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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 22.10.2001
Aktenzeichen: 20 W 387/01
Rechtsgebiete: KostO, FGG


Vorschriften:

KostO § 47
KostO § 32
KostO § 137
KostO § 27 Abs. 1
KostO § 26 Abs. 4 Nr. 1
KostO § 156 Abs. 5 Satz 1
KostO § 58 Abs. 1 Satz 1
KostO § 152 Abs. 2
KostO § 26 Abs. 4
KostO § 131 Abs. 2
KostO § 30 Abs. 2
FGG § 13 a Abs. 1 Satz 2
Verfahrensgang:
LG Frankfurt am Main 2/17 T 139/00
Der Notar ist bei Herabsetzung seiner Kostenberechnung auf Anweisungsbeschwerde der Dienstaufsicht in eigenem Namen zur Einlegung der weiteren Beschwerde befugt. Der Geschäftswert für die Beurkundung des Auflösungsbeschlusses einer GmbH gemäß § 47 KostO richtet sich nach §§ 27 Abs. 1, 26 Abs. 4 Ziff. 1 KostO (Beschlussgegenstand ohne bestimmten Geldwert).
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN Beschluss

20 W 387/01

Verkündet am 22.10.2001

In der Notarkostensache

betreffend die Kostenrechnung des Notars K. V. vom 27.10.1997 (Geschäftszeichen: .../95KO7N L)

an der beteiligt sind: ...

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die weitere Beschwerde des Kostengläubigers gegen den Beschluss der 17. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 08.08.2001 am 22.10.2001 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Gerichtskosten des weiteren Beschwerdeverfahrens trägt der Kostengläubiger.

Beschwerdewert: 3.266,00 DM

Gründe:

Der Kostengläubiger beurkundete zu UR-Nr. .../1997 außerhalb seiner Kanzlei eine Gesellschafterversammlung der Kostenschuldnerin vom 26.06.1997, in der beschlossen wurde, die Gesellschaft zum 01.01.1998 aufzulösen. In seiner Kostenrechnung vom 27.10.1997 legte der Notar der 20/10 Gebühr des § 47 KostO einen Geschäftswert von 970.000,00 DM zu Grunde, ca. die Hälfte des Stammkapitals von 1.934.000,00 DM. Diesen Geschäftswert hat die Dienstaufsicht beanstandet und die Auffassung vertreten, bei der beschlossenen Auflösung der Kostenschuldnerin, einer GmbH, handele es sich um den Beschluss eines Organs einer Kapitalgesellschaft, dessen Gegenstand keinen bestimmten Geldwert habe, so dass nach §§ 27 Abs. 1 i.V.m. 26 Abs. 4 Nr. 1 KostO als Geschäftswert 1 % des eingetragenen Stammkapitals, hier aber der Mindestwert von 50.000,00 DM anzusetzen seien. Der Notar gewährte der Kostenschuldnerin rechtliches Gehör zu der Beanstandung der Dienstaufsicht, die Kostenschuldnerin erklärte mit Schreiben vom 01.08.1999, dass sie die Rechnung für angemessen erachte. Nachdem der Kostengläubiger die Beanstandung nicht anerkannte, wurde er gemäß § 156 Abs. 5 Satz 1 KostO angewiesen, die Entscheidung des Landgerichts herbeizuführen. Die im Beschwerdeverfahren vom Landgericht angehörte Kostenschuldnerin hat sich nicht geäußert.

Die Kammer hat sich der Auffassung der Dienstaufsicht angeschlossen und die doppelte Gebühr nach § 47 KostO, ausgehend von einem Geschäftswert von 50.000,00 DM anstatt 970.000,00 DM, von 3.160,00 DM auf 320,00 DM ermäßigt. Unter Berücksichtigung der unbeanstandeten Positionen von 60,00 DM nach §§ 32, 58 Abs. 1 Satz 1 KostO, der Auslagen von 42,48 DM nach §§ 137, 152 Abs. 2 KostO und der 15-%igen Mehrwertsteuer hat dies zu einer Ermäßigung der Kostenrechnung vom 27.10.1997 auf 485,85 DM geführt.

