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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 06.08.2003
Aktenzeichen: 20 W 22/02
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 21
WEG § 23
WEG § 43
Zur Frage der gerichtlichen Überprüfung von Ruhezeitregelungen in einer Hausordnung.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 W 22/02

Entscheidung vom 06.08.2003

In der Wohnungseigentumssache

betreffend die Liegenschaft E...Straße ... in F...,

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 10.12.2001 am 06.08.2003 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller haben die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 2.556,46 EUR (= 5.000,-- DM).

Gründe:

Die Beteiligten sind bzw. waren im Zeitpunkt der Anhängigkeit dieses Verfahrens die Wohnungseigentümer der im Rubrum angegebenen Liegenschaft.

Die in einer Wohnungseigentümerversammlung vom 31.01.1991 beschlossene Hausordnung sieht unter Punkt A) 1) Ruhezeiten unter anderem werktags von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr vor. Nach Punkt A) 3) dieser Fassung der Hausordnung ist das Musizieren in den Wohnungen in den Ruhezeiten nicht gestattet. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die bei den Gerichtsakten befindliche Ablichtung der Hausordnung vom 31.01.1991 (Bl. 15 f d.A.) verwiesen.

Durch Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 01.06.1999 zu Tagesordnungspunkt 6 ist der Punkt A) 3) dieser Hausordnung neu gefasst worden. Danach ist das Musizieren nunmehr ­ unter Erweiterung der Ruhezeiten für die Sonn- und Feiertage im übrigen ­ täglich in der Zeit von 20.00 Uhr bis 8.00 Uhr nicht gestattet. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die bei den Gerichtsakten befindliche Ablichtung des Einladungsschreibens vom 15.05.1999 sowie das Protokoll der Wohnungseigentümerversammlung vom 01.06.1999 (Bl. 20 f d. A.) Bezug genommen.

Die Antragsteller haben den Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 01.06.1999 zu Tagesordnungspunkt 6 hinsichtlich der Änderung der Hausordnung zu Punkt A) 3) angefochten. Sie haben gerügt, dass kein Aktualisierungsbedarf zur Änderung der Hausordnung bestanden habe. Die Regelung sei lediglich gegen die in der Wohnung lebende Tochter der Antragsteller gerichtet, die in der fraglichen Zeit von 20.00 Uhr bis 22.00 Uhr, allerdings nicht jeden Tag, 45 bis 60 Minuten Klavier gespielt habe und angesichts ihrer besonderen beruflichen Belastung wegen des zu regelmäßigem Üben verpflichtendem Klavierunterrichts an Dr. H. Konservatorium auf diese Zeiten angewiesen sei. Die Antragsteller haben daher die Auffassung vertreten, dass der Beschluss ermessensfehlerhaft zustande gekommen sei, da zum einen lediglich eine Einzelfallregelung habe getroffen werden sollen. Zum anderen sei schon ein generelles Verbot, in dieser Tageszeit zu musizieren, ermessensfehlerhaft, da der Beschluss nicht nach Häufigkeit und Dauer des Musizierens sowie nach der Person des Musizierenden differenziere.

Die Antragsteller haben deshalb erstinstanzlich beantragt, den Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 01.06.1999 zu Tagesordnungspunkt 6, A. 3. neu, für ungültig zu erklären. Dem sind die Antragsgegner entgegengetreten, die den angefochtenen Beschluss verteidigt haben.

Das Amtsgericht hat nach mündlicher Verhandlung den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beschluss bedeute kein Musizierverbot und sei auch nicht als ermessenfehlerhaft zu beanstanden, zumal eine abstrakte Regelung für die ganze Wohnungseigentümergemeinschaft geschaffen worden sei.

Hiergegen haben die Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie unter Aufrechterhaltung ihres Vortrags den erstinstanzlichen Antrag weiter verfolgen. Sie haben außerdem den Ablauf der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht gerügt, da der erkennende Richter den Antragsteller nicht habe ausreden lassen und sich nicht um einen Vergleich bemüht habe. Die Antragsgegner sind der Beschwerde entgegengetreten.

Durch den angefochtenen Beschluss, auf den ebenfalls verwiesen wird, hat das Landgericht die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Hiergegen haben die Antragsteller sofortige weitere Beschwerde eingelegt, mit der sie den bisherigen Anfechtungsantrag weiter verfolgen. Im Schriftsatz vom 17.03.2003 haben sie angezeigt, dass inzwischen ihre Tochter Eigentümerin des gegenständlichen Wohnungseigentums der Antragsteller sei, worin sie einen Parteiwechsel sehen.

