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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 14.07.2005
Aktenzeichen: 20 W 262/05
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 14 III
KostO § 18 I 2
KostO § 62 I
KostO § 64 I
Der neue § 18 Abs. 1 Satz 2 KostO enthält eine allgemeine Geschäftswertobergrenze, die Einschränkung, "soweit nichts anderes bestimmt ist", bezieht sich auf spezielle Wertobergrenzen.
Gründe:

Auf Antrag der Kostenschuldnerin vom 13.10.2004 wurde in dem betroffenen Grundbuch eine Gesamtgrundschuld in Höhe von 206.300.000,00 € im Gleichrang mit einer bereits erstrangig in Abt. III eingetragenen Grundschuld über 293.700.000,00 € eingetragen.

Der Kostenschuldnerin wurde durch Kostenrechnung vom 14.10.2004 (Kassenzeichen ..., Bl. 20 d. A.) für die Eintragung der Grundschuld eine volle Gebühr gemäß § 62 Abs. 1 KostO sowie für die Rangänderung eine halbe Gebühr gemäß § 64 Abs. 1 KostO aus einem Geschäftswert von jeweils 206.300.000,00 € berechnet. Die Kostenschuldnerin hat gegen den Kostenansatz Erinnerung eingelegt, da den Gebühren nach § 18 Abs.1 Satz 2 KostO in der seit 01.07.2004 gültigen Fassung nur der Höchstbetrag von 60 Mio. € als Geschäftswert hätte zu Grunde gelegt werden können.

Die Grundbuchrechtspflegerin hat die Beschwerde mit Beschluss vom 22.12.2004 (Bl. 44 d. A.) zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, in § 18 Abs. 1 Satz 2 KostO sei die Einschränkung enthalten "soweit nichts anderes bestimmt ist". Dadurch, dass nach § 23 Abs. 2 KostO für die Eintragung bzw. die Rangänderung einer Grundschuld der Nennbetrag maßgeblich sei, sei aber etwas anderes bestimmt. Der § 23 KostO stelle, wie auch der § 20 KostO, eine Ausnahme zu § 18 KostO dar.

Die Erstbeschwerde der Kostenschuldnerin gegen diesen Beschluss, der die Rechtspflegerin nicht abgeholfen hat, hat das Landgericht mit Beschluss vom 08.04.2005 (Bl. 56-59 d. A.) zurückgewiesen und sich der Auffassung des Amtsgerichts angeschlossen. Die Begründung des Gesetzentwurfs stehe dieser Auslegung nicht entgegen und die Literaturmeinung sei uneinheitlich.

Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin, die damit begründet wird, dass die in § 18 Abs. 1 Satz 2 KostO enthaltene Einschränkung lediglich bedeute, dass andere Höchstwertregelungen, die niedrigere Höchstwerte enthalten, unberührt bleiben sollten. Eine andere Auslegung würde auch denkgesetzlich keinen Sinn machen.

Die Kammer hat der weiteren Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Die weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin ist kraft Zulassung durch das Landgericht statthaft (§ 14 Abs. 5 Satz 1 KostO) und auch sonst zulässig. Sie hat in der Sache auch Erfolg, denn die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Rechts (§ 14 Abs. 5 Satz 2 KostO i. V. m. § 546 ZPO).

Da die Kosten für die Eintragung der Grundschuld und der Rangänderung nach dem 01.07.2004 fällig geworden sind (§ 7 KostO), gilt für sie das neue Recht (§ 161 Satz 1 KostO), mit dem § 18 Abs. 1 Satz 2 KostO mit Wirkung vom 01.07.2004 durch Art. 4 Abs. 29 KostRMoG vom 05.05.2004 (BGBl. I Seite 718, 837) angefügt worden ist.

