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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 05.02.2008
Aktenzeichen: 20 W 386/07
Rechtsgebiete: SpruchG


Vorschriften:

SpruchG § 3
SpruchG § 4
SpruchG § 7
SpruchG § 9
SpruchG § 10
Der urkundliche Nachweis über die Aktionärseigenschaft zum maßgeblichen Stichtag kann auch nach Zurückweisung des Antrages als unzulässig noch im Beschwerdeverfahren nachgereicht werden, wenn das Landgericht zuvor nur allgemein darauf hingewiesen hatte, dass ein Nachweis über die Aktionärsstellung nicht vorliegt, ohne einen diesbezüglichen Schriftsatz des Antragsgegners zu übermitteln und eine konkrete Frist zur Vorlage des urkundlichen Nachweises zu setzen.
Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit des Antrages der Antragstellerin auf Einleitung eines Spruchverfahrens hinsichtlich des Beschlusses der Hauptversammlung der A-AG vom 31. März 2006, durch den die Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Antragsgegnerin als Hauptaktionärin übertragen wurden. Die Eintragung des Squeeze-out-Beschlusses im Handelsregister der betroffenen Gesellschaft erfolgte am 21. März 2007.

Neben vielen anderen Personen stellte die Antragstellerin mit am 08. Mai 2007 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Spruchverfahren über die Angemessenheit der Barabfindung, mit dem mehrere inhaltliche Einwendungen gegen die Angemessenheit der Barabfindung erhoben wurden. Des Weiteren wurde im Antrag ausgeführt, die Antragstellerin sei zum Zeitpunkt des Ausschlusses Minderheitsaktionärin der Gesellschaft gewesen, wobei zum Beweis auf die Vorlage einer Bankbescheinigung der ...-Bank Bezug genommen wurde. Die Antragsgegnerin wies nach Zustellung dieser Antragsschrift mit Schriftsatz vom 14. Juni 2007 darauf hin, dass sie den Nachweis der Antragsberechtigung der Antragstellerin nicht erhalten habe und deshalb die Antragsberechtigung nicht überprüfen könne. Das Landgericht teilte darauf hin der Antragsgegnerin mit Verfügung vom 15. Juni 2007 mit, dass auch dem Original der Antragsschrift kein Nachweis über die Antragsberechtigung beigefügt war. Dieser Schriftsatz und die Verfügung wurden der Antragstellerin nicht übersandt. Mit Verfügung vom 21. August 2007, wies das Landgericht die Antragstellerin darauf hin, dass ein Nachweis über die Aktionärsstellung zum 21. März 2007 nicht vorliege.

Mit Beschluss vom 17. September 2007 wies das Landgericht den Antrag der hiesigen Antragstellerin sowie eines weiteren Antragstellers als unzulässig zurück und führte zur Begründung aus, die Antragsberechtigung sei entgegen § 3 Satz 3 SpruchG nicht nachgewiesen worden, obwohl dieser Nachweis durch den Aktionär von sich aus jedenfalls im hier gegebenen Falle des Bestreitens durch den Antragsgegner geführt werden müsse, wozu auch ausreichend Gelegenheit bestanden habe. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit der am 27. September 2007 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der sie darauf hinweist, dass ihr der Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 14. Juni 2007 nicht übersandt wurde und geltend macht, die Zurückweisung des Antrages vor Ablauf einer Frist von einem Monat nach dem ohne Fristsetzung am 24. August 2007 bei ihr eingegangenen Hinweis stelle einen Verstoß gegen Art. 103 GG dar. Außerdem könne der Geschäftswert hier nicht mit 200.000,-- EUR angesetzt werden, da die Zurückweisung ihres Antrages nach Verbindung der Angelegenheit erfolgt sei. Am 04. Oktober 2007 hat die Antragstellerin eine Bestätigung der ...-Bank vorgelegt, wonach sie am Tag der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister am 21. März 2007 Aktionärin der Gesellschaft war. Die Antragsgegnerin verteidigt den angefochtenen landgerichtlichen Beschluss und macht geltend, auf den Zugang ihres Schriftsatzes vom 14. Juni 2007 bei der Antragstellerin komme es nicht an, da diese jedenfalls nach der Hinweisverfügung des Landgerichts ausreichend Gelegenheit zur Nachreichung des Nachweises gehabt habe.

