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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 21.02.2008
Aktenzeichen: 20 W 26/08
Rechtsgebiete: FGG, WEG


Vorschriften:

FGG § 20 a
FGG § 27 Abs. 2
WEG § 45
Gegen einen Beschluss des Landgerichts, der über eine sofortige Beschwerde gegen eine isolierte Kostenentscheidung (Mischentscheidung) des Amtsgerichts in einem WEG-Verfahren befindet, ist die sofortige weitere Beschwerde auch dann nicht gegeben, wenn das Landgericht die Erstbeschwerde zu Unrecht als unzulässig verworfen hat, weil es fälschlich von einer unselbstständigen Kostenentscheidung des Amtsgerichts ausgegangen ist.
Gründe:

Die Antragsteller haben mit am 05.12.2005 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz die in der Wohnungseigentümerversammlung vom 03.11.2005 zu den Tagesordnungspunkten 2, 3, 6 und 8 gefassten Beschlüsse angefochten und ausgeführt, die Anfechtung erfolge vorsorglich, da nicht sichergestellt sei, dass die Beteiligte zu 1), die damalige Verwalterin, ein berichtigtes Protokoll der Versammlung vorlege. Die Antragsschrift wurde der Beteiligten zu 1) laut Zustellungsurkunde am 15.03.2006 zugestellt. Nach Erhalt des korrigierten Protokolls erklärten die Antragsteller ihre Anträge auf Ungültigerklärung der zu TOP 3, 6 und 8 der Wohnungseigentümerversammlung vom 03.11.2005 für erledigt. Die Antragsgegner schlossen sich der Erledigungserklärung an und erklärten ihr Anerkenntnis bezüglich der Anfechtung von TOP 2, der die Jahresabrechnung 2004/2005 betraf, bei der die Kostenverteilung unstreitig nicht der Teilungserklärung entsprach. In der mündlichen Verhandlung vom 16.02.2007 war kein Vertreter der Beteiligten zu 1), sondern der am 24.01.2007 neu bestellten Verwalterin erschienen. Mit Schreiben vom 20.03.2007 nahm die Beteiligte zu 1) Stellung und verwahrte sich insbesondere gegen eine Belastung mit Verfahrenskosten. Das Amtsgericht erklärte mit Beschluss vom 27.03.2007 (Bl. 99-103 d. A.) den zu TOP 2 der Wohnungseigentümerversammlung vom 03.11.2005 gefassten Beschluss für ungültig. Den Antragsgegnern und der Beteiligten zu 1) wurden die (gerichtlichen) Kosten des Verfahrens je zur Hälfte auferlegt sowie die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller durch die Beteiligte zu 1) angeordnet.

Gegen die ihr laut Zustellungsurkunde am 28.07.2007 zugestellte Entscheidung des Amtsgerichts hat die Beteiligte zu 1) mit am 10.08.2007 bei Gericht eingelegten Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom gleichen Tag Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss hinsichtlich der angeordneten Kostenerstattung durch die Beteiligte zu 1) aufzuheben. Zur Begründung hat die Beteiligte zu 1) u. a. ausgeführt, sie sei an dem amtsgerichtlichen Verfahren nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Die Kostenentscheidung sei auch inhaltlich nicht gerechtfertigt, da die Antragsteller nicht durch die verspätete Protokollerstellung zur Anfechtung gezwungen gewesen seien.

Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den amtsgerichtlichen Beschluss hat das Landgericht in dem jetzt mit der weiteren Beschwerde angefochtenen Beschluss (Bl. 152-154 d. A.) als unzulässig verworfen, da das Amtsgericht hinsichtlich des TOP 2 eine Entscheidung in der Hauptsache getroffen habe, so dass eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung nicht zulässig sei.

Gegen den ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 12.12.2007 zugestellten Beschluss des Landgerichts hat die Beteiligte zu 1) mit am 27.12.2007 bei Gericht eingegangenem Fax-Schreiben sofortige weitere Beschwerde erhoben.

Nach einem Hinweis der Berichterstatterin auf Bedenken gegen die Zulässigkeit des Rechtsmittels hat die Beteiligte zu 1) die Auffassung vertreten, § 27 Abs. 2 FGG sei hier nicht einschlägig. Das Landgericht habe zu Unrecht die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen, da die Beteiligte zu 1), obwohl sie nicht (mehr) Partei des Anfechtungsverfahrens gewesen sei, mit Kosten belastet worden sei. Jedenfalls soweit hinsichtlich des erledigten Teils eine Kostenentscheidung ergangen sei, habe diese nach § 20 a Abs. 2 FGG angefochten werden können. Auch liege der Ausnahmefall einer greifbaren Gesetzeswidrigkeit vor, da die Beteiligte zu 1) im amtsgerichtlichen Verfahren nicht ordnungsgemäß beteiligt worden sei.

