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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 10.07.2009
Aktenzeichen: 20 W 243/07
Rechtsgebiete: BGB, WoEigG


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 1004
WoEigG § 14
WoEigG § 15 Abs. 3
WoEigG § 22 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 35.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die Antragsteller nehmen den Antragsgegner auf Beseitigung baulicher Veränderungen sowie auf Nutzungsuntersagung in Anspruch. Antragsteller und Antragsgegner sind Verwandte und bilden gemeinsam die Eigentümergemeinschaft X in O1. Bei der Liegenschaft handelt es sich um ein Grundstück, das mit einem Wohn- und Geschäftshaus (Gaststätte) bebaut ist.Ursprünglich gehörte das Grundstück den Eltern der Antragstellerin zu 1) und des Antragsgegners. Im Jahre 1994 wurde es in Wohnungseigentum geteilt. Die Wohnung Nr. 1 wurde an den Antragsgegner und die Wohnung Nr. 3 an die Antragstellerin zu 1) übertragen. Die Wohnung Nr. 2 verblieb den Eltern bzw. - nach dem Tod des Vaters - der Mutter. Im Jahr 1996 wurde die Wohnung Nr. 1 nochmals aufgeteilt, daraus die Wohnung Nr. 4 gebildet und diese ebenfalls dem Antragsgegner zugewiesen. Schließlich übertrug die Mutter ihren Anteil an dem Grundstück inklusive der Wohnung Nr. 2 an die Antragstellerin zu 1), die wiederum in 2002 bzw. 2004 jeweils einen hälftigen Anteil an den Wohnungen Nr. 2 und 3 an ihren Sohn, den Antragsteller zu 2), übertrug.

Bereits im Jahre 1998 hatte der Antragsgegner die zu seinem Sondereigentum gehörende Dachterrasse mit einem Pultdach versehen. Dabei ließ er auch den zu der Wohnung Nr. 2 gehörenden und an seine Fläche anschließenden Terrassenteil mit einem Pultdach versehen, mit der Folge, dass die zur Wohnung Nr. 2 gehörende Dachterrasse nicht mehr existiert. Ab 1999 verbreiterte er sodann auch die zum Gemeinschaftseigentum gehörende ebenerdige Terrasse um etwa 1 Meter, um diese für die von ihm geführte Gaststätte nutzen zu können. Spätestens im Jahre 2000 ging er zudem dazu über, einen Teil des Gemeinschaftseigentums als Pferdekoppel zu nutzen. Förmliche Beschlussfassungen oder Vereinbarungen der Eigentümergemeinschaft, die diese Maßnahmen genehmigt hätten, existieren nicht.

In der Zwischenzeit kam es zwischen den Beteiligten mehrfach zu Streitigkeiten, die in Verfahren nach dem WEG mündeten (3 II 1/04, 3 II 22/05 und 3 II 29/04 AG Lampertheim), jedoch keine der hier streitgegenständlichen Gestaltungs- oder Nutzungsänderungen betrafen.

Die Antragsteller haben erstinstanzlich vorgetragen, dass der Antragsgegner eigenmächtig gehandelt habe und deshalb zum Rückbau bzw. zur Unterlassung verpflichtet sei. In der Vergangenheit sei er mehrfach, wenngleich erfolglos, zum Rückbau aufgefordert worden.

Die Antragsteller haben beantragt,

den Antragsgegner zu verurteilen, das von ihm über der ehemaligen Kegelbahn des Gebäudes X, O1 errichtete Pultdach vor der südlichen Front der Wohnungseigentumseinheit Nr. 2 bis zu 5,50 Meter zu entfernen und die ursprüngliche Terrasse wieder herzustellen;

den Antragsgegner zu verurteilen, die von ihm auf dem Gemeinschaftseigentum des Anwesens X, O1, entlang dem X an der Front der Gaststätte errichtete Terrasse bis zur Grenze des ihm als Eigentümer der Wohnungseigentumseinheit Nr. 1 gemäß der Teilungserklärung vom 09.11.1993 zugeteilten Sondernutzungsrechts zu entfernen;

dem Antragsgegner zu untersagen, das Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft X in O1 unter Ausschluss der Antragsteller als Pferdekoppel zu nutzen.

