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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 18.09.2003
Aktenzeichen: 20 W 321/03
Rechtsgebiete: BGB, GBO
Vorschriften:
BGB § 873 | |
BGB § 925 | |
GBO § 18 | |
GBO § 20 | |
GBO § 78 |
2. Die Auflassung von nicht vermessenen Teilflächen eines Grundstücks ist materiell-rechtlich wirksam, wenn der Auflassungsgegenstand ausreichend bestimmt beschrieben ist. Die Eigentumsumschreibung im Grundbuch setzt wegen § 28 Satz 1 GBO einen Veränderungsnachweis und eine Identitätserklärung voraus.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN Beschluss
Entscheidung vom 18.09.2003
In der Grundbuchsache
...
betreffend den beim Amtsgericht Limburg an der Lahn im Grundbuch von Eschhofen Band 27, Blatt 926, lfd.Nr. ... des Bestandsverzeichnisses eingetragenen Grundbesitz
an der hier beteiligt sind:
...
hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Limburg an der Lahn vom 26.05.2003 am 18.09.2003 beschlossen:
Tenor:
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Gerichtskosten der weiteren Beschwerde, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Beschwerdewert: bis 17.000,00 EUR
Gründe:
Durch notariellen Kaufvertrag des Notars ... N1, O1, vom ...03.1996 -UR-Nr. .../96- verkaufte der Beteiligte zu 1) u. a. von dem betroffenen Grundbesitz an die X eine noch zu vermessende Teilfläche von ca. 282 qm gemäß der als Anlage 3 beiliegenden Planskizze (Blatt 56-69 d. A.) Am ...05.1996 wurde unter der laufenden Nummer ... in Abt. II des Grundbuchs eine Eigentumsübertragungsvormerkung hinsichtlich einer Teilfläche von ca. 282 qm des betroffenen Grundstücks zu Gunsten der X AG eingetragen.
Zu UR-Nr. .../1999 des Notars ... N2, O1, vom ...10.1999 unterbreitete der Beteiligte zu 1) der Beteiligten zu 2) ein bis zum 31.12.1999 befristetes Angebot über den Verkauf des betroffenen Grundbesitzes mit Ausnahme der an die X AG bereits verkauften Teilfläche von etwa 282 qm. Die verkaufte Fläche wurde in einer beigefügten Abzeichnung der Flurkarte mit R 1 und R 2 bezeichnet. Der Beteiligte zu 1) verpflichtete sich schon in dieser Urkunde zur Auflassung nach Annahme des Angebots und bevollmächtigte in § 5 der Urkunde die Erwerberin, unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB die Auflassung zu erklären, die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu bewilligen sowie alle Erklärungen abzugeben, die zur Durchführung des Vertrages erforderlich sind (Blatt 76-79 d. A.). Unter Bezugnahme auf diese Vollmacht erklärte am ...11.1999 zu UR-Nr. .../1999 des Notars ... N2, O1, ein Vertreter der Beteiligten zu 2) die Annahme des hinsichtlich des betroffenen Grundbesitzes am ....10.1999 beurkundeten Angebots, das ihm in allen Einzelheiten bekannt sei. Er erklärte außerdem die Auflassung hinsichtlich des betroffenen Grundbesitzes und bewilligte die Umschreibung des Eigentums im Grundbuch (Blatt 80 d. A.). Eine gleichzeitig bewilligte Eigentumsübertragungsvormerkung wurde am ...11.1999 bezüglich einer Teilfläche von 5.577 qm unter lfde. Nr. ... in Abt. II des Grundbuchs eingetragen.
