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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 30.08.2002
Aktenzeichen: 20 W 270/02
Rechtsgebiete: GBO, ZPO


Vorschriften:

GBO § 53 I 1
ZPO § 867
ZPO § 765
Das Grundbuchamt hat bei Eintragung einer Zwangssicherungshypothek auf Grund einer Zug um Zug-Verurteilung den Annahmeverzug des Vollstreckungsschuldners selbständig und ohne Bindung an die rechtliche Beurteilung des Gerichtsvollziehers zu überprüfen. Die Abwesenheit des Vollstreckungsschuldners bei einem vom Gerichtsvollzieher zur Erbringung der vom Vollstreckungsgläubiger geschuldeten Mängelbeseitigung bestimmten Termin begründet nur bei rechtzeitiger persönlicher Ladung des Vollstreckungsschuldners den Annahmeverzug. Die Ladung des Prozessbevollmächtigten des Schuldners allein ist nicht ausreichend, dass sich dessen Prozessvollmacht nicht auf die Berechtigung zur Ablehnung bzw. Empfangnahme erstreckt.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 W 270/02 Fischbach Band 13, Blatt 368 AG Bad Schwalbach

Verkündet am 30.08.2002

In der Grundbuchsache

betreffend den beim Amtsgericht Bad Schwalbach im Grundbuch eingetragenen Grundbesitz an dem hier beteiligt sind:

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 27.06.2002

am 30.08.2002

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird das Grundbuchamt angewiesen, gegen die Entstehung der in Abt. 3 lfde. Nr. 3 für die Beteiligte zu 1) eingetragenen Zwangssicherungshypothek einen Widerspruch zu Gunsten des Beteiligten zu 2) bei dem betroffenen Recht in Abt. 3 - Veränderungsspalte - einzutragen. Im übrigen wird die weitere Beschwerde zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 15.592,88 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Beteiligte zu 1) erwirkte am 20.10.1999 ein inzwischen rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Wiesbaden zu Az. 7 O 95/96 gegen den Beteiligten zu 2) und eine weitere Beklagte. Diese wurden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Beteiligte zu 1) 30.044,57 DM zu zahlen, Zug um Zug gegen Beseitigung bestimmter Mängel am Wohnhaus der Beklagten in Fischbach/Bad Schwalbach, die u. a. die Funktionsfähigkeit des Schornsteins und die Dichtigkeit des Pumpenschachts betrafen. Am 10.11.2000 wurde der Beteiligten zu 1) eine vollstreckbare Ausfertigung des am 04.11.2000 dem Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2) zugestellten Urteils erteilt.

Mit Schreiben vom 21.02.2000 bot die Beteiligte zu 1) Mangelbeseitigung an, worauf der Beteiligte zu 2) die Benennung der zu beauftragenden Fachfirmen verlangte. Dem kam die Beteiligte mit Schreiben vom 15.03.2000 nach. Mit Schreiben vom 08.05.2000 setzte die Beteiligte zu 1) eine Frist zur Benennung eines Termins für die Nachbesserungsarbeiten bis zum 18.05.2000, die bis zum 07.06.2000 verlängert wurde. In einem Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2) vom 22.05.2000 wurde ein Verzicht auf die Ansprüche aus dem Urteil und die Mängelbeseitigung durch die Vollstreckungsschuldner angeregt. Im November 2000 leitete die Beteiligte zu 1) die Zwangsvollstreckung ein. Der Gerichtsvollzieher S. bestimmte mit Schreiben vom 14.02.2002, das dem Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2) am 14.02.2002 zugestellt wurde, Termin zum Zweck der Zug um Zug zu erbringenden Leistung auf den 08.03.2002. Zu diesem Termin fanden sich an dem Objekt in Fischbach laut Vollstreckungsprotokoll vom 08.03.2002 außer dem Gerichtsvollzieher der Inhaber der Gläubigerin nebst einem Mitarbeiter sowie weitere Mitarbeiter einer Schornsteinfabrik ein. Im Protokoll ist vermerkt:" Von den Schuldnern war niemand erschienen, so daß sich diese nunmehr im Annahmeverzug befinden."

