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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 19.08.2005
Aktenzeichen: 20 W 391/05
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 23
WEG § 24
WEG § 28
1. Die Nichteinladung einzelner Wohnungseigentümer zur Wohnungseigentümerversammlung führt grundsätzlich noch nicht zur Nichtigkeit der in dieser Versammlung gefassten Beschlüsse.

2. Wegen angeblich fehlerhafter Jahresabrechnungen kann kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber laufenden Hausgeldzahlungen auf Grund eines Wirtschaftsplans geltend gemacht werden.


Gründe:

I.

Auf Antrag der Antragsteller hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 29.11.2004 (Bl. 71 ff d. A.), auf den verwiesen wird, unter anderem in Ziffer 1. des Beschlusstenors die Antragsgegner gesamtschuldnerisch verpflichtet, an die Wohnungseigentümer der Eigentumswohnanlage ... in O1 zu Händen des Hausverwalters A, ...straße ..., O2, 2.132,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 180,-- EUR seit dem 06.01.2004, aus 244,-- EUR seit dem 06.02.2004, aus 244,-- EUR seit dem 06.03.2004, aus 244,-- EUR seit dem 06.04.2004, aus 244,-- EUR seit dem 06.05.2004, aus 244,-- EUR seit dem 06.06.2004, aus 244,-- EUR seit dem 06.07.2004, aus 244,-- EUR seit dem 06.08.2004 sowie aus weiteren 244,-- EUR seit dem 06.09.2004 zu zahlen.

Unter anderem hiergegen haben die Antragsgegner mit Schriftsatz vom 14.12.2004 sofortige Beschwerde eingelegt, die sie mit Schriftsätzen vom 18.01.2005, 22.03.2005, 13.06.2005 weiter begründet haben.

Im Beschwerdeverfahren haben die Antragsteller mit Schriftsatz vom 23.05.2005 in Erweiterung ihres Antrags zu Ziffer 1. des oben aufgeführten Beschlusstenors nunmehr beantragt, die Antragsgegner gesamtschuldnerisch zu verpflichten, an die Wohnungseigentümer der Eigentumswohnanlage ... in O1 zu Händen des Hausverwalters A, ...straße ..., O2, Hausgeld von 4.084 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz, mindestens jedoch Zinsen in Höhe von 10 % p.a. aus 180,00 EUR seit dem 06.01.2004, aus 244,00 EUR seit dem 06.02.2004, aus 244,00 EUR seit dem 06.03.2004, aus 244,00 EUR seit dem 06.04.2004, aus 244,00 EUR seit dem 06.05.2004, aus 244,00 EUR seit dem 06.06.2004, aus 244,00 EUR seit dem 06.07.2004, aus 244,00 EUR seit dem 06.08.2004 aus 244,00 EUR seit dem 06.09.2004, aus 244,00 EUR seit dem 06.10.2004, aus 244,00 EUR seit dem 06.11.2004, aus 244,00 EUR seit dem 06.12.2004, aus 244,00 EUR seit dem 06.01.2005, aus 244,00 EUR seit dem 06.02.2005, aus 244,00 EUR seit dem 06.03.2005, aus 244,00 EUR seit dem 06.04.2005 sowie aus weiteren 244,00 EUR seit dem 06.05.2005 zu zahlen.

Zur Begründung haben sie sich wie in erster Instanz auf den in der Versammlung am 26.01.2004 beschlossenen Wirtschaftsplan für das Jahr 2004 berufen.

Durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 168 ff d. A.), auf den gleichfalls verwiesen wird, hat das Landgericht unter Zurückweisung der Beschwerde und auf die Anschlussbeschwerde den angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts Kirchhain vom 29.11.2004 zu Ziffer 1. abgeändert und die Antragsgegner als Gesamtschuldner verurteilt, an die Antragsteller zu Händen des Hausverwalters insgesamt 4.084,-- EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 180,-- EUR seit dem 06.01.2004, aus 244,-- EUR seit dem 06.02.2004, aus 244,-- EUR seit dem 06.03.2004, aus 244,-- EUR seit dem 06.04.2004, aus 244,-- EUR seit dem 06.05.2004, aus 244,-- EUR seit dem 06.06.2004, aus 244,-- EUR seit dem 06.07.2004, aus 244,-- EUR seit dem 06.08.2004, aus 244,-- EUR seit dem 06.09.2004, aus 244,-- EUR seit dem 06.10.2004, aus 244,-- EUR seit dem 06.11.2004, aus 244,-- EUR seit dem 06.12.2004, aus 244,-- EUR seit dem 06.01.2005, aus 244,-- EUR seit dem 06.02.2005, aus 244,-- EUR seit dem 06.03.2005, aus 244,-- EUR seit dem 06.04.2005 sowie aus 244,-- EUR seit dem 06.05.2005 zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Sache im tenorierten Umfang teilbar und entscheidungsreif sei, so dass hierüber entsprechend § 301 ZPO vorab zu entscheiden sei. Der Zahlungsanspruch beruhe auf dem am 26.01.2004 beschlossenen Wirtschaftplan für das Jahr 2004; eine Endabrechnung für das Wirtschaftsjahr liege noch nicht vor. Die Einwendungen der Antragsgegner würden nicht durchgreifen, weil diese allenfalls in einem gerichtlichen Anfechtungsverfahren hätten vorgebracht werden können. Der Eigentümerbeschluss vom 26.01.2004 sei aber unangefochten geblieben und mithin bestandskräftig.

