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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 09.12.2002
Aktenzeichen: 20 W 429/02
Rechtsgebiete: WEG
Vorschriften:
WEG § 16 Abs. 2 | |
WEG § 28 Abs. 2 |
20 W 429/02
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS
In der Wohnungseigentumssache
hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 04.09.2002 am 09.12.2002 beschlossen:
Tenor:
Unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdefrist werden die sofortige weitere Beschwerde und der Prozesskostenhilfeantrag des Antragsgegners zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 1.056,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
Der Antragsteller hat als nach § 8 der Teilungserklärung zur Geltendmachung von Wohngeldrückständen in eigenem Namen befugter Verwalter einen Beschluss des Amtsgerichts erwirkt, in welchem dem Antragsgegner die Zahlung von rückständigem Hausgeld für Mai bis Dezember 2001 in Höhe von 132,00 EUR monatlich, insgesamt 1.056,00 EUR, nebst gesetzlichen Verzugszinsen aufgegeben worden ist. Der Wirtschaftsplan 2001 war zu TOP 1 der Eigentümerversammlung vom 28.06.2001 (Bl. 19, 20 d. A.) rückwirkend ab Mai 2001 mehrheitlich beschlossen worden.
Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des auch in zweiter Instanz nicht anwaltlich vertretenen Antragstellers mit Beschluss vom 04.09.2002, der dem Antragsgegner laut Zustellungsurkunde am 14.09.2002 (79 d. A.) zugestellt worden ist, zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die zunächst mit privatem Schreiben des Antragsgegners vom 27.09.2002 eingelegte sofortige weitere Beschwerde, die der Antragsgegner auf gerichtlichen Hinweis am 25.11.2002 zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Oberlandesgericht unter Beantragung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wiederholt hat. In einer nachträglich eingereichten privatschriftlichen Begründung vom 04.12.2002, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, wiederholt der Antragsgegner im wesentlichen den Vortrag, aus dem sich ein Zurückbehaltungsrecht wegen nach seiner Meinung nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, insbesondere im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Folgen aus einer vorausgegangenen fehlerhaften Verwaltung einer anderen Verwalterin, ergeben soll und beantragt Prozesskostenhilfe.
Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG statthafte sofortige weitere Beschwerde ist jetzt nach §§ 29 Abs. 4, 21 Abs. 1 und 2 FGG formgerecht eingelegt worden. Zwar hat die protokollierende Rechtspflegerin die Beschwerdebegründung selbst nicht in ihr Protokoll aufgenommen. Dem Sinn und Zweck der Mitwirkung des Rechtpflegers, nämlich im Interesse einer geordneten Rechtspflege und im Interesse der rechtssuchenden Parteien für eine rechtskundige Prüfung und Filterung des Vortrages im Rechtsbeschwerdeverfahren zu sorgen (vgl. OLG Köln Rpfleger 1990, 14 und 1994, 495; Senat, Beschluss vom 27.07.2002 -20 W 192/01- für das Grundbuchverfahren, ebenso Demharter: GBO, 24. Aufl., § 80, Rdnr. 10), wird bei einer derartigen Verfahrensweise allerdings nicht Rechnung getragen. Dies hat aber, von dem hier nicht gegebenen Ausnahmefall abgesehen, dass nach dem ausdrücklich erklärten Willen des Beschwerdeführers die Einlegung der weiteren Beschwerde von der Berücksichtigung seiner Begründung abhängig sein sollte, keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Rechtsmitteleinlegung, weil dazu nicht die Abgabe einer Begründung gehört (Keidel/Kuntze/Winkler: FGG, 14. Aufl., § 29, Rdnr. 29). Ob die nachgereichte Begründung mangels formgerechter Protokollierung im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen wäre, kann vorliegend dahingestellt bleiben, da der Antragsgegner damit im wesentlichen nur seinen Vortrag aus den Vorinstanzen (zum Teil wortgleich) wiederholt. Die Prüfung der Begründetheit der weiteren Beschwerde, die von Amts wegen zu erfolgen hat, umfasst ohnedies den in den Vorinstanzen gehaltenen Vortrag.
