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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 11.01.2001
Aktenzeichen: 20 W 255/00
Rechtsgebiete: GBO, ZPO, BNotO


Vorschriften:

GBO § 29
GBO § 19
GBO § 78 Satz 1
GBO § 80 Abs. 1 Satz 2
GBO § 29 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 415
BNotO § 24 Abs. 1
BNotO §§ 20 ff
BNotO § 24 Abs. 3 Satz 2
Unterschreibt ein Notar nach bereits erfolgter Auflassung eine Bewilligungserklärung als Eigenurkunde und versieht sie mit seinem Dienstsiegel, liegt eine öffentliche Urkunde vor und bedarf nicht noch einer Unterschriftsbeglaubigung.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 W 255/00

Frankfurt Bezirk 43-80-2656 AG Frankfurt/M. Abt.61

Verkündet am 11.01.2001

In der Grundbuchsache ...

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die weitere Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 3.4.2000 am 11.1.2001 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Frankfurt am Main ­ Grundbuchamt ­ vom 15.2.2000 werden aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, die Eintragungsanträge der Antragsteller nicht aus den Gründen der aufgehobenen Zwischenverfügung zurückzuweisen.

Gründe:

Die Beteiligten haben am 12.11.1999 einen notariellen Kaufvertrag über ein Grundstück beurkunden lassen. Unter Ziffer III.1. dieser notariellen Urkunde findet sich unter anderem folgende Regelung:

"Die Vertragsteile sind über den Eigentumsübergang auf den Käufer einig, auf mehrere im angegebenen Anteilsverhältnis. Die Eintragungsbewilligung des Verkäufers wird heute ausdrücklich noch nicht abgegeben. Der amtierende Notar wird von den Vertragsteilen bevollmächtigt, die Eigentumsumschreibung namens des Verkäufers in das Grundbuch zu bewilligen und namens eines oder aller Beteiligter in das Grundbuch zu beantragen. Von dieser Ermächtigung darf der Notar jedoch nur Gebrauch machen, wenn ihm die vollständige Erbringung des Kaufpreises (mit Ausnahme etwa angefallener Zinsen) durch eine schriftliche Bestätigung des Verkäufers bzw. dessen im Grundbuch eingetragenen Gläubigern in Höhe ihrer Ablöseforderungen oder vom Käufer nach dem freien Ermessen des Notars ausreichend nachgewiesen ist. Der Verkäufer hat dafür zu sorgen, dass diese Bestätigungen unverzüglich nach Eingang des Betrages dem Notar zugehen. Er haftet für allen Schaden, der aus einer verspäteten Zahlungsbestätigung entsteht."

Unter dem 29.12.1999 hat der den Kaufvertrag beurkundende Notar sodann in schriftlicher Urkunde folgende Erklärung abgegeben:

Ich, der unterfertigte Notar, stelle hiermit fest, dass mir die vollständige Erbringung der Gegenleistung bestätigt wurde.

Ich bewillige daher namens des Verkäufers und beantrage namens des Käufers aufgrund der mir in der vorgenannten Urkunde erteilten Vollmacht den Vollzug der Auflassung im Grundbuch."

Die Urkunde ist vom Notar unterschrieben und mit seinem Dienstsiegel versehen worden. Der Notar hat sodann die Urkunden beim Grundbuchamt eingereicht und im Namen der Erwerber ­ der Antragsteller - den Vollzug der Auflassung beantragt.

Durch Zwischenverfügung vom 15.2.2000 hat die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt beanstandet, dass die Eintragungsbewilligung der Verkäufer nicht der Form des § 29 GBO entspreche. Soweit der Notar in der Eintragungsbewilligung als Bevollmächtigter aufgetreten sei, bedürfe es zur Wirksamkeit der Bewilligung der Unterschriftsbeglaubigung. Gegen diese Zwischenverfügung haben die Antragsteller Beschwerde eingelegt. Durch den angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, dass es sich nicht lediglich um die nachträgliche Berichtigung, Ergänzung oder grundbuchrechtlichen Erfordernissen Rechnung tragende inhaltliche Anpassung einer vom Notar beurkundeten oder beglaubigten grundbuchrechtlichen Erklärung handele, sondern um deren erstmalige Abgabe, für deren Wirksamkeit im Grundbuchverfahren allein die Unterschrift und Siegelung durch den erklärenden Notar noch nicht genüge, sondern es vielmehr auch der Unterschriftsbeglaubigung bedürfe. Hiergegen haben die Antragsteller und Beschwerdeführer weitere Beschwerde eingelegt.