Gegen diesen Beschluss haben die Antragsgegner mit Schriftsatz vom 10.08.2005 (Bl. 180 d. A.) sofortige weitere Beschwerde eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 11.08.2005 (Bl. 184 ff d. A.), auf den verwiesen wird, begründet haben.

Sie beantragen,

den Beschluss des Landgerichts Marburg vom 28. Juli 2005 aufzuheben und auf die Beschwerde der Antragsgegner festzustellen, dass die Antragsgegner unter den gegenwärtigen Umständen nicht verpflichtet seien, das Hausgeld an den Hausverwalter zu zahlen.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist gemäß § 45 Abs. 1 WEG statthaft und auch ansonsten zulässig, so insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Der angefochtene (Teil-)Beschluss des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, auf die hin er alleine zu überprüfen ist, §§ 43 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO.

Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die Antragsgegner zur Zahlung von 4.084,-- Euro sowie der sich aus dem Beschlusstenor ergebenden Zinsen verpflichtet haben. Diese Verpflichtung der Antragsgegner ergibt sich aus §§ 16 Abs. 2, 28 Abs. 5 WEG in Verbindung mit dem bestandskräftigen Wohnungseigentümerbeschluss vom 26.01.2004 zu TOP 3 über den Wirtschaftsplan 2004.

Dabei sind die Vorinstanzen zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass es im Verfahren der Inanspruchnahme eines Wohnungseigentümers keine "Inzidentkontrolle" von in diesem Zusammenhang maßgeblichen Beschlüssen der Wohnungseigentümerversammlung gibt. Deren Überprüfung bleibt vielmehr dem Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG vorbehalten, es sei denn, es läge Nichtigkeit eines solchen Beschlusses vor (vgl. etwa OLG Karlsruhe WuM 1992, 567; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 23 Rz. 212; Palandt/Bassenge, BGB, 64. Aufl., § 16 WEG Rz. 14). Auf die bloße "Rechtswidrigkeit" dieser Beschlüsse, wie sie die weitere Beschwerde rügt, kommt es also im vorliegenden Zahlungsverfahren nicht an.

Gründe, aus denen sich eine Nichtigkeit des oben bezeichneten Wohnungseigentümerbeschlusses ergeben könnten, sind nicht ersichtlich, wie bereits das Landgericht zutreffend dargelegt hat.

Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass die Nichteinladung einzelner Wohnungseigentümer zur Wohnungseigentümerversammlung - die Richtigkeit des Vorbringens der Antragsgegner insoweit unterstellt - grundsätzlich noch nicht zur Nichtigkeit der in dieser Versammlung gefassten Beschlüsse führt (vgl. BGH NJW 1999, 3713; vgl. auch Palandt/Bassenge, a.a.O., § 24 Rz. 5; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 24 Rz. 39).

Eine "schriftliche Zustellung" der Wohnungseigentümerbeschlüsse, wie sie die weitere Beschwerde reklamiert, ist ebenfalls nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit von Wohnungseigentümerbeschlüssen (vgl. dazu im Einzelnen Niedenführ/Schulze, WEG, 7. Aufl., § 23 Rz. 20; § 24 Rz. 10; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 24 Rz. 115, und § 13 Ziffer 13.8. der Gemeinschaftsordnung); damit kann ihr Fehlen schon gar keine Nichtigkeit begründen.

