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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 30.08.2007
Aktenzeichen: 20 W 153/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 1804
BGB § 1821
BGB § 1829
BGB § 1908 i Abs. 2
Der Grundsatz "falsa demonstratio non nocet" gilt auch für die auf einer übereinstimmenden Fehlvorstellung der Urkundsbeteiligten beruhende falsche Bezeichnung von zu übertragendem Grundbesitz in einem notariellen Vertrag.

Wirkt ein Ergänzungsbetreuer nach einer vorausgegangenen Falschbezeichnung zum Zwecke der Klarstellung für einen Betreuten in einer neuen notariellen Urkunde an der Übertragung des noch nicht umgeschriebenen Grundbesitzes mit, so unterfällt dies nicht dem Schenkungsverbot der §§ 1908 i Abs. 2 , 1804 BGB, so dass über die nachgesuchte vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 1908 i Abs. 1, 1821, 1829 BGB zu befinden ist.


Gründe:

I.

Durch notariell beurkundeten Übergabevertrag vom 23. Mai 2000 übertrug die Betroffene ihrer Tochter, der Beteiligten zu 1), im Wege der vorweggenommenen Erbfolge den in der Urkunde näher genannten im Grundbuch von O1 verzeichneten Grundbesitz. Die Beteiligte zu 1) bestellte der Betroffenen im Gegenzug ein Wohnungsrecht und verpflichtete sich zu Abfindungszahlungen an ihre beiden Geschwister, mit welchen sie sich zugleich bezüglich eines weiteren in O1 gelegenen Grundstückes auseinandersetzte.

Nachdem die Betroffene in der Folgezeit an einer Demenz vom Alzheimertyp erkrankte, die zwischenzeitlich soweit fortgeschritten ist, dass eine sinnvolle Verständigung mit ihr nicht mehr möglich ist, bestellte das Amtsgericht die Beteiligte zu 1) mit Beschluss vom 12. März 2004 zur Betreuerin für die Aufgabenkreise der Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge, Vertretung gegenüber Behörden, Kliniken und Heimen sowie Postangelegenheiten.

Des Weiteren bestellte das Amtsgericht auf Anregung des Notars mit Beschluss vom 08. Dezember 2000 die Beteiligte zu 2) zur Ergänzungsbetreuerin mit dem Aufgabenkreis des Abschlusses von Grundstücksübertragungsverträgen betreffend die Grundstücke O2 Blatt ... und O3 Blatt ... .

Am 28. Dezember 2006 wurde zwischen der durch die Beteiligte zu 2) als Ergänzungsbetreuerin vertretenen Betroffenen und der Beteiligten zu 1) sowie deren Schwester ein Vertrag beurkundet, in welchem eingangs ausgeführt wurde:

"Die (von der Beteiligten zu 2) Vertretene (= die Betroffene) hat am 23.05.2000 .... Grundbesitz auf die Beteiligte zu 1) übertragen.

Die Erschienenen sind damals davon ausgegangen, dass in dem im Vertrag erwähnten Grundbuch von O1 Blatt ... der gesamte Grundbesitz ihrer Eltern verzeichnet gewesen sei. Nunmehr hat sich herausgestellt, dass die (Betroffene) und ihr verstorbener Ehemann ... im Grundbuch von O3 Blatt ... zu je 1/2-Anteil als Eigentümer eingetragen sind und dass die (Betroffene) im Grundbuch von O2 Blatt ... als Eigentümerin verzeichnet ist."

Im Hinblick darauf übertrug die Beteiligte zu 2) in der Urkunde namens der Betroffenen auch deren restlichen Grundbesitz auf die Beteiligte zu 1). Des Weiteren wurde beurkundet, dass Einigkeit darüber besteht, dass die Anteile der Schwester und der Betroffenen am Nachlass des vorverstorbenen Ehemannes der Betroffenen mit sofortiger dinglicher Wirkung auf die Beteiligte zu 1) übergehen, wobei klargestellt wurde, dass der gesamte restliche Nachlass bereits aufgeteilt war. Des Weiteren wurden die Eintragungen dieser Rechtsänderungen im Grundbuch bewilligt und beantragt sowie des Weiteren beantragt, die Grundbücher O1 Blatt ... und O3 Blatt ... zu berichtigen.

