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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 01.10.2001
Aktenzeichen: 20 W 293/01
Rechtsgebiete: FGG, BGB, PStG, KostO
Vorschriften:
FGG § 27 Abs. 1 | |
FGG § 29 | |
BGB § 1618 | |
BGB § 1618 Satz 1 | |
BGB § 1618 Satz 5 | |
PStG § 48 Abs. 1 | |
PStG § 49 Abs. 2 | |
PStG § 30 Abs. 1 Satz 1 | |
PStG § 31 a Abs. 1 Nr. 7 | |
PStG § 31 a Abs. 1 Satz 2 | |
PStG § 31 a Abs. 2 | |
KostO § 131 Abs. 1 Satz 1 | |
KostO § 131 Abs. 2 | |
KostO § 30 Abs. 2 | |
KostO § 30 Abs. 3 |
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS
Verkündet am 01.10.2001
In der Personenstandssache
betreffend die Eintragung eines Randvermerkes über die Änderung des Familiennamens im Geburtenbuch Nr. .../1988 des Standesamtes Frankfurt am Main für den minderjährigen S. A.,
an der beteiligt sind: ...
hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Beteiligten zu 5) gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19. Juni 2001 am 01. Oktober 2001
beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 5) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Anweisung an das Standesamt zur Entgegennahme des Antrages auf Namensänderung aufgehoben wird.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Beschwerdewert: 5.000,-- DM.
Gründe:
I.
Das betroffene Kind ist der eheliche Sohn der Beteiligten zu 2) und 4). Deren Ehe wurde durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 25. April 2000 geschieden; die elterliche Sorge üben beide weiter gemeinsam aus. Der Beteiligte zu 2) und die Beteiligte zu 3) haben am 28. September 2000 die Ehe geschlossen und dabei den Namen der Beteiligten zu 3) zu ihrem Ehenamen bestimmt.
Am 28. Dezember 2000 haben die Beteiligten zu 2) und 3) vor dem Standesbeamten des Standesamtes Mitte der Stadt Frankfurt am Main erklärt, dem Betroffenen ihren Ehenamen zu erteilen. Der Betroffene, seine gesetzlichen Vertreter und die Beteiligte zu 4) haben hierzu ihre Einwilligung erklärt.
Der Standesbeamte hat mit Bescheid vom 29. Januar 2001 die Eintragung der Namenserteilung im Geburtenbuch mit der Begründung abgelehnt, es fehle an der gesetzlichen Voraussetzung der Alleinsorge des erteilenden Elternteils.
Auf Antrag des Beteiligten zu 2) hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 05. März 2001 das Standesamt angewiesen, den Antrag auf Namensänderung des Betroffenen entgegenzunehmen und den neuen Familiennamen einzutragen.
Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 5) hob das Landgericht mit Beschluss vom 19. Juni 2001 die amtsgerichtliche Entscheidung auf und wies den Antrag auf Eintragung der Namensänderung zurück.
Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 5), mit der er im Hinblick auf die abweichenden Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamm und Oldenburg zur Klärung der Rechtslage eine Bestätigung der landgerichtlichen Entscheidung erstrebt.
II:
Die weitere Beschwerde ist gemäß §§ 48 Abs. 1, 49 2 PStG i. V. M. §§ 27 Abs. 1, 29 FGG statthaft und auch im übrigen zulässig. Der Bet. zu 5) hat als Standesamtsaufsichtsbehörde nach § 49 Abs. 2 PStG ein von einer Beschwer unabhängiges Beschwerderecht, von dem er Gebrauch machen kann, um über eine Streitfrage eine obergerichtliche Entscheidung herbeizuführen ( vgl. BGH StAZ 1979,260 und 1993, 352; Hepting/Gaaz, PStG, § 49 Rn. 12 Johansson/Sachse, Anweisungs- und Berichtigungsverfahren in Personenstandssachen, Rn. 1443; zu dem Umfang: Senatsbeschluss vom 25. Juni 2001, StAZ 2001, 270).
