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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 11.02.2002
Aktenzeichen: 20 W 312/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1908
BGB § 1835
BGB § 1836 c
BGB § 1836 d
Hat ein Betreuer nach Festsetzung durch das Vormundschaftsgericht die Vergütung bereits aus dem Vermögen des Betreuten entnommen, so ist für die Beurteilung der Mittellosigkeit nach § 1836 c BGB ausnahmsweise nicht auf den Zeitpunkt der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz, sondern auf den Entnahmezeitpunkt abzustellen (§§ 1908, 1835, 1836 c, 1836 d BGB).
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 W 312/01

Verkündet am 11.02.2002

In dem Betreuungsverfahren ...

an dem weiter beteiligt sind: ...

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 03. Juli 2001 am 11. Februar 2002 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen die Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse des Amtsgerichts Kassel vom 23. März 2000 und vom 16. Juni 2000 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Beschwerdewert: 5.951,91 DM = 3.043,16 Euro

Gründe:

Die kraft Zulassung im angefochtenen Beschluss statthafte (§ 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG) und auch im übrigen zulässige sofortige weitere Beschwerde ist in der Sache begründet, da der Beschluss des Landgerichts auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§§ 27 FGG, 550 Abs. 1 ZPO a. F.).

Das Landgericht hätte die von der Betreuerin im Namen des Betroffenen eingelegte sofortige Beschwerde gegen die zwei Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse des Amtsgerichts Kassel vom 23. März 2000 und 19. Juni 2000, mit welcher die Abänderung dahin gehend erstrebt wurde, dass der dort der Betreuerin bewilligte Aufwendungsersatz und Vergütung in einer Gesamthöhe von 5.951,91 DM nicht zur Entnahme aus dem Vermögen des Betroffenen bewilligt, sondern nunmehr gegen die Staatskasse festgesetzt wird, zurückweisen müssen.

Gemäß §§ 1908 i Abs. 1, 1835 Abs. 1 und 4, 1836 Abs. 2, 1836 a BGB ist der Aufwendungsersatz und die Vergütung des Berufsbetreuers aus der Staatskasse zu zahlen, wenn der Betreute mittellos ist. Der Betreute gilt gemäß § 1836 d BGB als mittellos, wenn er Aufwendungsersatz und Vergütung aus seinem gemäß § 1836 c BGB einzusetzenden Einkommen oder Vermögen nicht, nur zum Teil, nur in Raten oder nur im Wege gerichtlicher Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen aufbringen kann. Zwar ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung der Mittellosigkeit grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz (vgl. OLG Zweibrücken, FamRZ 1999, 799; BayObLG BtPrax 1996, 29 und 1989, 79, OLG Frankfurt am Main, BtPrax 2001, 128; Palandt/Diederichsen, BGB, 60. Aufl., § 1836d Rn. 2; HK-BUR Bauer/Deinert, § 1836 d 333). Hat aber ­ wie im vorliegenden Falle ­ der Betreuer die ihm vom Vormundschaftsgericht bewilligte Vergütung bereits aus dem Vermögen des Betroffenen entnommen, so ist für die Beurteilung der Mittellosigkeit auf diesen Zeitpunkt der Entnahme abzustellen ( vgl. BayObLG BtPrax 1998, 233 und Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1836a Rn. 6 ).War der Betroffene zu diesem Zeitpunkt nicht mittellos, so ist eine etwaige spätere Verschlechterung seiner Vermögensverhältnisse für den Vergütungsanspruch ohne Belang. Denn in einem solchen Fall geht es nur noch um die Frage, ob der Betreuer den festgesetzten Betrag zur Befriedigung seines Anspruches zu Recht entnommen hat ( BayObLG a.a.O. ).

Im vorliegenden Fall verfügte der Betroffene nach Eingang des Kaufpreises für den veräußerten Erbanteil von 12.000,-- DM auf seinem Konto ausweislich der diesbezüglichen Rechnungslegung der Betreuerin (Bl. 115 d.A. ) zum Zeitpunkt der Entnahme der durch die amtsgerichtlichen Beschlüsse festgesetzten Vergütung und Aufwendungsersatz von 2.912,55 DM am 5. Mai 2000 und von 3.041,36 DM am 20. Juli 2000 aber über ein Vermögen, das über dem nach §§ 1836 c BGB i.V.m. § 88 Abs. 2 BSHG und § 1 Abs. 2 der hierzu ergangenen Durchführungsverordnung zu belassenden Schonvermögen von 4.500,-- DM ( vgl. hierzu BGH NJW 2002, 366 ) lag. Demgegenüber wurde der Rückerstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers erst zu einem späteren Zeitpunkt durch den Rückforderungsbescheid vom 22. Januar 2001 ( Bl. 127 d. A. ) begründet und war deshalb für die Frage der Beurteilung der Mittellosigkeit nicht zu berücksichtigen.

Demnach war der angefochtene Beschluss des Landgerichts aufzuheben und die von der Betreuerin im Namen des Betroffenen eingelegte sofortige Beschwerde zurückzuweisen, so dass es bei der Festsetzung der Vergütung gegen das Vermögen des Betroffenen verbleibt.

Der Bestellung eines Verfahrenspflegers für das vorliegende Verfahren bedurfte es nicht, weil der Betroffene selbst Gelegenheit zur Stellungnahme hatte und seine Interessen durch die Einlegung des Rechtsmittels gegen die Bewilligung der Vergütung aus seinem Vermögen von der Betreuerin wahrgenommen wurden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 Abs. 1 Satz 2 KostO.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs.1 KostO.

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