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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 06.01.2006
Aktenzeichen: 20 W 202/04
Rechtsgebiete: BGB, WEG
Vorschriften:
BGB § 1004 | |
WEG § 14 Nr. 1 | |
WEG § 15 Abs. 3 | |
WEG § 22 Abs. 1 |
2. Die Nutzung von Teileigentum, das nach der Teilungserklärung als "Laden" gewerblich genutzt werden darf, als Schnell-Imbiss verstößt bei der gebotenen typisierten Betrachtungsweise gegen die vereinbarte Zweckbestimmung in der Teilungserklärung.
3. Für eine Lüftungsanlage, die ein Teileigentümer ohne Zustimmung der Gemeinschaft hat anbringen lassen, kann eine Duldungspflicht bestehen, wenn die Anlage auch bei Betreiben eines Ladens erforderlich gewesen wäre.
Gründe:
Der Antragsteller und die Antragsgegner bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft an dem Wohn- und Geschäftshaus ... in O1 und streiten um den Rückbau einer Lüftungsanlage durch den Antragsgegner.
Der Antragsgegner ist Eigentümer der im Erdgeschoss des Anwesens liegenden Teileigentumseinheit, die in der Teilungserklärung mit " nicht zu Wohnzwecken dienenden bestimmten Räumen, bestehend aus 1 Laden, 1 Aufenthaltsraum, 1 Lagerraum und 1 WC sowie ein dazugehöriges Sondernutzungsrecht an 2 Kraftfahrzeugeinstellplätzen ..." (Bl. 31 d. A.) beschrieben ist.
Bei seinem Erwerb 1984 fand der Antragsgegner zur Lüftung der Teileigentumseinheit einen kleinen Durchbruch der Außenmauer mit Gitter und eingebautem Ventilator vor. Über den nicht zu öffnenden Fenstern befanden sich schmale Lüftungsschlitze. Mitte 1998 ließ der damalige Mieter des Antragsgegners, der in den Räumen einen Schnell-Imbiss betrieb, eine Lüftungsanlage installieren, bei der aus einem oberhalb des bereits vorhandenen Mauerdurchbruchs mit Ventilator angebrachten zweiten Mauerdurchbruch ein Edelstahlrohr u-förmig über das darüber liegende Vordach zur fensterlosen Giebelwand des Gebäudes führt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Lichtbilder (Bl. 107- 109 d. A.) verwiesen.
Mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 25.05.1999 (Bl. 103, 104 d. A.) forderten die Antragsteller den Antragsgegner auf, seinen Mieter auf Einhaltung der Hausordnung zu verpflichten und kündigten eine Überprüfung an, ob eine nach der Teilungserklärung zulässige Nutzung des Teileigentums vorliege. In einem Schreiben vom 23.12.1999 regte die Verwalterin u. a. eine Überprüfung der Dunstabzugsanlage beim Gewerbeamt an (Bl. 90 d. A.) und bat in einem Schreiben vom 19.01.2000 den Antragsgegner um Unterlagen wie Wartungsvertrag und TÜV-Abnahme bzgl. der Abzugsanlage. Auf eine Anfrage der Verwaltung vom 09.03.2000, ob der Antragsgegner dem Mieter den Einbau der Abluftanlage genehmigt habe, äußerte sich der Antragsgegner am 17.03.2000 u.a. dahin, eine Zustimmung zur ordnungsgemäßen Installation habe der Mieter auf Grund der mietvertraglichen Verpflichtung zur ausreichenden Lüftung voraussetzen dürfen, Einwendungen im Nachhinein habe er nicht erhoben (Bl. 102 d. A.). Mit Schreiben vom 18.06.2001 (Bl. 105, 106 d. A.) forderten die Antragsteller den Antragsgegner zur Beseitigung der Abluftanlage und Herstellung des Ursprungszustands auf. Der Antragsgegner trat dem mit Schreiben vom 29.06.2001 (Bl. 92 d. A.) entgegen und verwies darauf, dass er nicht Eigentümer der Lüftungsanlage bzw. mietvertraglich gebunden sei. Allenfalls nach Beendigung des Mietverhältnisses könne sich die Möglichkeit einer Zurückversetzung in den Urzustand ergeben. Am 27.08.2001 schloss der Antragsgegner einen neuen Mietvertrag mit dem jetzigen Mieter ab, der einen ...-Imbiss darin betreibt.
