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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 15.10.2004
Aktenzeichen: 20 W 301/01
Rechtsgebiete: EGBGB, BGB
Vorschriften:
EGBGB Art. 10 II | |
BGB § 1355 |
Gründe:
I.
Die Beteiligte zu 1), die seit 1978 durch Einbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, und der Beteiligte zu 2), ein türkischer Staatsangehöriger, schlossen am 03. April 1996 in O 1/Türkei die Ehe.
Am 03. Mai 1996 legte der Standesbeamte in O 2 antragsgemäss ein Familienbuch an, wobei nach entsprechender Rechtswahlerklärung eingetragen wurde, dass sich die Namensführung der Ehegatten nach türkischem Recht richtet und sie den Ehenamen A führen.
Nachdem die Ehe 2000 in der Türkei geschieden wurde und die Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Verfügung vom 24. Februar 2003 die Voraussetzungen für die Anerkennung des Scheidungsurteils festgestellt hatte, trug der Standesbeamte dies in Spalte 8 des Familienbuchs ein und vermerkte zugleich in Spalte 10, die Beteiligte zu 1) führe nach türkischem Recht infolge der Scheidung wieder ihren Geburtsnamen "B".
In öffentlich beglaubigter Form erklärte die Beteiligte zu 1) vor dem das Familienbuch führenden Standesbeamten am 13. Mai 2003, nach der rechtskräftigen Scheidung künftig ihren Namen nach deutschem Recht führen zu wollen und ergänzte dies formgerecht am 29. Dezember 2003 dahingehend, dass sie den früheren Ehenamen "A" führen wolle.
Der Standesbeamte legte die Sache dem Amtsgericht über die Beteiligte zu 3) als Zweifelsvorlage vor, da er die Zulässigkeit der erneuten Rechtswahl nach der Ehescheidung in Frage stellt.
Die Amtsrichterin wies den Standesbeamten in entsprechender Anwendung des Art. 10 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB an, in Spalte 10 des Familienbuches zu vermerken, dass die Beteiligte mit Wirkung vom 13. Mai 2003 deutsches Namensrecht für die Namensführung bestimmt habe und nunmehr wieder den (früheren) Ehenamen "A" führe.
Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3) als Aufsichtsbehörde wies das Landgericht mit Beschluss vom 17. Juni 2004 zurück.
Hiergegen wendet sich die Aufsichtsbehörde mit der sofortigen weiteren Beschwerde, mit welcher sie eine obergerichtliche Entscheidung zur Frage der Zulässigkeit einer Rechtswahl für die Namensführung nach der Scheidung erstrebt.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde ist nach §§ 49 Abs. 1 Satz 1 , 48 Abs. 1, 45 Abs. 2 PStG, 27 Abs. 1 Satz 1, 29 Abs. 1 und 2 FGG statthaft und auch im übrigen zulässig, da sie insbesondere form- und fristgerecht eingelegt wurde (§§ 21 Abs. 2, 22 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 4 FGG). Die Beschwerdeberechtigung der Bet. zu 3) als Standesamtsaufsicht ergibt sich aus § 49 Abs. 2 PStG.
In der Sache ist das Rechtsmittel nicht begründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde zu Recht zurückgewiesen, da die Bet. zu 1) nach der Scheidung der Ehe durch Rechtswahl zu ihrem deutschen Personalstatut zurückkehren und sich für die Führung ihres bisherigen Ehenamens entscheiden konnte.
Allerdings ist die von der Standesamtsaufsichtsbehörde mit ihrem Rechtsmittel erstrebte obergerichtliche Klärung der angesprochenen Rechtsfrage bereits erfolgt. Schon das Oberlandesgericht Hamm hat in seinem Beschluss vom 12. August 1999 - 15 W 219/99 (StAZ 1999, 40) allerdings ohne Bindungswirkung für die dort anstehende Entscheidung die Rechtsauffassung vertreten, dass in entsprechender Anwendung des Art. 10 Abs. 2 EGBGB der deutsche Ehegatte, der gemeinsam mit seinem ausländischen Ehepartner bei der Eheschließung für die Namensführung in der Ehe ausländisches Recht gewählt hat, nach der Scheidung eine Rechtswahl zur Rückkehr zu seinem Personalstatut treffen und so den nach ausländischem Recht während der Ehe gebildeten Ehenamen gemäss § 1355 Abs. 5 S. 1 BGB erhalten kann, auch wenn das ausländische Recht dessen Fortführung von einer richterlichen Entscheidung abhängig macht. Dieser Entscheidung hat sich zwischenzeitlich das Oberlandesgericht Dresden in seinem Beschluss vom 21. Juli 2004 (StAZ 2004, 170) ausdrücklich angeschlossen. Auch der Senat tritt dieser Rechtsauffassung bei.
