. 1 und 70 Abs. 1 FGG sowie die für die Genehmigung einer zivilrechtlichen Unterbringung durch den Betreuer geltende Vorschrift des § 1906 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 BGB verwiesen. Gleichwohl ist jedoch vorrangig auf den Tenor des Beschlusses vom 15. Juli 2005 abzustellen, in welchem die Unterbringung des Betroffenen ausdrücklich zur Vorbereitung eines Gutachtens angeordnet wurde und somit tatsächlich ihre Rechtsgrundlage in den hierfür einschlägigen Vorschriften der §§ 70 e, 68 b Abs. 4 FGG fand. Dies wird zusätzlich auch durch die Verweisung auf das mündlich in der Anhörung erstattete fachärztliche Zeugnis der Sachverständigen Dr. B vom 14. Juli 2005 belegt, in welchem ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass eine Abklärung notwendig sei, ob die Ursache für den aggressiven Durchbruch des Betroffenen, die zur Anordnung der sofortigen Ingewahrsamnahme durch die Polizeibehörde mit Verfügung vom 13. Juli 2005 geführt hatte, eine Drogenabhängigkeit, eine psychische Erkrankung oder ein kriminelles Verhalten des Betroffenen gewesen war. Zwar vermag insoweit der Hinweis auf die Verwendung eines Formulares die in der Sache unzutreffende Begründung der Entscheidung über die Unterbringung des Betroffenen mit Hinweis auf die Vorschriften der §§ 70 h Abs. 1, 70 Abs. 1 FGG und § 1906 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 BGB nicht zu rechtfertigen. Aus dem Tenor sowie der übrigen Begründung der Entscheidung ergibt sich jedoch bei der gebotenen Auslegung, dass die Anordnung der Unterbringung nicht als vorläufige oder endgültige Unterbringungsmaßnahme im Sinne der §§ 70 h und 70 Abs. 1 FGG erfolgte, sondern nur zur Vorbereitung der Erstattung eines Gutachtens gemäß §§ 70 e, 68 b Abs. 4 FGG angeordnet wurde, wie dies später durch die Vormundschaftsrichterin durch ihren Hinweisbeschluss vom 24. Mai 2006 nochmals klargestellt wurde.

Bei der Anordnung der Unterbringung eines Betroffenen zur Vorbereitung eines Gutachtens nach §§ 70 e, 68 b Abs. 4 FGG handelt es sich um eine einer endgültigen Unterbringungsmaßnahme nach § 70 Abs. 1 FGG oder einer vorläufigen Unterbringungsmaßnahme nach § 70 h FGG vorgelagerte richterliche Zwischenentscheidung, die in untrennbarem Zusammenhang mit der Einholung des Gutachtens eines Sachverständigen zum Zwecke der amtswegigen Sachaufklärung nach § 12, 15 FGG als zwingender Voraussetzung einer Unterbringungsmaßnahme ergeht. Diese Anordnung der Unterbringung zur Vorbereitung eines Gutachtens ist Bestandteil des gerichtlichen Unterbringungsverfahrens nach den §§ 70 bis 70 n FGG. Für die Kosten dieser gerichtlichen Unterbringungsverfahren bestimmt § 128 b Satz 1 KostO unabhängig von der Vermögenslage des Betroffene eine gänzliche Freiheit von Gerichtsgebühren für alle Rechtszüge. Des Weiteren sieht § 128 b Satz 2 KostO vor, dass von dem Betroffenen als Auslagen nur die an einen Verfahrenspfleger gezahlten Beträge unter der Voraussetzung einer nicht gegebenen Vermögenslosigkeit im Sinne der § 93 a Abs. 2 KostO i.V.m. § 1836 c BGB erhoben werden dürfen, während alle übrigen Auslagen und damit insbesondere auch die Kosten der Erstattung eines Sachverständigengutachtens von dem Betroffenen nicht zu erstatten sind, sondern nur bei Vorliegen der hier nicht gegebenen besonderen Voraussetzungen gemäß § 13 a Abs. 2 Satz 2 FGG einem Dritten auferlegt werden können und im Regelfall von der Staatskasse zu tragen sind (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., § 138 b KostO, Rn. 5/6; Marschner/Volckart, a.a.O., Abschnitt D § 128 b KostO, Rn. 1; Rohs/Wedewer, KostO, § 128 b Rn. 5/6; Jürgens/Winterstein, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 128 b KostO, Rn. 1 und 3).