Die Antragsgegner sind der sofortigen weiteren Beschwerde entgegengetreten.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller ist gemäß § 45 Abs. 1 WEG statthaft und auch ansonsten zulässig, so insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. In dem von den Antragstellern im Schriftsatz vom 17.03.2003 mitgeteilten Eigentümerwechsel liegt kein Parteiwechsel. Analog § 265 Abs. 2 ZPO hat dieser Eigentümerwechsel auf das Verfahren keinen Einfluss. Der Veräußerer ­ hier die Antragsteller ­ führt das Verfahren als gesetzlicher Verfahrensstandschafter dann im eigenen Namen für den Rechtsnachfolger weiter (BGH NJW 2001, 3339; vgl. auch Niedenführ/Schulze, WEG, 6. Aufl., vor §§ 43 ff Rz. 104; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 43 Rz. 117). Der Veräußerer kann deshalb ein Anfechtungsverfahren weiter betreiben; einer förmlichen Beteiligung des Sondernachfolgers am Verfahren ist weder bei der analogen Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO, noch bei Fortbestehen der Sachlegitimation geboten (BGH NJW 2001, 3339). Ein gegebenenfalls denkbarer Eintritt der Sonderrechtsnachfolgerin in die Verfahrensstellung des Veräußerers (vgl. § 265 Abs. 2 Satz 2 ZPO; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 43 Rz. 117) kommt hier schon deshalb nicht in Betracht, weil die erforderliche Zustimmung der übrigen Beteiligten nicht vorliegen würde.

Die sofortige weitere Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, woraufhin er durch das Rechtsbeschwerdegericht ausschließlich zu überprüfen ist (§§ 43 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1 Satz 1 FGG, 546 ZPO).

So weist das Verfahren des Beschwerdegerichts keinen Fehler auf, der es rechtfertigen könnte, die angefochtene Entscheidung aus diesem Grunde aufzuheben und zur nochmaligen Verhandlung an das Landgericht zurückzuverweisen. Zwar verweist die sofortige weitere Beschwerde zu Recht auf § 44 Abs. 1 WEG, wonach der Richter mit den Beteiligten in der Regel mündlich verhandeln und hierbei darauf hinwirken soll, dass sie sich gütlich einigen. Diese Vorschrift gilt auch für das Beschwerdeverfahren. Vorliegend hat allerdings das Landgericht ­ ebenso wie das Amtsgericht ­ mit den Beteiligten mündlich verhandelt. Die Kammer hat bereits im Vorfeld der mündlichen Verhandlung einen Vergleichsvorschlag gemacht, der von den Antragsgegnern jedoch abgelehnt worden war. Auf die Verfügung vom 05.01.2001 und die Reaktion der Antragsgegner vom 31.01.2001 wird insoweit verwiesen. Es ist mithin nicht zu beanstanden, dass die Kammer dann im Termin zur mündlichen Verhandlung ausweislich des Sitzungsprotokolls nach Erörterung der Sach- und Rechtslage darauf hingewiesen hat, dass nach der Vorberatung die Beschwerde der Antragsteller keine Aussicht auf Erfolg haben werde. Hierzu war die Kammer aus Fürsorgegesichtspunkten gegenüber den Beteiligten auf jeden Fall berechtigt. Darüber hinaus hat denn auch die Antragsgegnerseite mitgeteilt, dass sie in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eine Entscheidung des Gerichts in dieser Sache herbeiführen wollte. Unabhängig also von der Frage, wie ausführlich im Verhandlungstermin selber somit über eine denkbare (anderweitige) gütliche Einigung der Beteiligten gesprochen worden ist, kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einem diesbezüglichen Verfahrensfehler beruhen könnte.

