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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 19.07.2006
Aktenzeichen: 20 W 229/06
Rechtsgebiete: BGB, GmbHG


Vorschriften:

BGB § 132
GmbHG § 39
GmbHG § 46 Nr. 5
GmbHG § 78
Bei der Anmeldung der Amtsniederlegung eines Geschäftsführers, der auch Gesellschafter ist, zum Handelsregister ist der Zugang oder die Zustellung der Niederlegungserklärung gegenüber einem weiteren Gesellschafter durch Urkunden nachzuweisen.
Gründe:

I.

Der Antragsteller meldete unter dem 31. Oktober 2005 zur Eintragung in das Handelsregister an, dass er nicht mehr Geschäftsführer der Gesellschaft sei und versicherte zugleich an Eides statt, er habe das beigefügte Schreiben über seine Amtsniederlegung vom 06. Oktober 2005 dem einzigen neben ihm vorhandenen Mitgesellschafter in Paris vorgelegt, der dieses Schreiben zwar zur Kenntnis genommen, die Bestätigung des Erhaltes auf einer Kopie jedoch verweigert habe.

Die Rechtspflegerin des Registergerichtes beanstandete mit Schreiben vom 17. November 2005, dass es am Nachweis des Zuganges des Niederlegungsschreibens bei dem Gesellschafter fehle und regte an, der Geschäftsführer möge sein Amt in einem dem Mitgesellschafter per Einschreiben mit Rückschein zuzustellenden Schreiben erneut mit Wirkung zum Zeitpunkt der Eintragung seines Ausscheidens in das Handelsregister niederlegen und sodann eine erneute Anmeldung mit einer beglaubigten Abschrift des Niederlegungsschreibens sowie des Rückscheines vornehmen.

Daraufhin meldete der Antragsteller sein Ausscheiden als Geschäftsführer mit Schreiben vom 24. Januar 2006 unter Bezugnahme auf das bereits übersandte Niederlegungsschreiben erneut an und versicherte zusätzlich an Eides statt, der derzeitige Aufenthalt des Mitgesellschafters, der angeblich in Tunesien polizeilich gesucht werde, sei ihm nicht bekannt. Des Weiteren machte er geltend, da er selbst Gesellschafter sei, müsse es ausreichen, wenn er sich selbst gegenüber die Amtsniederlegung als Geschäftsführer erkläre.

Die Rechtspflegerin wies mit Schreiben vom 07. Februar 2006 darauf hin, dass eine Amtsniederlegung des Geschäftsführers, der zugleich Gesellschafter ist, sich selbst gegenüber nicht möglich sei und regte erneut die Rücknahme sämtlicher bisher gestellter Anträge an.

Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 08. Februar 2006 Erinnerung ein und regte zugleich die Löschung der Gesellschaft an, da sie über kein Vermögen mehr verfüge und auch keine Geschäftsräume mehr habe.

Nach Nichtabhilfe durch die Rechtspflegerin wies das Landgericht die Beschwerde gegen die Zwischenverfügungen der Rechtspflegerin vom 17. November 2005, 13. Dezember 2005 und 07. Februar 2006 zurück und führte zur Begründung aus, die materielle Wirksamkeit der Willenserklärung einschließlich ihres Zuganges, der notfalls auch im Wege der Zustellung gemäß § 132 BGB bewirkt werden könne, sei vom Registergericht als Voraussetzung der Eintragung des Ausscheidens des Geschäftsführers von Amts wegen zu prüfen.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der weiteren Beschwerde, mit der er insbesondere geltend macht, die Vorinstanzen hätten nicht berücksichtigt, dass nach § 15 Abs. 2 FGG eine tatsächliche Behauptung durch Versicherung an Eides statt glaubhaft gemacht werden könne; da die öffentliche Zustellung nach § 132 Abs. 2 BGB auf einer Fiktion beruhe und strengen Voraussetzungen unterliege, sei zu vermuten, dass das zuständige Amtsgericht im Hinblick auf die bereits vorgelegte eidesstattliche Versicherung eine öffentliche Zustellung ablehnen würde.