Der im Unterbringungsverfahrens nach §§ 70 ff. FGG vom Gericht hinzugezogene Sachverständige kann gemäß §§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG als Vergütung ein Honorar für seine Leistungen beanspruchen. Daneben erhält er nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 12 JVEG Ersatz für besondere Aufwendungen. Hierzu zählen nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG auch die für die Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens aufgewendeten notwendigen besonderen Kosten einschließlich der insoweit notwendigen Aufwendungen für Hilfskräfte. Dabei ist anerkannt, dass hierunter auch die Sach- und Personalkosten eines stationären Krankenhausaufenthaltes der zu begutachtenden Person fallen können, soweit diese gerade für die Anfertigung des Gutachtens notwendig waren (vgl. Hartmann, a.a.O., § 12 JVEG, Rn. 4; H. Schneider, JVEG, § 12, Rn. 27; Binz/Dörndorfer/ Petzold/Zimmermann, GKG/JVEG, § 12 JVEG, Rn. 9 jeweils m.w.N.; OLG Zweibrücken Rpfleger 1982, 358).

Die Vorinstanzen sind zwar zutreffend von diesen Grundsätzen ausgegangen. Sie haben jedoch nicht beachtet, dass eine Erstattung der Kosten der stationären Unterbringung als besondere Aufwendungen des Sachverständigen im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 4 und 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG nur dann in Betracht kommen kann, wenn deren Finanzierung nicht als Krankenhausbehandlung nach Sozialrecht gewährgeleistet ist. Hierfür ist zu berücksichtigen, dass die Unterbringung als psychiatrische Krankenhausbehandlung grundsätzlich im Rahmen des Sicherstellungsauftrages der Länder auf der Grundlage des SGB V sozialrechtlich finanziert wird. Dabei liegt eine Krankenhausbehandlung gemäß § 39 SGB V nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dann vor, wenn der Krankenhausaufenthalt nicht ausschließlich Verwahrungsgründen dient, sondern wenn und so lange es sich um eine medizinische Behandlung handelt, die nur mit den besonderen Mitteln eine Krankenhauses durchgeführt werden kann (vgl. BSG FEVS 36, 123; Marschner/Volckart, a.a.O., Abschnitt B Rn. 19). Eine stationäre Krankenhausbehandlung, für die grundsätzlich die Krankenversicherung des Betroffenen und - wenn eine solche nicht besteht - der Antragsteller als überörtlicher Sozialhilfeträger als sog. Krankenhilfe aufzukommen hat, liegt vor, wenn eines der in § 27 Abs. 1 SGB V genannten Ziele verfolgt wird. Der stationäre Krankenhausaufenthalt muss somit notwendig sein, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Dabei ist den in § 27 Abs. 1 SGB V genannten Behandlungszielen gemeinsam, dass es sich hierbei um medizinische Gründe handelt, die für die gezielte medizinische Bekämpfung einer Krankheit maßgeblich sind. Andere Gründe und Motive für eine stationäre Versorgung in einem Krankenhaus als die in § 27 Abs. 1 SGB V genannten Ziele können zwar einen Anspruch auf Finanzierung durch die Krankenversicherung bzw. den Sozialhilfeträger nicht auslösen. Dabei wird eine Krankenhausbehandlung im Sinne der §§ 27 Abs. 1, 39 Abs. 1 SGB V jedoch nicht dadurch ausgeschlossen, dass neben einem Behandlungsziel im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V zusätzlich auch andere Gründe für den stationären Aufenthalt im Krankenhaus gegeben sind. So steht es einer von der Krankenversicherung zu finanzierenden stationären Krankenhausbehandlung nicht entgegen, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus richterlich angeordnet oder genehmigt wurde, um eine erhebliche Fremd- oder Eigengefährdung abzuwenden. Gleiches gilt für den Fall, dass eine stationäre Unterbringung vom Vormundschaftsgericht zum Zwecke der Begutachtung angeordnet wurde. In diesen Fällen ist eine Leistungspflicht der Krankenkasse nur dann ausgeschlossen, wenn die stationäre Unterbringung ausschließlich zum Zwecke der Verwahrung oder Begutachtung des Betroffenen erfolgt ist. Sind hingegen daneben auch medizinische Gründe im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V gegeben, die die stationäre Unterbringung des Betroffenen erfordern, so wird die Leistungspflicht der Krankenkasse hierdurch nicht ausgeschlossen (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 09.06.2004 - L1 KR/03 - dok. bei Juris m.w.N.; Danichau/Schiwy, SGB V, § 39 Anm. 1; Hauck/Haines, SGB V, § 39 Rn. 87).