In der Sache war die Entscheidung des Landgerichts aufzuheben und die Beschwerde gegen den amtsgerichtlichen Beschluss mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die dort enthaltene Anweisung zur Entgegennahme des Antrages auf Namensänderung aufzuheben war, da die diesbezüglichen Erklärungen und Einwilligungen vom Standesbeamten bereits entgegengenommen wurden. Demgegenüber war die Entscheidung des Amtsgerichts zu bestätigen, soweit der Standesbeamte zur Eintragung des neuen Familiennamens des Betroffenen in das Geburtenbuch angewiesen wurde.
Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 PStG ist im Geburtenbuch unter anderem dann ein Randvermerk einzutragen, wenn der Name des Kindes geändert wird. Im Falle einer Einbenennung gemäß § 1618 BGB wird die Namensänderung des Kindes im Sinne einer materiellen Wirksamkeit herbeigeführt, sobald die in der Vorschrift vorgesehenen Erklärungen und Einwilligungen bei dem Standesbeamten, der die Geburt des Kindes beurkundet hat, vorliegen. Hierdurch wird die Namensänderung bewirkt; deren Eintragung im Geburtenbuch im Wege eines Randvermerkes ist nicht konstitutiv, sondern hat nur deklaratorische Bedeutung (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 60. Aufl., § 1618 Rn. 21).
Zwar sieht der Wortlaut des § 1618 Satz 1 BGB die Möglichkeit der Einbenennung zusammen mit seinem Ehegatten nur für den Elternteil des Kindes vor, dem die elterliche Sorge allein zusteht. Der Senat schließt sich jedoch der Auffassung des OLG Oldenburg (Beschluss vom 25. August 2000 StAZ 2001, 67/68), des OLG Hamm (Beschluss vom 31. August 2000 StAZ 2000, 373/374), des BayObLG (Beschluss vom 30. Januar 2001 StAZ 2001, 106/107) und des OLG Karlsruhe (Beschluss vom 08. Mai 2001 (OLG Report Karlsruhe/Stuttgart, 2001, 346-348) an, wonach im Wege einer berichtigenden Auslegung die Einbenennung auch bei gemeinsamer Sorge möglich ist, wenn der andere Elternteil der Namenserteilung in der Form des § 1618 Satz 5 BGB zustimmt.
Zwar bestehen in rechtstechnischer Hinsicht Bedenken gegen eine analoge Anwendung des § 1618 BGB auf den Fall der gemeinsamen elterlichen Sorge, da im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nicht von einer Gesetzeslücke ausgegangen werden kann (BayObLG und OLG Karlsruhe a.a.0. sowie Staudinger/Coester, BGB, 13. Bearb., § 1618 Rn. 7). Es ist jedoch eine berichtigende Auslegung der Vorschrift geboten, da die Beschränkung der Einbenennungsmöglichkeit in § 1618 BGB auf den Fall der Alleinsorge des einbenennenden Elternteils auf einem Versehen des Gesetzgebers beruht.