Nach einem auf Anregung des Antragsgegners abgehaltenen Ortstermin wurde in einer außerordentlichen Wohnungseigentümerversammlung vom 28.01.2002 zu TOP 3 die Genehmigung der Installation und des Betriebes einer Abzugsanlage für die Teileigentumseinheit des Antragsgegners mehrheitlich abgelehnt (Bl. 6 d. A.). Eine Anfechtung dieses Beschlusses ist nicht erfolgt. Mit Anwaltsschreiben vom 09.04.2002 (Bl. 7 d. A.) erfolgte eine Fristsetzung zum 15.04.2002 mit Androhung gerichtlicher Geltendmachung des Beseitigungsanspruchs. Der Antragsgegner vertrat in einem Schreiben vom 13.04.2002 (Bl. 8 d.A.) die Auffassung, da der bestehende Zustand der Teilungserklärung entspreche, bedürfe es keiner Zustimmung der Gemeinschaft, die Anlage sei auch nicht widerrechtlich angebracht.
Mit am 14.11.2002 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz haben die Antragsteller den Antragsgegner auf Entfernung der an der Stirnseite der betroffenen Liegenschaft installierte Abluftanlage und die Wiederherstellung des Ursprungszustands in Anspruch genommen. Zur Begründung haben sie vorgetragen, es handele sich um eine die Antragsteller über das hinzunehmende Maß hinaus optisch und durch die Abluft beeinträchtigende bauliche Maßnahme, die nur für den Imbiss-Betrieb erforderlich sei. Die Zweckbestimmung als Ladenlokal erlaube aber nicht den Betrieb eines Schnell-Imbisses.
Der Antragsgegner hat demgegenüber geltend gemacht, mangels eines Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung über die Geltendmachung der Unterlassung fehle die Aktivlegitimation der Antragsteller. Auch sei er nicht passiv legitimiert, da die Lüftungsanlage von dem Vormieter ohne sein Wissen eingebaut worden und an den jetzigen Mieter weiterveräußert worden sei. Da er, der Antragsgegner, nicht Eigentümer der Lüftungsanlage sei, könne auch die Beseitigung nicht von ihm verlangt werden. Bei der Lüftungsanlage handele es sich nicht um eine bauliche Veränderung im Sinn des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG, sondern die erstmalige Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes, dem die Gemeinschaft hätte zustimmen müssen. Da sich -unstreitig- an der Stirnseite des Gebäudes keine Fenster anderer Einheiten befinden und nur ein Luftstrom, aber keine Gerüche oder Geräusche erzeugt würden, bestehe keine Belästigung durch die Lüftungsanlage, die - ebenfalls unstreitig- bauaufsichtsrechtlich genehmigt ist. Der Betrieb eines Imbiss in der Teileigentumseinheit sei zulässig, daher habe auch die zu diesem Betrieb erforderliche Lüftungsanlage ohne Genehmigung der Antragsteller angebracht werden dürfen. Ohne eine Lüftungsanlage wie sie derzeit vorhanden ist, sei jede Nutzung des Teileigentums gesetzwidrig wegen Nichteinhaltung der Arbeitsstättenverordnung. Das Beseitigungsverlangen der Antragsteller drei Jahre nach der Installation der Lüftungsanlage verstoße gegen Treu und Glauben.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 25.04.2003 (Bl. 138-145 d. A.), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, dem Antragsgegner antragsgemäß die Entfernung der Abluftanlage und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands aufgegeben. Dagegen hat der Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags, insbesondere dazu, dass die Gemeinschaft die Lüftungsanlage schon deshalb zu dulden habe, weil sie für jede Nutzung des Teileigentums, gleichgültig, ob als Imbiss oder Ladenlokal, erforderlich sei, wozu der Antragsgegner Sachverständigenbeweis angeboten hat.
