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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 07.04.2005
Aktenzeichen: 20 W 282/04
Rechtsgebiete: BGB, BRAGO, BVormG, FGG
Vorschriften:
BGB § 1835 III | |
BRAGO § 1 II 2 | |
BVormG § 1 I 2 Nr. 2 | |
FGG § 67 III 2 |
2. Eine Abrechnung nach der BRAGO kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn der konkrete Fall vertiefte spezifische Rechtskenntnisse erfordert und deshalb ein anderer im Betreuungsrecht erfahrener und beruflich tätiger Verfahrenspfleger der höchsten Vergütungsstufe einen Rechtsanwalt hinzugezogen hätte.
Gründe:
Der Beschwerdeführer wurde mit Beschluss vom 10. Dezember 2001 zum Verfahrenspfleger für die Festsetzung der Betreuervergütung bestellt. Er überprüfte seitdem die für Zeiträume von jeweils drei bis sechs Monate eingereichten Vergütungsanträge des Betreuers wobei sich bisher keine wesentlichen Beanstandungen ergaben. Nachdem der Verfahrenspfleger in der Vergangenheit bereits fünfmal für seine Tätigkeit auf der Basis eines Stundensatzes nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormVG eine Vergütung in Rechnung gestellt und festgesetzt erhalten hatte, beantragte er mit einem am 28. April 2004 bei Gericht eingegangenen Schreiben für die Tätigkeit im Zusammenhang mit der Überprüfung des Vergütungsantrages des Betreuungsvereins vom 14. Januar 2004, mit welchem ein Betrag von 1.735,96 EUR geltend gemacht und nach entsprechender Stellungnahme des Verfahrenspflegers vom Gericht auch antragsgemäß festgesetzt worden war, erstmals die Festsetzung seiner Verfahrenspflegervergütung nebst Auslagen in Höhe von insgesamt 133,06 EUR auf der Grundlage einer Abrechnung nach der BRAGO, wobei er die Auffassung vertrat, es habe sich um eine anwaltsspezifische Tätigkeit gehandelt, die nach diesen Vorschriften zu vergüten sei.
Der Rechtspfleger des Amtsgerichts wies den Vergütungsantrag mit Beschluss vom 30. April 2004 unter Zulassung der sofortigen Beschwerde zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, es habe sich nicht um eine anwaltsspezifische Tätigkeit gehandelt, zumal der Verfahrenspfleger nicht aufgrund seiner juristischen, sondern wegen seiner Fachkenntnisse als erfahrener Berufsbetreuer zum Verfahrenspfleger bestellt worden sei.
Die hiergegen vom Verfahrenspfleger eingelegte sofortige Beschwerde wies das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss zurück.
Mit der hiergegen gerichteten sofortigen weiteren Beschwerde macht der Verfahrenspfleger im Wesentlichen geltend, bereits die überwiegende Bestellung von Rechtsanwälten zu Verfahrenspflegern in Betreuungs- und Unterbringungsverfahren belege die Notwendigkeit juristischer Fachkenntnisse. Bei der Überprüfung des Vergütungsantrages des Betreuers handele es sich um die Wahrnehmung von Interessen und die Wahrung von Rechten Dritter in einem gerichtlichen Verfahren und somit um eine klassische anwaltsspezifische Tätigkeit, zu der auch im vorliegenden Falle ein nichtanwaltlicher Verfahrenspfleger einen Rechtsanwalt hinzugezogen hätte.
Die gemäß §§ 67 Abs. 3 S. 3, 56 g Abs. 5 S. 2 FGG kraft Zulassung im Beschluss des Landgerichts statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige weitere Beschwerde des Verfahrenspflegers führt in der Sache nicht zum Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Verfahrenspfleger für seine zur Überprüfung der Betreuerabrechnung vom 14. Januar 2004 entfaltete Tätigkeit keine Vergütung nach den Bestimmungen der BRAGO beanspruchen kann.
Der durch das BtÄndG eingeführte und ab dem 01. Januar 1999 anwendbare § 1 Abs. 2 BRAGO bestimmt, dass dieses Gesetz nicht gilt, wenn ein Rechtsanwalt als Verfahrenspfleger tätig wird. Zugleich wurde durch § 67 Abs. 3 FGG geregelt, dass Aufwendungsersatz und Vergütung des Verfahrenspflegers aus der Staatskasse zu zahlen sind, wobei die Höhe der zu bewilligenden Vergütung stets nach Maßgabe der Stundensätze des § 1 BVormVG zu bemessen ist.
