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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 08.01.2001
Aktenzeichen: 20 W 205/2000
Rechtsgebiete: FGG, BVormVG, KostO


Vorschriften:

FGG § 56 g Abs. 5 Satz 2
BVormVG § 1
BVormVG § 1 Abs. 1
BVormVG § 1 Abs. 1 Satz 1
BVormVG § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
BVormVG § 1 Abs. 1 Satz 2
BVormVG § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
KostO § 131 Abs. 2
KostO § 30 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 W 205/00

3 T 66/00 LG Marburg

XVII 64/99 AG Biedenkopf

Entscheidung vom 8.1.2001

In dem Betreuungsverfahren für ..., Betroffene,

an dem hier beteiligt sind:

1. Herr ..., Betreuer, Beschwerdeführer und weiterer Beschwerdeführer,

2. die Staatskasse des Landes Hessen, ..., Beschwerdegegnerin und weitere Beschwerdegegnerin,

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige weitere Beschwerde des Betreuers gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Marburg vom 06. April 2000 am 08. Januar 2001 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 142,39 DM.

Gründe:

Mit Beschluss vom 04. November 1999 setzte das Amtsgericht die Vergütung des Betreuers für die Zeit vom 08. Oktober 1999 bis 31. Oktober 1999 auf der Grundlage eines Stundensatzes von 60,-- DM zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer auf 626,45 DM fest, die wegen Mittellosigkeit der Betreuten aus der Staatskasse zu erstatten sind. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) änderte das Landgericht die Vergütungsfestsetzung auf der Grundlage eines Stundensatzes von 45,-- DM zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer auf 484,06 DM ab und wies den weitergehenden Festsetzungsantrag zurück.

Die hiergegen gerichtete sofortige weitere Beschwerde des Betreuers ist kraft Zulassung im angefochtenen Beschluss gemäß § 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG statthaft. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt (§§ 56 g Abs. 5, 22 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 2 FGG). Das somit zulässige Rechtsmittel, mit dem der Betreuer die Vergütung auf der Grundlage eines Stundensatzes von 60,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer erstrebt, ist in der Sache jedoch nicht begründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§§ 27 FGG, 550 ZPO).

Die bei Mittellosigkeit des Betreuten aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung des Berufsbetreuers bemisst sich gemäß §§ 1908 i Abs. 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, 1836 a BGB nach § 1 BVormVG.

Nach § 1 Abs. 1 BVormVG ist für jede Stunde der für die Führung der Betreuung aufgewandten und erforderlichen Zeit ein der Qualifikation des Betreuers entsprechender vom Gesetzgeber in einer typisierten dreistufigen Skala verbindlich festgelegter Betrag zuzüglich Mehrwertsteuer vorgesehen. Der Mindestsatz beträgt gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 BVormVG 35,-- DM. Verfügt der Vormund über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Vormundschaft nutzbar sind, so erhöht sich die Vergütung auf 45,-- DM, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre erworben sind, und auf 60,-- DM, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule erworben sind. Um ein zu grobes Raster zu vermeiden (vgl. hierzu Barth-Wagenitz Bt Prax 1996, 118/120) hat der Gesetzgeber jeweils abgeschlossene Ausbildungen, die diesen beiden Qualifikationen vergleichbar sind, gleichgestellt, § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 BVormVG.

Besondere, für die Führung einer Betreuung nutzbare Fachkenntnisse sind solche, die bezogen auf ein bestimmtes Fachgebiet über ein Grundwissen deutlich hinausgehen und geeignet sind, die Geschäftsführung des Betreuers zu erleichtern (vgl. BT-Drucks. 13/1758 S. 14; Palandt/Diederichsen, BGB, 60. Aufl., § 1836 Rn. 14; BayObLG BtPrax 2000, 81). Angesichts der gesetzlichen Betonung der rechtlichen Betreuung (§ 1901 Abs. 1 BGB) kommt rechtlichen Kenntnissen hierbei eine besonders grundlegende Bedeutung zu. Betreuungsrelevant sind im allgemeinen ferner Kenntnisse in den Bereichen Medizin, Psychologie, Sozialarbeit, Sozialpädagogik, Soziologie und Wirtschaft, wobei die Ausbildung in ihrem Kernbereich auf die Vermittlung derartiger Kenntnisse ausgerichtet sein sollte (vgl. BayObLG a.a.0. und Bt Prax, 124/125).

Durch eine einer abgeschlossenen Hochschulausbildung vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind Fachkenntnisse, wenn sie im Rahmen der Ausbildung vermittelt wurden und diese Ausbildung in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht sowie einen formalen Abschluss aufweist (vgl. BayObLG BtPrax 2000, 32 = JurBüro 2000, 93 = BayObLGZ 1999 Nr. 60; Barth/Wagenitz, a.a.0.). Einer Hochschulausbildung gleichwertig ist eine Ausbildung, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem eines Hochschulstudiums entspricht (vgl. BayObLG a.a.0. und EzFamR 2000, 104; OLG Braunschweig BtPrax 2000, 130).