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist unzulässig.

In Wohnungseigentumssachen galten für die am 01.07.2007 bei Gericht anhängigen Verfahren die Vorschriften des FGG (§§ 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG a. F., 62 Abs. 1 WEG n. F.), somit ist für die Beurteilung der Statthaftigkeit des Rechtsmittels der in § 27 Abs. 2 FGG enthaltene Rechtsmittelausschluss zu beachten. Danach ist die weitere Beschwerde nach § 27 Abs. 1 FGG in den Fällen des § 20 a Abs. 2 FGG, also bei einer Entscheidung über den Kostenpunkt ohne Hauptsacheentscheidung (sog. isolierte Kostenentscheidung), nur dann gegeben, wenn das Beschwerdegericht erstmals eine Entscheidung über den Kostenpunkt getroffen hat.

Soweit das Amtsgericht in seinem Beschluss vom 27.03.2007 nach der Teilerledigung bzgl. der Anfechtung der TOP 3, 6 und 8 nur noch über die Kosten entschieden hat, liegt unzweifelhaft eine isolierte Kostenentscheidung vor, die nach § 20 a Abs. 2 FGG mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden kann, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 100,00 € übersteigt. Lediglich hinsichtlich der Anfechtung von TOP 2 hat der Amtsrichter in der Hauptsache entschieden, mit der Folge, dass insoweit die Kostenentscheidung gemäß § 20 a Abs. 1 Satz 1 FGG nicht isoliert angefochten werden kann.

Obwohl das Landgericht rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt hat, dass eine Mischentscheidung vorliegt, bei der hinsichtlich des erledigten Teil eine isolierte Kostenentscheidung mit der Folge der Anfechtbarkeit nach § 20 a Abs. 2 FGG getroffen worden ist, ist die weitere Beschwerde gegen die landgerichtliche Entscheidung nicht eröffnet, da das Amtsgericht und nicht das Landgericht als Beschwerdegericht die isolierte Kostenentscheidung getroffen haben (OLG Hamm NZM 1999, 576; Senat WuM 2003, 656; Bärmann/Pick/Merle: WEG, 9. Aufl., § 47 Rdnr. 64; Niedenführ/Schulze: WEG, 7. Aufl., § 47, Rdnr. 23). Der Gesetzgeber hat insoweit im Hinblick auf die wachsende Geschäftslast der Gerichte und die untergeordnete Bedeutung von Kostenfragen für die in erster Linie der Wahrung der Rechtseinheit dienende weitere Beschwerde die Überprüfung durch eine Instanz für ausreichend erachtet. Dies ist der Begründung zum Regierungsentwurf für das Rechtspflege - VereinfachungsG vom 17.12.1990 (BT-Drucksache 11/3621 Seite 61), durch das der Absatz 2 des § 27 FGG a. F. angefügt wurde, zu entnehmen (OLG Frankfurt am Main StAZ 1998, 316; OLG Hamm NZM 1999, 576, 577; Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler: FGG, 15. Aufl., § 27 Rdnr. 9).

Dies gilt auch dann, wenn das Landgericht wie im vorliegenden Fall die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen hat (vgl. -jeweils für das Wohnungseigentumsverfahren- BayObLG ZMR 1999, 50 und WuM 1999, 190; OLG Hamm NZM 1999, 576). Zwar muss die Frage, ob das Beschwerdegericht zu Recht von einer Unzulässigkeit der Erstbeschwerde ausgegangen ist, grundsätzlich einer Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht zugänglich sein. Dieser allgemeine, insbesondere aus § 547 ZPO a. F. hergeleitete Verfahrensgrundsatz kann jedoch nur dann eingreifen, wenn ein Rechtsmittel an sich statthaft ist (BGH NJW 1984, 2368 zu §§ 547, 545 Abs.2 ZPO a. F.; Thomas /Putzo: ZPO, 22. Aufl., zu § 547 Rdnr. 1 a. F.). Hier fehlt es aber an einer rechtsmittelfähigen Entscheidung des Landgerichts, weil durch § 27 Abs. 2 FGG die weitere sofortige Beschwerde bei einer isolierten Kostenentscheidung nach § 20 a Abs. 2 FGG ausgeschlossen ist (BayObLG ZMR 1999, 50 m.w.H.; Senatsbeschluss vom 29.01.2002 - 20 W 32/2002-).