II.

Die zulässige weitere Beschwerde führt in der Sache nicht zum Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Die Beendigung des Geschäftsführeramtes kann auf der Grundlage der bisher vorgelegten Anmeldungen und Urkunden nicht in das Handelsregister eingetragen werden.

Nach § 39 Abs. 1 GmbHG ist jede Änderung in den Personen der Geschäftsführer sowie die Beendigung der Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Der Anmeldung sind nach § 39 Abs. 2 GmbHG die Urkunden über die Bestellung der Geschäftsführer oder die Beendigung der Vertretungsbefugnis in Urschrift oder öffentlich beglaubigter Abschrift beizufügen. Die Anmeldung ist nach § 78 GmbHG durch die Geschäftsführer in vertretungsberechtigter Zahl zu bewirken.

Bei der Erklärung der Amtsniederlegung eines Geschäftsführers handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die erst mit dem Zugang bei dem Gesellschaftsorgan, das für die Bestellung der Geschäftsführer zuständig ist, wirksam wird. Dies ist mangels abweichender Regelung im Gesellschaftsvertrag im vorliegenden Falle somit gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG die Gesellschafterversammlung. Allerdings soll nach einer neueren Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 17. September 2001 - II ZR 378/99 - DNotZ 2002, 302) es ausreichend sein, wenn die Niederlegungserklärung gegenüber einem von mehreren Gesellschaftern erfolgt (ebenso: Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., § 38 Rn. 27; Scholz/Schneider, GmbHG, 9. Aufl., § 38 Rn. 91; OLG Düsseldorf, FGPrax 2005, 224). Nach Auffassung des BGH entspricht es einem allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, der u. a. in §§ 170 Abs. 3 ZPO, 28 Abs. 2 BGB, 35 Abs. 2 Satz 3 GmbHG, 78 Abs. 2 Satz 2 AktG, 25 Abs. 1 Satz 3 GenG und 25 Abs. 2 Satz 3 HGB Niederschlag gefunden hat und auch auf die Rechtsverhältnisse anwendbar ist, in denen die GmbH nach § 46 Nr. 5 GmbHG gemeinsam durch alle Gesellschafter vertreten wird, dass im Rahmen der Gesamtvertretung eine Willenserklärung mit Wirksamkeit gegenüber einem Gesamtvertreter abgegeben werden kann. Demgegenüber hielt das OLG Naumburg in einer früher ergangenen Entscheidung vom 28. Februar 2001 (NJW-RR 2001, 1183) einen Zugang bei sämtlichen Gesellschaftern für erforderlich (zweifelnd: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 38 Rn. 42; Hachenburg, GmbHG, 8. Aufl., § 38 Rn. 138).

Diese Frage bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung, da neben dem Antragsteller ohnehin nur ein weiterer Gesellschafter vorhanden ist. In einem solchen Falle bedarf es jedenfalls des Zuganges der Amtsniederlegung bei dem anderen Gesellschafter, da die dem Antragsteller erteilte Befreiung für Insichgeschäfte nach § 181 BGB, der auch für die Entgegennahme von einseitigen empfangsbedürftigen Rechtsgeschäften gilt (vgl. BGH WM 1991, 1754; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 181 Rn. 8), sich nur auf dessen Tätigkeit als Geschäftsführer bezieht, während hier die davon zu unterscheidende Gesellschafterstellung betroffen ist.