Der Antragsgegner hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Er hat behauptet, dass bezüglich der ersten beiden Maßnahmen Einverständnis bestanden habe. Insoweit hat er die Auffassung vertreten, dass ihn aufgrund erteilter Zustimmung eine Verpflichtung zum Rückbau ebenso wenig treffe wie eine Unterlassung der Nutzung des Grundstücks als Pferdekoppel. In der Wohnungseigentümerversammlung vom 20.09.2004 sei die Errichtung des Pultdachs bestätigt worden. In dieser Wohnungseigentümerversammlung sei auch die Vergrößerung der Terrasse gebilligt worden. Im Übrigen habe es keiner Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer bedurft, da diese nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt seien. Mit Beschluss vom 28.06.2006 (Bl. 57-62 d. A.) hat das Amtsgericht die Anträge zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Ansprüche der Antragsteller verwirkt seien. Nachdem erst im Jahre 2005 Rückbau verlangt und mithin der Zustand über 6 bis 7 Jahre geduldet worden sei, liege das erforderliche Zeitmoment vor. Auch das Umstandsmoment sei gegeben, weil das Verhalten der Antragsteller aus Sicht des Antragsgegners den Schluss zugelassen habe, dass Rückbau und Unterlassung nicht begehrt würden. Angesichts der Vielzahl der -teils aus nichtigen Anlässen - geführten Verfahren hätte es nahe gelegen, auch die nunmehr streitgegenständlichen Ansprüche zeitnah gerichtlich durchzusetzen.

Gegen diesen den Antragstellern am 04.07.2006 zugestellten Beschluss richtet sich ihre bei Gericht am 17.07.2006 eingegangene sofortige Beschwerde.Die Antragsteller haben zur Begründung vorgetragen, dass der Rückbau bereits Anfang 2002 verlangt worden sei. Allerdings sei damals erklärt worden, dass auf den Rückbau verzichtet und die Terrasse in das Sondereigentum des Antragsgegners überführt werden könne, wenn im Gegenzug die in seinem Sondereigentum gelegene Garage in das Sondereigentum der Antragsteller überginge. Weiter sei in entsprechenden Verhandlungen vor dem Notar D darüber gesprochen worden, die Miteigentumsanteile und Sondernutzungsrechte so zu ordnen, dass jede Partei auf ihrem Grundstücksteil nach Belieben schalten und walten könne. Überdies habe auch die - zwischenzeitlich verstorbene - Mutter der Antragstellerin zu 1) und des Antragsgegners immer wieder deutlich gemacht, dass sie sich mit dem vom Antragsgegner widerrechtlich geschaffenen Zustand nicht abfinden werde, wie sich nicht zuletzt aus ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 17.06.2006 ergebe (Bl. 93 d. A.).Auch aus verschiedenen anwaltlichen und notariellen Schreiben, insbesondere vom 13.02.2003 (Bl. 48 d. A.), 28.02.2003 (Bl. 97 d. A.) und 13.06.2003 (Bl. 94 d. A.) gehe eindeutig hervor, dass die vom Antragsgegner vorgenommenen Änderungen ein Thema zwischen den Parteien gewesen und von den Antragstellern in die Verhandlungen um eine anderweitige Zuordnung der Miteigentumsanteile und des Sondereigentums eingebracht worden seien. Überdies sei die Neuzuordnung der Garage und der Dachterrasse auch Gegenstand einer vom Antragsgegner selbst mit Schreiben vom 03.12.2003 einberufenen Eigentümerversammlung gewesen (Bl. 102 d. A.). Vor allem aber gehe aus dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 20.09.2004 (Bl. 105 ff. d. A.) und aus einem Schreiben des Antragstellers zu 2) an den Verwalter vom 12.05.2005 (Bl. 108 d. A.) hervor, dass die Antragsteller weiterhin und bereits vor Einleitung des hiesigen Verfahrens ihre Rechte verfolgt hätten. Auch sei der Antragsgegner selbst nicht von einem Verzicht der Antragsteller auf ihre Rechte ausgegangen, da er sich sonst nicht auf Verhandlungen eingelassen habe. Nach alledem könne von Verwirkung nicht ausgegangen werden.