Eine Gegenleistung der Beteiligten zu 1) ist in der Urkunde nicht vorgesehen; bezüglich des Besitzüberganges, der Gewährleistung und aller anderen Bedingungen wurde die Geltung der Bestimmungen des früheren notariellen Vertrages vom 23. Mai 2000 vereinbart.

Der Notar legte den Vertrag dem Vormundschaftsgericht zur Genehmigung vor und führte nach Hinweis des Rechtspflegers auf die Unzulässigkeit unentgeltlicher Vermögensverfügungen eines Ergänzungsbetreuers zur Erläuterung aus, die Betroffene habe seinerzeit ihren ganzen Grundbesitz übertragen wollen, offensichtlich aber nicht daran gedacht, dass sich dieser auf verschiedene Grundbuchblätter verteilte; es stehe außer Zweifel, dass sie bei Kenntnis entsprechend gehandelt hätte. Deshalb liege keine unentgeltliche Verfügung, sondern die formelle Nachholung einer seinerzeit bereits begründeten Verpflichtung vor.

Der Rechtspfleger des Vormundschaftsgerichts versuchte daraufhin, die Betroffene am 08. Februar 2007 anzuhören, musste jedoch feststellen, dass krankheitsbedingt eine sinnvolle Verständigung mit ihr nicht möglich war.

Mit Verfügung vom 15. Februar 2007 lehnte der Rechtspfleger die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung des Vertrages vom 28. Dezember 2006 ab und führte zur Begründung aus, weder durch Heranziehung der früheren Urkunde noch durch Anhörung der Betroffenen lasse sich ein anderer als der beurkundete Wille feststellen. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass eine Person, die ihren gesamten Grundbesitz überträgt, sich vorher über dessen Bestand abschließend und gründlich informiere und dabei insbesondere auch in Erwägung ziehe, dass dieser nicht nur in einer Gemarkung liege sondern sich gerade in der Landwirtschaft häufig über viele Gemarkungen und Grundbuchblätter erstrecke.

Hiergegen wendete die Beteiligte zu 2) sich mit der Beschwerde, mit welcher sie ergänzend geltend machte, die Betroffene sei nach Abschluss des Übergabevertrages ersichtlich davon ausgegangen, ihren gesamten Grundbesitz auf die Beteiligte zu 1) übertragen zu haben, die seit dem im Vertrag vorgesehenen Besitzübergabetermin alle Pachten eingezogen, sämtliche Grundbesitzabgaben und Grundsteuern bezahlt und auch die vereinnahmten Pachten selbst versteuert habe, während die Betroffene sich ab der Übergabe selbst um überhaupt nichts mehr gekümmert habe. Derzeit lebe die Betroffene als Selbstzahlerin in dem Altenstift und werde finanziell von ihren Töchtern unterstützt. Nach Vorlage des bis dahin noch nicht zu den Akten gelangten notariellen Vertrages vom 23. Mai 2000 wies das Landgericht die Beschwerde mit Beschluss vom 03. April 2007 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung des vorgelegten Vertrages vom 28. Dezember 2006 komme mangels Wirksamkeit nicht in Betracht, da nach §§ 1908 i Abs. 2, 1804 BGB die Ergänzungsbetreuerin in Vertretung der Betroffenen keine Schenkungen machen dürfe. Von dem Ausnahmefall einer Anstandsschenkung oder eines nach den Lebensverhältnissen der Betroffenen üblichen Gelegenheitsgeschenkes könne nicht ausgegangen werden, da die Betroffene nach Angaben der Beteiligten zu 1) über keinerlei Vermögen verfüge und die streitbefangenen Grundstücke somit ihre letzten werthaltigen Vermögensgegenstände darstellten, deren Wert in der Urkunde auf 34.500,-- EUR beziffert sei. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass die angestrebte Übertragung der in der Urkunde genannten Grundstücke allein der Erfüllung einer bestehenden Verpflichtung diene, da der Übergabevertrag vom 23. Mai 2000 sich nur auf einzelne, dort näher bestimmte Grundstücke bzw. Grundstücksanteile beziehe und tragfähige Anhaltspunkte für eine bloße Falschbezeichnung nicht bestünden, zumal nach dem Vortrag der Beteiligten von einem Irrtum über den tatsächlichen Umfang des Grundvermögens der Betroffenen auszugehen sei. Der Vertrag vom 28. Dezember 2006 habe deshalb nicht nur klarstellende Bedeutung, für welche eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung ohnehin nicht erforderlich wäre, sondern einen eigenständigen auf eine unentgeltliche Übertragung des restlichen Grundvermögens der Betroffenen abzielenden Regelungsgehalt und sei deshalb nicht genehmigungsfähig.

