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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 05.07.2007
Aktenzeichen: 20 W 264/04
Rechtsgebiete: GmbHG, KostO


Vorschriften:

GmbHG § 8
KostO § 35
KostO § 36
KostO § 47
KostO § 147 Abs. 2
1. Neben der Beurkundungsgebühr nach § 36 Abs. 1 KostO entsteht auch die Gebühr nach § 47 KostO, wenn der Notar die erstmalige Geschäftsführerbestellung bei einer Ein-Personen-GmbH zusammen mit der Errichtung der GmbH beurkundet. Die getrennte Beurkundung des Gesellschaftsvertrags und der Geschäftsführerbestellung stellt keine unrichtige Sachbehandlung dar, wenn der Gesellschaftsvertrag die Einräumung einer Einzelvertretungsbefugnis und/oder die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB für die Geschäftsführer vorsieht und davon Gebrauch gemacht wird.

2. Der Senat hält daran fest, dass eine Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO für das Anfertigen der Gesellschafterliste zur Anmeldung einer GmbH zum Handelsregister jedenfalls dann nicht entsteht, wenn der Notar nicht nur die Anmeldung entworfen, sondern auch den Gesellschaftsvertrag beurkundet hat.


Gründe:

Der Kostengläubiger beurkundete am 09.05.2001 zu UR.-Nr. X die Errichtung der Kostenschuldnerin als Ein- Mann- GmbH mit einem Stammkapital von 50.000,00 €. Unter § 2 der Urkunde wurde Herr A zum Geschäftsführer der Kostenschuldnerin mit Alleinvertretungsbefugnis berufen und die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB protokolliert (Bl. 11-17 d. A.). Nach § 4 Ziff. 3 des Gesellschaftsvertrags kann jeder Geschäftsführer durch Beschluss der Gesellschafterversammlung von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit werden und nach § 4 Ziff. 3 kann die Gesellschafterversammlung auch bei Vorhandensein mehrerer Geschäftsführer einzelnen Geschäftsführern Alleinvertretungsbefugnis einräumen (Bl. 14 d. A.)

Zu seiner UR-Nr. Y beglaubigte der Kostengläubiger am 09.05.2001 die Unterschrift des Herrn A unter die von ihm entworfene Handelsregisteranmeldung, der eine Gesellschafterliste beigefügt war.

In der Kostenrechnung vom 10.05.2001 (Bl. 18 d. A.) hat der Kostengläubiger zur Protokollierung seiner UR-Nr. X neben der 10/10 Gebühr für eine einseitige Erklärung nach § 36 Abs. 1 KostO eine 20/10 Gebühr gemäß §§ 32, 47 KostO aus einem Geschäftswert von 50.000,00 € in Höhe von 520,00 DM angesetzt. Für die Handelsregisteranmeldung hat der Kostengläubiger neben der Gebühr nach § 38 Abs. 2 Ziff. 7 KostO in der Kostenrechnung vom 09.05.2001 (Bl. 21 d. A.) noch eine Betreuungsgebühr gemäß § 147 Abs. 2 KostO aus einem Geschäftswert von 19.558,30 DM (20 % von 50.000,00 €) nebst 16 % Umsatzsteuer berechnet. Die Dienstaufsicht des Notars hat in ihrem Prüfbericht vom 22.10.2001 die Gebühr nach § 47 KostO beanstandet, da es sich bei der Geschäftsführerbestellung durch den Gründer einer Ein- Mann- GmbH nur um eine rechtsgeschäftliche Erklärung und keinen Gesellschafterbeschluss handele. Für die Fertigung der Gesellschafterliste sei keine Betreuungsgebühr entstanden, da es sich um ein gebührenfreies Nebengeschäft zu den erstellten Urkunden handele. Auf Weisung der Dienstaufsichtsbehörde hat der Kostengläubiger die Entscheidung des Landgerichts beantragt, da er die Beanstandung nicht anerkannt hat.