Das OLG Hamm (a.a.0.) hat unter näherer Schilderung des Ablaufes des Gesetzgebungsverfahrens überzeugend aufgezeigt, dass der Gesetzgeber des Kindschaftsrechtsreformgesetzes 1998 versehentlich die gesetzestechnische Abstimmung zweier dort gleichzeitig verwirklichter Gesetzesvorhaben versäumt hat. Mit der Neuregelung des § 1618 BGB, der auf einen Gesetzesvorschlag des Bundesrates aus dem Jahre 1992 zum Entwurf des Familiennamensrechtsgesetzes zurückgeht, sollte die früher nur für nichteheliche Kinder gegebene Möglichkeit der Förderung der Integration in eine Stieffamilie durch Einbenennung in gleicher Weise auch für eheliche Kinder eröffnet werden. Hierbei hat der Gesetzgeber jedoch übersehen, dass mit der gleichzeitigen Neufassung der §§ 1626, 1671 f BGB die gemeinsame Sorge der Eltern nicht mehr an deren bestehende Ehe anknüpft, sondern auch nach einer Scheidung bestehen bleibt. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass die erleichterte Einbenennungsmöglichkeit innerhalb einer Stieffamilie mit der Neufassung des § 1618 BGB uneingeschränkt auf eheliche Kinder erstreckt werden sollte (vgl. BT- Drucks. 13/4899 S. 92). Demgegenüber kann den Gesetzesmaterialien keinerlei Anhaltspunkt dafür entnommen werden, dass diese Regelung bei gemeinsamem Sorgerecht beider Elternteile wieder ausgeschlossen werden sollte. Abgesehen davon, dass sich für eine derartige Differenzierung nach dem Sorgerecht eine sachgerechte Begründung nicht finden lässt, würde hierdurch im Hinblick auf die im neuen Scheidungsrecht gerade als Regelfall angestrebte gemeinsame elterliche Sorge der Anwendungsbereich des § 1618 BGB systemwidrig wieder erheblich eingeschränkt. Deshalb kann an einer derartigen Auslegung des Gesetzes allein unter Hinweis auf den Wortlaut nicht festgehalten werden (so aber Wax in FamRefK/BGB, § 1618 Rn. 4; Erman/Michalski, BGB, 10. Aufl., § 1618 Rn. 2 Jauernig/Berger, BGB, 9. Aufl., § 1618 Rn. 2; Lipp/Wagenitz, Das neue Kindschaftsrecht, § 1618 BGB, Rn. 4).
Zur Lösung dieses offensichtlichen Gesetzeswiderspruches bedarf es auch nicht des Rückgriffes auf die teilweise in Literatur und Rechtsprechung vorgeschlagene und auch von dem Bet. zu 5) erwähnte Lösung, im Falle der gemeinsamen elterlichen Sorge gemäß § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB das Recht zur Änderung des Namens als Teilbereich der Personensorge durch gerichtliche Entscheidung auf einen Elternteil zu übertragen (vgl. hierzu AG Lemgo FamRZ 1999, 1382 und Staudinger/Coester, a.a.0., § 1618 Rn. 8,).
Vielmehr kann dieses offensichtliche Versehen des Gesetzgebers bis zu einer wünschenswerten klarstellenden gesetzgeberischen Korrektur durch eine berichtigende Auslegung des § 1618 BGB ausgeglichen werden, wonach diese Vorschrift bei gemeinsamer Sorge der Eltern im Falle der Einwilligung des anderen Elternteils ebenfalls Anwendung finden kann (so auch: LG Münster, StAZ 2001, 14; AG Tübingen, StAZ 2001, 14; AG Düsseldorf StAZ 2000, 21; AG Mainz StAZ 2001, 143; Palandt/Diederichsen, a.a.0., § 1618 Rn. 10; Oelkers/Kreutzfeld, FamRZ 2000, 645, 647).
Da im vorliegenden Falle die erforderlichen Erklärungen zur Namenserteilung der Beteiligten zu 2) und 3) ebenso wie die erforderlichen Zustimmungen der Beteiligten zu 1) und 4) bereits in öffentlich beglaubigter Form gegenüber dem Standesbeamten des Geburtstandesamtes erklärt wurden (§§ 1618 Satz 5 BGB, §§ 31 a Abs. 1 Nr. 7, Satz 2 und Abs. 2 PStG), war die insoweit überflüssige Anweisung im amtsgerichtlichen Beschluss aufzuheben und die Beschwerde gegen diese Entscheidung im übrigen zurückzuweisen, so dass es bei der Anweisung an den Standesbeamten bleibt, die Einbenennung im Wege eines Randvermerkes in das Geburtenbuch einzutragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 Abs. 1 Satz 1 Kost0.
Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten war nicht angezeigt.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes ergibt sich aus § 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 und 3 Kost0.
Ende der Entscheidung
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