II.

Das als sofortige Beschwerde bezeichnete Rechtsmittel wurde form- und fristgerecht gemäß §§ 12 Abs. 1, 17 Abs. 2 SpruchG, 27, 29, 22 Abs. 1 FGG erhoben und erweist sich als zulässig. Dabei kann dahinstehen, ob gegen eine Zwischenentscheidung im Spruchverfahren die einfache oder die sofortige Beschwerde statthaft ist (vgl. hierzu KG ZIP 2007, 2352; Köln-Komm/Wilske, SpruchG, § 12 Rn. 3 - 5; Simon, SpruchG, § 12 Rn. 5; Klöcker/Frowein, SpruchG, § 12 Rn. 3).

Das Rechtsmittel führt auch in der Sache insoweit zum Erfolg, als die angefochtene Entscheidung über die Zurückweisung des Antrages der Antragstellerin als unzulässig aufzuheben war, weil die Antragstellerin in der Beschwerdeinstanz den urkundlichen Nachweis ihrer Antragsberechtigung zum maßgeblichen Stichtag gemäß § 3 Satz 3 SpruchG nunmehr vorgelegt hat.

Nach §§ 1 Nr. 3, 3 Satz 1 Nr. 2 SpruchG sind bei einem Squeeze-out nur diejenigen Aktionäre antragsberechtigt, die zum maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Ausschlusses durch die Eintragung des Übertragungsbeschlusses im Handelsregister Aktionäre waren (vgl. Simon, SpruchG, § 3 Rn. 27 m. w. N.). Nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 SpruchG hat die Darlegung dieser Antragsberechtigung innerhalb der hier ab dem Stichtag des 21. März 2007 laufenden Drei-Monats-Frist gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 SpruchG zu erfolgen, da es sich hierbei um eine Zulässigkeitsvoraussetzung im Sinne des § 4 Abs. 2 SpruchG handelt.

In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob über die Darlegung der Antragsberechtigung hinaus auch deren Nachweis innerhalb der Antragsfrist erfolgen muss. Der Senat hat sich hierzu der bereits zuvor vom OLG Stuttgart (ZIP 2004, 1907 = NZG 2004, 1161 = Konzern 2004, 108 = BB 2004, 2092 = BB 2004, 2151) und dem OLG Düsseldorf (ZIP 2005, 1369) vertretenen Auffassung angeschlossen, wonach für eine fristgerechte Antragsbegründung entgegen einer im Schrifttum verbreiteten Ansicht nicht der Nachweis der Antragsberechtigung, sondern lediglich deren Darlegung erforderlich ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. Oktober 2005 DB 2005, 2626 und OLG-Report Frankfurt 2006, 503, vom 09. Januar 2006 AG 2006, 290 und ZIP 2006, 1137 jeweils auch mit Nachweisen zum Schrifttum). Dieser Auffassung ist auch das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg gefolgt (AG 2005, 835 = BB 2004, 1295 = NJW-RR 2004,125). Demgegenüber vertritt das Kammergericht mit Beschluss vom 31. Oktober 2007 (ZIP 2007, 2352) nunmehr in einer Divergenzvorlage an den Bundesgerichtshof die Auffassung, dass der Nachweis der Aktionärseigenschaft innerhalb der Antragsfrist eine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Einleitung eines Spruchverfahrens sei (ebenso Dißars, BB 2004, 1293).

Wie bereits mit Beschluss vom 28. Januar 2008 - 20 W 443/07 - ausgeführt, sieht der Senat derzeit keine Veranlassung, von seiner Auffassung abzuweichen, wonach der Nachweis der Antragsbefugnis auch noch nach Ablauf der Drei-Monats-Frist des § 4 Abs. 1 SpruchG erfolgen kann. Eine Vorlage an den Bundesgerichtshof nach §§ 12 Abs. 2 Satz 2 SpruchG, 28 Abs. 2 Satz 1 FGG ist im Hinblick auf die vorgenannte Entscheidung des Kammergerichts nicht veranlasst, da es sich hierbei um eine Divergenzvorlage und somit nicht um eine auf eine weitere Beschwerde ergangene Entscheidung im Sinne des § 28 Abs. 2 FGG handelt (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 28 Rn. 21). Auch eine Aussetzung des Beschwerdeverfahrens bis zu einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes über die Vorlage des Kammergerichts ist im vorliegenden Falle im Hinblick auf die Vielzahl der weiteren Antragssteller und zur Vermeidung einer Verzögerung des Verfahrens nicht angezeigt.