Mit der hiergegen gerichteten weiteren Beschwerde macht die Beteiligte zu 2) insbesondere geltend, mit dem bisherigen Vorbringen, insbesondere den Ausführungen in dem Antrag, der zu ihrer Bestellung als Ergänzungsbetreuerin geführt habe, sei kein Irrtum über den tatsächlichen Umfang des Grundbesitzes beschrieben worden, sondern lediglich ein Irrtum über die formelle Eintragung des vollen Umfangs bekannten Grundbesitzes im Grundbuch. Die an dem Übergabevertrag beteiligten Personen seien seinerzeit der Auffassung gewesen, dass der gesamte Grundbesitz der Betroffenen, der ihnen nach Umfang und tatsächlicher Lage vollständig bekannt gewesen sei, in dem genannten Grundbuch von O1 Band 13, Blatt ... und Band 15, Blatt ... verzeichnet sei.

Die Urkundsbeteiligten hätten sich nicht in einem Irrtum über den tatsächlichen Umfang des Grundvermögens der Betroffenen befunden, sondern lediglich falsche Vorstellungen über den Grenzverlauf zwischen den benachbarten Gemarkungen O1 sowie O2 und O3 und somit über die grundbuchrechtliche Registrierung des gesamten Grundvermögens der Betroffenen gehabt. Ein weiterer Anhaltspunkt für die bloße Falschbezeichnung des im Übergabevertrag gemeinten Grundbesitzes ergebe sich auch aus der dortigen Wertangabe mit 350.000,-- DM. Der im Grundbuch von O1 verzeichnete landwirtschaftliche Grundbesitz mit einer Gesamtgröße von nur 1,8 ha und der alten von der Beteiligten zu 1) in unrenoviertem Zustand übernommenen Hofstelle habe bestenfalls einen Wert von 100.000,-- DM. Demgegenüber weise der in den Gemarkungen O2 und O3 verzeichnete Grundbesitz eine Größe von ca. 9 ha auf, so dass nur bei Gesamtbetrachtung aller Grundstücke der in der ersten Urkunde genannte Wert erreicht werde.

Soweit angesichts dieser gemeinsamen Fehlvorstellung aller Urkundsbeteiligten eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erforderlich sei, müsse sie auch erteilt werden, da mit dem späteren notariellen Vertrag nur die Erfüllung der von der Betroffenen schon im Jahre 2000 eingegangenen schuldrechtlichen Verpflichtung erreicht werden solle, so dass es an einer Unentgeltlichkeit fehle. Soweit eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung wegen der Falschbezeichnung nicht für erforderlich erachtet werde, hätte eine diesbezügliche Klarstellung des Gerichts erfolgen müssen und sodann gegebenenfalls der Antrag zurückgenommen werden können.

II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig. Es ist davon auszugehen, dass die von dem Notar vertretene Beteiligte zu 2) dieses Rechtsmittel - ebenso wie die Erstbeschwerde - nicht in eigenem Namen sondern in Ihrer Eigenschaft als Ergänzungsbetreuerin für die Betroffene eingelegt hat (vgl. BayObLG FÜR 02, 160; Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1829 Rn. 25; Palandt/Diederichsen, BGB, § 1828 Rn. 17). In der Sache führt die weitere Beschwerde insoweit zum Erfolg, als die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und das Verfahren zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen war. Die Vorinstanzen hätten die Erteilung der beantragten vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nicht ohne Durchführung der nach dem Amtsermittlungsgrundsatz des § 12 FGG gebotenen weiteren tatsächlichen Ermittlungen zurückweisen dürfen.

Der Notar hatte sowohl in dem Antrag auf Bestellung der Ergänzungsbetreuerin als auch nach Einreichung des Genehmigungsantrages geltend gemacht, sowohl die Betroffene als auch die übrigen Urkundsbeteiligten seien bei Errichtung der Urkunde vom 23. Mai 2000 übereinstimmend davon ausgegangen, dass die Betroffene hiermit ihren gesamten Grundbesitz auf die Beteiligte zu 1. übertragen habe. Hierüber durften die Vorinstanzen sich nicht mit der Begründung hinwegsetzen, weder nach der Anhörung der Betroffenen noch nach dem Vorbringen der übrigen Beteiligten lasse sich feststellen, dass das damalige Rechtsgeschäft andere als die dort ausdrücklich bezeichneten Grundstücke umfasse. Dies ist rechtsfehlerhaft, weil ein Verstoß gegen § 133 BGB gegeben ist.