Die Antragsteller haben beantragt,

den Beschluss des Amtsgerichts Lampertheim vom 28.06.2006 aufzuheben und den Antragsgegner entsprechend den erstinstanzlichen Anträgen der Antragsteller zu verurteilen.

Der Antragsgegner hat beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsgegner verteidigt den angefochtenen Beschluss und führt ergänzend aus, dass die Antragsteller zu verstehen gegeben hätten, mit den durchgeführten Baumaßnahmen, wenn auch unter Gegenleistungen, einverstanden zu sein; damit hätten sie die Genehmigung der streitgegenständlichen Baumaßnahmen erklärt. Es sei auch unzutreffend, dass bereits Anfang 2002 der Rückbau verlangt worden sei. Soweit es die Mutter der Antragstellerin zu 1) und des Antragsgegners betreffe, habe diese keineswegs geäußert, mit dem Bauzustand nicht einverstanden zu sein, sondern lediglich zum Ausdruck gebracht, sich an den Kosten der Maßnahme nicht beteiligen zu wollen. Im Zeitpunkt der eidesstattlichen Versicherung, deren Echtheit der Antragsgegner bestreitet, sei die frühere Miteigentümerin nahezu blind und ihre geistige Verfassung eingeschränkt gewesen. An einer Verwirkung ändere auch der Umstand nichts, dass in der Eigentümerversammlung vom September 2004 überraschend die Rückgängigmachung der Maßnahmen verlangt worden sei, da diese bereits zu jenem Zeitpunkt 4 bis 6 Jahre zurückgelegen hätten und somit auch das Zeitmoment erfüllt sei.

Die sofortige Beschwerde der Antragsteller hatte Erfolg. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 30.05.2007 (Bl. 167-173 d. A.) den amtgerichtlichen Beschluss abgeändert und den Antragsgegner zum Rückbau verpflichtet bzw. ihm die Nutzung des Gemeinschaftseigentums als Pferdekoppel untersagt.

Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, den Antragstellern stehe ein Anspruch auf Beseitigung der baulichen Veränderungen und auf Unterlassung der Nutzungsänderung gemäß §§ 13 ff., 22 WEG, §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB zu, da diese Maßnahmen vom Antragsgegner eigenmächtig getroffen worden seien. Die Geltendmachung dieser Ansprüche sei auch nicht verwirkt. Es fehle sowohl an dem Zeit- als auch an dem Umstandsmoment. Für das Zeitmoment sei nicht erst auf die Einleitung des Verfahrens im November 2005 abzustellen, sondern spätestens auf die Eigentümerversammlung vom 20. September 2004, im Rahmen derer die Antragsteller vom Antragsgegner unter TOP 22 die Änderung des Daches über der ehemaligen Kegelbahn, unter TOP 23 die Verkleinerung der Terrasse und unter TOP 27 die Änderung der Nutzung des Gemeinschaftseigentums als Pferdekoppel, verlangt haben. Ein zeitlicher Rahmen von 4 Jahren (bezüglich der Pferdekoppel) bzw. 5 Jahren (bezüglich der Gaststättenterrasse) und von 6 Jahren (bezüglich des Pultdachs) sei jedoch zu kurz, um hier von Verwirkung ausgehen zu können.Nach den Umständen des Einzelfalls sei im Rahmen der Abwägung zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei den baulichen Veränderungen und der Nutzungsänderung sowohl isoliert als auch in ihrer Gesamtheit um gravierende Eingriffe handele, die an sich eine rasche Reaktion der betroffenen Miteigentümer erwarten ließen und grundsätzlich dazu angetan sind, die nach § 242 BGB maßgebliche Zeitdauer zu verkürzen. Umgekehrt sei aber ebenso zu gewärtigen, dass der Antragsgegner nicht schutzwürdig sei, weil er gerade aufgrund der erheblichen Intensität seines Eingriffs verständiger Weise nicht habe davon ausgehen können, die Antragsteller würden dies dauerhaft hinnehmen.