Wie der Senat bereits in seiner früheren Entscheidung vom 09. Januar 2006 (ZIP 2006, 1137) ausgeführt hat, kann das Landgericht eine kurzfristige und endgültige Klärung der Frage der Antragsberechtigung durch die Anwendung der §§ 10 Abs. 4 und 7 Abs. 4 Satz 2 SpruchG erreichen. Des Weiteren kann das Landgericht gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 und 2 SpruchG im Rahmen einer vorbereitenden Maßnahme eine Frist zur Vorlage des Urkundennachweises gemäß § 3 Satz 3 SpruchG setzen.

Von dieser Möglichkeit zur Verfahrensbeschleunigung hat das Landgericht im vorliegenden Falle jedoch keinen Gebrauch gemacht, sondern die Antragstellerin mit der Verfügung vom 21. August 2007, die ihr am 24. August 2007 zuging, lediglich darauf hingewiesen, dass dem Gericht ein Nachweis über die Aktionärsstellung zum 21. März 2007 nicht vorlag. Nachdem der Antragstellerin der bereits zuvor bei Gericht eingegangene Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 14. Juni 2007, mit dem diese die Antragsberechtigung bestritten hatte, vom Gericht nicht übermittelt worden war, reichte dieser Hinweis, der weder mit einer Aufforderung zur Vorlage des Nachweises der Aktionärsstellung, noch mit einer diesbezüglichen Fristsetzung verbunden war, alleine nicht aus, um innerhalb einer Frist von weniger als einem Monat die Zurückweisung des Antrages als unzulässig durch eine Zwischenentscheidung analog § 280 ZPO zu rechtfertigen. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass hier die fehlenden Vorlage des Nachweises der Antragsberechtigung bis zur Entscheidung des Landgerichts bereits ein Verstoß gegen die allen Verfahrensbeteiligten in § 9 Abs. 1 SpruchG auferlegte Pflicht zur sorgfältigen und auch Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung im Sinne des § 9 Abs. 1 SpruchG begründet. Deshalb war der Beschluss des Landgerichts über die Zurückweisung des Antrages der Antragstellerin aufzuheben, nachdem diese im Beschwerdeverfahren mit der Bankbestätigung den urkundlichen Nachweis ihrer Aktionärsstellung zum maßgeblichen Stichtag vorgelegt hat.

Da nach den Umständen des hier vorliegenden Einzelfalles bereits eine schuldhafte Verletzung der Verfahrensförderungspflicht seitens der Antragstellerin nicht gegeben ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob durch die Berücksichtigung des Nachweises sich nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Verfahrens im Sinne des § 10 Abs. 2 SpruchG verzögern würde (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 28.01.2008 - 20 W 434/07).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 15 Abs. 2 und Abs. 4 SpruchG. Aus Billigkeitsgründen bestand weder ein Anlass, ausnahmsweise die Antragstellerin mit den Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu belasten, noch war die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin veranlasst.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG, da der dort angegebene Mindestwert von 200.000,-- EUR auch für solche Verfahren maßgeblich ist, die die Zulässigkeit eines Antrages betreffen (vgl. OLG Düsseldorf AG 2005, 298; OLG Stuttgart ZIP 2004, 850; OLG Frankfurt AG 2005, 890; Simon/Winter SpruchG, § 15 Rn. 33). Etwas anderes gilt lediglich für die Anwaltsgebühren, für die § 31 RVG eine anteilige Wertfestsetzung, mindestens aber 5.000,-- EUR vorsieht, die aber hier nicht betroffen sind.

Ende der Entscheidung

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