Die nach § 78 Satz 1 GBO statthafte weitere Beschwerde ist auch ansonsten zulässig; sie entspricht in förmlicher Hinsicht den gesetzlichen Vorschriften, § 80 Abs. 1 Satz 2 GBO.

Die weitere Beschwerde ist auch in der Sache begründet. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des § 29 GBO.

Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO soll die Eintragung nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, was das Landgericht verkannt hat.

Die von dem Notar unterschriebene und mit seinem Dienstsiegel versehene Bewilligungserklärung stellt eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO dar; der vom Grundbuchamt und dem Landgericht im angefochtenen Beschluss als erforderlich angesehenen Unterschriftsbeglaubigung bedarf es mithin nicht. Nach der vom Landgericht im angefochtenen Beschluss zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9.7.1980 (BGHZ 78, 36 ff = DNotZ 1981, 118 ff) sind öffentliche Urkunden nach der auch hier maßgeblichen Begriffsbestimmung des § 415 ZPO unter anderem solche Urkunden, die von einer mit öffentlichen Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind.

Mit öffentlichem Glauben versehene Personen sind solche Urkundspersonen, die durch staatliche Ermächtigung bestellt sind; zu ihnen gehört auch der Notar (vgl. auch BGH DNotZ 1981, 118, 119).

Die Errichtung der hier in Rede stehenden Eigenurkunde läßt sich auch dem Geschäftskreis zuordnen, der dem Notar als einer mit öffentlichen Glauben versehenen Person zugewiesen ist. Nach § 24 Abs. 1 BNotO gehört zu dem Amt des Notars auch die sonstige, das heißt über Beurkundungen und Beglaubigungen sowie die weiteren in §§ 20 ff BNotO aufgeführten Aufgaben hinausgehende Betreuung der Beteiligten auf dem Gebiet der Rechtspflege. Hierzu gehören nach der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch die durch den Notar errichteten Eigenurkunden nach vorausgegangener Beurkundungs- und Beglaubigungstätigkeit, um eine von den Beteiligten bereits abgegebene verfahrensrechtliche Erklärung zu berichtigen oder zu ergänzen oder um sie grundbuchrechtlichen Erfordernissen anzupassen (DNotZ 1981, 118, 119). Vorliegend wurde der Notar in dem von ihm beurkundeten Kaufvertrag, der auch bereits die Auflassung enthielt, bevollmächtigt, die erforderliche Eintragungsbewilligung für die Verkäufer zu erklären. Eine solche Vorgehensweise ist grundsätzlich zulässig. Der Notar kann eine Erklärung beurkunden, in der ihn die Beteiligten zur Abgabe von verfahrensrechtlichen Erklärungen bevollmächtigen, die zum Vollzug eines beurkundeten Rechtsgeschäfts erforderlich sind. Dies wird vom Landgericht im angefochtenen Beschluss auch nicht in Zweifel gezogen, da lediglich die Unterschriftsbeglaubigung als fehlend gerügt wird. Aber auch in diesem Bereich, in dem der Notar also nicht eine beurkundete verfahrensrechtliche Erklärung, sondern eine beurkundete materiellrechtliche Erklärung um die zu deren Vollzug erforderliche verfahrensrechtliche Erklärung (hier: die Bewilligung) ergänzt, handelt der Notar im Rahmen seiner Betreuungstätigkeit nach § 24 Abs. 1 BNotO. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen von Behmer in Rpfleger 1984, 306, 307, an, wonach es für die Zuständigkeit des Notars keinen Unterschied macht, ob eine verfahrensrechtliche Erklärung oder ein materiellrechtliches Rechtsgeschäft durch eine weitere verfahrensrechtliche und zur Durchführung des beurkundeten Vorgangs erforderliche verfahrensrechtliche Erklärung ergänzt wird (vgl. im Ergebnis auch Reithmann, Allgemeines Urkundenrecht, S.29; Reithmann, DNotZ 1983, 438; wohl auch Schippel/Reithmann, BNotO, 7. Aufl., § 24 Rdnrn. 7, 26, 59). In beiden Fällen ist die Errichtung der Eigenurkunde durch die Beurkundungstätigkeit des Notars ausgelöst worden und ergänzt diese. Der Notar handelt also bei Abgabe der Bewilligungserklärung in dem ihm zugewiesenen Geschäftskreis im Sinne des § 415 ZPO, so dass auch diese Voraussetzung der öffentlichen Urkunde erfüllt ist.

