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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 19.10.2004
Aktenzeichen: 20 W 421/04
Rechtsgebiete: FGG, GG, HFEG


Vorschriften:

FGG §§ 69 f
FGG § 70 I Nr. 3
FGG § 70 h
GG Art. 19 IV
HFEG § 1
Die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer bereits erledigten Unterbringungsmaßnahme kann nur für den Zeitraum begehrt werden, in welchem die Unterbringung auch vollzogen wurde, da es für die Zeit nach der Entlassung des Betroffenen an einem schutzwürdigen Feststellungsinteresse fehlt.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 W 421/04

In dem vorläufigen Unterbringungsverfahren

...

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Fulda vom 15. Juni 2004 am 19. Oktober 2004 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde mit dem Antrag, die Rechtswidrigkeit der einstweiligen Unterbringungsanordnung festzustellen, wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Gründe:

Der Betroffene befand sich aufgrund einstweiliger Unterbringungsanordnung des Amtsgerichts Fulda vom 03. Juni 2004 bis zum 08. Juni 2004 im Klinikum A., Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, in geschlossener Unterbringung. Mit seiner Entlassung aus dieser Einrichtung am 08. Juni 2004 ist die Erledigung der Hauptsache im Rechtssinne eingetreten.

Dies steht jedoch der Zulässigkeit der sofortigen weiteren Beschwerde nicht entgegen, da der Betroffene in diesem Falle Anspruch darauf hat, dass der Senat auf entsprechenden Feststellungsantrag, welcher der Begründung der sofortigen weiteren Beschwerde entnommen werden kann, prüft, ob die vorläufige Unterbringungsanordnung rechtswidrig war (vgl. BVerfG NJW 1998, 2432). Dies gilt jedoch nur für den Zeitraum, vom 03. bis zum 08. Juni 2004, in welchem die Unterbringungsanordnung auch vollzogen wurde, wo hingegen ein schutzwürdiges Rechtsschutzinteresse an der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer nicht mehr vollzogenen Unterbringungsanordnung zu verneinen ist (vgl. ebenso für den Fall der Abschiebungshaft BayObLG, Beschluss vom 16. August 2004 - 4 Z BR 45/04 - dokumentiert bei Melichor - und Senatsbeschluss vom 07. Oktober 2004 - 20 W 308/04).

Hiernach kann das Feststellungsbegehren für die Dauer der vollzogenen Unterbringung keinen Erfolg haben, weil die Entscheidung des Amtsgerichts vom 03. Juni 2004 über die Anordnung der einstweiligen Unterbringungsmaßnahme Rechtsfehler nicht erkennen lässt. Der Amtsrichter ist davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine vorläufige Unterbringung des Betroffenen nach §§ 70 h, 69 f, 70 Abs. 1 Nr. 3 FGG, 1 Abs. 1 und 2 HFEG zu diesem Zeitpunkt gegeben waren, weil dringende Gründe für die Annahme einer psychischen Erkrankung in Gestalt eines hirnorganischen Psychosyndroms mit erheblicher Eigengefährdung bestanden. Diese tatrichterliche Einschätzung stützt sich im Wesentlichen auf die Vorkommnisse, die der polizeilichen Ingewahrsamnahme vorausgegangen waren, das ärztliche Zeugnis der Stationsärztin B. vom 03. Juni 2004 sowie den persönlichen Eindruck von dem Betroffenen und seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung, den der Amtsrichter in der Anhörung vom selben Tage gewonnen hat. Diese Umstände tragen die tatrichterliche Würdigung, zumal im einstweiligen Anordnungsverfahren auch bezüglich der ärztlichen Diagnose keine endgültige Gewißheit über das Vorliegen der Voraussetzungen einer endgültigen Unterbringungsmaßnahme vorliegen muss, sondern eine erhebliche Wahrscheinlichkeit ausreicht. Hiernach erweist sich die Entscheidung des Amtsrichters vom 3. Juni 2004 als rechtsfehlerfrei. Dies gilt auch bezüglich der ursprünglich angeordneten Dauer der vorläufigen Unterbringung von drei Wochen, da im Hinblick auf die ärztliche Diagnose und die deutlich zu Tage getretenen Verwirrtheitszustände mit einem kurzfristigen Wegfall der erheblichen Eigengefährdung zunächst nicht zu rechnen war.

Demgegenüber ist die landgerichtliche Entscheidung vom 15. Juni 2004 nicht rechtsfehlerfrei ergangen. Denn es wäre zunächst gemäß § 70 b Abs. 1 FGG angezeigt gewesen, dem Betroffenen, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht anwaltlich vertreten war, einen Verfahrenspfleger zu bestellen. Der vom Landgericht angegebene Grund der Verfahrensbeschleunigung vermag den Verzicht auf die Bestellung eines Pflegers für das Verfahren nicht zu rechtfertigen, da die Beschwerde bereits bei Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung am 3. Juni 2004 zu Protokoll des Amtsrichters erklärt wurde, so dass bis zur Entscheidung der Kammer am 15. Juni 2004 hinreichend Zeit zur Bestellung eines Verfahrenspflegers zur Verfügung stand, zumal nochmals eine Woche verging, bevor am 22. Juni 2004 die Entscheidung ausgefertigt und ihre Zustellung bzw. Übersendung an die Verfahrensbeteiligten veranlasst wurde. Des Weiteren wäre im Hinblick auf die Bedeutung der Freiheitsentziehung eine erneute persönliche Anhörung des Betroffenen gemäß §§ 69 g Abs. 5 Satz 1, 70 m Abs. 3 FGG grundsätzlich angezeigt gewesen und die Einholung eines ergänzenden ärztlichen Zeugnisses war zur Sachverhaltsaufklärung gemäß § 12 FGG erforderlich, um festzustellen, ob die Unterbringungsvoraussetzungen trotz des zwischenzeitlichen Zeitablaufes und der während des stationären Aufenthaltes durchgeführten ärztlichen Behandlung weiterhin gegeben waren. Hätte das Landgericht diese gebotenen Verfahrenshandlungen vorgenommen, so hätte ihm nicht verborgen bleiben können, dass der Betroffene bereits eine Woche vor seiner Entscheidung wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Verbesserung seines Zustandes entlassen worden war.

Trotz dieser Rechtsfehler kommt eine Rechtswidrigkeitsfeststellung in Bezug auf die Entscheidung des Landgerichts nach den obigen Ausführungen jedoch nicht in Betracht, weil aufgrund der Entlassung des Betroffenen am 08. Juni 2004 seit diesem Zeitpunkt die zunächst angeordnete Unterbringungsmaßnahme nicht mehr vollzogen wurde und es deshalb an einem Feststellungsinteresse fehlt.

Die sofortige weitere Beschwerde konnte deshalb keinen Erfolg haben.

Die Gebührenfreiheit des Verfahrens ergibt sich aus § 128 b KostO. Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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