Im vorliegenden Fall sind die Vorinstanzen zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die im Anschluss an die Eheschließung getroffene Rechtswahl nach Art. 10 Abs. 2 EGBGB grundsätzlich auch über die Scheidung hinaus wirkt (vgl. BayObLG FamRZ 2003, 310; OLG Hamm StAZ 1999, 370), so dass es bei der Anwendung des gewählten türkischen Rechts verbleibt und die Beteiligte zu 1) gemäß Art. 173 Abs. 1 Satz 1 türk. ZGB als geschiedene Ehefrau nach türkischem Recht den Familiennamen zu führen hat, den sie vor der Eheschließung hatte, da das türkische Scheidungsurteil die in Art. 173 Abs. 2 türk. ZGB durch Entscheidung des Richters mögliche Gestattung der Fortführung des Ehenamens nicht enthält. Danach ist die aufgrund der wirksamen Scheidung im Familienbuch erfolgte Eintragung, wonach die Beteiligte zu 1) wieder ihren Geburtsnamen erhalten hatte, zunächst zu Recht erfolgt.
Des Weiteren ist die Zulassung einer Rechtswahl in entsprechender Anwendung des Art. 10 Abs. 2 EGBGB nach der rechtskräftigen Scheidung zum Zwecke der Rückkehr zum eigenen Personalstatut für die Namensführung nach Auffassung des Senats in Übereinstimmung mit der bereits zitierten Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Hamm und Dresden rechtlich nicht zu beanstanden. Hierzu hat das OLG Hamm (StAZ 1999, 39) überzeugend ausgeführt, dass durch die in Art. 10 Abs. 2 EGBGB aufgrund der Eheschließung eröffnete Rechtswahl den Ehepartnern die Möglichkeit eingeräumt werden soll, für ihre eheliche Lebensgemeinschaft ihre Namensführung dem Recht ihrer sozialen Umwelt anzupassen (ebenso Hepting/Gaaz, PStR Bd. 2 Rn. III - 836). Die Grundlage für diese durch gemeinschaftliches Rechtsgeschäft auszuübende Rechtswahl entfällt jedoch, wenn die Ehe später geschieden wird und damit die ehelichen Bindungen erlöschen. Deshalb stellt die Ehe nach der Scheidung keinen tragfähigen Grund mehr dar, den Ehegatten hinsichtlich seiner Namensführung an dem durch Rechtswahl bestimmten ausländischen Recht festzuhalten, von dem er sich dann nur durch eine erneute Eheschließung lösen könnte (vgl. Henrich StAZ 1996, 129, 132; ablehnend Lüderitz, IPR, 2. Aufl., Rn. 262; Beitzke StAZ 1995, 155). Vielmehr legt es der dem Art. 10 Abs. 2 EGBGB zugrunde liegende Rechtsgedanke nahe, dem Ehegatten nach einer Scheidung die Möglichkeit einzuräumen, seine Namensführung dem Recht seiner eigenen sozialen Umwelt und damit seinem allgemeinen Personalstatut anzupassen. Zwar trifft Art. 10 Abs. 2 EGBGB grundsätzlich bezüglich der aus Anlass der Eheschließung bestehenden Rechtswahlmöglichkeiten eine abschließende Regelung. Hiervon ist jedoch die hier zu Tage tretende Problematik zu unterscheiden, ob dem Ehegatten die Möglichkeit eröffnet werden soll, nach Scheidung der Ehe, welche die Rechtsgrundlage für die ursprüngliche Rechtswahl bildete, für die zukünftige Namensführung zu dem eigenen Personalstatut zurückzukehren. Insoweit kann von einer unbewussten Regelungslücke des Gesetzes ausgegangen werden, die sachgerecht durch eine analoge Anwendung des Art. 10 Abs. 2 EGBGB geschlossen werden kann (ebenso Münch Komm/Birk, 3. Aufl., Art. 10 EGBGB Rn. 86; Kropholler, IPR, 3. Aufl., § 43 II 2; Palandt/ Heldrich, BGB, 63. Aufl., Art. 10 EGBGB Rn. 12, Henrich, IPRax 1986, 333, 336; Kraus StAZ 2003, 88).
Die analoge Anwendung des Art. 10 Abs. 2 EGBGB hat des Weiteren zur Folge, dass den förmlichen Anforderungen dieser Vorschrift genüge getan werden muss (ebenso bereits OLG Hamm und OLG Dresden jeweils a.a.0.). Die Erklärung bedarf deshalb der öffentlichen Beglaubigung und ist gegenüber dem Standesbeamten abzugeben. Dies ist vorliegend erfolgt. In der Sache bewirkt die formgerecht abgegebene Erklärung der Bet. zu 1) über die Wahl des deutschen Rechts für die künftige Namensführung nach der Ehescheidung, dass ab diesem Zeitpunkt § 1355 Abs. 5 BGB Anwendung findet, so dass sie nach dessen Satz 1 im Wege der Namensänderung wieder den früheren Ehenamen erhält, da sie eine Erklärung nach dessen S. 2 zu einer abweichenden Namenswahl nicht abgegeben hat und auch nicht abgeben wollte. Dem hat das Amtsgericht durch die Anweisung des Standesbeamten zur Eintragung des entsprechenden Vermerkes Rechnung getragen.
Die sofortige weitere Beschwerde der Standesamtsaufsicht war deshalb zurückzuweisen.
Ende der Entscheidung
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