Soweit die weitere Beschwerde sich noch auf eine Fehlerhaftigkeit der Abrechnungen beruft, spielt dies im vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren keine Rolle, da es hier ausschließlich um Zahlungen aufgrund eines Wirtschaftsplans geht. Die Antragsgegner könnten auf angeblich fehlerhafte Abrechnungen auch kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber den laufenden Hausgeldzahlungen herleiten, da ein Zurückbehaltungsrecht Ansprüchen auf Hausgeldzahlungen grundsätzlich nicht entgegen gehalten werden kann (vgl. Senat OLGZ 1979, 391; Niedenführ/Schulze, WEG, a.a.O., § 28 Rz. 145; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 28 Rz. 150). Die Überprüfung des Wirtschaftsplans auf sachliche Richtigkeit wäre dem Senat im vorliegenden Zahlungsverfahren aus den oben genannten Gründen ebenfalls verwehrt. Hinzuweisen ist noch darauf, dass die Fortgeltung des Wirtschaftsplans über das Wirtschaftsjahr 2004 hinaus auf § 12 Ziffer 12.6.3. der zum Gegenstand der Teilungserklärung gemachten Gemeinschaftsordnung beruht (vgl. dazu Palandt/Bassenge, a.a.O., § 28 WEG Rz. 3).

Entsprechende Erwägungen gelten auch, soweit die weitere Beschwerde weiter meint, die Bestellung des Hausverwalters A in der Wohnungseigentümerversammlung vom 18.11.2003 sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Auch der Bestellungsbeschluss ist nicht angefochten worden und mithin bestandskräftig. Die Einwendungen der Antragsgegner hiergegen können aus den oben genannten Gründen im vorliegenden Zahlungsverfahren nicht verfangen. Soweit sie sich im Erstbeschwerdeverfahren darauf gestützt haben (Schriftsatz vom 13.06.2005), es hätte einer Einstimmigkeit bedurft und die Wahl des Hausverwalters am 18.11.2003 sei deshalb nicht gültig, ist dies unzutreffend. Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 WEG entscheiden die Wohnungseigentümer insoweit vielmehr durch Stimmenmehrheit. Die zitierte Vorschrift des § 23 Abs. 3 WEG ist nicht einschlägig, worauf bereits das Landgericht zu Recht hingewiesen hat. Damit kommt es auch auf die Richtigkeit der Angaben über in der Versammlung vom 18.11.2003 anwesenden Eigentümer, wie sie sich aus dem Versammlungsprotokoll ergeben, nicht an; auch dies hat das Landgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeführt. Eine diesbezügliche Unrichtigkeit im Hinblick auf die Anwesenheit des Antragsgegners würde nicht zur Nichtigkeit des vorangegangenen Wohnungseigentümerbeschlusses führen (vgl. auch Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 24 Rz. 115). Überdies ist noch darauf hinzuweisen, dass selbst im Fall, dass ein Nichtberechtiger (das heißt nicht der Verwalter) zur Wohnungseigentümerversammlung am 26.01.2004 eingeladen hätte, dies noch nicht zur Nichtigkeit des in dieser Versammlung gefassten Beschlusses über den Wirtschaftsplan geführt hätte; auch insoweit hätte es einer Anfechtung bedurft (vgl. BayObLG NZM 2002, 346; Palandt/Bassenge, a.a.O., § 24 Rz. 1; vgl. auch die Nachweise bei Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 24 Rz. 25). Auf diesem Beschluss beruht aber der hier maßgebliche Zahlungsanspruch. Das Recht, Gelder entgegen zu nehmen, ergibt sich überdies aus dem Verwaltervertrag vom 18.11.2003 und der Urkunde vom 29.11.2003.

Ob in dem oben zitierten Antrag der Antragsgegner im Verfahren der weiteren Beschwerde ein über die bloße Antragszurückweisung hinausgehendes Begehren, mithin ein neuer Sachantrag, gesehen werden könnte, kann dahinstehen. Neue Sachanträge sind im Verfahren der weiteren Beschwerde, die lediglich der Rechtskontrolle dient, nicht zulässig (vgl. Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 45 Rz. 85). Ohnehin wäre das Begehren aus den genannten Gründen unbegründet. Für eine Hinterlegung von Hausgeldvorschüssen durch die Antragsgegner, die auch dem Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft an der Bewirtschaftung des gemeinschaftlichen Eigentums dienen (vgl. Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 28 Rz. 150), würde es an einer Rechtsgrundlage fehlen.

Einer Beteiligung der Antragsteller am Verfahren der weiteren Beschwerde bedurfte es nicht, da das Rechtsmittel der Antragsgegner ohne Weiteres zurückzuweisen war.

Eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Verfahren der weiteren Beschwerde, § 47 Satz 2 WEG, war schon deshalb nicht veranlasst, weil der Senat die Antragsteller am Verfahren der weiteren Beschwerde nicht beteiligt hat.

Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde haben die Antragsgegner zu tragen, § 47 Satz 1 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dass die Antragsgegner die Kosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen haben.

Die Wertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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