Auch inhaltlich ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Landgericht den angefochtenen Wohnungseigentümerbeschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechend angesehen und mithin nicht für ungültig erklärt hat. Zu einer ordnungsmäßigen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entsprechenden Verwaltung, die jeder einzelne Wohnungseigentümer verlangen kann, § 21 Abs. 4 WEG, gehört grundsätzlich auch die Aufstellung einer Hausordnung, § 21 Abs. 5 Nr. 1 WEG (vgl. BayObLGZ 2001, 232, 234). Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, steht den Wohnungseigentümern im Rahmen des Selbstorganisationsrechts bei der Aufstellung von Gebrauchsregelungen ein Ermessensspielraum zu, so dass derartige Entscheidungen der Wohnungseigentümer ­ auch im Hinblick auf die Änderung einer bestehenden Hausordnung - gerichtlich nur auf Ermessensfehler hin überprüfbar sind. Dabei liegt es grundsätzlich im Ermessensspielraum der Wohnungseigentümer, allgemeine Ruhezeiten durch Beschluss festzulegen, §§ 21 Abs. 3, 23 Abs. 1 WEG (vgl. hierzu den von den Antragstellern im Schriftsatz vom 10.09.2002 aufgeführte Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts, veröffentlicht in ZWE 2002, 312, 313). Nach der von den Vorinstanzen zutreffend zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs in NJW 1998, 3713, 3714, können die Ermessensgrenzen für Ruhezeitregelungen gemäß den Grundsätzen von Treu und Glauben, § 242 BGB, nur dort gezogen werden, wo der Beschluss entweder ein völliges Musizierverbot oder eine dem praktisch gleichzusetzende Reglementierung enthält. Denn das Musizieren innerhalb der eigenen Wohnung ist Bestandteil eines sozial üblichen Verhaltens und Element der Zweckbestimmung der Wohnanlage. Es darf zwar auf bestimmte Zeiten und einen bestimmten Umfang beschränkt, nicht jedoch insgesamt verboten werden (vgl. etwa BGH NJW 1998, 3713, 3714; BayObLG ZWE 2002, 312, 313; BayObLGZ 2001, 232, 235; OLG Hamm NJW 1981, 465; vgl. auch Senat NJW 1985, 2138; DWW 1985, 26).