Hiernach wären im vorliegenden Fall nähere Feststellungen darüber erforderlich gewesen, ob der stationäre Aufenthalt des Betroffenen in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie O1 in der Zeit vom 15. Juli 2005 bis 22. Juli 2005 neben der Vorbereitung der Erstattung des gerichtlich angeforderten Gutachtens über seinen Gesundheitszustand auch einer medizinischen Behandlung im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V diente, die nur mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses durchgeführt werden konnte. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nach der fachärztlichen Stellungnahme der Sachverständigen Dr. B vom 15. Juli 2005 der Grund für den aggressiven Durchbruch des Betroffenen am 13. Juli 2005 noch ungeklärt war und hierfür aus deren Sicht auch eine psychische Erkrankung in Betracht kam. Eine Krankenbehandlung im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V ist auch dann gegeben, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen. Des Weiteren ist anerkannt, dass eine Krisenintervention eine psychiatrische Akutbehandlung darstellt (vgl. Marschner/Volckart, a.a.O., Abschnitt B Rn. 19).

Hiernach bot der Sachverhalt, der dem stationären Aufenthalt des Betroffenen in dem psychiatrischen Krankenhaus unmittelbar voraus ging, deutliche Anhaltspunkte für die medizinische Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung im Sinne der §§ 27 Abs. 1, 39 Abs. 1 SGB V. Hinzu kommt, dass der auf der Abtretungserklärung vom 09. August 2005 (Bl. 18 d.A.) angebrachte Aufkleber auf eine Mitgliedschaft des Betroffenen in der ...-Krankenkasse O3 hindeutet. Des Weiteren hat die gerichtlich bestellte Verfahrenspflegerin in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 21. Juli 2005 (Bl. 12/13 d.A.) ausdrücklich ausgeführt, die Sachverständige Frau Dr. B habe ihr auf telefonische Anfrage mitgeteilt, der Betroffene sei nach anfänglichen Schwierigkeiten mit seiner Unterbringung einverstanden gewesen und habe in seine Behandlung eingewilligt. Des Weiteren habe der Betroffene selbst gegenüber dem Stationspersonal geäußert, er wolle gegen den Unterbringungsbeschluss keine Beschwerde einlegen und lehne ein Gespräch mit der Verfahrenspflegerin ab, da hierfür kein Bedarf bestünde. Diese Gesamtumstände deuten darauf hin, dass der damalige Aufenthalt des Betroffenen im psychiatrischen Krankenhaus neben dem Zweck der Vorbereitung der Erstattung des gerichtliche angeordneten Gutachtens auch medizinisch zum Zwecke der Erkennung und Behandlung einer Krankheit indiziert gewesen sein kann.

Deshalb war der angefochtene Beschluss des Landgerichts und die zugrunde liegende Entscheidung der Vormundschaftsrichterin aufzuheben, soweit die Erstattung der Kosten des stationären Aufenthaltes für die Zeit vom 15. bis zum 22. Juli 2005 durch die Staatskasse angeordnet wurde und das Verfahren zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

Die Entscheidung über die Gerichtsgebührenfreiheit des Verfahrens der weiteren Beschwerde sowie den Ausschluss der Erstattung außergerichtlicher Kosten beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.

Ende der Entscheidung

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