Mit der dagegen in eigenem Namen eingelegten weiteren Beschwerde hält der Notar an seiner bereits im landgerichtlichen Verfahren vertretenen Auffassung fest, bei dem Auflösungsbeschluss der GmbH handele es sich um einen Beschluss mit einem bestimmten bzw. bestimmbaren Wert. Da es um die Existenz der Gesellschaft gehe, könne der Auflösungsbeschluss nicht mit "wertneutrale" Veränderungen betreffenden Beschlüssen gleichgesetzt werden, wie schon der Vergleich mit der kostenrechtlichen Behandlung des Gründungsaktes zeige. Der Geschäftswert für den Auflösungsbeschluss sei vielmehr von dem bei der Auflösung vorhandenen und zu verteilenden Kapital abhängig, vorliegend einem Stammkapital von fast 2 Mio. DM und einem Vermögen von 16 Mio. DM. Nur dadurch werde man dem Haftungsrisiko und dem Tätigkeitsaufwand des Notars bei der mehrere Stunden dauernden Beurkundung gerecht. Der Auflösungsbeschluss sei auch auf eine Rechtsänderung gerichtet, nämlich auf eine Änderung der Rechtsträgerschaft, da das Vermögen der GmbH auf die Liquidationsgesellschaft, also eine andere Rechtsperson übergehe. Darin unterscheide sich der vorliegende Fall auch von der dem Beschluss des OLG Hamm vom 06.02.1975 (JurBüro 1975, 639) zu Grunde liegenden Fallgestaltung. Nach dieser Entscheidung hat der Beschluss, durch den die Gesellschafterversammlung einer GmbH mehrere in der Hand eines Gesellschafters befindliche Geschäftsanteile zu einem einheitlichen Geschäftsanteil dieses Gesellschaftes zusammenlegt, keinen bestimmten Geldwert. Da sich die Kammer durch diesen Beschluss in ihrer Auslegung noch nicht allgemein gestützt sah, hat sie die weitere Beschwerde zugelassen.

Die weitere Beschwerde des Kostengläubigers ist zulässig (§ 156 Abs. 2 Satz 1 und 2 KostO). Die erforderliche eigene Beschwer des Notars ist gegeben, da das Landgericht seine Kostenberechnung entsprechend der Beanstandung der Dienstaufsicht herabgesetzt hat. Eine Anweisung der Dienstaufsicht zur Einlegung der weiteren Beschwerde bedarf es dazu nicht (Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann:KostO, 14. Aufl., § 156, Rdnr. 76; Egon Schneider: Die Notarkosten-Beschwerde, § 29, Seite 118).