Ob ein Berufsbetreuer die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 2 BVormVG erfüllt, obliegt der Beurteilung des Tatrichters und kann vom Rechtsbeschwerdegericht nur auf Rechtsfehler überprüft werden (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG), die nur vorliegen, wenn der Tatrichter einen unbestimmten Rechtsbegriff verkannt, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände außer Betracht gelassen, gegen Denkgesetze verstoßen oder allgemein bekannte Erfahrungssätze nicht beachtet hat (vgl. BayObLG BtPrax 2000, 81/82 und 124/125). Derartige Rechtsfehler lässt die Entscheidung des Landgerichts hier nicht erkennen.

Das Landgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Betreuer durch die von ihm absolvierte Ausbildung zum Krankenpfleger und die Weiterbildung zum Lehrer für Pflegeberufe Fachkenntnisse erworben hat, die für die Führung von Betreuungen allgemein nutzbar sind.

Rechtsfehlerfrei ist des weiteren die mit der Rechtsbeschwerde angegriffene Würdigung des Landgerichts, wonach der mit einem Leistungsnachweis abgeschlossene Lehrgang bei dem Berufsfortbildungswerk des DGB, welcher zu der staatlichen Erlaubnis zur Führung der Weiterbildungsbezeichnung Lehrer für Pflegeberufe" führte, im Zusammenhang mit der vorausgegangenen Ausbildung zum Krankenpfleger zwar einer abgeschlossenen Lehre im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BVormVG, nicht jedoch einer abgeschlossenen Hochschulausbildung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG als vergleichbar anerkannt werden kann. Insbesondere hat das Landgericht insoweit die von dem Betreuer behauptete Gleichwertigkeit seiner Weiterbildung mit der Ausbildung an einer Fachhochschule rechtsfehlerfrei verneint und dabei entgegen der Einschätzung des Betreuers nicht nur auf die Stundenzahl einer Fachhochschulausbildung einerseits und des absolvierten Lehrganges andererseits abgestellt, sondern sachgerecht berücksichtigt, dass die in der Regel dreijährige Ausbildung an einer Fachhochschule wissenschaftlich ausgerichtet ist und entscheidend durch die an wissenschaftlichen Maßstäben geprägte Auswahl der Fachhochschuldozenten geprägt wird. Die Schlussfolgerung des Landgerichts, dass während des fast doppelt so lange dauernden Studiums an einer Fachhochschule der Unterrichtsstoff wesentlich tiefgreifender und grundlegender sowie mit wissenschaftlicher Fundierung vermittelt wird, ist nachvollziehbar und rechtlich nicht zu beanstanden. Sie kann von dem Beteiligten zu 1) insbesondere nicht durch den bloßen Hinweis auf die etwa gleiche Stundenzahl seines Lehrganges und einer Fachhochschulausbildung ausgeräumt werden. Gleiches gilt auch für seinen Hinweis, dass für die Einstellung eines Lehrers für Pflegeberufe sowohl Fachhochschulabsolventen als auch Teilnehmer seines Lehrganges in Betracht kämen und bei der Bezahlung insoweit nicht differenziert werde.

Durchaus zutreffend hat die Beteiligte zu 2) in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass auch der Erwerb einer Ausbildungsberechtigung im Handwerk als Meister eine mehrjährige Weiterbildungsmaßnahme nach erfolgreichem Abschluss der Lehre erfordert, ohne deshalb bereits mit einer Fachhochschulausbildung gleichgesetzt werden zu können. So hat auch der Senat bereits die Ausbildung zu einer staatlich anerkannten Erzieherin eine Hochschulausbildung nicht als vergleichbar eingestuft (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Mai 2000 ­ 20 W 5/2000). Ebenso hat das Bay- ObLG (BtPrax 2000, 33 = JurBüro 2000, 92 = BayObLGZ 1999 Nr. 63) die Ausbildungsberechtigung für Bankkaufleute gemäß § 76 Abs. 3 Berufsbildungsgesetz lediglich einer abgeschlossenen Lehre, nicht jedoch einer Hochschulausbildung gleichgesetzt.

Somit kann der Betreuer seine Vergütung nur auf der Grundlage des Stundensatzes von 45,-- DM gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BVormVG beanspruchen, so dass die sofortige weitere Beschwerde zurückzuweisen war.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 Kost0 und ergibt sich aus der Differenz zwischen der vom Landgericht zugesprochenen und der vom Betreuer begehrten Vergütung.



Ende der Entscheidung

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