Wegen der Versäumung der zweiwöchigen Beschwerdefrist gemäß §§ 29 Abs. 4, 22 Abs. 1 FGG ist dem Antragsgegner Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Das Fehlen der Rechtsmittelbelehrung bei der landgerichtlichen Entscheidung steht, wie der BGH in seinem Beschluss vom 02.05.2002 -V ZB 36/01- (FGPrax 2002, 166=MDR 2002, 1140=ZWE 2002,515) feststellt, weder der Wirksamkeit der gerichtlichen Entscheidung, noch dem Beginn des Laufs der Rechtsmittelfrist entgegen. Ist der Belehrungsmangel im Einzelfall für das Versäumen der Rechtsmittelfrist ursächlich geworden, so ist bei Prüfung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fehlendes Verschulden des Rechtsmittelführers -entsprechend dem Rechtsgedanken aus § 44 Satz 2 Strafprozessordnung- unwiderlegbar zu vermuten. Demnach war die durch die Zustellung des landgerichtlichen Beschlusses an den Antragsgegner am 14.09.2002 in Lauf gesetzte zweiwöchige Frist zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde am 30.09.2002 abgelaufen, die formgerechte Einlegung zu Protokoll am 25.11.2002 verspätet. Auf den innerhalb der Frist des § 22 Abs. 2 Satz 1 FGG gestellten Antrag war dem Antragsgegner allerdings wegen der fehlenden Rechtsmittelbelehrung Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zu gewähren. Bei dem in diesem Verfahren nicht anwaltlich vertretenen Antragsgegner lässt sich bisher nicht feststellen, dass er wegen ohnehin vorhandener Kenntnis zur effizienten Verfolgung seiner Rechte nicht der Unterstützung durch eine Rechtsmittelbelehrung bedürfte. Die Ursächlichkeit zwischen fehlender Rechtsmittelbelehrung und Fristversäumnis ist deshalb anzunehmen und unwiderlegbar zu vermuten, dass die Versäumung der Beschwerdefrist unverschuldet war. Die Umstände, aus denen sich der Wiedereinsetzungsgrund herleitet, sind aus den Akten zu entnehmen und bedürfen deshalb keiner Glaubhaftmachung.
Die demnach zulässige sofortige weitere Beschwerde führt aber in der Sache nicht zum Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).
Zu Recht sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass dem Antragsgegner gegenüber dem streitgegenständlichen Anspruch auf Zahlung rückständigen Hausgeldes aus dem beschlossenen Wirtschaftsplan für 2001 kein Zurückbehaltungsrecht zusteht.
Auf Grund der existentiellen Bedeutung, welche die pünktliche Zahlung der Beiträge nach §§ 16 Abs. 2, 28 Abs. 2 WEG für die Liquiditätssicherung der Gemeinschaft hat, ist nach gefestigter Rechtsprechung (vgl. die Aufstellung bei Staudinger-Bub: WEG, 12. Aufl., § 28 WEG, Rdnr. 228-234) wegen der zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden Schutz- und Treuepflichten eine Aufrechung gegenüber dem Anspruch auf Hausgeld auch ohne Regelung in der Teilungserklärung bzw. einer Vereinbarung nur mit Ansprüchen aus eigener Notgeschäftsführung zulässig, es sei denn, die Gegenforderung ist anerkannt oder rechtskräftig festgestellt. Die zur Aufrechung entwickelten Grundsätze gelten auch für die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts, wobei die Einrede des Zurückbehaltungsrechts gegenüber Beitragsvorschüssen völlig ausgeschlossen ist, weil Vorschusspflicht Vorleistungspflicht bedeutet (Senat OLGZ 1979, 391; Staudinger/Bub, aaO., Rdnr.235; Bärmann/Pick/Merle: WEG, 8.Aufl., Seite 1235, Rdnr. 133). Aus diesem Grund ist das Vorbringen des Antragsgegners zu der seiner Meinung nach zu beanstandenden Verwaltungsführung im vorliegenden Verfahren, in dem es lediglich um die Ansprüche nach § 16 Abs. 2 WEG in Verbindung mit dem beschlossenen Wirtschaftsplan geht, unerheblich, wie bereits das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat. Auch hinsichtlich der Antragsbefugnis des Verwalters und der Begründung der Zinsforderung kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Amtsgerichts Bezug genommen werden.
Nur ergänzend ist anzumerken: Dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 28.06.2001 zu TOP 1 über die Genehmigung des Wirtschaftsplans 2001 erfolgreich angefochten wäre, trägt der Antragsgegner selbst nicht vor, Entsprechendes ist auch sonst nicht ersichtlich, also ist vorliegend von seiner Wirksamkeit auszugehen. Wegen Verwendung der Wohnflächen an Stelle der Miteigentumsanteile wäre eine Anfechtung auch nicht begründet, weil der Verwalter nach § 12 der Teilungserklärung abweichend von § 16 Abs. 2 WEG die Lasten und Kosten auch nach Wohnfläche verteilen kann. Eine Nichtigkeit, die unabhängig von einer Anfechtung zu berücksichtigen wäre, liegt nicht vor, denn die Eigentümerversammlung hat nach §§ 21 Abs. 3, 28 Abs. 2 WEG die Beschlusskompetenz für den Wirtschaftsplan (BayObLG NJW-RR 2001, 1020).
Da demnach die sofortige weitere Beschwerde keinen Erfolg haben konnte, war auch der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückzuweisen (§§ 14 FGG, 114 ZPO).
Die Entscheidung über die Tragung der Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde beruht auf § 47 Satz 1 WEG i. V. m. 97 Abs. 1 ZPO analog. Für die Anordnung einer Erstattung außergerichtlichen Kosten gemäß § 47 Satz 2 WEG sah der Senat keine Veranlassung, da der Antragsteller vor der Entscheidung nicht zu der weiteren Beschwerde gehört wurde.
Die Festsetzung des Geschäftswertes der weiteren Beschwerde folgt aus § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG und entspricht dem streitigen Hausgeldrückstand.
Ende der Entscheidung
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