Zugleich fehle es am Umstandsmoment. Einen stillschweigenden oder gar ausdrücklichen Verzicht der Antragsteller auf ihre Unterlassungsansprüche hat die Kammer nicht angenommen. Der Antragsgegner habe selbst vorgetragen, dass die Antragsteller anlässlich der zahlreichen Verhandlungen und Korrespondenzen auf ihre Rechte "unter Gegenleistungen" verzichtet hätten. Dies impliziere zwangsläufig, dass sie ihre Rechte ausgeübt hätten, um sie überhaupt als Verhandlungsposition einsetzen zu können. Da die Gegenleistungen letztlich aber nicht erfüllt wurden bzw. die Verhandlungen ergebnislos verlaufen seien, lägen die Voraussetzungen eines - wie auch immer gearteten - Verzichts nicht vor.

Das vom Amtsgericht angeführte Argument, angesichts der zahlreichen WEG-Verfahren hätte eine frühere Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche nahegelegen, weshalb an der Ernsthaftigkeit des Begehrens zu zweifeln und der Antragsgegner schutzwürdig sei, könne deshalb nicht überzeugen, weil sämtliche Verfahren in den Jahren 2004 und 2005 anhängig wurden und damit aus einer Zeit stammten, in der sich die Antragsteller im Rahmen der Eigentümerversammlung vom September 2004 ohnehin anschickten, ihre Ansprüche gegenüber dem Antragsgegner - wenn auch noch außergerichtlich - anzumelden.

Die Kammer gehe davon aus, dass eine Verwirkung bereits schon aufgrund des Zeitmoments nicht in Betracht gezogen werden könne, wobei hierbei nicht der eidesstattlichen Versicherung tragende Bedeutung für die Entscheidung zukomme, sondern die Forderung der Antragsteller auf Beseitigung/Änderung der unberechtigt geschaffenen Verhältnisse in der Eigentümerversammlung im September 2004 grundlegend sei. Deshalb sehe die Kammer keine Veranlassung weitere Beweiserhebung vorzunehmen hinsichtlich der in der Beschwerdeinstanz vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der zwischenzeitlich verstorbenen Mutter der Antragstellerin zu 1) und des Antragsgegners, der Frau A, vom 17.06.2006, die inhaltlich wiedergibt, dass weder mit der Errichtung des Pultdaches, noch mit der Verbreiterung der Terrasse oder der Nutzung des Grundstücks als Pferdekoppel Einvernehmen hergestellt worden sei.

Gegen den seinem Verfahrensbevollmächtigten laut Empfangsbekenntnis am 06.06.2007 zugestellten landgerichtlichen Beschluss hat der Antragsgegner mit am 19.06.2007 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz weitere Beschwerde eingelegt und die Aufhebung sowie Antragszurückweisung beantragt. Der Antragsgegner rügt, dass das Landgericht hinsichtlich des für die Verwirkung erforderlichen Zeitmoments alle drei Maßnahmen des Antragsgegners in ihrer Intensität gleich gewertet habe und damit widersprüchlich argumentiert habe. Das Landgericht habe im Rahmen des Umstandsmoments verkannt, dass der Verzicht der Antragsteller auf den Rückbau des Pultdachs nicht von einer Gegenleistung abhängig gemacht worden sei. Als erstmals 2003 eine entsprechende Forderung erhoben worden sei, habe bereits Verwirkung vorgelegen. Trotz der für die Antragsteller leicht wahrnehmbaren Baumaßnahmen seien Widerstände dagegen - ihr Vorliegen unterstellt - nie konsequent verfolgt worden. Das Landgericht habe weiter bei seiner Ablehnung der Argumentation des Amtsrichters nicht berücksichtigt, dass zwar die angeführten gerichtlichen Verfahren in 2004 bzw. 2005 anhängig wurden, diesen aber außergerichtliche Streitigkeiten vorausgegangen seien, in denen die Antragsteller ebenfalls die hier streitgegenständlichen Ansprüche nicht verfolgt hätten. Schließlich habe das Landgericht ohne die vom Antragsgegner angebotenen Beweise, insbesondere zur bestrittenen Echtheit der eidesstattlichen Versicherung vom 17.06.2006 zu erheben, dieser uneingeschränkt Glauben geschenkt.