Nach Anhörung der Dienstaufsicht, die die von dem Bezirksrevisor in seinem Prüfbericht vertretene Auffassung in der Stellungnahme vom 04.12.2003 (Bl. 29- 35 d. A.) aufrechterhalten hat, und nach Anhörung der Kostenschuldnerin hat das Landgericht der Anweisungsbeschwerde teilweise stattgegeben und die weitere Beschwerde zugelassen.

Das Landgericht hat in seinem Beschluss vom 13.05.2004 (Bl. 42-46 d. A.) ausgeführt, jedenfalls im hier vorliegenden Fall der Beurkundung des Gesellschaftsvertrags und der auftragsgemäßen Anmeldung zum Handelsregister stelle die Fertigung der Gesellschafterliste ein Nebengeschäft im Sinn des § 35 KostO dar, so dass keine Betreuungsgebühr nach § 147 Abs. 2 KostO zusätzlich angesetzt werden könne.

Dagegen sei der Ansatz der Gebühr nach § 47 KostO für die Geschäftsführerbestellung gerechtfertigt, weil die Aufnahme in der Gründungsurkunde in der Praxis akzeptiert werde. Allerdings sei der Geschäftswert gem. §§ 27 Abs. 1, 26 Abs. 4 Nr. 1 KostO (Stand 2001) aus einem Wert von 50.000,00 DM zu erheben.

Gegen diese Entscheidung hat der Kostengläubiger sowohl auf Anweisung der Dienstaufsicht vom 07.06.2004 (Bl. 52 d. A.) als auch in eigenem Namen weitere Beschwerde eingelegt.

Soweit das Landgericht der Auffassung der Dienstaufsichtsbehörde nicht gefolgt ist, verweist die weitere Beschwerde auf die eingeholte Stellungnahme von 04.12.2003.

Soweit das Landgericht die Betreuungsgebühr für die Erstellung der Gesellschafterliste abgesetzt hat, führt der Kostenschuldner unter Hinweis auf die Kommentierung von Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann zur Kostenordnung aus, dass sowohl im Fall der Neugründung als auch bei dem Erwerb eines Gesellschaftsanteils die beim Handelsregister einzureichenden Liste der Gesellschafter nicht zwingend vom Notar anzufertigen sei. Falls er diese zusätzliche Tätigkeit entfalte, sei sie auch gesondert zu vergüten.

Die angehörte Kostenschuldnerin hat sich zur weiteren Beschwerde nicht geäußert.

Die weitere Anweisungsbeschwerde (§ 156 Abs. 2 und Abs. 6 Satz 1 KostO a. F.) ist zulässig, wobei davon ausgegangen wird, dass sie die landgerichtliche Entscheidung nur insoweit angreift, als die Gebühr gemäß § 47 KostO für die Geschäftsführerbestellung durch Beschluss für dem Grund nach gerechtfertigt angesehen worden ist, da das Landgericht nur insoweit der Ansicht der Dienstaufsichtsbehörde nicht gefolgt ist.

Hinsichtlich der abgesetzten Betreuungsgebühr gemäß § 147 Abs. 2 KostO für die Fertigung der Gesellschafterliste handelt es sich dagegen um eine im eigenen Namen eingelegte weitere Beschwerde des Kostengläubigers, die gemäß § 156 Abs. 2, Abs. 4 KostO a. F. insbesondere kraft Zulassung durch das Landgericht zulässig ist.

In der Sache hat die weitere Beschwerde insgesamt keinen Erfolg, weder soweit sie auf Anweisung, noch soweit sie in eigenem Namen des Kostengläubigers eingelegt worden ist, da die Entscheidung des Landgerichts einer Überprüfung auf Rechtsfehler standhält.

Zu Recht hat die Kammer den Ansatz einer 20/10 Gebühr gemäß § 47 KostO für die Protokollierung der Geschäftsführerbestellung dem Grunde nach bestätigt. Die Ermäßigung von 520,00 DM auf 320,00 DM gemäß §§ 32, 27 Abs. 1, 26 Abs. 4 KostO, Stand 2001, ist ebenfalls nicht zu beanstanden und wird auch vom Kostengläubiger in der weiteren Beschwerde nicht angegriffen.