Das Grundbuchamt trug am 24.05.2002 in Abt. 3 lfde. Nr. 3 eine Zwangssicherungshypothek in Höhe von 15.592,88 EUR zu Gunsten der Beteiligten zu 1) auf dem Grundbesitz des Beteiligte zu 2) ein. Die dagegen von dem Beteiligten zu 2) wegen fehlendem Nachweis der erbrachten Gegenleistung bzw. des Annahmeverzugs eingelegte Beschwerde blieb erfolglos.

Mit der weiteren Beschwerde gegen den seine Erstbeschwerde zurückweisenden Beschluss des Landgerichts macht der Beteiligte zu 2) geltend, da die Prozessvollmacht seines Verfahrensbevollmächtigten sich auf Prozesshandlungen beschränke, habe er selbst vom Gerichtsvollzieher geladen werden müssen. Mangels wirksamer Ladung habe ein verzugsbegründendes Angebot nicht stattfinden können. Das Landgericht habe seine Aufklärungspflicht verletzt, indem es von einem ordnungsgemäßen tatsächlichen Angebot ausgegangen sei trotz der technisch besonders aufwendigen anzubietenden Leistungen. Auch sei zu Unrecht davon ausgegangen worden, dass keine Annahmebereitschaft auf Seiten der Vollstreckungsschuldner vorgelegen habe.

Die Beteiligte zu 1) ist der weiteren Beschwerde entgegengetreten mit dem Vortrag, die Ladung durch den Gerichtsvollzieher sei ordnungsgemäß erfolgt bzw. seien Mängel nach § 187 ZPO geheilt. Aus dem bisherigen Verhalten des Vollstreckungsschuldners ergebe sich, dass keine Bereitschaft zur Annahme von Mangelbeseitigungsmaßnahmen bestehe und ersieh in Annahmeverzug befinde. Vorsorglich wird bestritten, dass die Mängelbeseitigung technisch besonders aufwendig sei.

Die weitere Beschwerde ist zulässig gemäß §§ 78, 80 GBO und im Umfang des Tenors (Eintragung eines Widerspruchs) auch begründet, da die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht ( §§ 78 GBO, 546 ZPO). Zu Unrecht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Eintragung eines Widerspruchs nach § 53 GBO nicht vorliegen, da das Grundbuchamt die Eintragung der Zwangssicherungshypothek in Abt. III, lfde. Nummer 3 des betroffenen Grundbuchs nicht unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen habe.

Das Grundbuchamt hat bei Eintragung einer Zwangssicherungshypothek zu überprüfen, ob sowohl die Vollstreckungsvoraussetzungen nach der ZPO als auch die grundbuchrechtlichen Eintragungserfordernisse gegeben sind (Demharter: GBO, 24. Aufl., Anhang zu § 44, Rdnr. 67; Bauer/von Oefele: GBO, AT I Rdnr. 124; Zöller/Stöber: ZPO, 23. Aufl., § 867 Rdnr. 1). Zu den vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen, die auch durch das Grundbuchamt als Vollstreckungsorgan geprüft werden müssen, gehört gemäß § 765 Nr. 1 ZPO bei der Vollstreckung einer Zug um Zug-Verurteilung auch der durch öffentliche oder öffentliche beglaubigte Urkunden geführte Beweis, dass der Schuldner befriedigt ist oder sich in Annahmeverzug befindet. Dabei muss das Grundbuchamt die Urkunde erneut auf ihre inhaltliche Beweiskraft überprüfen und selbstständig bewerten, ohne an die rechtliche Beurteilung durch den Gerichtsvollzieher gebunden zu sein (OLG Hamm Rpfleger 1983, 393; OLG Köln NJW-RR 1991, 383; Zöller, aaO., § 765, Rdnr. 2 und 3; Baumbach/Hartmann: ZPO, 60. Aufl., § 765, Rdnr. 1 und 2).