Die übereinstimmende Einschätzung der Vorinstanzen, dass vorliegend derartige Ermessensfehler im Rahmen der Beschlussfassung der Wohnungseigentümer nicht festzustellen sind, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. So verbietet die Regelung zunächst nach der nächstliegenden Bedeutung nicht ein Musizieren in Zimmerlautstärke; einer solchen Betätigung steht grundsätzlich ein schützenswertes Interesse der anderen Hausbewohner nicht entgegen (vgl. BGH NJW 1998, 3713, 3715; BayObLG ZWE 2002, 312, 313; BayObLGZ 2001, 232, 234). Angesichts dessen stellt es auch keinen Ermessensfehlgebrauch dar, dass die nunmehrige Hausordnung ­ wie bisher - insoweit keine Differenzierung nach der Art des Musizierens vornimmt. Zu Recht hat das Landgericht unter Bezugnahme auf den zitierten Beschluss des Bundesgerichtshofs weiter festgestellt, dass die Grenzen der Ermessensausübung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben durch Festlegung der Ruhezeiten auf einen Zeitraum von 20.00 Uhr bis 8.00 Uhr nicht bereits deswegen überschritten sind, weil etwa hierdurch ein Musikverbot oder eine vergleichbare Reglementierung ausgesprochen wäre. Eine entsprechende Ruhezeitregelung wäre nur dann und ausnahmsweise zu beanstanden, wenn nach den tatsächlichen Gegebenheiten der Wohnanlage Umstände vorlägen, die die Entscheidung als ermessensfehlerhaft erscheinen ließen. Solche vom Landgericht im angefochtenen Beschluss, Seite 4, beispielhaft aufgeführten Gesichtspunkte sind hier nicht ersichtlich und werden von der sofortigen weiteren Beschwerde auch nicht aufgezeigt. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung durch die Tatsacheninstanzen war mithin entbehrlich. Soweit die weitere Beschwerde in ihrer Begründung also darauf hinweist, dass die tatsächlichen Gegebenheiten maßgebend seien, ist dies zwar zutreffend. Inwieweit nämlich das häusliche Musizieren seinem zeitlichen Ausmaß nach "ordnungsmäßigem Gebrauch" im Sinne des § 15 Abs. 2 WEG entspricht, ist unter Berücksichtigung des Verkehrsüblichen, auch der örtlichen Verhältnisse, für alle Wohnungseigentümer gleichmäßig zu bestimmen. Auf die individuellen Verhältnisse der jeweiligen Bewohner kann dabei aber nicht abgestellt werden. Selbst Berufsmusiker oder Studierende der Musik können jedenfalls für den Regelfall keine weitergehenden Gebrauchsrechte für sich in Anspruch nehmen. Was "ordnungsmäßiger Gebrauch" ist, ist gemäß § 15 Abs. 2 WEG in Bezug auf die "Beschaffenheit der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile" zu bestimmen. Den Rahmen des ordnungsgemäßen Gebrauchs von den wechselnden Bedürfnissen der jeweiligen Bewohner der Wohnungen abhängig zu machen, würde die Sicherheit und Vorausberechenbarkeit in den Rechtsbeziehungen der Wohnungseigentümer untereinander in nicht hinnehmbarer Weise beeinträchtigen (vgl. BayObLG MDR 1985, 676; ZWE 2002, 312, 313; vgl. auch Sauren, WEG, 4.Aufl., § 21 Rz. 11, Stichwort: "Musizieren", Gramlich NJW 1985, 2131). Ob etwas anderes dann gilt, wenn die Wohnungseigentümer durch Vereinbarung einen besonderen Gebrauch der Wohnung gestattet haben (so BayObLG ZWE 2002, 312, 313; vgl. auch Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 15 Rz. 9), kann hier offen bleiben. Auch dazu fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten, abgesehen davon, dass auch die bisherige bestandskräftige Hausordnung eine solche Differenzierung nicht enthielt. Angesichts dessen sind die Vorinstanzen zutreffend davon ausgegangen, dass es auf die besonderen persönlichen Bedürfnisse der derzeitigen Wohnungsnutzerin ­ der bisherigen Mieterin und nunmehrigen Eigentümerin ­ in diesem Regelungszusammenhang nicht ankommen kann, abgesehen davon, dass diese sich jederzeit ändern können und somit eine neue Regelung zur Hausordnung erforderlich werden könnte. Die Ruhezeitregelung nimmt ansonsten ­ durch die Feiertagsregelung und den Beginn der Ruhezeit werktags erst ab 20.00 Uhr - auf die Bedürfnisse Berufstätiger grundsätzlich Rücksicht. Dabei ist überdies zusätzlich zu berücksichtigen, dass ein nicht unerheblicher Teil der berufstätigen Bevölkerung ihre berufliche Tätigkeit um 19.00 Uhr abgeschlossen hat und je nach den individuellen Vorstellungen danach Ruhe zwecks Entspannung haben will. Der Beginn der Ruhezeit werktags um 20.00 Uhr ­ gerade diesen rügen die Antragsteller ausweislich ihrer Erklärungen in den Schriftsätzen vom 06.12.1999 und 04.07.2000 ­ wäre deshalb auch aus diesem Gesichtspunkt heraus nicht ermessensfehlerhaft (vgl. auch LG Freiburg, Beschluss vom 13.12.2002, 4 T 61/02). Gesichtspunkte, die einen Verstoß gegen den Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung erkennbar werden ließen und eine andere rechtliche Würdigung rechtfertigen könnten, vermag das Vorbringen der Antragsteller betreffend die besonderen persönlichen Bedürfnisse der derzeitigen Wohnungsnutzerin also nicht zu begründen. Aus dem zitierten Beschluss des Bundesgerichtshofs ergibt sich auch insoweit nichts anderes. Dieser stellt auf diesbezügliche persönliche Bedürfnisse der Nutzer ebenfalls nicht ab, so dass offensichtlich auch aus diesem Grund entsprechende Feststellungen dort nicht getroffen wurden. Auch der Beschluss des OLG Hamm in NJW 1981, 465, stellt auf die Gesichtspunkte ab, nach denen die dort betroffene ­ weitaus rigidere - Regelung zu einem "generellen Musikverbot" führen könnte.

Ebenfalls aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist die Würdigung des Landgerichts, dass der angefochtene Wohnungseigentümerbeschluss auch nicht deswegen angreifbar sei, weil er eine einseitige Benachteiligung der Antragsteller bzw. deren Tochter beinhalte. Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass der Wohnungseigentümerbeschluss eine abstrakt gültige Regelung trifft, die nicht einen Eigentümer von vornherein mehr belastet als den anderen. Eine andere Auslegung ließe der Wohnungseigentümerbeschluss, der aus sich heraus ­ objektiv und normativ ­ auszulegen ist und Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses nur dann heranzuziehen sind, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. BGH NJW 1998, 3713, 3714; BayObLG ZWE 2002, 312, 313), ohnehin nicht zu. Es liegt aber tatsächlich auch auf der Hand, dass durch allgemeine Regelungen, die für eine Vielzahl von Beteiligten gelten, diese jeweils unterschiedlich betroffen werden. Um eine solche Regelung handelt es sich aber bei der vorliegenden Hausordnung, die grundsätzlich für alle Wohnungseigentümer gleichermaßen gilt. Dass die Betroffenheit bei den Antragstellern bzw. ihrer Tochter aus persönlichen Gründen besonders intensiv sein mag, ist aus den bereits oben geschilderten Gründen in diesem Zusammenhang rechtlich ohne Bedeutung.