Wie bereits der Begründung zum Gesetzentwurf des KostRMoG (Bundestagsdrucksache 15/1971, Seite 235, 299) zu entnehmen ist, soll die Begrenzung des Geschäftswertes auf 60 Millionen Euro eine generelle Wertbegrenzung darstellen. Die Regelung in der Kostenordnung sollte nach dem Willen des Gesetzgebers parallel erfolgen zum Gerichtskosten- und Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Auch die Begründung im Gesetzentwurf zum KostRMoG (Bundestagsdrucksache 15/1971 S. 154) zu § 39 Abs. 2 GKG, der einen Streitwert von höchstens 30 Millionen Euro vorsieht, soweit nichts anderes bestimmt ist, lautet: "Durch Absatz 2 soll wie in den übrigen Kostengesetzen eine allgemeine Wertgrenze eingefügt werden." In der Begründung zu § 22 Abs. 2 Satz 1 RVG, der bestimmt, dass der Wert in derselben Angelegenheit höchstens 30 Millionen Euro beträgt, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist, heißt es : "Mit Absatz 2 soll auch für das vorgeschlagene RVG eine allgemeine Wertgrenze eingefügt werden, wie sie für das Gerichtskostengesetz in Artikel 1 (§ 39 GKG-E) vorgesehen ist",(Bundestagsdrucksache 1571/1971 S. 194).

Die allgemeine Begrenzung des Geschäftswertes hat zwar Kritik erfahren, weil sie das bewährte System der Wertgebühr mit seiner sozialen Komponente in Frage stelle ( so z. B. Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO, 16. Aufl., Einf., Rdnr. 38 und § 18 Rdnr. 3 a und Haeder DNotZ 2004, 406). Es besteht aber Einigkeit im Schrifttum, dass der § 18 Abs. 1 Satz 2 KostO eine allgemeine Geschäftswertobergrenze in Höhe von 60 Millionen Euro normiert (Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, aaO.; Hartmann: Kostengesetze, 34. Aufl., § 18, Rdnr. 7; Rohs/Wedewer: KostO, Stand Dezember 2004, § 18, Rdnr. 1; Lappe NJW 2005, 263, 266; Haeder DNotZ 2004, 406, Tiedtke/Fembacher MittBayNot 2004, 317=ZNotP256/04; Filzek JurBüro 2004, 579).

Eine Auslegung der einschränkenden Formulierung, "soweit nichts anderes bestimmt ist", kann nur bedeuten, dass sonstige spezielle Wertbegrenzungen, wie sie die KostO auch in der neuen Fassung noch enthält, z. B. in § 30 Abs. 2, § 39 Abs. 4, § 41 Abs. 4 KostO, von der allgemeinen Wertbegrenzung unberührt bleiben. Bei einer Auslegung, wie sie die Vorinstanzen vorgenommen haben, würde für einen allgemeine Wertbegrenzung kein Anwendungsbereich mehr eröffnet, was nicht dem Sinn und Zweck der Gesetzesänderung entsprechen kann. Gerade für die Fälle, in denen der Geschäftwert die 60 Millionen Euro übersteigt, weil nach speziellen Wertvorschriften der Geschäftswert sich nach dem Wert einer Sache oder eines Rechts richtet, wurde die allgemeine Wertgrenze des § 18 Abs. 1 Satz 2 KostO eingeführt.

Dies zeigt sich auch daran, dass in Konsequenz des § 18 Abs. 1 Satz 2 KostO, der nach § 141 KostO auch für Notare gilt, ein neuer Auslagentatbestand in § 152 Abs. 2 Nr. 4 KostO geschaffen wurde für die Erstattung von Prämien für eine im Einzelfall abgeschlossene Haftpflichtversicherung gegen Vermögensschäden, soweit die Prämie auf Haftungsbeträge von mehr als 60 Millionen Euro entfällt. Damit sollte ein Ausgleich geschaffen werden für Nachteile, die dem Notar dadurch entstehen, dass insbesondere in den Fällen, in denen für den beurkundenden Notar in wirtschaftlicher Hinsicht ein extremes Haftungsrisiko besteht, die absolute Geschäftswertbegrenzung eingreift (Tiedtke/Fembacher, aaO., Seite 318).

Da die Höchstgrenze nach § 18 Abs. 1 Satz 2 KostO auf den jeweiligen Gebührentatbestand bezogen ist, waren sowohl die volle Gebühr für die Eintragung der Grundschuld nach § 62 Abs. 1 KostO als auch die 5/10 Gebühr nach § 64 Abs. 1 KostO für die Eintragung des Gleichrangs (s. a. § 23 Abs. 3 KostO) aus dem Geschäftswert von 60 Millionen Euro zu berechnen. Ausgehend von einer vollen Gebühr mit 26.137,00 € war die Kostenrechnung vom 14.10.2004 auf 39.205,50 € zu ermäßigen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 14 Abs. 9 KostO.

Ende der Entscheidung

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