Zwar ist seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 07. Juni 2002 (FamRZ 2000, 1280) anerkannt, dass Rechtsanwälte nach § 1 Abs. 2 S. 2 BRAGO ausnahmsweise ihre Tätigkeit zur Wahrnehmung bestimmter Einzelaufgaben als Betreuer und - trotz des Ausschlusses dieser Vorschrift in § 67 Abs. 3 S. 2 FGG - auch als Verfahrenspfleger auf der Grundlage der BRAGO abrechnen können (vgl. BT-Drucks 13/158 S. 41; BVerfG FamRZ 2000, 345; BGHZ 139, 309; BayObLG FamRZ 2002, 1201). Eine solche Abrechnung auf der Grundlage der BRAGO als Ausnahmefall ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn die zu bewältigende Aufgabe besondere rechtliche Fähigkeiten erfordert und daher eine originär anwaltliche Dienstleistung darstellt (vgl. BVerfG FamRZ 2000, 345; BGHZ 139, 309/312). Dies ist nur dann der Fall, wenn es sich um eine Verrichtung handelt, für die ein anderer Verfahrenspfleger in vergleichbarer Lage bei vernünftiger Betrachtung einen Anwalt herangezogen hätte, weil sie eine für den Beruf des Rechtsanwalts spezifische Tätigkeit erfordert (vgl. BVerfG FamRZ 2000, 1280 und 1284; OLG Zweibrücken Rpfleger 2001, 593; OLG Düsseldorf BtPrax 2000, 171).
Wie die Vorschrift des § 1 Abs. 2 S. 1 BRAGO verdeutlicht, reicht es hierfür nicht aus, dass der Verfahrenspfleger innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens tätig wird, für das er bestellt wurde. Vielmehr kann sich die Einstufung als besonders berufsspezifische Tätigkeit nur aus einer besonderen rechtlichen Schwierigkeit der Sache ergeben. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass als rechtsanwaltsspezifische Tätigkeiten in der Regel die gerichtliche Geltendmachung oder Abwehr von Ansprüchen sowie die außergerichtliche Vertretung in rechtlich besonders schwierig gelagerten Fällen oder Verhandlungen anzusehen sind (vgl. BVerfG FamRZ 2000, 1284; BayObLGZ 2001, 386; HK-BUR/Bauer/Deinert, § 1835 BGB, Rn. 51). Maßgeblich ist deshalb, ob gerade auch ein Verfahrenspfleger mit einer Qualifikation, die ihm Anspruch auf Honorierung seiner Tätigkeit nach der höchsten Vergütungsstufe des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormVG einräumt, im konkreten Fall einen Rechtsanwalt zu Rate gezogen hätte.
Dies ist bei der Überprüfung der Abrechnung eines Betreuers, der die Festsetzung von Vergütungsansprüchen gegen einen vermögenden Betreuten beantragt, in aller Regel nicht der Fall. Die Überprüfung der Plausibilität und Angemessenheit des Zeitaufwandes sowie des geltend gemachten Stundensatzes erfordert entgegen der vereinzelt gebliebenen Auffassung des Landgerichts Berlin (FamRZ 2001, 1029) im Regelfall keine vertieften spezifischen Rechtskenntnisse, die über die Fähigkeiten und das Standardwissen eines erfahrenen Berufsbetreuers der höchsten Vergütungsstufe hinausreichen (vgl. hierzu BayObLG NJW-RR 2003, 1372).
Auf dieser Grundlage ist das Landgericht zutreffend zu der Einschätzung gelangt, dass die Tätigkeit des Verfahrenspflegers im vorliegenden Falle keine so besonderen Schwierigkeiten aufwies, dass sie für einen anderen Berufsbetreuer der höchsten Vergütungsstufe die Beiziehung eines Rechtsanwaltes gerechtfertigt hätte. Die zu überprüfende Abrechnung betraf eine eingespielte Betreuung ohne besondere Probleme oder Schwierigkeiten. Der Vergütungsantrag selbst war sachgerecht und übersichtlich erstellt und ergab - wie bereits in der Vergangenheit - keine besonderen Probleme oder Beanstandungen. Das Landgericht hat deshalb ohne Rechtsfehler das Vorliegen eines Ausnahmefalles, der eine Abrechnung auf der Grundlage der BRAGO gestatten würde, verneint.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.
Ende der Entscheidung
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