Die weitere Beschwerde ist jedoch unbegründet und war zurückzuweisen, da der angefochtene Beschluss aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist ( §§ 156 Abs.2 Satz 4 KostO, 550 ZPO). Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass es sich bei dem Auflösungsbeschluss vom 26.06.1997 um einen Organbeschluss im Sinn des § 27 Abs. 1 KostO handelt, dessen Gegenstand keinen bestimmten Geldwert hat und für den somit unter entsprechender Anwendung von § 26 Abs. 4 KostO der Mindestbetrag von 50.000,00 DM als Geschäftswert für die Beurkundungsgebühr des § 47 KostO maßgeblich ist. Zwar folgt dies nicht bereits daraus, dass entsprechend den Gesetzesmaterialien (BT- Drucksache 13/6408 vom 04.12.1996, zitiert bei Rohs-Wedewer, KostO, § 27 Rdnr. 1) der Gesetzgeber bei der Änderung des § 26 KostO zum 01.01.1997 davon ausgegangen ist, dass die Eintragungen mit bestimmtem Geldbetrag in § 26 Abs. 1 KostO abschließend aufgeführt sind, alle hiervon nicht erfassten Anmeldungen und Eintragungen somit nur solche unbestimmten Geldwert sein können, denn bei der Verweisung in § 27 Abs. 1 KostO auf die entsprechende Anwendung von § 26 Abs. 4 KostO handelt es sich nur um eine Rechtsfolgenverweisung. Die Definition, wann ein Beschlussgegenstand im Sinn des § 27 Abs. 1 KostO keinen bestimmten Geldwert hat, ist vielmehr selbständig zu treffen und erfolgt am sinnvollsten vom Gegenteil, dem Beschlussgegenstand mit bestimmten Geldwert, her. Ein bestimmter Geldwert liegt vor, wenn sich der Wert aus der Kostenordnung ergibt oder sonst feststeht, auch wenn er aus den gegebenen Rechnungsfaktoren errechnet werden muss. Voraussetzung ist aber, dass der für die Bewertung maßgebliche Betrag ohne weiteres aus dem Inhalt des Beschlusses und den ihn betreffenden Unterlagen ersichtlich oder summmenmäßig zu errechnen ist. Eine Festsetzung nach freiem Ermessen aufgrund einer Schätzung (wie bei rechtsgeschäftlichen Erklärungen nach § 30 Abs. 1 KostO) ist bei Beschlüssen nicht vorgesehen, weil der erkennbare Grundgedanke des § 27 Abs. 1 KostO, die Bewertung von Organbeschlüssen einfach zu gestalten, sonst unterlaufen würde. Ein Beschlussgegenstand mit bestimmtem Geldwert ist nach allgemeiner Auffasssung stets dann anzunehmen, wenn der Gegenstand der Gesamtwillensbildung auf die Begründung eines neuen Rechtsverhältnisses von bestimmtem Geldwert oder auf solche Änderungen eines bestehenden Rechtsverhältnisses gerichtet ist, bei denen sich der Wert des geänderten Rechtsverhältnisses in einer bestimmten Summe vom Wert des ursprünglichen Rechtsverhältnisses unterscheidet (Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 14. Aufl., § 27, Rdnr.24 m.w.H.; Rohs/Wedewer, aaO., § 27, Rdnr. 13; OLG Hamm aaO. Spalte 642). Beschlüsse mit unbestimmtem Geldwert liegen dagegen vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine Wertfeststellung fehlen oder wenn solche Anhaltspunkte zwar gegeben sind, der Wert aber nicht zahlenmäßig feststeht, sondern gemäß § 30 Abs. 1 KostO geschätzt werden müßte (Rohs/Wedewer, aaO. § 27, Rdnr. 26). Es entspricht der allgemeinen Auffassung in der Kommentarliteratur, dass es sich ausgehend von diesen Definitionen bei dem Beschluss über die Auflösung einer Gesellschaft, auch einer Kapitalgesellschaft, um einen Beschluss mit unbestimmtem Geldwert handelt (Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, aaO., § 27, Rdnr. 48; Göttlich/Mümmler: KostO, 14. Aufl., Stichwort "Beschlüsse von Gesellschaftsorganen", Anmerkung 4.3.2 e, Seite 156; Rohs/Wedewer, aaO., § 27, Rdnr. 33). Dieser Auffassung schließt sich auch der Senat im vorliegenden Fall an. Wollte man hier auf den Wert abstellen, den die betroffene GmbH noch verkörpert, wäre das schon deshalb nicht möglich, weil dieser weder aus dem Auflösungsbeschluss selbst, noch aus beigefügten Unterlagen ohne weiteres zu bestimmen ist. Entgegen der Begründung der weiteren Beschwerde ist der Auflösungsbeschluss auch nicht auf eine Rechtsänderung gerichtet, weil er einen Vermögensübergang auf die Liquidationsgesellschaft, also eine andere Rechtsperson, zur Folge habe. Die Auflösung berührt im Grundsatz die Gesellschaft als juristische Person in ihren Außenbeziehungen nicht. Die Gesellschaft besteht vielmehr mit allen Rechten und Pflichten fort, nur ist ihre bisher werbende Tätigkeit umzustellen auf eine dem Abwicklungszweck entsprechende Tätigkeit (Rowedder- Rasner, GmbH, 3.Aufl., § 69 Rdnr. 1). Weder ist die Liquidationsgesellschaft eine von der werbenden GmbH unterschiedliche Rechtspersönlichkeit, noch findet durch die Auflösung eine Vermögensübertragung statt, vielmehr besteht die GmbH bis zur Beendigung der Liquidation fort. Der Versuch des Kostengläubigers, auf diese Weise zu begründen, dass der Auflösungsbeschluss einen Gegenstand mit bestimmtem Geldwert habe, muss daher scheitern. Der von dem Notar für die Beurkundung zu erbringende Zeitaufwand und sein Haftungsrisiko sind für die Beurteilung des Geschäftswerts weder bei Beschlüssen, die einen Gegenstand mit bestimmtem Geldwert haben, maßgebliche Kriterien, noch für solche, deren Gegenstand keinen bestimmten Geldwert hat. Vielmehr ergibt sich der Wert für erstere aus den §§ 18 bis 30 KostO und für letztere aus § 27 Abs. 1 i.V.m. § 26 Abs. 4 KostO (Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, aaO., § 47, Rdnr.8; BayObLG JurBüro 1998, 154).

Die Entscheidung über die Gerichtskosten folgt aus §§ 156 Abs. 4 Satz 3, 131 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 KostO; die Erstattung außergerichtlicher Kosten gemäß § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG war nicht anzuordnen, da solche im Verfahren der weiteren Beschwerde offensichtlich nicht entstanden sind. Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 131 Abs.2, 30 Abs.2 KostO.

Ende der Entscheidung

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