Die Antragsteller sind der weiteren Beschwerde entgegengetreten und haben die angefochtene Entscheidung verteidigt. Sie verweisen darauf, dass für die Feststellung eines treuwidrigen Verhaltens ihrerseits deshalb besondere Maßstäbe anzulegen seien, weil der Antragsgegner vorsätzlich und rechtswidrig in ihr Eigentum eingegriffen habe. Deshalb habe die Kammer zu Recht einen Zeitablauf von sechs Jahren nicht als ausreichend zur Erfüllung des Zeitmoments angesehen. Da dem Antragsgegner bewusst gewesen sei, dass die übrigen Wohnungseigentümer mit seiner eigenmächtigen Vorgehensweise nicht einverstanden waren, habe er das Verlangen von "Gegenleistungen" in den Verhandlungen der Beteiligten nicht zurückgewiesen, sondern sich auf die Verhandlungen eingelassen.

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht, worauf sich die Überprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren beschränkt (§§ 43 WEG a. F., 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

Zunächst sind die Vorinstanzen stillschweigend zu Recht davon ausgegangen, dass sowohl die Beseitigung der Dachterrasse und Ersetzung durch ein Pultdach als auch die Erweiterung der Terrasse an der Frontseite über das dem Antragsgegner zustehende Sondernutzungsrecht hinaus bauliche Veränderungen im Sinn des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG darstellen. Dass diese Baumaßnahmen über die ordnungsgemäße Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, §§ 22 Abs.1 Satz 1, 21 Abs. 3, Abs. 5 Nr. 2 WEG, liegt auf der Hand. Ebenfalls zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Zustimmung der Antragsteller auch nicht gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG entbehrlich ist. Nach § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG in Verbindung mit § 14 WEG hat ein Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung hinzunehmen, durch die ihm kein Nachteil erwächst, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht. Unter einem Nachteil in diesem Sinn ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen. Nur konkrete und objektive Beeinträchtigungen gelten als solcher Nachteil, der auch in der nachteiligen Veränderung des ästhetischen Gesamteindrucks des gemeinschaftlichen Eigentums gesehen werden kann. Entscheidend ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in entsprechender Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (BGH NJW 1992, 978, 979; Senat st. Rspr. z. B. Beschluss v. 03.12.2007- 20 W 57/05-). Das Rechtsbeschwerdegericht kann die tatsächliche Würdigung gemäß den §§ 43 Abs. 1 WEG a. F., 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, 559 Abs. 2 ZPO nicht auf ihre sachliche Richtigkeit, sondern nur darauf überprüfen, ob ihr Ergebnis auf einem Rechtsfehler beruht (Senat, st. Rspr., z.B. Beschluss vom 16.03.2004, 20 W 348/02, m. w. H.). Auch wenn die Vorinstanzen, soweit den Akten zu entnehmen ist, weder die Grundakten beigezogen haben, um Einblick in den Teilungsplan zu nehmen, noch Lichtbilder vorgelegt worden sind, aus denen sich die streitgegenständlichen Maßnahmen ergeben, lässt sich der Umfang der Beeinträchtigung der Antragsteller bereits aus der Beschreibung der Baumaßnahmen in den Schriftsätzen der Antragsteller, der der Antragsgegner nicht entgegengetreten ist, mit ausreichender Deutlichkeit erkennen.