Zwar ist der Wortlaut der notariellen Urkunde von 23. Mai 2000 bezüglich der von der Betroffenen auf die Beteiligte zu 1) übertragenen Grundstücke im Hinblick auf die grundbuchmäßige Bezeichnung eindeutig und bezieht sich nur auf den konkret bezeichneten Grundbesitz in der Gemarkung O1 und nicht auf den jetzt in der weiteren Urkunde vom 28. Dezember 2006 näher bezeichneten und in den Gemarkungen O3 und O2 gelegenen Grundbesitz.

Nach § 133 BGB ist bei der Auslegung einer Willenserklärung jedoch der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Deshalb geht bei der Auslegung von Verträgen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein übereinstimmender Wille der Parteien sowohl dem Wortlaut des Vertrages als auch jeder anderweitigen Auslegung vor und setzt sich auch gegenüber einem völlig eindeutigen abweichenden Vertragswortlaut durch (vgl. BGH NJW 78, 1050 und 94, 850 und 1528 sowie NJW-RR 96, 1458). Weicht somit infolge einer übereinstimmenden Fehlvorstellung aller Vertragsparteien der beabsichtigte Vertragsinhalt von dem tatsächlich beurkundeten Vertragstext ab, so gilt nicht das objektiv Erklärte, sondern das von den Vertragsparteien übereinstimmend Gewollte. Wie der Bundesgerichtshof gerade in seiner neueren Rechtsprechung klargestellt hat, gilt dies nach dem Rechtsgrundsatz falsa demonstratio non nocet uneingeschränkt auch für notariell beurkundeter Verträge und gerade auch soweit es um die Bezeichnung des Auflassungsgegenstandes geht (vgl. BGH NJW 2002, 1038 und 2102; BayObLG 96, 215).

Nach diesem Rechtsgrundsatz hätten die Vorinstanzen somit im Wege der Amtsermittlung nach § 12 FGG dem Vorbringen des Notars über die zwar von dem objektiven Erklärungswert abweichende, aber bei allen Vertragsbeteiligten übereinstimmend vorhandene Fehlvorstellung, der in der Urkunde vom 23. Mai 2000 bezeichnete Grundbesitz umfasse alle im Eigentum der Betroffenen stehenden Grundstücke, nachgehen müssen. Soweit das Landgericht meint, die Beteiligten seien lediglich von einem Irrtum über den tatsächlichen Umfang des Grundvermögens der Betroffenen ausgegangen und hätte nicht geltend gemacht, den wirklich gemeinten Grundbesitz im Vertrag nur fehlerhaft benannt zu haben, beinhaltet dies ein zu enges Verständnis des gemäß § 133 BGB zu ermittelnden und maßgeblichen wirklichen Willens der Vertragsparteien. Zwar wurde das Vorliegen einer gemeinsamen Falschbezeichnung in dem erst jetzt zur Akte gereichten Schriftsatz vom 21. Februar 2006 (Bl. 178 d.A.) dezidiert geltend gemacht und insoweit die Anhörung der weiteren Tochter der Betroffenen angeregt. Bereits dem früheren Vorbringen der Beteiligten im Zusammenhang mit der Anregung zur Bestellung der Ergänzungsbetreuerin und der Beantragung der Genehmigung lässt sich jedoch entnehmen, dass der Notar und die Ergänzungsbetreuerin von einer solchen Fallgestaltung ausgingen. Vor Entscheidung über die Genehmigung hätte es deshalb der diesbezüglichen amtswegigen Aufklärung des Sachverhaltes bedurft.