Die Antragsteller sind der Beschwerde entgegengetreten und haben darauf verwiesen, dass keine Beschlussfassung zur Geltendmachung des Beseitigungsverlangens erforderlich sei, da nicht der Verwalter, sondern alle Wohnungs- und Teileigentümer mit Ausnahme des Antragsgegners Antragsteller sind. Der Imbissbetrieb verstoße gegen die Zweckbestimmung in der Teilungserklärung. Für eine Nutzung im Rahmen der Teilungserklärung sei der Raum ausreichend durch die Schiebelüftungsklappen, Klappfenster und den Ventilator auch ohne die streitgegenständliche Lüftungsanlage ausgestattet. Eine jahrelange Duldung der Anlage durch die Gemeinschaft liege nicht vor, weshalb das Beseitigungsverlangen auch nicht gegen Treu und Glauben verstoße.
Das Landgericht hat die Beschwerde des Antragsgegners mit Beschluss vom 03.03.2004 (Bl. 190-200 d. A.) zurückgewiesen. In der Begründung der Entscheidung wird ausgeführt, da eine durch die optische Veränderung der Fassade beeinträchtigende bauliche Veränderung vorliege, sei der Antragsgegner gemäß den §§ 1004 Abs.1 BGB, 15 Abs. 3, 22 Abs. 1,14 Nr. 1 und 4 WEG zur Beseitigung und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands verpflichtet. Eines ausdrücklichen Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung zur Legitimation des Verwalters zur Verfahrenseinleitung habe es nicht bedurft, nachdem die Gemeinschaft durch Beschluss vom 28.01.2002 die Genehmigung der bestehenden Anlage abgelehnt hatte und die Verwaltung zur Durchführung der Beschlüsse der Gemeinschaft verpflichtet sei. Als Eigentümer einer Teileinheit könnten auch die Geschäftsführer der Verwalterin im eigenen Namen die Beseitigung verlangen. Die Kammer habe sich auch nicht veranlasst gesehen, zu der Behauptung des Antragsgegners, die in Rede stehende Abluftanlage sei für jede gewerbliche Nutzung seines Teileigentums erforderlich, ein Sachverständigengutachten einzuholen, da sie aus eigener Sachkunde ausschließen könne, dass diese Behauptung zutreffend sei. Auch wenn die vorhandene Belüftung - gemeint ist wohl die vor dem Einbau der streitgegenständlichen Anlage vorhandene Belüftung - nach heutigen Vorschriften den Anforderungen der Zulässigkeit einer gewerblichen Nutzung nicht mehr entsprechen würde, stehe doch außer Frage, dass eine ausreichende Belüftung auch auf andere Art und Weise hergestellt werden könnte, schließlich handele es sich bei der in Rede stehenden Anlage nicht um eine Belüftungsanlage, sondern um eine Entlüftungsanlage.
Gegen den seinem Verfahrensbevollmächtigten laut Empfangsbekenntnis am 05.05.2004 zugestellte landgerichtlichen Beschluss hat der Antragsgegner mit am 18.05.2004 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz weitere Beschwerde eingelegt und die Aufhebung sowie Antragszurückweisung beantragt. Der Antragsgegner rügt eine falsche Sachverhaltsdarstellung, da entgegen der Annahme der Kammer es sich bei der streitgegenständlichen Anlage um eine solche zur Be- und Entlüftung handele. Außerdem fehle es sowohl an der Aktiv-, als auch der Passivlegitimation. Aber auch dann wenn eine Beseitigung ohne Ermächtigungsbeschluss verlangt werden könne, sei dieses Verlangen treuwidrig, da nicht die Herstellung eines gesetzeswidrigen Zustands verlangt werden könne.