Unter dem 03.02.2000 beantragte der Urkundsnotar, das Eigentum vertragsgemäß umzuschreiben und die zugunsten der Beteiligten zu 2) eingetragene Vormerkung unter der Voraussetzung zu löschen, dass die Eigentumsumschreibung mit Ausnahme der in Abt. II/... zu Gunsten der X AG eingetragenen Eigentumsübertragungsvormerkung und eines in Abt. II/... eingetragenen Hochspannungsleitungsrechts lastenfrei erfolgt und keine Zwischeneintragungen vorliegen oder beantragt sind (Blatt 86 d. A.). In einem Scheiben vom 21.02.2000 (Blatt 89 d. A.) erklärte der Notar, die Beteiligte zu 2) sei damit einverstanden, dass die Umschreibung bis zur Vorlage des Veränderungsnachweises zurückgestellt werde. Nachdem der Verfahrensbevollmächtigte am 24.06.2000 mitgeteilt hatte, dass die Vermessung erst bei/nach der Inbetriebnahme der Bahnlinie erfolgen sollte, bat der Grundbuchrechtspfleger mit Schreiben vom ....06.2000 um Antragsrücknahme, da in absehbarer Zeit nicht mit einer Durchführung des Vertrages zu rechnen sei. Nach mehreren erfolglosen Sachstandsanfragen gab der Grundbuchrechtpfleger mit einem dem Verfahrensbevollmächtigten zugestellten Schreiben vom 01.08.2002 (Blatt 96 d. A.) Gelegenheit, den Antrag zurückzunehmen, da seit dem 03.02.2000 ein nicht vollziehbarer Umschreibungsantrag vorliege, und drohte unter Hinweis auf § 18 GBO die Zurückweisung an. Daran schloss sich Korrespondenz an, bis das Grundbuchamt mit Beschluss vom 14.11.2002 den Antrag auf Eigentumsumschreibung und Löschung der Eigentumsübertragungsvormerkung zurückwies (Blatt 106 d. A.). Da nur eine noch zu vermessende Teilfläche der Vertragsgegenstand gewesen sei, sei die Eigentumsumschreibung erst nach Vorlage des Vermessungsergebnisses und Abgabe einer Identitätserklärung möglich. Auf Grund der Kenntnis des Notarvertreters von diesem Entragungshindernis seit mehr als zwei Jahren bedürfe es keiner erneuten Fristsetzung nach § 18 GBO.
Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller Erinnerung eingelegt mit dem Antrag, das Grundbuchamt anzuweisen, entsprechend § 44 Abs. 2 Satz 2 GBO die in Abt. II lfde. Nr. ... eingetragene Vormerkung zu ergänzen. Ferner ist beantragt worden, den angefochtenen Zurückweisungsbeschluss aufzuheben und den Rechtspfleger anzuweisen, dem Eintragungsantrag zu entsprechen, hilfsweise, eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Zwischenverfügung zu erlassen. Zur Begründung haben die Antragsteller ausgeführt, der Zurückweisungsbeschluss sei schon deshalb aufzuheben, weil es an einer wirksamen Zwischenverfügung fehle, da die zu beseitigenden Eintragungshindernisse nicht angegeben seien. Das Grundbuchamt habe nur die Wirksamkeit der Auflassung zu prüfen unabhängig von dem schuldrechtlichen Grundgeschäft. Aufgelassen worden sei aber nicht nur die zu vermessende Teilfläche, sondern das Gesamtgrundstück, belastet mit der zu Gunsten der X AG eingetragenen Vormerkung Abt. II/... .
Dieser Auffassung ist das Landgericht nicht gefolgt und hat die Beschwerde mit Beschluss vom 26.05.2003 (Blatt 116-119 d. A.) zurückgewiesen, soweit sie nicht die Einhaltung des § 44 Abs. 2 GBO betraf.
Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde, mit der gerügt wird, ein wesentlicher Bestandteil einer ordnungsgemäßen Zwischenverfügung, nämlich die genaue Bezeichnung aller Mittel zur Beseitigung des angenommenen Eintragungshindernisses fehle. Die Beteiligten hätten ansonsten die Auflassung geändert und klargestellt, dass das gesamte Grundstück, mit der Vormerkung belastet, umgeschrieben werden solle.
Die weitere Beschwerde ist zulässig, insbesondere erstreckt sich die Postulationsfähigkeit nach § 80 Abs. 1 Satz 3 GBO auch auf diejenigen Personen, die dienstrechtlich die Befugnisse des Notars ausüben können, wie vorliegend den Notariatsverwalter (Budde in Bauer/von Oefele: Grundbuchordnung, § 80 Rdnr. 6 mit weiteren Hinweisen).
Sie ist aber nicht begründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht ( §§ 78 GBO, 546 ZPO). Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Umschreibung einer nicht vermessenen Teilfläche Gegenstand der Auflassung war und die Eigentumsumschreibung vor der in einem Veränderungsnachweis dokumentierten Vermessung und der darauf beruhenden Identitätserklärung nicht erfolgen kann.