Die von dem Notar mit seiner Unterschrift und dem Dienstsiegel versehene schriftliche Bewilligungserklärung ist letztendlich auch in der vorgeschriebenen Form abgegeben worden. Für die notarielle Eigenurkunde ist keine grundlegende gesetzliche Form vorgeschrieben. Nach der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs ent fällt aber dieses begriffliche Erfordernis, wenn die Einhaltung einer besonderen Form nicht vorgeschrieben ist; eine öffentliche Urkunde liegt dann auch vor, wenn die sonstigen Voraussetzungen gegeben sind (DNotZ 1981, 118, 120). Lediglich für den Fall der Rücknahme eines Antrags ist nach Maßgabe des § 24 Abs. 3 Satz 2 BNotO geregelt, dass die notarielle Unterschrift unter Beifügung des Amtssiegels genügt und die Beglaubigung der Unterschrift nicht erforderlich ist. Selbst wenn man aber ­ was der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung offengelassen hat ­ hieraus eine allgemeine Formvorschrift für die nicht spezifizierte Amtstätigkeit des Notars entnehmen wollte, so wäre diese Form im vorliegenden Fall eingehalten.

Der Senat schließt sich mithin im Ergebnis der in der veröffentlichten Literatur weitgehend vertretenen Rechtsauffassung an, wonach der beurkundende Notar in der Form der notariellen Eigenurkunde aufgrund einer bereits vorgenommenen Auflassung die Bewilligung der Eigentumsumschreibung gemäß § 19 GBO erklären kann, wenn er dazu bevollmächtigt worden ist (vgl. Bauer/von Oefele/Knothe, Grundbuchordnung, § 29 Rdnr. 97; Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 11. Aufl., Rdnr. 164; Meikel/Bambring, Grundbuchordnung, 8. Aufl., § 29 Rdnr. 152a; Behmer, a.a.O., Rpfleger 1984, 306; Reithmann, a.a.O., Allgemeines Urkundenrecht, S.29; Reithmann, DNotZ 1983, 438, 440; Ertl, Rpfleger 1980, 41, 48; wohl auch und Schippel/Reithmann, a.a.O, § 24 BNotO Rdnrn. 26, 59). Soweit an anderer Stelle in der Literatur (vgl. etwa Winkler, DNotZ 1981, 252, 253; Becksches Notarhandbuch/Reibold, A I Rdnr. 258, vgl. aber auch das Beispiel bei Rdnr. 259; KEHE- Herrmann, Grundbuchrecht, 5. Aufl., § 29 Rdnr. 77) und der veröffentlichten Rechtsprechung (vgl. etwa BayObLG Rpfleger 1982, 416 und Rpfleger 1988, 60; OLG Düsseldorf Rpfleger 1989, 58; OLG Zweibrücken, Rpfleger 1982, 276, 277) lediglich die nachträgliche Berichtigung, Ergänzung oder grundbuchrechtlichen Erfordernissen Rechnung tragende inhaltliche Anpassung einer vom Notar beurkundeten oder beglaubigten grundbuchrechtlichen Erklärung angesprochen wird, worauf das Landgericht zutreffend hinweist, so ergibt sich hieraus nichts anderes. Eine von der dargestellten Meinung des Senats abweichende ­ nämlich einschränkende - Rechtsauffassung lässt sich hieraus nicht entnehmen. Die Beschränkung auf die genannten Fälle in der Rechtsprechung erklärt sich daraus, dass in den dort zur Entscheidung stehenden Einzelfällen keine Veranlassung bestand, auf die hier zu entscheidende Frage einzugehen. Dies gilt auch für den zitierten Beschluss des OLG Zweibrücken in Rpfleger 1982, 276, 277, in dem am Ende zur Begründung der Zulässigkeit der notariellen Eigenurkunde lediglich auf eine bereits abgegebene verfahrensrechtliche Erklärung der Urkundsbeteiligten abgestellt und diese hergeleitet, sowie eine weitere Zulassung von Eigenurkunden abgelehnt wird. Auch dort wird ­ wie hier - entscheidend auf die Betreuungstätigkeit des Notars aufgrund einer vorgängigen Erklärung abgestellt, die im dortigen Fall ­ anders als im hiesigen ­ allerdings fehlte.

Hiernach sind die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und das Grundbuchamt anzuweisen, die Eintragung nicht aus den Gründen der aufgehobenen Zwischenverfügung abzulehnen.

Ende der Entscheidung

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