Es stellt ohne jeden Zweifel einen das Maß des § 14 Nr. 1 WEG überschreitenden Nachteil dar, wenn für die Antragsteller die Nutzung einer Dachterrasse gänzlich entfällt, weil an ihrer Stelle ein Pultdach errichtet wird. Als Beeinträchtigung, die nicht hingenommen werden muss, genügt aber auch die Gefahr einer intensiveren Nutzung wie im Fall der Vergrößerung der Terrasse, die für den Betrieb der Gaststätte des Antragsgegners genutzt wird (BayObLG NJW-RR 1992, 272; KG NJW-RR 1997, 587; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten: WEG, 8. Aufl., § 22, Rdnr. 98; Bärmann/Pick/Merle: WEG, 9. Aufl., § 22 Rdnr. 147, 148).Schließlich können die Antragsteller hinsichtlich des gemeinschaftlichen Eigentums, zu dem unstreitig auch die von dem Antragsgegner als Pferdekoppel genutzten Flächen gehören, einen Gebrauch verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und soweit sich die Regelung daraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht, § 14 Abs. 3 WEG. Dagegen verstößt jedenfalls eine Nutzung, wie die vom Antragsgegner vorgenommene als Pferdekoppel, durch die eine Nutzung seitens der Antragsteller in anderer Form ausgeschlossen wird. Vereinbarungen oder Beschlussfassungen hinsichtlich der von ihm praktizierten Nutzung hat der Antragsgegner selbst nicht vorgetragen.