Nach § 20 GBO muss dem Grundbuchamt die Einigung nach §§ 873 Abs. 1, 925 BGB in der Form des § 29 GBO so nachgewiesen werden, wie sie sachlich-rechtlich zur Herbeiführung der Rechtsänderung notwendig ist. Die Einigung erfordert übereinstimmende, unmittelbar auf Rechtsänderung gerichtete Erklärungen des Berechtigten und des anderen Teils (Demharter: GBO, 24. Aufl., § 20 Rdnr. 31, 38). Dass die Vorinstanzen bei ihrer Auslegung von Angebot und Annahme zu dem Ergebnis gelangt sind, die Beteiligten hätten sich über die Übertragung einer noch zu vermessenden Teilfläche -und nicht des Gesamtgrundstücks einschließlich des an den X AG bereits 1996 veräußerten Teils- geeinigt, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Bei der Auslegung von Urkunden ist die Überprüfung in der Rechtsbeschwerde eingeschränkt darauf, ob das Landgericht gegen den klaren Sinn der Urkunde, gegen gesetzliche Auslegungsregeln und allgemein anerkannte Erfahrungssätze oder gegen Denkgesetze verstoßen und ob es alle für die Auslegung in Betracht kommenden Gesichtspunkte gewürdigt hat. Es genügt, dass die Auslegung möglich ist; zwingend braucht sie nicht zu sein (Demharter, aaO., § 78 Rdnr. 13; Budde, aaO., § 78 Rdnr. 13). Nach diesen Kriterien ist die Auslegung der Vorinstanzen nicht zu beanstanden.
Eine nicht vermessene reale Teilfläche kann schon vor der Vermessung Gegenstand rechtsgeschäftlicher Erklärungen sein, insbesondere bei eindeutiger Definition der betroffenen Fläche auch schon die Auflassung wirksam erklärt werden, da das materielle Recht auf die Bestimmtheit des Gegenstands der Willenserklärungen abstellt.
Soll jedoch eine solche Auflassung dann die Grundlage einer Eigentumsumschreibung sein, so bedarf es gemäß § 28 Satz 1 GBO der grundbuchmäßigen Bezeichnung der umzuschreibenden Fläche, die so klar und zweifelsfrei sei muss, wie es für die Bedürfnisse des Rechtsverkehrs und des Grundbuchverfahrens erforderlich ist.
Deshalb wird die Bezeichnung des Auflassungsgegenstandes gemäß § 28 GBO in der Regel dadurch nachgeholt, dass die Beteiligten nach Vermessung der Teilfläche und Vorliegen des Veränderungsnachweises in der Form des § 29 GBO die Richtigkeit der Vermessung anerkennen und die Identität des aufgelassenen Grundstücksteils und des nach Vermessung im Veränderungsnachweis ausgewiesenen Flurstücks bestätigen(Palandt/Bassenge: BGB, 62. Aufl., § 925 Rdnr. 13; Demharter, aaO., § 20 Rdnr. 32, 33; Bauer/von Oefele, aaO., AT I Rdnr. 95 und § 20, Rdnr. 51).
Von einer derartigen Fallgestaltung und Vorgehensweise sind die Beteiligten und das Grundbuchamt zunächst übereinstimmend ausgegangen, wie insbesondere das Schreiben des Notars vom 21.02.2000 und die lange Korrespondenz auch mit dem jetzigen Verfahrensbevollmächtigten über die Vermessung bzw. die Vorlage des Veränderungsnachweises belegen. Erst nachdem sich insoweit Schwierigkeiten ergaben und das Grundbuchamt mit der Zurückweisung des Antrags gedroht hat, haben die Antragsteller bzw. ihr jetziger Verfahrensbevollmächtigter die Meinung vertreten, der Antrag sei als auf die Übertragung des Gesamtgrundstücks gerichtet von vornherein vollziehbar gewesen. Dem kann nicht gefolgt werden, wie die Vorinstanzen zu Recht ausgeführt haben. Das Angebot des Beteiligten zu 1) vom ...10.1999 bezog sich zweifelsfrei nur auf eine noch zu vermessende Teilfläche, wie sie in der beigefügten Abzeichnung der Flurkarte mit R 1 und R 2 gekennzeichnet wurde und ausdrücklich " mit Ausnahme der an die X AG bereits verkauften Teilfläche von etwa 282 qm" des betroffenen Grundstücks. In der Annahmeerklärung vom ...11.1999 ist der Auflassungsgegenstand zwar nicht in gleicher Weise eindeutig bezeichnet. Wenn die Vorinstanzen jedoch darin die Annahme als mit dem gleichen