Des Weiteren sind die Vorinstanzen zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Handelsregistereintragung nach § 39 Abs. 2 GmbHG der urkundliche Nachweis des Zuganges der Amtsniederlegung einzureichen ist (vgl. Keidel/Schmatz/Stöber, Registerrecht, 6. Aufl., Rn. 1092; OLG Düsseldorf NZG 2004, 1068; OLG Naumburg a.a.O.). Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich wie im vorliegenden Falle aus dem Inhalt der Anmeldung im Übrigen Zweifel am Zugang der Amtsniederlegung und somit an ihrer materiellrechtlichen Wirksamkeit ergeben (vgl. Roth/Altmeppen, GmbHG, 5. Aufl., § 38 Rn. 10). Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann der Nachweis nicht durch dessen eidesstattliche Versicherung ersetzt werden. Zwar kann nach § 15 Abs. 2 FGG ein Beteiligter zur Glaubhaftmachung einer tatsächlichen Behauptung zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden. Dies kommt jedoch für das an strenge formale Kriterien gebundene Registerverfahren nicht in Betracht, welches sich nicht mit einer Glaubhaftmachung begnügt, sondern in der Spezialvorschrift des § 39 Abs. 2 GmbHG ausdrücklich den urkundlichen Nachweis verlangt, der sich gegebenenfalls auch auf den Ersatz des Zugangs durch Gerichtsvollzieherzustellung nach § 132 Abs. 1 BGB oder öffentliche Zustellung nach § 132 Abs. 2 BGB beziehen kann.

Im Übrigen hat bereits die Rechtspflegerin zutreffend darauf hingewiesen, dass unabhängig vom Nachweis des Zuganges eine Eintragung der Beendigung des Geschäftsführeramtes auf Grund der Anmeldungen des Antragstellers nach dem Inhalt des von ihm vorgelegten Niederlegungsschreibens auch deshalb nicht in Betracht kommen kann, weil ein Geschäftsführer, der sein Amt bereits vor der Anmeldung wirksam niedergelegt hat, nicht mehr anmeldeberechtigt im Sinne von §§ 39 Abs. 1, 78 GmbHG ist (vgl. BayObLG GmbHR 82, 214; OLG Zweibrücken, GmbHR 1999, 479; Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 39 Rn. 6, Keidel/Schmatz/Stöber, a.a.O., Rn. 1093). Entgegen der Auffassung einer Gegenmeinung (LG Berlin GmbHR 93, 291; LG Köln GmbHR 1998, 183; Kießling/Eichele, GmbHR 1999, 1165 ff.) besteht auch kein zwingendes Bedürfnis für die Zubilligung einer Anmeldeberechtigung für den einzigen Geschäftsführer, der sein Amt niederlegen will. Denn dessen Interesse an einer baldigen Verlautbarung der Beendigung seiner Amtes im Handelsregister kann dadurch ausreichend Rechnung getragen werden kann, dass er das Wirksamwerden der Amtsniederlegung vom Eingang der Anmeldung beim Registergericht oder der Eintragung im Handelsregister abhängig macht (vgl. OLG Frankfurt am Main GmbHR 1993, 738; Rowedder/Koppensteiner, a.a.O., § 39 Rn. 7; Keidel/Schmatz/Stöber, a.a.O., Rn. 1092 m.w.N.).

Die Vorinstanzen sind somit zu Recht davon ausgegangen, dass die Eintragung der Beendigung des Geschäftsführeramtes auf der Grundlage der bisherigen Anmeldungen nicht erfolgen kann. Der Sache nach handelte es sich jedoch bei den Beanstandungen der Rechtspflegerin nicht um Zwischenverfügungen, in denen auf behebbare Mängel hingewiesen wurde, da neben dem fehlenden Zustellungsnachweis auch die Anmeldeberechtigung des Antragstellers nach dem Inhalt des vorgelegten Amtsniederlegungsschreibens nicht gegeben ist. Die weitere Beschwerde war deshalb mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Eintragungsanträge vom 31. Oktober 2005 und 24. Januar 2006 zurückgewiesen werden.

Unabhängig von einer erneuten ordnungsgemäßen Anmeldung der Beendigung des Geschäftsführeramtes wird der Richter des Registergerichts der in der Beschwerde enthaltenen Anregung des Antragstellers von Amts wegen nachzugehen und zu prüfen haben, ob die Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister nach § 141 a FGG, der mit dem Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung an die Stelle des vom Antragsteller noch zitierten Löschungsgesetzes getreten ist, zu löschen ist.

Ende der Entscheidung

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