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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 26.09.2003
Aktenzeichen: 20 W 240/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1836
BGB § 1908 i l
Zur Vergütungsfähigkeit des Zeitaufwandes des Berufsbetreuers: * Begleitung des Betreuten zu Arztterminen * Anforderungen an eine professionelle Arbeitsweise.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 W 240/03

Entscheidung vom 26.09.2003

In dem Betreuungsverfahren

...

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige weitere Beschwerde der ehemaligen Betreuerin gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 11. Juni 2003 am 26. September 2003 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 408,87 EUR.

Gründe:

Die kraft Zulassung im angefochtenen Beschluss statthafte (§ 56 g Abs. 5 Satz2 FGG) und auch im übrigen zulässige sofortige weitere Beschwerde ist nicht begründet. Der angefochtene Beschluss beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

Die Entscheidung des Landgerichts, mit welcher der Betreuerin eine Vergütung und Aufwendungsersatz für den Zeitaufwand im Zusammenhang mit der Organisation einer Putzhilfe am 15. März 2002, für die Begleitung bei mehreren näher bezeichneten Arztterminen sowie dem Ablesen eines Stromzählers am 26. September 2002 teilweise versagt wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Da der Betroffene über Vermögen verfügt, richtet sich die Vergütung der Berufsbetreuerin für den geltend gemachten Abrechnungszeitraum vom 7. März 2002 bis zum 29. Januar 2003 nach §§ 1908 i Abs. 1, 1836 Abs. 1 Satz2 und Abs. 2 BGB.

Dem Umfang nach ist derjenige Zeitaufwand zu vergüten, den der Betreuer zur Erfüllung seiner Aufgaben in den ihm übertragenen Aufgabenkreisen für erforderlich halten durfte. Nach dem gesetzlichen Leitbild der §§ 1901, 1902 BGB fungiert der Betreuer im Rahmen seiner Aufgabenkreise als gesetzlicher Vertreter und handelt hierbei grundsätzlich eigenverantwortlich und selbständig, wobei er sich am Wohl des Betreuten und ­ soweit hiermit vereinbar ­ an dessen Wünschen zu orientieren hat. Deshalb kommt es für die Frage, ob der Zeitaufwand für eine bestimmte Tätigkeit zu vergüten ist, grundsätzlich auf die Sicht des Betreuers an. Es ist darauf abzustellen, ob der Betreuer bei pflichtgemäßer Einschätzung die von ihm entfaltete Tätigkeit zur Erfüllung seiner Aufgaben für erforderlich halten durfte (vgl. BayObLG Report 1996, 36; OLG Zweibrücken BtPrax 2000, 86). Dabei unterliegt es allerdings der Überprüfung im Vergütungsfestsetzungsverfahren, ob der Betreuer aus seiner Sicht von einer solchen Erforderlichkeit ausgehen durfte (vgl. Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1836 a BGB Rn. 9 und 33). Für die Beurteilung der Frage, ob Tätigkeiten vom Betreuer zur pflichtgemäßen Wahrnehmung seiner Aufgaben für erforderlich gehalten werden dürfen, ist dem Tatrichter ein Beurteilungsermessen eingeräumt, das nur einer beschränkten Nachprüfbarkeit durch das Rechtsbeschwerdegericht unterliegt (vgl. BayObLG BtPrax 2001, 76/77; OLG Zweibrücken, a.a.O.; Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Senatsbeschlüsse vom 15. Januar 2001 ­ 20 W 529/99 und vom 04. März 2002 ­ 20 W 534/01).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Entscheidung des Landgerichts rechtlich nicht zu beanstanden.

Dies gilt zunächst für die teilweise Versagung einer Vergütung für die Tätigkeit zur Organisation einer Putzhilfe am 15. März 2002. Die tatrichterliche Einschätzung der Vorinstanzen, wonach diese Angelegenheit auch unter Berücksichtigung der vorher ablehnenden Haltung des Betroffenen nicht so eilbedürftig war, dass sie nicht auch anlässlich des bereits 5 Tage später erfolgten Besuchstermins vom 20. März 2002 hätte erledigt werden können, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Betreuer zwar innerhalb der ihm übertragenen Aufgabenkreise eigenverantwortlich zu handeln hat, von einem Berufsbetreuer aber zugleich eine Organisation seiner Tätigkeit erwartet werden kann, die einer professionellen und rationellen Arbeitsweise entspricht.

Rechtlich nicht zu beanstanden sind des weiteren die Absetzungen, die das Landgericht hinsichtlich der Vergütung und Aufwendungen vorgenommen hat, die durch die persönliche Begleitung des Betroffenen durch die Berufsbetreuerin zu den einzelnen näher bezeichneten Arztterminen entstanden sind. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Betreuer zur Wahrnehmung der Aufgabe der Gesundheitssorge den Betreuten nicht zu jedem einzelnen Arztbesuch begleiten muss, sondern der Zeitaufwand hierfür dann vergütungsfähig ist, wenn der Betreuer davon ausgehen durfte, den ihm insoweit übertragenen Aufgabenkreis sonst nicht ordnungsgemäss erfüllen zu können ( vgl. BayObLG FamRZ 1999, 463 = BtPrax1998, 237 und FamRZ 2003, 477 ). Eine Vergütungsfähigkeit der Begleitung des Betreuers bei Arztbesuchen kann insbesondere dann in Betracht kommen, wenn der Arzt die Anwesenheit des Betreuers wünscht oder diese zur Information des Betreuers und Entscheidung über weitere Therapiemaßnahmen im Gespräch mit dem Arzt erforderlich ist. Starre und abstrakte Regelungen lassen sich hierzu nicht generell aufstellen. Vielmehr ist auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles abzustellen. Von diesen rechtlichen Vorgaben ist das Landgericht zutreffend ausgegangen. Es hat zunächst zutreffend darauf abgestellt, dass hier bereits der diesbezügliche Aufgabenkreis ausdrücklich auf die "Organisation der gesundheitlichen Versorgung" beschränkt war und eine persönliche Anwesenheit der Berufsbetreuerin bei Arztbesuchen im Regelfall nicht geboten ist. Auch der Wunsch des gehbehinderten Betreuten auf persönliche Begleitung kann den konkret bezeichneten Aufgabenkreis insoweit nicht erweitern. Soweit eine persönliche Anwesenheit der Betreuerin bei Arztbesuchen zwecks Information oder Entscheidung über die weitere Behandlung geboten war, hat das Landgericht dem durch Anerkennung der Vergütungsfähigkeit Rechnung getragen. Im übrigen liegt die tatrichterliche Einschätzung des Landgerichts, für die von ihm näher bezeichneten übrigen Arzttermine habe die Möglichkeit der Organisation einer Begleitung aus dem Kreis der Angehörigen bestanden, innerhalb des rechtlich eingeräumten Beurteilungsermessens.

Gleiches gilt auch für die Annahme, das Ablesen des Stromzählers hätte keines gesonderten Hausbesuches bedurft, sondern auch anlässlich eines anderen ohnehin notwendigen Termins erledigt werden können.

Die sofortige weitere Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.

Die Festsetzung des Beschwerdewerte beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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