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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 13.02.2006
Aktenzeichen: 20 W 379/05
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 1897
FGG § 69 i VI
Bei Verlängerung der Betreuung sind hinsichtlich der Auswahl des Betreuers gemäß §§ 69 i Abs. 6 FGG, 1897 BGB die gleichen Maßstäbe anzusetzen, wie bei der erstmaligen Betreuerbestellung. Dem Vorschlag des Betreuten (§1897 Abs. 4 BGB) ist daher auch im Rahmen des Verlängerungsverfahrens Rechnung zu tragen. Auf die Frage, ob die Weiterführung der Betreuung durch den bisherigen Betreuer zumutbar ist oder wichtige Gründe seine Entlassung rechtfertigen könnten, kommt es daher nicht an.
Gründe:

Für den Betroffenen wurde zunächst im Wege einstweiliger Anordnung nach einem Suizidversuch im Jahre 2003 ein Betreuer bestellt.

Nach Anhörung des Betroffenen und Einholung eines Sachverständigengutachtens (Bl. 37 ff. d. A.) ordnete das Amtsgericht - im Einverständnis mit dem Betroffenen - mit Beschluss vom 31.07.2003 (Bl. 59 ff d.A.) die Betreuung des Betroffenen für die Aufgabenkreise: Sorge um das persönliche, insbesondere gesundheitliche Wohl soweit der Betroffene hierzu nicht selbst in der Lage ist, Wohnungs- und Mietangelegenheiten, Vertretung gegenüber Behörden/Versicherungen und Einleitung von Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung an. Zur Betreuerin wurde als Berufsbetreuerin Frau A bestellt. Gleichzeitig ordnete das Amtsgericht an, dass die Anordnung der Betreuung nach Zeitablauf von zwei Jahren zu überprüfen sei.

Mit Beschluss vom 11.05.2004 wurde die Betreuerin A entlassen und zum neuen Betreuer der derzeit noch tätige, Herr C, bestellt.

Der Betroffene selbst war zunächst nicht damit einverstanden, dass ein neuer Betreuer für ihn bestellt werden sollte, in seiner Anhörung (Bl. 84 d. A.) erklärte er, dass er jeden neuen Betreuer ablehne, ließ sich jedoch im Rahmen der Anhörung darauf ein, dass er sich den neuen Betreuer zunächst einmal ansehen werde.

In der Folgezeit regte zum einen der Betreuer die Ausweitung der Betreuung auf die Vermögenssorge und das Aufenthaltsbestimmungsrecht an und zum anderen beantragte der Betroffene die Aufhebung der Betreuung bzw. die Auswechslung des Betreuers und benannte im weiteren Verlauf Herrn D als gewünschten Betreuer (Bl. 182 d.A.).

Das Amtsgericht beauftragte daraufhin den Neurologen und Psychiater Dr. B mit der Erstattung eines Gutachtens zu der Frage, ob die Betreuung für den Betroffenen zu erweitern, zu verlängern oder aufzuheben sei; sowie zur Frage, ob der Betroffene in der Lage sei, seinen Willen frei zu bestimmen. Die Erstattung des Gutachtens verzögerte sich sehr lange, da es für den Gutachter nur sehr schwer war, mit dem Betroffenen Termine zu vereinbaren. Er führte mehrere - auch längere - Telefongespräche mit dem Betroffenen und es kam am 20.12.2004 zu einem gemeinsamen Gespräch, an dem der zuständige Richter des Amtsgerichts, der Betreuer, der Gutachter sowie der Betroffene teilnahmen.

Nach Vorliegen des Gutachtens (Bl. 145 ff. d. A.), erneuter Anhörung des Betroffenen (Bl. 175 d. A.) und wiederholter Vorsprachen des Betroffenen bei Gericht verlängerte das Amtsgericht mit Beschluss vom 30.05.2005 (Bl. 199 ff. d. A.) die bestehende Betreuung, wies die Anträge des Betreuers auf Erweiterung der Aufgabenkreise zurück sowie ebenfalls den Antrag des Betroffenen auf Betreuerwechsel. Zur Begründung führte es aus, dass der Betroffene - wie vom Sachverständigen festgestellt - aufgrund seiner Erkrankung zeitweise seinen Willen nicht frei bestimmen könne. Nach den Feststellungen des Sachverständigen liege bei dem Betroffenen eine paranoide Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis vor. Aus diesem Grund sei er nicht in der Lage, seine Angelegenheiten alleine zu besorgen. Zur Begründung für die Ablehnung des Betreuerwechsels führte das Amtsgericht im Wesentlichen aus, dass konkrete Versäumnisse und Pflichtwidrigkeiten des Betreuers auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Betroffenen nicht feststellbar seien, es sei zu erwarten, dass der Betroffene mit jeder anderen Person ähnliche Schwierigkeiten habe, wie mit dem bestellten Betreuer, Herrn C.