Zwar ist die Betroffene - wie der Anhörungsversuch des Rechtspflegers vom 8. Februar 2006 (Bl. 99 Rs d.A.) ergeben hat - krankheitsbedingt aufgrund der fortgeschrittenen Alzheimer- Erkrankung nicht mehr in der Lage, eigene Angaben zu ihren Vorstellungen bei Abschluss des notariellen Übergabevertrages vom 23. Mai 2000 zu machen. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass eine Ermittlung des wirklichen Willens aller Vertragsparteien zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrages von vorneherein ausgeschlossen wäre. Dies gilt in gleichem Maße für die vom Rechtspfleger des Vormundschaftsgerichts in seiner Verfügung vom 15. Februar 2007 angeführte Argumentation, es sei anzunehmen, dass eine Person, die ihren gesamten Grundbesitz übertragen wolle, sich vorher über dessen Bestand gründlich informiere und dabei gerade in der Landwirtschaft in Erwägung ziehe, dass dieser sich über mehrere Gemarkungen und Grundbuchblättern erstrecken könne. Diese Vermutung ist zwar naheliegend; sie ist jedoch weder zwingend noch unwiderlegbar.

Die Vorinstanzen hätten deshalb nach der durch § 12 FGG gebotenen Amtsermittlung von der Möglichkeit Gebrauch machen müssen, zu der behaupteten gemeinsamen Fehlvorstellung den Notar und die übrigen Vertragsparteien, neben der Beteiligten zu 1) also nicht nur deren Schwester A, sondern auch ihren Bruder B zu befragen. Darüber hinaus bietet es sich an, sich über die tatsächliche Lage der einzelnen in den beiden Urkunden grundbuchmäßig bezeichneten Grundstücke und den Verlauf der Gemarkungsgrenzen zwischen O1, O3 und O2 anhand eines Lageplanes zu informieren und gegebenenfalls auch den Ausführungen bezüglich des Wertes der einzelnen Grundstücke nachzugehen und die diesbezüglichen Feststellungen in die Beweiswürdigung einfließen zu lassen. Erst wenn sich hiernach ein eindeutiger und übereinstimmender Wille der Vertragsparteien im Sinne einer Falschbezeichnung nicht ermitteln lässt, ist eine von dem Wortlaut der Vertragsurkunde ausgehende Auslegung geboten.

Der angefochtene Beschluss des Landgerichts und die Verfügung des Rechtspflegers des Vormundschaftsgerichts vom 15. Februar 2007 waren deshalb aufzuheben und das Verfahren zur weiteren Prüfung und Entscheidung an den Rechtspfleger des Vormundschaftsgerichts zurückzuverweisen.

Sollten die nachzuholenden amtswegigen Ermittlungen einen übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien des Übergabevertrages vom 23. Mai 2000 im Sinne einer bloßen Falschbezeichnung der beabsichtigten Übertragung des gesamten Grundbesitzes der Betroffenen auf die Beteiligte zu 1) ergeben, so wäre zwar nach den Grundsätzen der falsa demonstratio non nocet tatsächlich sowohl von einer Verpflichtung als auch einer Auflassung des gesamten Grundbesitzes der Betroffenen an die Beteiligte zu 1) auszugehen. Streng genommen wäre deshalb die in der jetzigen notariellen Urkunde vom 28. Dezember 2006 erneut erklärte Eigentumsübertragung nicht zwingend notwendig gewesen. Da jedoch der Nachweis einer gemeinsamen Fehlvorstellung bezüglich des Auflassungsgegenstandes in der grundbuchmäßigen Form des § 29 GBO kaum zu führen sein wird, ist entsprechend einem praktischen Bedürfnis anerkannt, dass statt dessen zum Zwecke der Klarstellung auch eine erneute Auflassung unter korrekter Bezeichnung des betroffenen Grundbesitzes erfolgen kann ( vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 66. Aufl., § 894 Rn. 8 m.w.N.). Soweit die Beteiligte zu 2) als Ergänzungsbetreuerin die entsprechenden Erklärungen in der Urkunde vom 28. Dezember 2006 für die Betroffene abgegeben hat, handelte sie dann zum Zwecke der Erfüllung einer bereits von der Betroffenen selbst in der Urkunde vom 23. Mai 2000 begründeten Verpflichtung und unterläge insoweit nicht dem Schenkungsverbot der §§ 1908 i Abs. 2, 1804 BGB, so dass über die nachgesuchte Genehmigung nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 1908 i Abs. 1, 1821, 1829 BGB zu befinden wäre (vgl. Jürgens, Betreuungsarecht, 3. Aufl., § 1821 Rn. 13). Im übrigen unterläge auch die Bewilligung einer formell zu Lasten eines Betreuten gehenden Grundbuchberichtigung durch einen Betreuer der Genehmigungspflicht der §§ 1908 i Abs. 1, 1821 Nr. 1 BGB (vgl. Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1821 Rn. 3).

Ende der Entscheidung

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