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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 22.10.2002
Aktenzeichen: 20 W 391/02
Rechtsgebiete: KostO, BGB


Vorschriften:

KostO § 14 Abs. 3 S. 2
KostO § 49 Abs. 2 S. 1
KostO § 107 Abs. 2
BGB § 2087
Für das Verfahren über den Kostenansatz nach § 14 KostO, betreffend die Kosten für die eidesstattliche Versicherung nach § 49 Abs. 2 KostO und die Erbscheinserteilung nach § 107 Abs. 1 KostO, ist die Auslegung einer letztwilligen Verfügung, wie sie dem erteilten Erbschein zu Grunde gelegt worden ist, bindend.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN Beschluss

20 W 391/2002

Verkündet am 22.10.2002

In der Nachlasssache

an der hier beteiligt sind:

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 05.08.2002 am 22.10.2002 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist in Folge Zulassung in dem landgerichtlichen Beschluss statthaft und auch sonst zulässig, sie hat jedoch keinen Erfolg, da die angefochtene Entscheidung nicht auf einer Rechtsverletzung beruht ( § 14 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 KostO i. V. m. § 546 ZPO).

Der Tenor der angefochtenen Entscheidung wird entsprechend der Begründung dahin ausgelegt, dass auf die Beschwerde des Kostenschuldners die Kostenrechnung vom 21.02.2002 in Verbindung mit dem Teilabhilfebeschluss der Rechtspflegerin vom 06.03.2002 aufgehoben und die endgültige Feststellung des Kostenansatzes dem Kostenbeamten beim Amtsgericht übertragen wird.

Die dagegen von der Beteiligten zu 2) mit der weiteren Beschwerde erhobenen Bedenken greifen nicht ein. Zum einen verkennt die Beteiligte zu 2), dass es sich bei dem Kostenrecht um Folgerecht handelt. Das Nachlassgericht hat dem Beteiligten zu 1) am 13.11.2001 einen Erbschein erteilt, wonach er Alleinerbe nach der Erblasserin geworden ist (Bl. 25 d.A.), es hat also das gemeinschaftliche Ehegattentestament vom 03.10.1999 dahingehend ausgelegt mit der Folge der Richtigkeitsvermutung gemäß § 2365 BGB. Schon deshalb kann nicht für den Geschäftswert beim Kostenansatz des Nachlassverfahrens eine andere Auslegung des Testaments dahingehend vorgenommen werden, die drei Kinder der Erblasserin seien nicht Vermächtnisnehmer, sondern auch (Mit)erben, weil sonst die ausgesetzten Vermächtnisse den Nachlasswert übersteigen würden. Der Kostenbeamte im Verfahren nach § 14 KostO hat nicht die Stellung eines Richters im Prozess, der nicht an den Erbschein bzw. die ihm zu Grunde liegende Auslegung des Nachlassgerichts gebunden ist.