Die Bestellung des Geschäftsführers einer GmbH erfolgt gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 GmbHG entweder im Gesellschaftsvertrag oder durch einen nach den §§ 46 Ziff. 5, 47 ff GmbHG zu fassenden Beschluss. Vorliegend ist die Bestellung nicht im Gesellschaftsvertrag enthalten, sondern erfolgte in der Verhandlung über die Feststellung der GmbH durch den Alleingesellschafter. Wie sich aus § 48 Abs. 3 GmbHG bereits ergibt, ist auch bei der Ein-Personen-GmbH die Durchführung einer Gesellschafterversammlung möglich, bei der der Gesellschafter auch im schriftlichen Verfahren einen Beschluss im Sinn einer Bekundung des Gesellschafterwillens zustande bringen kann (Hüffer in Ulmer/Habersack/Winter: GmbHG, 2006, § 48, Rdnr. 66; Roth/Altmeppen: GmbHG, 5. Aufl., 2005, § 48, Rdnr. 42). Wo das Gesetz die Willensbildung durch ein Beschlussorgan vorsieht, liegt selbst dann ein Beschluss und keine Erklärung vor, wenn dieses Organ aus einer Einzelperson (Ein-Personen-Gesellschaft) besteht (Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO, 16. Aufl., § 41 c, Anm. 13; Hartmann: Kostengesetze, 37. Aufl., § 47 KostO, Rdnr. 5; Mümmler JurBüro 1990, 174). Es spielt dabei auch keine Rolle, dass nach der Formulierung der Urkunde die Geschäftsführerbestellung nicht ausdrücklich durch einen Beschluss erfolgt ist (KG MittBayNot 2006, 445). Da für die Beurkundung von rechtsgeschäftlichen Erklärungen und Beschlüssen in einer Urkunde § 44 KostO nicht anwendbar ist (Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, aaO. § 44, Anm. 6; Assenmacher/Mathias: KostO, 15. Aufl., 2004, Stichwort "Gesellschaft mit beschränkter Haftung", 2.1 m. w. H.), hat der Kostengläubiger zu Recht die Gebühr nach § 47 KostO neben der Gebühr nach § 36 Abs. 1 KostO angesetzt.

Zu Recht hat die Kammer auch keine unrichtige Sachbehandlung gemäß § 16 KostO deshalb angenommen, weil die Geschäftsführerbestellung zum einen nicht notariell beurkundet werden müsste bzw. auch in die Satzung hätte aufgenommen werden können. Nach allgemeiner Auffassung ist die getrennte beschlussmäßige Bestellung des Geschäftsführers einer GmbH immer sachgerecht, wenn -wie vorliegend- der Gesellschaftsvertrag vorsieht, dass Geschäftsführern durch Beschluss der Gesellschaftsversammlung Einzelvertretungsbefugnis und /oder Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden kann und von dieser Möglichkeit sogleich Gebrauch gemacht wird (OLG Zweibrücken JurBüro 1988, 1046; Senat JurBüro 1991, 1218; Assenmacher/Mathias: KostO, 15. Aufl., 2004, Stichwort "Gesellschaft mit beschränkter Haftung", 2.2).

Das Landgericht hat auch zu Recht die Auffassung vertreten, dass der Kostengläubiger für die Erstellung der Gesellschafterliste keine Betreuungsgebühr nach § 147 Abs. 2 KostO verlangen kann.