Gegen diesen Beschluss des Amtsgerichts legte der Betroffene Beschwerde ein, die das Landgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 22.07.2005 (Bl. 245 ff. d. A.) zurückwies.

Das Landgericht sah es auf Grundlage der eingeholten Gutachten als gegeben an, dass der Betroffene an einer paranoiden Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis leide, die es ihm unmöglich mache die Angelegenheiten, für die ihm ein Betreuer bestellt worden sei, selbst zu besorgen. Auch eine vom Betroffenen angestrebte Auswechslung des Betreuers komme nicht in Betracht, da Gründe, die eine Unzumutbarkeit der Betreuung durch den derzeitigen Betreuer erkennen ließen, nicht ersichtlich seien. Einer Anhörung des Betroffenen durch das Landgericht bedürfe es nicht, da keine neuen Tatsachen im Beschwerdeverfahren hervorgetreten seien, die eine erneute Anhörung notwendig gemacht hätten.

Die weitere Beschwerde des Betroffenen (Bl. 250 d.A.) ist zulässig, insbesondere formgerecht erhoben, und führt in der Sache zu einem vorläufigen Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts der im weiteren Beschwerdeverfahren allein möglichen Überprüfung auf Rechtsfehler (§§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO) nicht stand hält.

Gemäß § 69 i Abs. 6 FGG sind bei einer Entscheidung über die Verlängerung einer Betreuung die für die erstmalige Entscheidung geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Die Verlängerung der Betreuung setzt somit voraus, dass der Betroffene auf Grund einer psychischen Erkrankung nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten zu besorgen (§ 1896 Abs. 1 BGB) und die Betreuung darf nur Aufgabenkreise umfassen, in denen eine Betreuung erforderlich ist (§ 1896 Abs. 2 BGB) ; gegen seinen freien Willen ist eine Betreuerbestellung nicht zulässig (§ 1896 Abs. 1a BGB). Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob eine Betreuung gegen den Willen des Betroffenen möglich wäre, da er in seiner Fähigkeit zur freien Willensbildung im Hinblick auf seine Betreuungsbedürftigkeit eingeschränkt ist, lässt die Entscheidung des Landgerichts vermissen. Ebenso fehlt es an einer Darlegung aus welchen Gründen die Betreuung in den konkret angeordneten Aufgabenkreisen erforderlich sein könnte. Auch hätte die erneute Anhörung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren durchaus Erkenntnisse zur Frage der Möglichkeit des Betroffenen zur freien Willensbildung und der Erforderlichkeit der Betreuung im Rahmen der einzelnen Aufgabenkreise erbringen können, zumal die Erkenntnisquellen, auf die der Sachverständige sein Gutachten stützte, in Anbetracht des unkooperativen Verhaltens des Betroffenen eingeschränkt waren.

Rechtsfehlerhaft hat die Kammer darüber hinaus die Frage der Auswahl des Betreuers im Rahmen der Betreuungsverlängerung am Maßstab des § 1908 b BGB überprüft. Das Gericht hat bei der Verlängerung der Betreuung, da es sich um eine Einheitsentscheidung handelt, nicht nur die Grundlagen der Betreuungsbedürftigkeit neu zu überprüfen, sondern auch hinsichtlich der Betreuerauswahl - wie bei einer Erstentscheidung - die Grundsätze des § 1987 BGB zu beachten (vgl. OLG Zweibrücken, FGPrax 2002, 112; BayObLG FGPrax 2002, 117 f). Auf die Frage, ob die Weiterführung der Betreuung für den Betroffenen durch den bisherigen Betreuer unzumutbar ist oder wichtige Gründe die Entlassung des Betreuers rechtfertigen könnten, kommt es daher nicht an, vielmehr wäre zu klären gewesen, ob der Betroffene einen Vorschlag zur Person unterbreiten kann - was der Betroffene mit Schreiben vom 03.05.2005 tat - und ob diese Person für die Übernahme einer Betreuung geeignet erscheint.

Ende der Entscheidung

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