Auflassungsgegenstand erklärt gesehen haben, begegnet dies keinen Bedenken, insbesondere nicht im Rahmen der nur eingeschränkten Überprüfung, wie sie bereits im vorhergehenden erläutert worden ist. Denn die Annahmeerklärung bezieht sich auf das am ...10.1999 protokollierte Angebot, das dem Vertreter der Beteiligten zu 2) nach seiner ausdrücklichen Erklärung in allen Einzelheiten bekannt war. Nur dieses Angebot hat der Vertreter für die Beteiligte zu 2) angenommen. Abgesehen davon dass die Annahmeerklärung vom ...11.1999 keine Änderung des Auflassungsgegenstandes erkennen lässt, was von einer notariellen Urkunde zu erwarten wäre, wenn es dem Willen des Erklärenden entsprochen hätte, hätte schon die Vollmacht des Beteiligten zu 1) zur Auflassungserklärung nur den entsprechend der Angebotserklärung beschränkten Umfang. Zu Recht haben die Vorinstanzen auch darauf verwiesen, dass in einer auf die Gesamtfläche des betroffenen Grundstücks bezogene Annahmeerklärung, würde man sie in diesem Sinn auslegen, nach § 150 Abs. 2 BGB eine Ablehnung des Angebots des Beteiligten zu 1), verbunden mit einem neuen Angebot, gelegen hätte, das aber der Beteiligte zu 1) nicht angenommen hat, insbesondere nicht in der Form des § 29 GBO.
Die landgerichtliche Entscheidung nimmt keine Stellung zu dem im Schriftsatz vom 25.11.2002 hilfsweise gestellten Antrag, das Grundbuchamt anzuweisen, eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Zwischenverfügung zu erlassen. Erinnerung bzw. Beschwerde sind aber auch mit dem Ziel möglich, statt der Zurückweisung den für einen Antragsteller günstigeren Erlass einer Zwischenverfügung zu erreichen (Bauer/v. Oefele-Wilcke, aaO., § 18 Rdnr. 88; Demharter, aaO., § 18 Rdnr. 54, § 71 Rdnr. 269). Nach der Begründung der weiteren Beschwerde, die anders als die Erinnerung keine ausdrückliche Antragstellung enthält, kann zwar davon ausgegangen werden, dass dieses Begehren auch jetzt noch verfolgt wird. Auch damit können die Antragsteller jedoch keinen Erfolg haben, denn die erneute Erklärung einer nicht oder nicht hinreichend bestimmten Auflassung, wie sie in der weiteren Beschwerde angekündigt wird, kann ohnedies nicht durch Zwischenverfügung aufgegeben werden (Demharter, aaO. § 18, Rdnr. 32 und § 20 Rdnr. 38).
Es kam deshalb nicht darauf an, dass in der Zwischenverfügung vom 01.08.2002 die der Eigentumsumschreibung entgegen stehenden Eintragungshindernisse nicht aufgeführt werden. Damit fehlt ein wesentliches Erfordernis der Zwischenverfügung, auch wenn sie bei der Fallgestaltung der Auflassung einer nicht vermessenen Teilfläche jedem erfahrenen Notar bekannt sein dürften und möglicherweise auch telefonisch erörtert worden sind. Auch kann mit einer Zwischenverfügung nicht die Rücknahme eines unverbundenen Antrags verlangt werden (Demharter aaO., § 18, Rdnr. 27 und 30). Als Mittel zur Beseitigung der Eintragungshindernisse hätte zulässigerweise aber nur die Vorlage eines Veränderungsnachweises und einer Identitätserklärung angegeben werden können, nicht eine Änderung der Auflassung. Nachdem die Antragsteller in der weiteren Beschwerde aber nur vorgetragen haben, im Fall einer ordnungsgemäßen Zwischenverfügung hätten sie die Auflassung geändert - also nicht die in der Zwischenverfügung angegebenen Eintragungshindernisse beseitigt hätte auch eine ordnungsgemäße Zwischenverfügung nicht die Antragszurückweisung verhindert.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 131 Abs.1 Satz 1 Ziffer 1, Abs. 2, 30 Abs. 1, 20 Abs. 1 KostO. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten war nicht anzuordnen, da von den Beteiligten kein gegensätzlichen Verfahrensziele verfolgt worden sind.
Ende der Entscheidung
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