Es kann dahingestellt bleiben, ob die sofortige weitere Beschwerde als außerordentliches Rechtsmittel unter dem Gesichtspunkt der sog. greifbaren Gesetzeswidrigkeit zulässig sein könnte, denn ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH (z.B. NJW 1993,1865) war die außerordentliche Beschwerde auf die Fälle krassen Unrechts und unzumutbarer Härte beschränkt und nur dann eröffnet, wenn die Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd, d.h. wenn sie mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist. An seiner früheren Rechtsprechung zur außerordentlichen Beschwerde hat der BGH aber nach Schaffung des neuen § 321 a ZPO durch das Zivilprozessreformgesetz nicht mehr festgehalten, sondern aus dieser Norm den allgemeinen Rechtsgedanken abgeleitet, dass bei Verletzung von Verfahrensgrundsätzen oder sonstigen Fällen greifbarer Gesetzeswidrigkeit eine Selbstkorrektur durch das entscheidende Gericht ermöglicht ist, die eine Anfechtung mit der außerordentlichen Beschwerde ausschließt (BGHZ 150, 133 = MDR 2002, 901 = NJW 2002, 1577). Das OLG Celle (ZIP 2002, 2058) und das KG (MDR 2002, 1086) haben sich dieser Auffassung angeschlossen, ebenso das BVerwG für den Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit (NJW 2002, 2657). Nachdem der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts offengelassen hatte, ob diese Grundsätze auch in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zur Anwendung kommen können (BayObLG FGPrax 2002, 218; BayObLGZ 2002, 274) hat der 2. Zivilsenat mit Beschluss vom 04.12.2002 (MDR 2003, 410) eine Gleichbehandlung bejaht und zwar nicht nur für die sog. echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die dem streitigen Verfahren der Zivilprozessordnung angenähert sind und zu denen insbesondere ganz überwiegend die Verfahren in Wohnungseigentumssachen zählen. Danach wäre eine außerordentliche Beschwerde auch in FGG-Verfahren nicht mehr eröffnet. Abgesehen davon liegt hier auch keine greifbare Gesetzeswidrigkeit vor, da die Verwerfung eines Rechtsmittels mangels Anfechtung der Hauptsache keineswegs eine der Rechtsordnung fremde Entscheidung darstellt.

Auch die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs vermag kein Rechtsmittel zu eröffnen, das gesetzlich nicht vorgesehen ist. Dafür ist in den einzelnen Verfahrensordnungen durch den Gesetzgeber die Anhörungsrüge geschaffen worden, so in § 29 a FGG. Darüber hinaus trifft der Vorwurf der Beteiligten zu 1), sie sei am Ausgangsverfahren entgegen § 43 Abs. 4 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2 Nr. 3 WEG a. F. nicht beteiligt worden, in der Sache nicht zu, da ihr der Antragsschriftsatz und die Entscheidung im amtsgerichtlichen Verfahren zugestellt worden sind, wenn sich auch eine Ladung zum Verhandlungstermin vom 16.02.2006 nicht feststellen lässt. Die Beteiligte zu 1) hat in der Sache und insbesondere zur Frage der Kostentragung auch vor der amtsgerichtlichen Entscheidung Stellung genommen. Schließlich wäre eine im ersten Rechtszug unterbliebene Beteiligung dadurch geheilt, dass die Beteiligte zu 1) Beschwerdeführerin im landgerichtlichen Verfahren war (Niedenführ/Schulze: WEG, 7. Aufl., vor §§ 43 ff., Rdnr. 112). Schließlich hat die Beteiligte zu 1) auch nicht ihre Stellung als Verfahrensbeteiligte verloren, weil vor der amtsgerichtlichen Entscheidung ein neuer Verwalter gewählt worden ist (Niedenführ/Schulze, aaO., § 48, Rdnr. 109).

Die Entscheidung über die Gerichtskosten folgt aus § 47 Satz 1 WEG a. F.. Die Anordnung einer Erstattung außergerichtlicher Kosten gemäß § 47 Satz 2 WEG a. F. war trotz Erfolglosigkeit der weiteren Beschwerde schon deshalb nicht veranlasst, weil die Antragsgegner am Verfahren der weiteren Beschwerde nicht beteiligt worden sind.

Die Wertfestsetzung nach § 48 Abs. 3 WEG a. F. orientiert sich an der Höhe der Kosten, die die Beteiligte zu 1) nach der amtsgerichtlichen Kostenentscheidung den Antragstellern zu erstatten hat.

Ende der Entscheidung

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