Dass den Antragstellern deshalb ein Anspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB i. V. m. §§ 15 Abs. 3, 22 Abs. 1 BGB auf Beseitigung der baulichen Veränderungen und auf Unterlassung der Nutzungsänderung, wie von den Vorinstanzen angenommen, zusteht, wird mit der weiteren Beschwerde auch nicht im Einzelnen angegriffen, sondern geltend gemacht, dass dieser Anspruch entgegen der Auffassung des Landgerichts verwirkt sei. Das Landgericht hat aber zur Recht die Voraussetzungen für eine Verwirkung des Unterlassungs- bzw. Beseitigungsanspruchs nicht als gegeben erachtet. Voraussetzung einer Verwirkung ist, dass seit der Möglichkeit, das Recht geltend zu machen, längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung des Rechts als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen (Umstandsmoment). Erforderlich ist insoweit, dass sich der Verpflichtete auf Grund des gesamten Verhaltens des Berechtigten darauf einrichten durfte und auch eingerichtet hat, dieser werde in Zukunft das Recht nicht mehr geltend machen (Oberlandesgericht Düsseldorf NZM 2000, 866; BayObLG NZM 2002, 128; Palandt/Bassenge: WEG, 68. Aufl., § 22, Rdnr. 35; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten: WEG, 8. Aufl., § 22, Rdnr. 175).Ausgehend davon, dass die Antragsteller jedenfalls in der Wohnungseigentümerversammlung vom 20.09.2004 die hier streitgegenständlichen Ansprüche geltend gemacht haben und die älteste bauliche Veränderung, nämlich die Errichtung des Pultdachs an Stelle der Dachterrasse 1998 vorgenommen wurde, wären für das Zeitmoment insoweit sechs Jahre, hinsichtlich der 1999 vorgenommenen Terrassenerweiterung fünf Jahre und für die Nutzung als Pferdekoppel ab 2000 vier Jahre zu berücksichtigen. Es kann aber dahingestellt bleiben, ob diese Zeiträume auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Schwere der Eingriffe in das Eigentum der Antragsteller geeignet wären, den Erfordernissen des Zeitmoments zu genügen, da die Rechtsprechung bisher ganz überwiegend nur das Verstreichenlassen wesentlich längerer Zeiträume zum Anlass für die Prüfung einer Verwirkung genommen hat (vgl. Zitate bei Oberlandesgericht Düsseldorf, aaO., Niedenführ, aaO.). Denn dem Landgericht ist jedenfalls darin zu folgen, dass es am Umstandsmoment fehlt. Der Antragsgegner verkennt, dass die dazu notwendigen besonderen Umstände über das bloße Verstreichenlassen von Zeit ohne Anspruchsgeltendmachung hinausgehen müssen, da die bloße Untätigkeit bereits vom Zeitmoment erfasst ist. Die sonstigen besonderen Umstände, auf die sich der Antragsgegner dafür beruft, dass sie ein Vertrauen des Antragsgegners gerechtfertigt hätten, dass in Zukunft keine Ansprüche geltend gemacht würden, sind nicht eindeutig. Auch wenn die Antragsteller die hier streitgegenständlichen Ansprüche im Gegensatz zu anderen nicht gerichtlich geltend gemacht haben - worauf der Amtsrichter die Annahme einer Verwirkung gestützt hat -, ergibt sich aus der im Erstbeschwerdeverfahren vorgelegten Korrespondenz, dass die Antragsteller diese Ansprüche in den seit 2003 geführten Verhandlungen über eine Neuordnung des Gemeinschaftsverhältnisses als "Verhandlungsmasse" betrachtet haben. Daraus ergibt sich, dass die Antragsteller jedenfalls nicht davon ausgegangen sind, sie hätten keine Ansprüche, die sie zum Verlangen von Gegenleistungen legitimieren würden, worauf das Landgericht zu Recht abgestellt hat. Ebenfalls zu Recht haben die Antragsteller darauf verwiesen, dass eine Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben eine Schutzwürdigkeit des Verpflichteten voraussetzt. Der Antragsgegner hat aber keine Umstände dargetan, die erkennen ließen, dass er sich, nachdem er die baulichen Veränderungen bzw. die Nutzungsänderung einmal vorgenommen hatte, darauf eingerichtet hätte, dass es auf Dauer dabei verbleibt. Im Gegenteil belegt sein Eingehen auf die Verhandlungen über eine Neuregelung des Gemeinschaftsverhältnisse unter Einschluss auch der hier streitgegenständlichen Punkte "Pultdach" und "Sondernutzungsrechte bzgl. Freiflächen", wie sie sich aus der Korrespondenz der Antragsteller mit dem Notar B ergibt, dass der Antragsgegner nicht davon ausgegangen ist, insoweit sei schon durch Verzicht der Antragsteller eine verbindliche Regelung erfolgt, zumal er die verlangten Gegenleistungen nicht erbracht hat. Dies wird auch durch das Verlangen des Antragsgegners auf Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung mit Schreiben vom 03.12.2003 (Bl. 102, 103 d. A.) belegt, das u. a. die Neuaufteilung der Freiflächen und die Neuzuordnung der Dachterrasse zum Gegenstand hatte.

Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht deshalb die Voraussetzungen einer Verwirkung der streitgegenständlichen Ansprüche nicht als erfüllt erachtet und zwar ohne sich dabei auf die eidesstattliche Versicherung vom 17.06.2006 zu stützen, wie im letzten Absatz auf Seite 6 des angefochtenen Beschlusses ausdrücklich ausgeführt wird. Deshalb kann die Rüge, das Landgericht habe der eidesstattlichen Versicherung uneingeschränkt Glauben geschenkt, ohne die zum Bestreiten ihre Echtheit bzw. Wirksamkeit angebotenen Beweise zu erheben, der weiteren Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf der Würdigung der eidesstattlichen Versicherung beruht.

Es entspricht billigem Ermessen, dass der Antragsgegner die Gerichtskosten seines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels der sofortigen Beschwerde zu tragen hat, § 47 Satz 1 WEG a. F..Im Hinblick auf die unterschiedlichen Entscheidungen der Vorinstanzen war die Erstattung außergerichtlicher Kosten dagegen nicht anzuordnen, § 47 Satz 2 WEG a. F..Den Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Senat in Anlehnung an die unbeanstandet gebliebene Schätzung des Landgerichts festgesetzt (§ 48 Abs. 3 WEG a. F.).

Ende der Entscheidung

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