Die Antragsteller sind der weiteren Beschwerde entgegengetreten und haben behauptet, es handele sich um eine reine Abluftanlage, was jedoch dahingestellt bleiben könne, da es sich in jedem Fall um eine nicht genehmigte bauliche Veränderung handele. Der Antragsgegner sei als mittelbarer Störer auch passiv legitimiert und jeder einzelne Antragsteller auch ohne gesonderten Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung aktivlegitimiert sowie die Verwalterin entsprechend bevollmächtigt.
Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Sie hat in der Sache auch Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 43 WEG, 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).
Zunächst sind die Vorinstanzen zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragsteller antragsbefugt waren. Die Antragsbefugnis steht - soweit nicht die Grundsätze der Verfahrensstandschaft eingreifen- grundsätzlich demjenigen zu, der nach materiellem Recht Inhaber des geltend gemachten Anspruchs ist, deshalb kann einen Anspruch, der einem Wohnungseigentümer individuell zusteht, dieser auch allein durchsetzen (Niedenführ/Schulze: WEG, 7. Aufl., vor §§ 43 ff., Rdnr. 75). Ein Beseitigungsanspruch gemäß den §§ 1004 Abs. 1 BGB, 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 WEG, wie er hier im Verfahren durch die Antragsteller geltend gemacht wird, kann jeder Wohnungseigentümer allein ohne Ermächtigung durch die übrigen Wohnungseigentümer gerichtlich durchsetzen, also auch die Gesamtheit der Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Antragsgegners (Niedenführ/Schulze, aaO., § 22, Rdnr. 49; Palandt/Bassenge: WEG, 65. Aufl., § 22, Rdnr. 20). Einer besonderen Beschlussfassung hätte es nur dann bedurft, wenn der Verwalter den Beseitigungsanspruch hätte geltend machen wollen, da dazu seine allgemeine Ermächtigung zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen der Wohnungseigentümer nicht ausreicht (BayObLG NZM 2000, 513, 514). Diese Fallgestaltung liegt jedoch nicht vor, da die Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Antragsgegners den Beseitigungsanspruch geltend machen und dabei nur durch die Verwalterin vertreten werden, wozu die Verwalterin auf Grund der Verwaltervollmacht vom 28.06.1999 (Bl. 22 d. A.) auch befugt ist. Aufgrund dieser Verfahrensvollmacht war diese auch berechtigt, einen Rechtsanwalt mit der Führung des Verfahrens zu beauftragen (Niedenführ/Schulze, aaO., vor §§ 43 ff., Rdnr. 86). Die Angriffe des Antragsgegners gegen die Antragsbefugnis der Antragsteller sind deshalb nicht berechtigt.
Der Antragsgegner ist auch passivlegitimiert. Die Lüftungsanlage ist wesentlicher Bestandteil der Teileigentumseinheit im Sinn des § 93 BGB (Palandt/Heinrichs: BGB, 65. Aufl., § 93, Rdnr. 5). Sie steht deshalb im Eigentum des Antragsgegners, gleichgültig, wer sie eingebaut hat und ob mit oder ohne seine Kenntnis. Der Antragsgegner ist auch Zustandsstörer, da er jedenfalls trotz Abmahnung der Gemeinschaft mit Schreiben vom 18.06.2001 am 27.08.2001 den Mietvertrag mit dem jetzigen Mieter neu abgeschlossen hat unter Belassung der Lüftungsanlage. Auch wenn der Antragsgegner von dem ursprünglichen Einbau der Lüftungsanlage nichts mitbekommen hätte, war er schon seit dem Schreiben der Verwalterin vom 19.01.2000, in dem um Vorlage von Unterlagen zu der Lüftungsanlage ersucht wurde, darüber informiert. In seinem Schreiben vom 29.06.2001 hat der Antragsgegner auch selbst auf die mietvertraglichen Vereinbarung hingewiesen, bei Beendigung des Mietvertrages bauliche Veränderungen wieder in den Originalzustand zurückzuversetzen. Vor Abschluss des neuen Mietvertrages hat der Antragsgegner von dieser Möglichkeit aber keinen Gebrauch gemacht, obwohl in Folge des bereits geltend gemachten Beseitigungsverlangens mit einer Genehmigung der Lüftungsanlage nicht zu rechnen war. Der Antragsgegner hat also einen Zustand aufrechterhalten, dessen Beseitigung nur von seinem Willen abhing, was ausreichend ist für die Haftung als Zustandsstörer.