Darüber hinaus ist die Auslegung des Testamentes durch das Landgericht, das ebenso wie das Nachlassgericht von der Alleinerbschaft des Beteiligten zu 1) nach dem Tod der Erblasserin, verbunden mit Vermächtnisanordnungen u. a. für die drei Kinder, ausgegangen ist, nicht zu beanstanden. Insoweit ist der Senat als Rechtsbeschwerdegericht an die tatrichterliche Auslegung gebunden und kann nur überprüfen, ob die Auslegung dem Wortlaut der Erklärung nicht widerspricht und alle wesentlichen Tatsachen berücksichtigt, mit den gesetzlichen Auslegungsregeln in Einklang steht und nach den Denkgesetzen und der feststehenden Erfahrung möglich ist, zwingend muss die Auslegung aber nicht sein (Keidel/Kuntze/Winkler: FGG, 14. Aufl., § 27, Rdnr. 48). Wenn das Landgericht das Testament vom 03.10.1999 im Sinn eines Ehegattentestaments nach § 2269 BGB ausgelegt hat, verbunden mit Vermächtnissen, die schon nach dem Tod des Erstversterbenden anfallen, handelt es sich angesichts der für ein privatschriftliches Testament auffallend präzisen Formulierung, die eindeutig zwischen Erbeinsetzung und Vermächtnisanordnung unterscheidet, um eine mögliche Auslegung. Die Stellung des Beteiligten zu 1) als Erbe hängt auch nicht begriffsnotwendig davon ab, ob ihm nach Erfüllung aller Nachlassverbindlichkeiten noch ein mehr oder weniger großer Vorteil aus der Erbschaft verbleibt (Palandt/Edenhofer: BGB, 61. Aufl., § 2087, Rdnr. 2). Schließlich zeigt die Strafklausel unter Abschnitt III des Testamentes, wonach bei Verlangen des Pflichtteils nach dem Tod des Erstversterbenden auch die Vermächtnisse entfallen, dass diese auch ausgesetzt sind, um das Pflichtteilsverlangen nach dem ersten Todesfall zu sanktionieren (vgl. Palandt/Edenhofer, aaO., § 2269, Rdnr. 11-13), ganz abgesehen von steuerlichen Gründen, die für diese Gestaltung des Testamentes sprechen mögen. Es ist daher keinesfalls zwingend, wegen der das Aktivvermögen übersteigenden Vermächtnisse von einer Erbeinsetzung auch der Kinder der Erblasserin auszugehen. Demnach sind für den Geschäftswert der Gebühren nach § 49 und § 107 KostO als Nachlassverbindlichkeiten auch die Vermächtnisse für die drei Kinder der Erblasserin zu berücksichtigen (§§ 49 Abs. 2 Satz 1, 107 Abs. 2 KostO), wie bereits das Landgericht ausgeführt hat. Zwar hat das Beschwerdegericht grundsätzlich selbst zu entscheiden (vgl. Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO, 15. Aufl., § 14, Rdnr. 157), vorliegend ist aber eine Zurückverweisung schon deshalb nicht zu beanstanden, weil im Nachlassverfahren noch keine Geschäftswertfestsetzung erfolgt ist und in der Erinnerung des Beteiligten zu 1), die sich allein gegen den Geschäftswert gerichtet hat, ein Antrag auf Wertfestsetzung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 KostO zu sehen war. Über diesen Antrag auf erstmalige Wertfestsetzung muss auf Grund der umfassenderen Wirkung für alle Verfahrensbeteiligten -und nicht nur für den Kostenschuldner und die Staatskasse wie im Erinnerungsverfahren- zunächst noch entschieden werden (vgl. Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, aaO., § 14, Rdnr. 60 und § 31 Rdnr. 4, 9 und 45; Rohs/Wedewer: KostO, § 31, Rdnr. 9 und 10). Hinsichtlich des vermachten Grundstücks in Neuss-Uedesheim wurden außerdem noch keinerlei Feststellungen getroffen und zwar weder hinsichtlich der Zugehörigkeit zum Nachlass, noch hinsichtlich des Wertes. Insoweit sind auch dessen Belastungen zu ermitteln, da die Verbindlichkeiten nur mit ihrem Nettowert abzuziehen sind (vgl. Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, aaO., § 107, Rdnr. 33). Schließlich ist für das weitere Verfahren anzumerken, dass zu den nach § 107 Abs. 2 Satz 1 KostO abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 1967 Abs. 2 BGB außer den Vermächtnissen auch die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten gehören und zwar nach überwiegender Auffassung unabhängig davon, ob sie im Zeitpunkt der Erteilung des Erbscheins schon geltend gemacht worden sind oder nicht und ob sie überhaupt geltend gemacht werden (OLG Düsseldorf Rpfleger 1991, 23; BayObLG Rpfleger 2001, 204; Rohs/Wedewer: KostO, § 107, Rdnr. 27; Hartmann: Kostengesetze, 31. Aufl., § 107 KostO, Rdnr. 13; a. A.: Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, aaO., § 107, Rdnr. 32 m.w.H.; Göttlich/Mümmler: KostO, 14. Aufl., Seite 335, Stichwort "Pflichtteilsrechte").

Die Kostenentscheidung folgt aus § 14 Abs. 7 KostO.

Ende der Entscheidung

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