Diese Frage, ob es sich bei der auftragsgemäßen Fertigung der Gesellschafterliste im Zusammenhang mit der Anmeldung der Neugründung einer GmbH bzw. der Beurkundung des Gesellschaftsvertrags um ein gebührenfreies Nebengeschäft gemäß § 35 KostO oder eine die Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO auslösendes selbständiges Geschäft handelt, ist umstritten. Den Ansatz einer Betreuungsgebühr befürworten: OLG Stuttgart JurBüro 1984, 1078 (mit ablehnender Anmerkung von Mümmler); OLG Saarbrücken MittBayNot 1984, 215; OLG Celle JurBüro 1994, 41; Assenmacher/Mathias: KostO, 15. Aufl., 2004, Stichwort "Gesellschaft mit beschränkter Haftung", 4.5; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO, 16. Aufl., § 147, Rdnr. 113.; Hartmann: Kostengesetze, 37. Aufl., § 147 KostO, Rdnr. 26; Streifzug durch die Kostenordnung, 6. Aufl., Rdnr. 1054. Die gegenteilige Auffassung wird vertreten von OLG Karlsruhe Rpfleger 1977, 228; OLG Hamm FGPrax 2002,40= ZNotP2002, 124; Rohs/Wedewer: KostO, Stand April 2007, § 41 a, Rdnr. 11 und vom Senat (Beschl. vom 15.12.1986 -20 W 426/86- DNotZ 1987, 641), der nach nochmaliger Überprüfung an seiner Auffassung festhält.

Rechtsprechung und Schrifttum verstehen unter einem Nebengeschäft im Sinn des § 35 KostO ein im Verhältnis zum Hauptgeschäft minderwichtiges Geschäft, das mit dem Hauptgeschäft derart im Zusammenhang steht, dass es nicht als selbständiges Geschäft in Escheinung tritt, sondern nur dazu dient, das Hauptgeschäft vorzubereiten oder zu fördern (Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, aaO., § 35, Anm. 4). Es muss darüber hinaus zum Pflichtenkreis des Notars gehören, also von ihm ohne besonderen Auftrag zur sachgemäßen Erledigung des Hauptgeschäfts auszuführen sein. Zwar muss die Gesellschafterliste nicht durch den Notar gefertigt werden, sie kann auch durch den Geschäftsführer der GmbH erstellt und direkt oder über den Notar beim Registergericht eingereicht werden. Dies ändert aber nichts daran, dass dann, wenn der Notar die Liste auftragsgemäß fertigt, sie die Vollziehung der Anmeldung fördert, da die Gesellschafterliste gemäß § 8 Abs. 1 Ziff. 3 GmbHG zwingend der Anmeldung beizufügen ist. Mit der Anmeldung wiederum wird aber auch die Vollziehung des vom Notar beurkundeten Geschäfts der Gesellschaftsgründung gefördert, da die GmbH als juristische Person erst mit der Eintragung im Handelsregister entsteht, § 11 Abs. 1 GmbHG.

Darin liegt auch ein wesentlicher Unterschied in der gebührenmäßigen Behandlung der Gesellschafterliste im Fall der Neugründung und der Abtretung von Geschäftanteilen einer GmbH (§§ 15 Abs. 3, 40 GmbHG). Da die Abtretung weder zum Handelsregister anzumelden, noch dort einzutragen ist (Balser/Bokelmann/Piorreck: GmbHG, 13. Aufl., 2005, Rdnr. 237), gehört die Fertigung der nach § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG von den Geschäftsführern zum Handelsregister einzureichenden Gesellschafterliste nicht nur nicht zum Pflichtenkreis des Notars, es fehlt auch an einer Anmeldung als Hauptgeschäft, das durch die Listenerstellung gefördert würde (Senat, Beschluss vom 19.10.2006 -20 W 199/2004-).

Trotz der von den Beschlüssen des OLG Stuttgart, Saarbrücken und Celle abweichenden Entscheidung des Senats konnte keine Vorlage an den BGH erfolgen, da die weitere Beschwerde noch vor dem 01.07.2004 eingegangen ist und für dieses Verfahren deshalb die durch Art. 4 Abs. 29 KostRMoG vom 05.05.2005 (BGBl I S. 718) vorgenommenen Änderung von § 156 Abs. 1 Satz 1 KostO a. F. nicht gilt, aus der die Anwendbarkeit von § 28 Abs. 2 FGG gefolgert wird.

Die Entscheidung über die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde beruht auf § 156 Abs. 5 Satz 3 KostO a. F..

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten war nicht anzuordnen, weil solche auf Seiten der Kostenschuldnerin nicht entstanden sind.

Ende der Entscheidung

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