Weiter zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Einbau der streitgegenständlichen Lüftungsanlage durch den zusätzlichen Mauerdurchbruch und den Anschluss des Aluminiumrohrs eine zustimmungsbedürftige bauliche Veränderung im Sinn des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG darstellt. Durch die Baumaßnahme wurde die Außenwand des Gebäudes durchbrochen und damit in die Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums eingegriffen und mit der Führung des Aluminiumrohrs in U-Form über das Vordach eine auf Dauer angelegte gegenständliche Veränderung realer Teile des gemeinschaftlichen Eigentums vorgenommen. Dass diese Baumaßnahme über die ordnungsgemäße Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht, §§ 22 Abs.1 Satz 1, 21 Abs. 3, Abs. 5 Nr. 2, liegt auf der Hand. Auf die Problematik der Instandhaltung bzw. Instandsetzung des Teileigentums wird in anderem Zusammenhang noch eingegangen. Ebenfalls zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Zustimmung der Antragsteller zum Einbau der Lüftungsanlage auch nicht gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG entbehrlich ist. Nach § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG in Verbindung mit § 14 WEG hat ein Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung hinzunehmen, durch die ihm kein Nachteil erwächst, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht. Unter einem Nachteil in diesem Sinn ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen. Nur konkrete und objektive Beeinträchtigungen gelten als solcher Nachteil, der auch in der nachteiligen Veränderung des ästhetischen Gesamteindrucks des gemeinschaftlichen Eigentums gesehen werden kann. Ob die Veränderung des optischen Gesamteindrucks nachteilig ist, stellt eine Würdigung dar, die weitgehend auf tatrichterlichem Gebiet liegt. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die tatsächliche Würdigung gemäß den §§ 43 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, 559 Abs. 2 ZPO nicht auf ihre sachliche Richtigkeit, sondern nur darauf überprüfen, ob ihr Ergebnis auf einem Rechtsfehler beruht (Senat, st. Rspr., z.B. Beschluss vom 16.03.2004, 20 W 348/02, m. w. H.). Die Vorinstanzen haben diese tatsächliche Würdigung unter Verwendung der sich in den Akten befindlichen Lichtbilder ohne Verfahrensfehler vorgenommen. Eine Augenscheinseinnahme ist nicht erforderlich, wenn Fotografien das Erscheinungsbild der Wohnanlage - hier die Außenwand an der Stirnseite des Gebäudes nach Einbau der Lüftungsanlage- hinreichend klar vermitteln. Auch hat bereits das Amtsgericht mit tragfähiger Begründung dargelegt, dass und warum es auf Grund der von ihm getroffenen Feststellungen von einer nachteiligen Veränderung des ästhetischen Gesamteindrucks des gemeinschaftlichen Eigentums ausgeht. Dem hat sich das Landgericht angeschlossen. Als Rechtsbeschwerdegericht kann der Senat nur überprüfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend erforscht worden ist, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind und die getroffenen Feststellungen in sich widerspruchsfrei oder nicht unter Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze gewürdigt wurden. Zwar ist zwischen den Beteiligten streitig, ob es sich bei der streitgegenständlichen Lüftungsanlage um eine solche zur Be- und Entlüftung handelt oder nur um eine Abluftanlage und diese Frage konnte die Kammer nicht in verfahrensrechtlich zulässiger Weise durch eigene Sachkunde klären, da nicht ausgeführt wird, worauf diese Sachkunde beruht. Für die Frage der optischen Beeinträchtigung des ästhetischen Gesamteindrucks kommt es aber nicht auf die technische Beschaffenheit, sondern das äußere Erscheinungsbild der Lüftungsanlage an, deshalb ist der in diesem Zusammenhang maßgebliche Sachverhalt ausreichend erforscht worden. Allerdings muss bei der Beurteilung der Vermeidbarkeit der festgestellten Beeinträchtigung ein Vergleich und eine Abwägung der Interessen des verändernden und der beeinträchtigenden Wohnungseigentümer stattfinden. Auch bei vermeidbaren Fällen kann sich aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander sowie den überall geltenden Grundsätzen von Treu und Glauben ( § 242 BGB) ein Duldungsanspruch ergeben (Niedenführ/Schulze, aaO., § 22, Rdnr. 24; Palandt/Bassenge: WEG, 65. Aufl., § 22, Rdnr. 21).