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist aber ein Annahmeverzug aus Rechtsgründen nicht durch das Protokoll des Gerichtsvollziehers S. vom 08.03.2002 in Verbindung mit der Zustellungsurkunde vom 15.02.2002 bewiesen. Nach § 299 BGB begründet eine vorübergehende Annahmeverhinderung keinen Annahmeverzug, wenn nicht die Leistung dem Schuldner eine angemessene Zeit vorher angekündigt war (Schuschke/Walker: Zwangsvollstreckung, 2. Aufl., § 756 Rdnr. 13). Eine persönliche Ladung des Beteiligten zu 2) zu dem Termin vom 08.03.2002 ist auch nach dem Vortrag der Beteiligten zu 1) nicht erfolgt. Die nur an den Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2) zugestellte Ladung ist nicht ausreichend, da dessen Vollmacht, den gesetzlichen Umfang nach § 81 ZPO unterstellt, ihn weder zur Ablehnung, noch zur Entgegennahme der Leistung bzw. Abnahme der von der Beteiligten zu 1) zu erbringenden Mängelbeseitigungsarbeiten berechtigt hätte. Zwar umfasst die Prozessvollmacht auch alle Prozesshandlungen in der Zwangsvollstreckung, um eine derartige Handlung geht es aber bei dem Angebot nach § 294 BGB nicht. Ebenso wenig wie der Gläubigervertreter durch die Prozessvollmacht zur Empfangnahme des Streitgegenstandes ermächtigt ist (Baumbach, aaO., § 81, Rdnr. 19; Zöller/Vollkommer: ZPO, 23. Aufl., § 81, Rdnr. 7), umfasst die Prozessvollmacht des Schuldnervertreters die Befugnis zur Abnahme der vom Vollstreckungsgläubiger zu erbringenden Gegenleistung. Gemäß § 294 BGB muss die Leistung dem Gläubiger oder aber einem empfangsberechtigten Dritten angeboten werden (Palandt/Heinrichs: BGB, 61. Aufl., § 294, Rdnr. 6). Dass der Beteiligte zu 2) den Zugang der Ladung nicht bestritten hat, begründet noch nicht den im Grundbuchverfahren in der Form des § 29 GBO zu führenden Nachweis der rechtzeitigen Ladung zu dem Termin vom 08.03.2002 als Voraussetzung für den Annahmeverzug.

Demnach hat das Grundbuchamt die Zwangssicherungshypothek unter Verletzung von § 765 ZPO eingetragen. Der Mangel einer wesentlichen Vollstreckungsvoraussetzung wie hier der fehlende Nachweis des Annahmeverzugs hat zur Folge, dass die Zwangssicherungshypothek mit ihrer Eintragung noch nicht zur Entstehung gelangt und das Grundbuch deshalb unrichtig geworden ist (Bauer/v. Oefele, aaO.; Demharter aaO., Rdnr. 68; Schöner/Stöber: Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rdnr. 2201). Die Voraussetzungen eines Amtswiderspruchs gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO lagen somit vor, weshalb das Grundbuchamt zur Eintragung entsprechend dem Hilfsantrag des Beteiligten zu 2) in der Erstbeschwerde, der als auch in der weiteren Beschwerde gestellt angesehen wird, anzuweisen war. Dagegen ist keine inhaltlich unzulässige Eintragung gegeben im Sinn des 53 Abs. 1 Satz 2 GBO. Nach der bereits zitierten Literatur führt die Verletzung vollstreckungsrechtlicher Voraussetzungen auch nicht zur Nichtigkeit der Eintragung (anderer Ansicht Balser/Bögner/Ludwig: Vollstreckung im Grundbuch, 10. Aufl., Seite 20), so dass die beantragte Löschung nicht anzuordnen war.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO. Die teilweise Zurückweisung der weiteren Beschwerde hatte keine selbständige Bedeutung. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten des Beteiligten zu 2) war nicht anzuordnen, da keine Veranlassung bestand, von dem Grundsatz der eigenen Kostentragung nach § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG abzuweichen. Das bloße Unterliegen der Beteiligten zu 1) reicht hierzu nicht aus.

Ende der Entscheidung

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