Zutreffend ist weiter die Würdigung des Landgerichts, dass die Einwendung der Antragsteller, es habe kein Aktualisierungsbedarf im Hinblick auf die Hausordnung bestanden, im vorliegenden Zusammenhang unerheblich ist. Dabei hat das Landgericht zu Recht auf das Ermessen der Wohnungseigentümerversammlung hingewiesen, Gebrauchsregelungen durch Hausordnung zu beschließen oder aber auch zu ändern. Tatsächlich spielt die Motivation hierfür in der Regel keine Rolle. Bereits oben wurde darauf hingewiesen, dass jeder Wohnungseigentümer eine ordnungsgemäße, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung verlangen kann; selbst die Hausverwaltung wäre verpflichtet gewesen, eine entsprechende Regelung beizuführen, die sie ordnungsgemäßer Verwaltung für entsprechend hielte. Entscheidend ist also lediglich die Frage, ob die getroffene Regelung nach den dargelegten Kriterien rechtmäßig ist, also ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht (vgl. auch OLG Hamm NJW 1981, 465, 466, das auf die Entscheidungserheblichkeit der objektiven Auswirkung des Versammlungsbeschlusses verweist). Davon muss hier unter Berücksichtigung der obigen Gesichtspunkte ausgegangen werden. Es kommt damit tatsächlich nicht darauf an, ob sich alle dem Beschlussantrag zustimmenden Wohnungseigentümer oder lediglich ein geringer Teil durch ein Klavierspiel bereits konkret gestört fühlten oder welche ­ ggf. unterschiedlichen - Motivationslagen für die Entscheidungsfindung der einzelnen Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung eine Rolle spielten, unabhängig davon, dass nach der erforderlichen objektiven Beschlussauslegung subjektive Vorstellungen der an der Beschlussfassung Beteiligten, die voneinander abweichen können ­ darauf wurde bereits oben hingewiesen -, grundsätzlich bei der Auslegung des Beschlusses ohnehin keine Rolle spielen (vgl. Staudinger/Bub, BGB, Stand Juni 1997, § 23 WEG Rz. 179 mit vielfältigen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Dass aber zumindest ein Wohnungseigentümer oder die Hausverwaltung einen Änderungsbedarf im Hinblick auf die streitige Regelung der Hausordnung gesehen haben, zeigt der Gesichtspunkt, dass ein entsprechender Antrag in die Tagesordnung aufgenommen wurde, der dann auch ­ wie die Beschlussfassung in der Wohnungseigentümerversammlung zeigt ­ mehrheitlich angenommen worden ist. Daraus wird deutlich, dass zumindest eine Mehrheit der Wohnungseigentümer -­ aus welchen Gründen auch immer - ein Regelungsbedürfnis im Hinblick auf die gegenständliche Ruhezeit angenommen hat. Soweit die Antragsteller noch darauf hinweisen, dass überhaupt unklar sei, ob ein Interesse an den geregelten Freiräumen für die anderen Eigentümer überhaupt bestehe, vermag dies also aus den genannten Gründen nicht durchzugreifen. Umstände, die dafür sprechen könnten, vorliegend von einem Ausnahmefall im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auszugehen, mit der Folge, dass die vorliegende Ruhezeitregelung die Grenzen des Ermessens überschreiten könnte, sind ­ über die bereits abgehandelten Gründe hinaus ­ nicht ersichtlich.

Es entsprach billigem Ermessen, dass die Antragsteller die Gerichtskosten des ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen haben, § 47 Satz 1 WEG.

Gründe, die Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten anzuordnen, hat der Senat nicht gesehen, § 47 Satz 2 WEG.

Den Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Senat an der nicht beanstandeten Wertfestsetzung durch das Landgericht orientiert, § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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