Ein derartiger Anspruch besteht vorliegend zwar nicht, weil Verwirkung des Beseitigungsanspruchs eingetreten wäre, denn dafür müsste zu dem reinen Zeitablauf seit Installation der Lüftungsanlage und Geltendmachung des Beseitigungsanspruchs noch ein Verhalten der Antragsteller hinzutreten, auf Grund dessen sich der Antragsgegner auf die Nichtgeltendmachung der Beseitigung einrichten durfte und auch tatsächlich eingerichtet hat. Von einem billigenden Verhalten der Gemeinschaft kann aber angesichts der jedenfalls Mitte 1999 einsetzenden Schriftwechsels mit der Verwaltung, dem ausdrücklichen Beseitigungsverlangen Mitte 2001 und der beschlossenen Ablehnung einer Genehmigung der Lüftungsanlage im Januar 2002 keine Rede sein. Auch kann ein Rechtsmissbrauch nicht schon daraus abgeleitet werden, dass die Lüftungsanlage öffentlich-rechtlich genehmigt ist, denn diese Genehmigungen ergehen unbeschadet der Rechte Dritter, hier also der Antragsteller. Eben sowenig spielen die mietvertraglichen Verpflichtungen des Antragsgegners eine Rolle, wie sich aus § 14 Nr. 2 WEG entnehmen lässt, sie begründen kein Unvermögen des Antragsgegners, seine Verpflichtungen im Rahmen des Gemeinschaftsverhältnisses der Wohnungseigentümer zu erfüllen.
Eine Duldungspflicht der Antragsteller ergibt sich auch nicht daraus, dass die streitgegenständliche Lüftungsanlage zum Betrieb eines Schnellimbisses erforderlich wäre, denn nach dem Inhalt der Teilungserklärung darf das Teileigentum des Antragsgegners nicht als solcher genutzt werden.
Bei der Feststellung des Inhalts der Teilungserklärung ist zunächst davon auszugehen, dass nach Eintragung der Teilungserklärung im Grundbuch die Gemeinschaftsordnung zum Inhalt des Sondereigentums geworden ist und nunmehr den allgemeinen Grundsätzen für Eintragungsbewilligungen und Grundbucheintragungen unterliegt. Es ist nur auf den Wortlaut und Sinn des im Grundbuch Eingetragenen abzustellen, und zwar so, wie es sich für einen unbefangenen Beobachter als nächstliegende Bedeutung der Gemeinschaftsordnung ergibt. Damit kommt es für die Auslegung also nicht auf den Willen des Erklärenden an, sondern auf das, was jeder gegenwärtige und zukünftige Betrachter als objektiven Sinn der Erklärung ansehen muss. Umstände außerhalb der Erklärung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (Bärmann/Pick/Merle: WEG, 9. Aufl., § 10 Rdnr. 53; Palandt/Bassenge: BGB, 65. Aufl., § 10 WEG, Rdnr. 8; Niedenführ/Schulze: WEG, 7. Aufl. § 10, Rdnr. 15, jeweils mit weiteren Hinweisen; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 07.03.2003 - 20 W 431/2000 -).
Der Senat geht bei der ihm als Rechtsbeschwerdegericht selbst obliegenden Auslegung der Teilungserklärung davon aus, dass es sich bei der Beschreibung des Teileigentums des Antragsgegners um eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter handelt mit dem Inhalt, dass ein "Laden" betrieben werden darf. Ein von der Zweckbestimmung "Laden" abweichender Gebrauch ist unzulässig, wenn er bei der gebotenen typisierender Betrachtungsweise, die auf die typischen Nutzungsmöglichkeiten und die damit verbundenen Störungen abstellt, die generell erwartet werden können (BayObLG ZWE 2001, 27, 28 und NZM 2001, 137; Senatsbeschluss vom 27.10. 2003 -20 W 392/01-; Palandt/Bassenge, aaO., § 15, Rdnr. 14) stärker stören kann. Davon ist schon auf Grund der auch in die Abend- und Nachtstunden verlängerten Öffnungszeiten bei einem Imbiss gegenüber einem Laden und den zusätzlich auftretenden Gerüchen bei der Zubereitung der Speisen auszugehen (vgl. auch Senat WuM 1990, 316; OLG Karlsruhe NJW-RR 1994, 146; BayObLG WoM 1998, 619).
Eine den Beseitigungsanspruch der Antragsteller ausschließende Duldungspflicht, § 1004 Abs. 2 BGB, bestünde allerdings dann, wenn die streitgegenständliche Lüftungsanlage bereits zur Nutzung des Teileigentums des Antragsgegners entsprechend der Teilungserklärung als "Laden" erforderlich wäre. Zwar besteht grundsätzlich kein Anspruch auf die erforderliche Zustimmung zu einer baulichen Veränderung. Ebenso wie in Ausnahmefällen ein Anspruch auf Änderung von Vereinbarungen in Betracht kommt, kann sich aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander aber nach Treu und Glauben unter Abwägung der Interessen aller Beteiligten ein Anspruch auf Duldung einer baulichen Veränderung ergeben (Niedenführ/Schulze, aaO., § 22, Rdnr. 24).
Der Antragsgegner hatte bereits mit Schriftsätzen seines Verfahrensbevollmächtigten vom 05.12.2002, Seite 5 und 6, (Bl. 87 und 88 d. A.) und vom 21.02.2003, Seite 6 und 7 (Bl. 121, 122 d. A.) unter Beweisantritt vorgetragen, unabhängig von der Nutzung als Imbiss erfordere auch die unstreitig zulässige Nutzung als Verkaufsladen oder Büro eine zusätzliche kontrollierte Lüftung unter arbeitsmedizinischen und Arbeitsschutz-Gesichtspunkten. Ohne eine Lüftungsanlage, wie sie jetzt vorhanden ist, sei jede Nutzung des Teileigentums gesetzeswidrig wegen der Unmöglichkeit, die Vorschriften der Arbeitsstättenverordnung einzuhalten. Diesen Vortrag hat der Antragsgegner in der Beschwerdebegründung vom 20.05.2003 (Bl. 156, 157 d. A.) wiederholt und vertieft und zur Erforderlichkeit der streitgegenständlichen Lüftungsanlage nach der Arbeitsstätten-Richtlinie Lüftung im einzelnen unter Beweisantritt vorgetragen. Da die Antragsteller diesen Vortrag bestritten haben und es sich, wie bereits ausgeführt, um wegen der etwaigen Duldungspflicht der Gemeinschaft erheblichen Vortrag handelt, hätte das Landgericht ihm nachgehen müssen. Die Berufung auf eigene Sachkunde ist nicht geeignet, die unterlassene Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten zu rechtfertigen, da die Kammer nicht ausgeführt hat, worauf diese Sachkunde beruht. Im Rahmen der Beweiserhebung, die von dem Senat als Rechtsbeschwerdegericht nicht durchgeführt werden kann, wird auch die streitige Frage zu klären sein, ob es sich um eine Be- und Entlüftungsanlage handelt oder eine reine Abluftanlage, was auch die Antragsteller in die Lage versetzt, ihre Antragstellung im Hinblick auf vollstreckungsrechtliche Bestimmtheitserfordernisse zu überprüfen.
Den Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Senat in Anlehnung an die unbeanstandet gebliebene Schätzung des Landgerichts festgesetzt (§ 48 Abs. 3 WEG).
Ende der Entscheidung
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